VwGH vom 09.06.1995, 95/02/0146
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-8/167/2-1995, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom wurde gemäß § 41 des Fremdengesetzes (FrG) gegen ihn die Schubhaft verhängt, und zwar zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung "bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. um die Abschiebung zu sichern". In der Begründung wurde ausgeführt, daß er sich seit (dieser Zeitpunkt steht nach der Aktenlage mit dem Abschluß des Verfahrens betreffend Asylgewährung im Zusammenhang) widerrechtlich in Österreich aufhalte.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde seine auf § 51 FrG gestützte Beschwerde vom abgewiesen und die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig festgestellt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Mit Berichtigungsbescheid vom wurde der
angefochtene Bescheid in zwei Punkten berichtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die darin bestehe, daß ihm (in der Person eines Mitarbeiters der Kanzlei des Beschwerdevertreters) am die Akteneinsicht im Sinne des § 17 AVG verweigert worden sei, die er bei der Bundespolizeidirektion Linz, bei der die Schubhaft vollzogen werde, begehrt habe.
Dieses Vorbringen ist schon deswegen verfehlt, weil das Recht auf Gewährung der Akteneinsicht nur gegenüber jener Behörde besteht, die ein konkretes Verwaltungsverfahren führt. In dem Fall, daß Einsicht in einen Bescheid begehrt wird, kann dieses Recht nur bei einer Behörde geltend gemacht werden, die entweder den Bescheid erlassen oder die sonstige Schritte des Verfahrens gesetzt hat - sei es im Instanzenzug, sei es als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde - und die einen Verwaltungsakt, in dem eine Ausfertigung des Bescheides erliegt, hat. Wenn aber - wie hier - der Vollzug der Haft im Gefangenenhaus einer anderen Behörde erfolgt (§ 46 Abs. 1 zweiter und dritter Satz FrG), so besteht dieser Behörde gegenüber mangels ausdrücklicher, das AVG ergänzender Regelung kein Recht auf Akteneinsicht. Damit entbehrt auch die Verfahrensrüge, eine mündliche Verhandlung hätte zur Klärung der durch die unterbliebene Akteneinsicht ungeklärten Fragen durchgeführt werden müssen, einer Begründung.
2. Die belangte Behörde hatte ferner von sich aus keine Veranlassung, die Richtigkeit der Angabe der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, sie hätte bei der zuständigen diplomatischen Vertretungsbehörde die Ausstellung eines sogenannten Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beantragt, zu überprüfen, da dies vom Beschwerdeführer in seiner Schubhaftbeschwerde gar nicht in Zweifel gezogen worden ist. Der Beschwerdeführer berücksichtigt insbesondere den Umstand nicht, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung innerhalb einer Woche zu fällen hatte (§ 52 Abs. 2 Z. 2 FrG), was es in der Regel von vornherein ausschließt, Erhebungen in jeder Richtung anzustellen, ohne daß das Beschwerdevorbringen hiezu einen Anlaß bieten würde (vgl. zum Prüfungsrahmen für die unabhängigen Verwaltungssenate hinsichtlich der Schubhaftbeschwerden in bezug auf die Vergangenheit das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/02/0128).
3. Abgesehen davon, daß die Verwendung des Wortes "Beschuldigter" statt "Beschwerdeführer" in der Begründung des angefochtenen Bescheides durch den zitierten Berichtigungsbescheid vom richtiggestellt wurde, würde dieser offensichtliche Irrtum der Behörde nicht die volle Unbefangenheit ihrer Organwalter in Frage stellen.
4. Zur Erlassung eines Schubhaftbescheides ist es keineswegs rechtlich erforderlich, daß ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bereits eingeleitet worden ist. Es genügt im Sinne der diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, daß Grund zur Annahme besteht, ein derartiges künftiges Verfahren werde zu sichern sein, weil die Gefahr bestehe, daß sich der betreffende Fremde diesem Verfahren entziehen werde. Der Beschwerdeführer übersieht, daß in den seltensten Fällen bei Aufgreifen eines abzuschiebenden Fremden ein derartiges Verwaltungsverfahren bereits eingeleitet worden sein kann.
5. Der belangten Behörde ist auch in ihren Ausführungen zur Frage eines gelinderen, der Verfolgung des Sicherungszweckes dienlichen Mittels, welche sich auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu stützen vermögen, zu folgen (vgl. das von ihr zitierte Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0170, 0171).
6. Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.