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VwGH vom 29.08.2000, 2000/05/0061

VwGH vom 29.08.2000, 2000/05/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Malgorzata Knap-Konopka in Villach, vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 B-BRM-419/1/2000, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Günther Leschanz in Villach-Drobollach, Drauwaldweg 45, 2. Markus Kolitsch in Villach-Drobollach, und

3. Christof Leschanz in Köttmannsdorf, die beiden Letztgenannten vertreten durch DDr. Georg M. Krainer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Feldm.-Conrad-Platz 11, 4. Stadtgemeinde Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom hat die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für die Änderung des Verwendungszwecks von Geschäftslokal in Gastgewerbebetrieb und Montage einer Lüftungsanlage in einem Teil des Erdgeschosses des Gebäudes in Villach, Lederergasse 22, angesucht. Mit Bescheid vom erteilte ihr der Magistrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Baubewilligung.

Mit einem weiteren Ansuchen vom beantragte die Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die Änderung der Verwendung eines Ladengeschäftes in einen Gastgewerbebetrieb und die Montage einer Lüftungsanlage mit Umluftbetrieb für ein ebenfalls im Erdgeschoß des genannten Gebäudes liegendes Lokal.

Mit Eingabe vom hat die Beschwerdeführerin den bewilligungsfreien Einbau einer WC-Anlage in einem der genannten Lokale angezeigt.

Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes eines bisherigen Verkaufsgeschäftes in ein Gastlokal mit den dazugehörigen sanitären Räumlichkeiten und der Installierung einer Umluftanlage mit Filtersystem.

Mit einer am bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingelangten Eingabe erhoben die Erst- bis Drittmitbeteiligten gegen die Baubewilligungen vom und vom Berufung. Die Einschreiter seien Miteigentümer des Baugrundstückes, es sei Wohnungseigentum begründet. Die Einschreiter seien zu den Bauverhandlungen nicht geladen worden, es seien ihnen die erstinstanzlichen Bescheide auch nicht zugestellt worden. Die Zustimmung der Miteigentümer sei gemäß § 10 Abs. 1 lit. b der Kärntner Bauordnung 1996 nur dann nicht erforderlich, wenn es sich um Vorhaben innerhalb einer selbstständigen Wohnung oder einer sonstigen selbstständigen Räumlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 WEG 1975 handle. Unter diese Ausnahmebestimmung könne aber eine Änderung des Verwendungszweckes nicht subsumiert werden.

Mit Bescheid vom hat der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufungen als unzulässig zurückgewiesen; eine Zustimmung der Miteigentümer sei nicht erforderlich, da sich die Bauvorhaben nur auf die im Wohnungseigentum der Beschwerdeführerin stehenden Lokale bezögen. Den Miteigentümern komme auch keine Parteistellung im verwaltungsrechtlichen Baugenehmigungsverfahren, und somit auch kein Berufungsrecht zu.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Erst- bis Drittmitbeteiligten hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Bescheid des Stadtsenates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwiesen. Die gesetzes- und verfassungskonforme Auslegung der Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 1 lit. b der Kärntner Bauordnung 1996 führe zu dem Ergebnis, dass Vorhaben, die eine Änderung des Verwendungszweckes beträfen, der Zustimmung der Miteigentümer bedürfen, weil eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Miteigentümer vorliege. Im Zuge der neuerlichen Entscheidung habe sich die Gemeindebehörde auch mit einem Vorbringen betreffend eine Türe zwischen Gastlokal und Stiegenhaus auseinander zu setzen. Außerdem sei der dem Bescheid vom zu Grunde gelegte Plan mangelhaft, da die Umbaumaßnahmen völlig unzureichend dargestellt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch der Zweit- und Drittmitbeteiligte haben in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik zur den Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin benötige die Zustimmung der Miteigentümer der Liegenschaft zu den gegenständlichen Bauvorhaben, sei unzutreffend, weil der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 lit. b K-BO 1996 nach Art oder Umfang des Vorhabens nicht differenziere und dies auch offensichtlich nicht der Wille des Landesgesetzgebers sei. Die gegenständlichen Bauvorhaben seien eindeutig als solche innerhalb der jeweiligen Wohnungseigentumseinheit zu bewerten, weshalb für das Bauverfahren die Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht erforderlich sei. Umluftanlagen bzw. WC-Entlüftungen würden jeweils durch den zur jeweiligen Wohnungseigentumseinheit gehörenden Lüftungsschacht führen. Die Einwendungen der mitbeteiligten Parteien seien bestenfalls als zivilrechtliche Einwendungen zu werten, die aber keinen Einfluss auf die Entscheidung haben könnten. Die Parteistellung des Erstmitbeteiligten sei darüber hinaus auch deshalb nicht gegeben, weil dieser seine beiden Wohnungseigentumseinheiten verkauft habe und die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages am vollzogen worden sei.

Hinsichtlich des gegenständlichen Gebäudes ist Wohnungseigentum begründet.

Der Erstmitbeteiligte war einem Grundbuchauszug vom zufolge am nicht mehr Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, seine Vorstellung hätte daher jedenfalls auf Grund mangelnder Parteistellung zurückgewiesen werden müssen und nicht zum Anlass für eine Aufhebung des Bescheides des Stadtsenates genommen werden dürfen.

