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VwGH 04.07.2000, 2000/05/0046

VwGH 04.07.2000, 2000/05/0046

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §82 Abs1 idF 1998/I/158;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;
RS 1
Das Bgld BauG 1997, LGBl Nr 1998/10, wurde am , somit vor dem kundgemacht. Ob die Bestimmung des § 21 Abs 6 Bgld BauG 1997, wonach im Bauverfahren übergangene Parteien ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen können, auf Grund des Inkrafttretens der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998 außer Kraft getreten ist, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil § 21 Abs 6 Bgld BauG 1997 in verfassungskonformer Auslegung nur so verstanden werden kann, dass er sich auf Fälle bezieht, in welchen der Baubeginn nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte (Hinweis E , 92/06/0047, 0059, sowie E , 96/06/0108). § 42 Abs 1 und Abs 3 AVG in der Fassung der Verfahrensgesetznovelle 1998 ist nur auf solche Tatbestände anzuwenden, die nach Inkrafttreten dieser Novelle, also nach dem verwirklicht wurden. Auf Bauverhandlungen, die vor diesem Zeitpunkt abgehalten wurden, treffen diese Bestimmungen nicht zu (Hinweis E , 99/05/0239, und E , 2000/05/0052) (hier: die übergangene Partei hat somit ihre Parteistellung nicht verloren; die Zurückweisung ihrer Berufung erfolgte daher zu Unrecht).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Eleonora Unger in Güssing, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom , Zl. 02/04/40-1999, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Viktor und Gerhard Laky in Moschendorf 40, 2. Gemeinde Moschendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Strem vom wurde den Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für den Zubau am bestehenden Wohnhaus in Moschendorf 40 erteilt. Die Beschwerdeführerin, deren Grundstück unmittelbar an das Grundstück der Erstmitbeteiligten grenzt, wurde zur Bauverhandlung nicht geladen; ihr wurde auch (im Jahre 1985) kein Baubewilligungsbescheid zugestellt.

Am stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zustellung des Bescheides vom . Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt, am hat sie gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Diese wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, am sei das Burgenländische Baugesetz 1997 in Kraft getreten. Da dieses Gesetz mit Ausnahme von Sonderregelungen für hier nicht in Betracht kommende bauliche Maßnahmen keine Übergangsregelung getroffen habe und die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 i.d.F. LGBl. Nr. 11/1994, aufgehoben wurde, sei auf die vorliegende Berufung mangels entsprechender Übergangsbestimmungen bereits das Burgenländische Baugesetz 1997 anzuwenden. Zufolge des § 21 Abs. 6 dieses Gesetzes könnten im Bauverfahren übergangene Nachbarn ihre Rechte nur bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen. Auf Grund des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998, BGBl. Nr. 158/1998, seien jedoch zufolge des § 82 Abs. 7 AVG alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von näher angeführten Bestimmungen, u.a. § 42 AVG abweichen, mit Ablauf des außer Kraft getreten. Dies gelte nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem kundgemacht worden seien. § 21 Abs. 6 BGld. BauG stelle eine von § 42 Abs. 3 AVG abweichende Regelung des Falles einer übergangenen Partei dar, die vor dem kundgemacht worden ist und somit mit Ablauf des außer Kraft getreten ist. Im vorliegenden Fall liege bereits seit Jahren eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne des § 42 Abs. 3 AVG vor, da darunter solche Entscheidungen zu verstehen seien, die gegenüber allen tatsächlich am Verfahren beteiligten Parteien, mit Ausnahme der verhinderten, unanfechtbar geworden seien. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung bereits 1985 mit Ablauf der Rechtsmittelfrist nach Zustellung an die damals dem Verfahren beigezogenen Parteien in Rechtskraft erwachsen sei, und auch die nunmehr in § 42 Abs. 3 AVG für das Auftreten übergangener Parteien festgesetzte Frist (nämlich "spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache") längst abgelaufen sei, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom abgewiesen. Sie teilte die Rechtsansicht der Berufungsbehörde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Burgenländische Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, ist zufolge seines § 35 Abs. 1 mit in Kraft getreten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung trat die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994, mit Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft. Übergangsbestimmungen enthält § 35 leg. cit. nur in seinen Absätzen 3, 4 und 5 für hier nicht vorliegende Baumaßnahmen. Da zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom bereits die Burgenländische Bauordnung 1970 außer Kraft getreten war, war auf das Berufungsverfahren diese Burgenländische Bauordnung nicht mehr anzuwenden. Die gegenteilige Ansicht der Beschwerdeführerin findet in der Rechtslage keine Deckung.

Am ist die Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, in Kraft getreten. Nach § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle traten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs. 3 bis 8, 14, 18 Abs. 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs. 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2, 64a, 66 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 Z. 2, 73 Abs. 2 und 3 und 76 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem kundgemacht worden sind.

Das Burgenländische Baugesetz, LGBl. Nr. 10/1998, wurde am , somit vor dem kundgemacht. Ob die Bestimmung des § 21 Abs. 6 Bgld. BauG, wonach im Bauverfahren übergangene Parteien ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen können, auf Grund des Inkrafttretens der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998 außer Kraft getreten ist, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil § 21 Abs. 6 Bgld. BauG in verfassungskonformer Auslegung nur so verstanden werden kann, dass er sich auf Fälle bezieht, in welchen der Baubeginn nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 92/06/0047, 0059, sowie vom , Zl. 96/06/0108). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0239, auf dessen eingehende Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass § 42 Abs. 1 und 3 AVG in der Fassung der Verfahrensgesetznovelle 1998 nur auf solche Tatbestände anzuwenden ist, die nach Inkrafttreten dieser Novelle, also nach dem verwirklicht wurden. Auf Bauverhandlungen, die vor diesem Zeitpunkt abgehalten wurden, treffen diese Bestimmungen nicht zu (siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0052).

Die Beschwerdeführerin hat somit ihre Parteistellung nicht verloren.

Die Zurückweisung ihrer Berufung erfolgte daher zu Unrecht.

Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §82 Abs1 idF 1998/I/158;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;
Schlagworte
Baurecht Nachbar übergangener
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht
Diverses) Parteien BauRallg11/1
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2000:2000050046.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAE-32503