VwGH vom 26.04.2001, 2000/16/0675

VwGH vom 26.04.2001, 2000/16/0675

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2000/16/0676

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2000/16/0718 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden

1) des H in I, vertreten durch Dr. Brigitte M.A. Weirather, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas Hofer Straße 34/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen bei der Stadtgemeinde Innsbruck vom , Zl. I-1265/2000, betreffend Getränkesteuer 1999, und

2) der K und H, Hotel KG in I, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein und Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in Innsbruck, Bürgerstraße 21/I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen bei der Stadtgemeinde Innsbruck vom , Zl. I-5506/1999, betreffend Getränkesteuer für den Zeitraum bis ,

zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Die Stadtgemeinde Innsbruck hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren des Erstbeschwerdeführers wird abgwiesen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer, die in Innsbruck, Gastgewerbebetriebe betreiben, beantragten mit Eingaben vom bzw. unter Hinweis auf Gemeinschaftsrechtswidrigkeit die Festsetzung der Getränkesteuer für die aus dem Kopf dieses Erkenntnisses ersichtlichen Zeiträume mit S 0,-- und die Rückzahlung.

Gegen die daraufhin ergangenen erstinstanzlichen Festsetzungsbescheide beriefen die Beschwerdeführer. Die belangte Behörde gab den Berufungen jeweils mit der Begründung keine Folge, es liege bei "Restaurations(Kaffeehaus)umsätzen" nicht die Lieferung der Ware "alkoholische Getränke" vor, sondern eine Dienstleistung, die nach § (richtig Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie besteuert werden dürfe.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden je wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich - aus den Beschwerdeinhalten erkennbar - in ihrem Recht auf Rückzahlung der gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Getränkesteuer verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der auf Grund des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom in der Rechtssache C-437/97, Slg. 2000 I-1157 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2000/16/0117 (Evangelischer Krankenhausverein Wien), entschiedene Fall ebenfalls die Veräußerung von Getränken in einen Restaurationsbetrieb betroffen hat. Auch insoferne hat der Verwaltungsgerichtshof anerkannt, dass die Getränkesteuer für alkoholische Getränke durch entgegenstehendes Gemeinschaftsrecht verdrängt wurde.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Frage der Vereinbarkeit mit der Verbrauchsteuerrichtlinie bei alkoholischen Getränken, die in Restaurantbetrieben ausgeschenkt werden, nicht nach dem Inhalt des Artikels 3 Absatz 2 sondern des Artikels 3 Absatz 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie zu beurteilen wäre, ist aus folgenden Erwägungen verfehlt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im seinerzeitigen Vorabentscheidungsersuchen vom , Zlen. 97/16/0221 und 0021 unter Hinweis auf das , Faaborg-Gelting Linien A/S, Slg. 1996/I- 2395ff, ausgeführt, dass dann, wenn ein getränkesteuerpflichtiger Tatbestand in einem Restaurationsbetrieb verwirklicht wird, die Dienstleistungskomponente im Vordergrund steht und allein dadurch, dass das Bedienungsgeld aus der Steuerbemessungsgrundlage herausgenommen ist, die übrigen Dienstleistungen (insbesondere zur Verfügungstellung von Räumen, Nebenräumen, Mobiliar und Geschirr) nicht der Besteuerung entzogen würden. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte daher sein Bedenken, dass das österreichische Getränkesteuersystem unter Zugrundelegung ihres umsatzbezogenen Charakters in Konflikt mit Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 der Richtlinie 92/12/EWG stünde, jedenfalls was die Verabreichung von Getränken in Restaurationsbetrieben betreffe.

Dazu hat sich der Generalanwalt Antonio Saggio in seinen Schlussanträgen vom (Randnr. 52) geäußert. Er lehnte dieses Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil, wenn die Steuer im vorliegenden Fall gerade die Dienstleistungen belaste, der Umstand, dass sie nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hätte, dazu führe, dass sie mit der Bestimmung des Artikels 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie vereinbar sei. Er beantragte daher den Ausspruch, dass Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie der Beibehaltung der Abgabe nicht entgegenstehe, soweit diese alkoholfreie Getränke und Speiseeis belaste.

Art. 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie lautet:

"Artikel 3

(1) Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren: - Mineralöle, - Alkohol und alkoholische Getränke, - Tabakwaren.

(2) Auf die in Absatz 1 genannten Waren können andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung erhoben werden, sofern diese Steuern die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.

(3) Die Mitgliedstaaten können Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren einführen oder beibehalten, sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen.

Unter der gleichen Voraussetzung ist es den Mitgliedstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt."

Bei Behandlung der zweiten Vorlagefrage hat der EuGH unter Randnr. 27 seines Urteiles vom folgende Zuordnung vorgenommen:

"Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst danach zu unterscheiden, ob die Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis oder auf alkoholische Getränke erhoben wird: Artikel 3 Absatz 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie gilt nur für die steuerpflichtigen Waren, die wie die alkoholischen Getränke in Absatz 1 genannt sind; im übrigen gilt Absatz 3."

Unter Randnr. 29 des Urteiles wurde ausgeführt, dass, weil diese Steuern im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen, die auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis erhobenen Steuern mit

Artikel 3 Absatz 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie vereinbar seien. Der EuGH kam zum Ergebnis (Randnr. 50), dass Artikel 3 Absatz 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie der Beibehaltung einer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis erhobenen Steuer nicht entgegensteht, Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie jedoch der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer sehr wohl entgegensteht.

Daraus ergibt sich aber, dass der EuGH auch bezüglich der Verabreichung (Veräußerung) alkoholischer Getränke in einem Restaurationsbetrieb an Letztverbraucher ausschließlich Artikel 3 Absatz 1 und 2 angewendet wissen wollte, nicht aber Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie; letztere Bestimmung findet im gegebenen Zusammenhang allein für alkoholfreie Getränke und Speiseeis Anwendung.

Der Versuch der belangten Behörde, die Unvereinbarkeit der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke auf Grund des Artikels 3 Absatz 2 der Richtlinie durch eine Subsumtion unter Artikel 3 Absatz 3, 2. Unterabsatz der Richtlinie hintanzuhalten, schlägt fehl, weil für alkoholische Getränke, wie sich aus den Schlussanträgen des Generalanwaltes Antonio Saggio vom und dem ohne jeden Zweifel ergibt, allein Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie zur Anwendung gelangt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, von der schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0117, angenommenen Verdrängung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke auch in Restaurationsbetrieben abzurücken.

Da die belangte Behörde ihre Bescheide allein mit der jeweils nicht zutreffenden Subsumtion der Beschwerdefälle unter Artikel 3 Absatz 3, 2. Unterabsatz der Richtlinie begründete, waren die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am