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VwGH 19.09.2000, 2000/05/0076

VwGH 19.09.2000, 2000/05/0076

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Martin Auer in St. Veit/Glan, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 B-BRM-121/1/1997, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde St. Veit/Glan, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom ersuchte die Funder Industriegesellschaft m.b.H. um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines neuen Produktionsgebäudes (Werk III) für die Herstellung von melaminharzgetränkten Papieren sowie einer dazugehörigen Energiezentrale mit Gleisanschluss und Zufahrt zur B 83 Kärntner Straße auf bestimmten Grundstücken in der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Nach der Kundmachung der mündlichen Verhandlung über dieses Baugesuch beantragte E. F.-E. die Zuerkennung der Parteistellung und machte Einwendungen geltend.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde der Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Antrag der E. F.-E. auf Zuerkennung der Parteistellung ab. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der E. F.-E. hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom nach Einholung verschiedener Gutachten abgewiesen. Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der E. F.-E. hat die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid des Stadtrates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurückverwiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass im Hinblick auf die Produktionsvorgänge und die Verwendung der vorgesehenen Materialien bei einer Entfernung von 70 m nicht von vorneherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Liegenschaft der E. F.-E. ausgeschlossen werden könne. Im Zuge einer neuerlichen Entscheidung gab der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom der Berufung der E. F.-E. gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom mit der Feststellung Folge, dass E. F.-E. im gegenständlichen Bauverfahren Parteistellung zukomme. Der Baubewilligungsbescheid wurde der E. F.-E. am zugestellt. In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte sie im Wesentlichen vor, es seien entsprechende Abstandsflächen sowie Brandschutz- und andere Schutzbestimmungen einzuhalten. Der Baubewilligungsbescheid nehme auf Interessen der Sicherheit und Gesundheit der Berufungswerberin nicht Bedacht.

Anlässlich einer am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Vertreter des Beschwerdeführers (der die Liegenschaft als Rechtsnachfolger nach E. F.-E. erworben hat) vor, dass er auf sein bisheriges Vorbringen verweise. Weder seitens der Rechtsvorgängerin noch von ihm selbst sei ein Rechtsmittel zurückgezogen worden. Es hätten nur Gespräche über die Möglichkeit einer Zurückziehung stattgefunden. Im Übrigen werde die Rechtslage anzuwenden sein, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes bestanden habe. Demgemäß werde davon auszugehen sein, dass die Widmung "Leichtindustriegebiet" erfolgt sei und eine dahingehende Beurteilung des Ansuchens zu erfolgen habe.

Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat mit Bescheid vom der Berufung der E. F.-E. gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom keine Folge gegeben. Es sei eindeutig festgestellt worden, dass keine weiteren Auflagen im Interesse der Sicherheit und Gesundheit erforderlich seien. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Bauwerberin Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers und der Bauwerberin gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom als unbegründet abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Bauwerberin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0302, abgewiesen.

Auf Grund der gegen den Bescheid vom erhobenen Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers an den Verfassungsgerichtshof hat dieser zunächst ein Verordnungsprüfungsverfahren betreffend den Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom , genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , eingeleitet, das Verordnungsprüfungsverfahren aber mit Beschluss vom , V 92, 93/99-13, eingestellt. Die Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof damit begründet, er sei zunächst davon ausgegangen, dass die belangte Behörde die in Prüfung gezogene Verordnung angewendet habe und auch der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung in den Beschwerdeverfahren B 2752/97 und B 2971/97 anzuwenden hätte. Wie sich aus den im Verordnungsprüfungsverfahren vorgelegten Akten und der Äußerung der mitbeteiligten Stadtgemeinde ergeben habe, habe sich diese Annahme des Verfassungsgerichtshofes als nicht zutreffend erwiesen: zwar habe die Kärntner Landesregierung den angefochtenen Bescheid auf die in Prüfung gezogene Verordnung gestützt, doch sei diese Verordnung nicht mehr anzuwenden gewesen. Aus den vorgelegten Akten ergebe sich, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Beschlüssen vom , , und für den Bereich der Stadtgemeinde St. Veit/Glan einen neuen Flächenwidmungsplan beschlossen habe. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung sei mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom erfolgt, wobei eine weiter gehende Umwidmung in Bauland-Wohngebiet der im Eigentum der zu B 2752/97 beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. stehenden Grundstücke (Grundstücke Nr. 1315 und 247, KG St. Donat) nicht aufsichtsbehördlich genehmigt worden sei. Die belangte Behörde hätte daher in den beschwerdegegenständlichen Verfahren den Flächenwidmungsplan der Stadt St. Veit/Glan vom , , und , genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , anzuwenden gehabt. Auch der Verfassungsgerichtshof hätte bei seiner Entscheidung über den angefochtenen Bescheid jene - später erlassene - Verordnung anzuwenden. Mangels Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnung in den Anlassverfahren sei das Verordnungsprüfungsverfahren einzustellen gewesen.

Mit einem weiteren Beschluss vom , B 2971/97-15, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat, ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde, eine Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seiner Stellungnahme, die er anlässlich der mündlichen Verhandlung vom abgegeben hat, geht der Amtsachverständige davon aus, dass das "gegenständliche Grundstück mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom als Bauland Leichtindustriegebiet gewidmet" sei.

