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VwGH vom 20.12.2001, 2000/16/0734

VwGH vom 20.12.2001, 2000/16/0734

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des G in B, vertreten durch Mag. Ernestine Christine Müller, Rechtsanwältin in Bad Leonfelden, Hauptplatz 27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom (in der Beschwerde unrichtig mit , bezeichnet), Zl. RV 484/1- 9/2000, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- (= 331,75 EUR) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gemäß § 74 SPG die Löschung der seine Person betreffenden erkennungsdienstlichen Daten; eine Vergebührung dieses Antrages unterblieb. Mit Bescheid vom wurde dem Antrag stattgegeben.

Nach entsprechender Mitteilung durch die Sicherheitsdirektion erließ das Finanzamt Linz-Urfahr (im Folgenden: Finanzamt) am zunächst einen Bescheid, in dem der Beschwerdeführer zur Entrichtung der Gebühr von S 180,-- gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG verpflichtet wurde. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer ein Erhöhungsbetrag von 50 % der nicht in Stempelmarken entrichteten Gebühr gemäß § 9 Abs. 1 GebG vorgeschrieben.

Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, es handle sich um eine gebührenfreie Eingabe in "Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung".

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz mit dem Hinweis, seinem Löschungsantrag sei letztlich Folge gegeben worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die Gebührenpflicht ergebe sich aus § 14 TP 6 Abs. 1 GebG. § 5 des Auskunftspflichtgesetzes befreie lediglich Auskunftsbegehren und Auskünfte sowie Anträge und Bescheide gemäß § 4, sofern sie sich auf Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung (§ 2 Abs. 2 SPG) beziehen, von den Stempelgebühren und Verwaltungsabgaben. Die Eingabe des Beschwerdeführers enthalte weder ein Auskunftsbegehren nach § 2 Auskunftspflichtgesetz noch einen Antrag nach § 4 dieses Gesetzes. Für die Erledigung des Antrages bilde nicht das Auskunftspflichtgesetz, sondern das Sicherheitspolizeigesetz die Rechtsgrundlage. Die antragsgemäße Löschung der Daten habe keinen Einfluss auf die Entstehung der Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einreichung gemäß § 11 Z. 1 GebG. Die Erhöhung folge aus § 9 Abs. 1 GebG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterbleiben der Einhebung einer Gebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 GebG verletzt erachtet.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Beschwerdeführer replizierte, die belangte Behörde

erstattete eine weitere Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 14 TP 6 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957 (idF BGBl. I Nr. 92/1999; GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von S 180,--. Die festen Gebühren sind gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 GebG grundsätzlich durch Verwendung von Stempelmarken zu entrichten. Wird eine Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig in Stempelmarken (oder in einer anderen im § 3 Abs. 2 GebG vorgesehenen Weise) entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist auf Grund von § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben.

§ 74 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) lautet:

"Löschen erkennungsdienstlicher Daten auf Antrag des Betroffenen

§ 74. (1) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 Abs. 1 ermittelt wurden, sind, sofern nicht die Voraussetzungen des 73 vorliegen, auf Antrag des Betroffenen zu löschen, wenn der Verdacht, der für ihre Verarbeitung maßgeblich ist, schließlich nicht bestätigt werden konnte oder wenn die Tat nicht rechtswidrig war.

(2) Dem Antrag ist nicht stattzugeben, wenn weiteres Verarbeiten deshalb erforderlich ist, weil auf Grund konkreter Umstände zu befürchten ist, der Betroffene werde gefährliche Angriffe begehen.

(3) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 68 Abs. 3 oder 4 ermittelt wurden, sind auf Antrag des Betroffenen zu löschen; Abbildungen können dem Betroffenen ausgefolgt werden."

Ein Antrag auf Löschung von Daten gemäß § 74 SPG dient der Durchsetzung der aus den Abs. 1 und 3 erfließenden subjektiven Rechte einer erkennungsdienstlich behandelten Person und betrifft damit jedenfalls deren Privatinteressen. Dass allenfalls daneben auch ein öffentliches Interesse an der Löschung besteht, vermag nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an der Gebührenpflicht nichts zu ändern (Nachweise bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren6 (1998), § 14 TP 6, E 48, 49, 52 und 62).

