VwGH vom 17.05.2001, 2000/16/0704
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der H GmbH in I, vertreten durch Dr. Beate Köll-Kirchmeyr, Rechtsanwältin in Schwaz, Kohlgasse 2a, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck vom , Zl I-7357/1997, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Die Stadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein gastronomisches Unternehmen in Innsbruck. Sie reichte die Getränkesteuererklärung für das Kalenderjahr 1995 am und jene für das Kalenderjahr 1996 am ein.
Mit Eingaben vom und vom beantragte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die ihrer Meinung nach gegebene "EU-Rechtswidrigkeit" der Getränkesteuer die Festsetzung von Getränkesteuer für 1995 und 1996 mit S 0,-- und die Rückerstattung der entrichteten Getränkesteuerbeträge. Mit Bescheid des Stadtmagistrats Innsbruck vom wurden diese Anträge als unbegründet abgewiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom wurde vorgebracht, dass die Getränke- und Speiseeissteuer gegen Artikel 33 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie und gegen
Artikel 3 der Verbrauchsteuer-Richtlinie verstoße.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die "Festsetzungfiktion" iSd § 151 Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) entfalte eine Bindungswirkung, wie sie einem Abgabenbescheid eigentümlich sei. Die darin normierte Art der Festsetzung müsse als endgültig angesehen werden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Getränkesteuer und auf Stattgebung ihres Rückzahlungsantrages verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte
die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im § 151 Tiroler Landesabgabenordnung 1984 wird bestimmt:
(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstberechnung als festgesetzt.
(2) Die Abgabenbehörde hat jedoch die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als unrichtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
...
Anders als andere Landesabgabenordnungen kennt die Tiroler Landesabgabenordnung eine Berichtigung der nach § 151 Abs 1 einzureichenden Erklärung nicht ausdrücklich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine "Berichtigung der Selbstberechnung" verbunden mit einem Rückerstattungsantrag ihrem Inhalt nach ein Antrag um Überprüfung der Rechtsfrage, ob und inwieweit die Abgabenschuld entstanden ist und sodann ein Antrag auf Rückzahlung eines dadurch allenfalls entstandenen Guthabens (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 93/17/0077 und vom , Zl 93/17/0320 mwH). Dem Gesetz ist dabei - von Verjährungsbestimmungen abgesehen - eine zeitliche Grenze für die Einbringung eines solchen, der Entscheidungspflicht iSd § 234 TLAO unterliegenden Antrages nicht zu entnehmen.
Im Lichte dieser Rechtsprechung kommt es somit nicht darauf an, ob durch die im § 151 Abs 1 TLAO normierte "Festsetzungsfiktion" eine Bindungswirkung erzeugt wird, wie sie einem Abgabenbescheid eigentümlich ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die von der Beschwerdeführerin vorgenommene "Berichtigung" der Getränkesteuer-Selbstberechnung (ebenso wie die Berufung gegen den Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck) einen "Rechtsbehelf" iSd Spruchteils Nr. 3 des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , Rechtssache C- 437/97, darstellt. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich dieser Begriff Rechtsbehelf möglichst weit zu verstehen. So ist insbesondere eine Berichtigung bzw ein Rückzahlungsantrag ein solcher Rechtsbehelf iS des genannten Urteils (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 2000/16/0296, und vom , Zl 2000/16/0384).
Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtwidrig, so dass er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm
der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Mag. Meinl
Mag. Valenta
Für die Richtigkeit