Weiters führte der Amtsachverständige aus: "Ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan ist somit nicht gegeben". Es werde gegen das Bauvorhaben bei Einhaltung näher angeführter Hinweise und Auflagen kein Einwand erhoben.

Der Amtsachverständige ging dieser Stellungnahme zufolge davon aus, dass das gegenständliche Bauvorhaben durch die Widmungskategorie "Leichtindustriegebiet" abgedeckt sei, ohne darzulegen, welche Tätigkeiten in dem geplanten Projekt vorgesehen sind. Damit ist diese Stellungnahme aber nicht als Gutachten zu bezeichnen, da es keinen Befund enthält. Die Stellungnahme lässt überdies außer Acht, dass die Baubehörde bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens eine typenmäßige Beurteilung des Bauvorhabens durchzuführen hat, welche im Beschwerdefall deshalb erforderlich ist, weil die Widmung "Leichtindustriegebiet" gemäß § 2 Abs. 8 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 einen Immissionsschutz beinhaltete. Nach dieser Bestimmung waren als Leichtindustriegebiete nämlich jene Flächen festzulegen, die vornehmlich für Betriebsgebäude bestimmt waren, die zur Aufnahme von Betrieben dienten, durch welche die Umgebung nicht erheblich durch Lärm, Ruß, Geruch oder Erschütterung belästigt und nicht durch Explosivstoffe oder brennbare Flüssigkeiten gefährdet wurde. Anlässlich der Verhandlung vom wurde festgehalten, dass die seinerzeitigen Gutachten, die im Baubewilligungsverfahren bzw. im Zusammenhang mit der Parteistellung des Beschwerdeführers eingeholt wurden, ihm und seinem Vertreter bekannt seien. Es handle sich dabei konkret um das Gutachten des D.I.F. vom im Zusammenhang mit lärmtechnischen Maßnahmen und das Gutachten des D.I.H.O. vom bezüglich der möglichen Beeinträchtigung der Nachbarschaft durch das Bauwerk sowie alle jene im Zusammenhang mit den gewerberechtlichen Verfahren eingeholten Gutachten. Seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sei von den Vertretern des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abt. Feuerwehrwesen und Feuerpolizei, und des Arbeitsinspektorates der Baubewilligungsbescheid vom überprüft und ausdrücklich festgehalten worden, dass keinerlei Änderungen oder Ergänzungen zu den bereits erteilten Auflagen erforderlich seien, um den Schutz der Anrainerinteressen zu gewährleisten. Die genannten Gutachten liegen mit Ausnahme jenes des D.I.F. vom nicht im vorgelegten Verwaltungsakt ein, sodass nicht beurteilt werden kann, ob sie einen ausreichenden Befund enthalten, die typenmäßige Beurteilung des Bauvorhabens ermöglichen und auf den zwischenzeitlich ergangenen Flächenwidmungsplan, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Bezug nehmen.

Die im erstinstanzlichen Bescheid zum Schutz der Anrainer vorgeschriebene Auflage Nr. 30 hat folgenden Wortlaut:

"Die Auflagen der Gewerberechtsbehörde sowie der anderen damit befassten Dienststellen hinsichtlich Immission, Müllentsorgung, Abwasserbeseitigung und sonstiger, die Umwelt beeinflussenden Faktoren sind strikt einzuhalten."

Abgesehen davon, dass der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid auf eine Stellungnahme gestützt ist, die sich ausdrücklich auf den mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom genehmigten Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde bezieht und der zweitinstanzliche Bescheid keine Aussage trifft, welcher Flächenwidmungsplan der Berufungsentscheidung zu Grunde liegt, und die Vorstellungsbehörde ihren Bescheid wieder ausdrücklich auf den mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom genehmigten Flächenwidmungsplan gestützt hat, sodass nicht überprüft werden kann, ob im Bezug auf den Beschwerdeführer hinsichtlich der vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke jene Schutzbestimmungen eingehalten wurden, die aus der Flächenwidmung resultieren, ist die oben wiedergegebene Auflage auch so unkonkret, dass sie keinem Vollzug zugänglich ist.

Dadurch, dass die belangte Behörde ihren Bescheid auf einen Flächenwidmungsplan gestützt hat, der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung durch den Gemeinderat nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte, und nicht überprüft hat, ob das Bauvorhaben hinsichtlich der Anrainerschutzbestimmungen mit dem anzuwendenden Flächenwidmungsplan übereinstimmt, und überdies nicht erkannt hat, dass die zum Schutz der Anrainer vorgeschriebene Auflage keinem Vollzug zugänglich ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtsposition des Beschwerdeführers entgegen den Ausführungen im Berufungsbescheid (der aufsichtsbehördliche Bescheid enthält dazu keine Hinweise) nicht aus § 23 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung 1996 ableitet, sondern infolge der Übergangsbestimmung des § 52 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64, sowie des Art. II Abs. 3 der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62, aus § 18 der Kärntner Bauordnung 1969.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
BauO Krnt 1969 §18;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2000:2000050076.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-32600