VwGH vom 17.05.2001, 2000/16/0614
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2000/16/0387 E
2000/16/0386 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 5/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-1627/3, betreffend Aufhebung des Getränkesteuerbescheides des Gemeindevorstandes der Beschwerdeführerin in Ausübung des Aufsichtsrechtes (mitbeteiligte Partei: M KG in S, vertreten durch Mag. Dr. Alois Pircher, Wirtschaftsprüfer in 6020 Innsbruck, Neuhauserstraße 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei erhob am gegen den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom , mit dem auf Grund einer Getränkesteuerprüfung Getränkesteuer für die Zeit vom bis vorgeschrieben worden war, Berufung und brachte vor, die Vorschreibung verstoße gegen Artikel 33 der 6. MwSt-Richtlinie und die Bestimmungen der "Verbrauchsteuerrichtlinie" (Systemrichtlinie). Überdies machte sie geltend, die Getränke- und Speiseeissteuer sei auf "Lieferungen" fixiert und greife bei Restaurationsumsätzen ins Leere, weil diese nach der Rechtssprechung des EuGH als sonstige Leistungen (Dienstleistungen) einzustufen seien.
Der Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die mitbeteiligte Partei erhob mit Schriftsatz vom Vorstellung.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , Rechtssache C-437/97, Folge, hob den bekämpften Bescheid des Gemeindevorstandes der Beschwerdeführerin auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde zurück. Dies mit der Begründung, im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde sei die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke "teilweise" rechtswidrig gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihren Rechten, Getränkesteuernachforderungen auf alkoholische Getränke für Zeiträume sowohl nach als auch vor dem Beitritt Österreichs zu den europäischen Gemeinschaften am geltend machen zu können sowie der Nichtaufhebung ihres Bescheides von der Aufsichtsbehörde, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0296) ist der Begriff "Rechtsbehelf" im Spruchpunkt 3. des Urteilstenors des genannten möglichst weit zu verstehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch die an die Abgabenbehörde erster Instanz gerichteten Anträge auf Abgabenfestsetzung und Rückzahlung sowie Berufungen und Vorstellungen als einen derartigen Rechtsbehelf angesehen (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0338).
Die mitbeteiligte Partei erhob vor Ergehen des Vorstellung, in der wie schon in der vorangegangenen Berufung, ein Vorbringen zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer erstattet wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass die mitbeteiligte Partei wirksam einen "Rechtsbehelf" im Sinn der Rechtsprechung des EuGH eingelegt hat. Ob die Vorschreibung der Getränkesteuer auf Grund einer den Zeitraum mehrer Jahre umfassenden Prüfung stattfand und als Ergebnis dieser Prüfung die Getränkesteuer "nachgefordert" wurde, kommt es dabei entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde im Beschwerdefall nicht an, sondern nur darauf, dass eine Getränkesteuerschuld entstanden ist und ein Rechtsbehelf vor dem eingelegt wurde.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen, dass von der mitbeteiligten Partei vor dem ein Rechtsbehelf erhoben wurde.
Soweit von der beschwerdeführenden Gemeinde Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Fall der Nachforderung der Getränkesteuer vorgebracht werden, ist darauf hinzuweisen, dass damit die Verfassungswidrigkeit des Getränkesteuergesetzes geltend gemacht wird. Soweit in der Beschwerde die Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte behauptet wird, ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, darauf einzugehen, weil für die Entscheidung über solche Rechtsverletzungen nach Artikel 133 Z 1 iVm 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof und nicht der Verwaltungsgerichthof zuständig ist ( vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 327f, angeführte Rechtssprechung). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auf Grund des zum Wiener Getränkesteuergesetz ergangenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1735/00, nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof mit den von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Argumenten ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des Tiroler Getränkesteuergesetzes zu beantragen.
Mit den Bescheiden der Gemeindebehörden wurde die Getränkesteuer für alkoholische und alkoholfreie Getränke für den Zeitraum bis mit nur einem Gesamtbetrag vorgeschrieben. Eine Trennung in Zeiträume vor und nach dem sowie in alkoholische und alkoholfreie Getränke wurde somit betragsmäßig nicht vorgenommen. Eine Trennung des Nachforderungsbetrages in gemeinschaftsrechtswidrige und gemeinschaftsrechtlich unbedenkliche Beträge, war von der Vorstellungsbehörde und ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht vorzunehmen. Demzufolge hatte die belangte Behörde mit Recht den Bescheid auch dann zur Gänze aufzuheben, wenn sich die Abgabennachforderung auf Zeiträume vor dem Beitritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften und auf alkoholfreie Getränke erstreckte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0401).
Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am