Gemäß § 6 lit. c der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (K-BO 1996), bedarf die Änderung der Verwendung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern für die neue Verwendung andere öffentlich-rechtliche, insbesondere raumordnungsrechtliche Anforderungen gelten als für die bisherige Verwendung, einer Baubewilligung. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a leg. cit. ist anlässlich eines Baugesuchs ein Beleg über das Grundeigentum beizubringen; nach lit. b dieser Bestimmung ist ein Beleg über die Zustimmung des Grundeigentümers (der Miteigentümer), wenn der Antragsteller nicht Alleineigentümer ist, beizubringen; die Zustimmung der Miteigentümer ist nicht erforderlich, wenn es sich um Vorhaben innerhalb einer selbständigen Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 handelt; im Fall des gemeinsamen Wohnungseigentums von Ehegatten (§ 9 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975) ist jedoch die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich.

§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 417 (WEG), definiert den Begriff des "Wohnungseigentums" wie folgt:

"Begriff

§ 1. (1) Das Wohnungseigentum ist das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Zu den sonstigen Räumlichkeiten gehören besonders selbständige Geschäftsräume, selbständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen sowie deutlich abgegrenzte Abstellflächen (Abstellplätze) für Kraftfahrzeuge in einer Baulichkeit, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet ist.

(2) Mit selbständigen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten können auch andere Teile der Liegenschaft verbunden sein, wie besonders offene Balkone, Terrassen, Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten, Lagerplätze und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, sofern sie von der Liegenschaftsgrenze, den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Wohnung oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sind; mehr als ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge je Wohnung oder sonstiger selbständiger Räumlichkeit bei der erstmaligen Begründung des Wohnungseigentums jedoch nur dann, wenn für die Wohnungen, die über keinen Abstellplatz für Kraftfahrzeuge im Wohnungseigentum - sei es in einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit oder mit ihrer Wohnung verbunden - verfügen, noch mindestens je ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge verbleibt.

(3) An selbständigen Wohnungen kann Wohnungseigentum nur dann bestehen, wenn sie zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügen.

(4) An Teilen der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht, wie besonders eine Hausbesorgerwohnung oder gemeinsame Wärmeversorgungsanlage, kann Wohnungseigentum nicht bestehen."

§ 13 WEG trifft nähere Bestimmungen zur "Verwaltung der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit" (darunter auch zur Berechtigung des Wohnungseigentümers, Änderungen vorzunehmen), § 14 WEG nähere Bestimmungen zur "Verwaltung der Liegenschaft".

Den Erläuternden Bemerkungen zu § 10 (vormals § 8) der K-BO 1996 ist zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Verpflichtung des Bauwerbers, der nicht Alleineigentümer des Baugrundstückes sei, jedenfalls die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer zu einem bewilligungspflichtigen Vorhaben einzuholen, sich bei Bauführungen geringen Umfanges, vor allem bei Vorliegen von Wohnungseigentum, als äußerst verfahrenshemmend erweise. In zahlreichen Fällen müsse die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer erst auf dem Umweg des zivilgerichtlichen Verfahrens erwirkt werden. Aus Gründen der Verfahrensökonomie würden daher die Zustimmungserfordernisse eingeschränkt.

Der vom Gesetz normierte Entfall des Nachweises der Zustimmung gilt nur dann, wenn es sich um Vorhaben innerhalb einer selbständigen Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 handelt. Die gegenständlichen Änderungen des Verwendungszweckes beziehen sich auf Vorhaben innerhalb selbständiger Räumlichkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, hat der Landesgesetzgeber bei der Normierung des Belegerfordernisses keine weitere Differenzierung etwa in dem Sinn, dass keine Auswirkungen auf Miteigentümer eintreten können, vorgenommen. Da eine solche Differenzierung überdies den in den Erläuternden Bemerkungen dargelegten Intentionen des Landesgesetzgebers entgegenlaufen würde, trifft die Rechtsansicht der belangten Behörde, dem Bauvorhaben sei die Zustimmung der Miteigentümer als Beleg anzuschließen, nicht zu.

Der Umstand, dass im Beschwerdefall die Zustimmung der Miteigentümer nach den baurechtlichen Vorschriften nicht erforderlich ist, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof nicht verfassungswidrig (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 3509/96-11, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0056, zur Tiroler Bauordnung, sowie die dort angeführte hg. Judikatur).

Der Hinweis in der Gegenschrift der belangten Behörde, durch die Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes sei eine Stellplatzverpflichtung im Ausmaß eines Stellplatzes eingetreten, schon deshalb sei die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich, verfängt deshalb nicht, weil im Baubewilligungsbescheid vom , mit dem die Stellplatzverpflichtung ausgesprochen wurde (bzw. Ankündigung, dass eine Ausgleichsabgabe im Ausmaß von S 35.000,-- gesondert vorgeschrieben werde), die Miteigentümer weder zur Errichtung des Stellplatzes noch zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe verpflichtet haben.

Da die belangte Behörde somit zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich sei, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Wien, am