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde dartun will, er hätte keinen Antrag gemäß § 74 SPG gestellt, sondern bloß dahingehend interveniert, dass die Behörde gemäß § 73 SPG von Amts wegen tätig wird, ist ihm zunächst der Wortlaut seines Begehrens ("... beantrage ich gemäß § 74 des Sicherheitspolizeigesetzes die Löschung ...") entgegen zu halten. Mit diesem Antrag wurde nicht nur eine Verfügung der Behörde veranlasst (Fellner, aaO, E 5), sondern sogar- anders als bei einer bloßen "Intervention" - eine Entscheidungspflicht der Behörde ausgelöst (§ 73 AVG). Die Gebührenpflicht besteht unabhängig davon, ob die Gebührenschuld bei anderer, allenfalls zweckmäßigerer Vorgangsweise des Einschreiters hätte vermieden werden können (Fellner, aaO, E 28a.).

§ 74 SPG sieht keine Gebührenbefreiung für einen derartigen Antrag vor. Demgegenüber normiert § 62 SPG (idF BGBl I Nr. 105/1997), welcher ein Recht auf Auskunft über ermittlungsdienstliche Maßnahmen einräumt, im Abs. 6 ausdrücklich eine Gebührenbefreiung für Anträge auf Auskunftserteilung. In ähnlicher Weise bestimmt auch § 5 des Auskunftspflichtgesetzes (idF BGBl. I Nr. 158/1998), dass Auskunftsbegehren und Auskünfte sowie Anträge und Bescheide gemäß § 4 AuskunftspflichtG (auf Erlassung eines abweisenden Bescheides bei Verweigerung der Auskunft), die sich auf Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung im Sinne des § 2 Abs. 2 SPG beziehen, von den Stempelgebühren und von den Bundesverwaltungsabgaben befreit sind.

§ 5 AuskunftspflichtG nimmt also ausschließlich Anträge, welche auf Erteilung einer Auskunft - nicht aber einer sonstigen behördlichen Tätigkeit - gerichtet sind, von der Gebührenpflicht aus.

Ein Vergleich zwischen § 74 SPG einerseits sowie den Regelungen des § 62 SPG und des § 5 Auskunftspflichtgesetz andererseits belegt eindeutig, dass der Gesetzgeber im Bereich der Sicherheitsverwaltung nur Eingaben, welche auf die Erteilung von Auskünften gerichtet sind, gebührenfrei stellen wollte.

Schließlich ist es für die Gebührenpflicht auch ohne Belang, ob und in welchem Sinn die Behörde auf die Eingabe hin tätig wird (Fellner, aaO, E 3). Dass die Sicherheitsdirektion dem Antrag des Beschwerdeführers letztlich entsprochen hat, hat also auf die bereits mit der Überreichung der Eingabe entstandene Gebührenschuld (§ 11 Z. 1 GebG) keinerlei Einfluss.

Soweit der Beschwerdeführer eine Gebührenfreiheit aus Art. 8 MRK ableiten will, ist ihm zu entgegnen, dass diese Bestimmung kein Verbot einer Gebührenerhebung zur Durchsetzung der durch sie garantierten Rechte (auf ein Privat- und Familienleben etc.) enthält. Die Durchsetzbarkeit eines allfälligen aus Art. 8 MRK erfließenden Anspruches wird durch die Gebührenpflicht in Anbetracht dessen, dass die Nichtentrichtung der Gebühr nach § 34 GebG lediglich zu einer Anzeigepflicht der Behörde an das zuständige Finanzamt führt, für den Ausgang des der Rechtsverfolgung dienenden Verwaltungsverfahrens aber keinerlei Konsequenzen haben darf (Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4 (2001), Rz. 194) - und im gegenständlichen Fall auch nicht hatte - , nicht geschmälert. Von einem Hindernis, welches die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschweren bzw. mit hohem finanziellem Risiko belasten würde, kann bei einer Gebühr von S 180,- bzw. S 270,-

nicht gesprochen werden.

Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Da die Schriftsätze des Beschwerdeführers und der belangten Behörde erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der

Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am