VwGH vom 22.05.2001, 2000/05/0034
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der GWCL Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H. in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Wo-060030-1999-Bl/Ho, betreffend Entziehung der Gemeinnützigkeit und Auferlegung einer Geldleistung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde, die (offensichtlich) von der Absicht der Beschwerdeführerin, unternehmenseigene Wohnungen an ihre Alleingesellschafterin (Agro Linz Melamin GesmbH) zu verkaufen, erfahren hatte, um Übermittlung einer Kopie des diesbezüglichen Rechtsgutachtens.
Die Beschwerdeführerin teilte mit Schreiben vom mit, dass der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens nicht von ihr erteilt worden sei und sich dieses nicht in ihren Händen befände, weshalb dem Ersuchen nicht entsprochen werden könne.
In der Zeit vom bis wurde die Beschwerdeführerin (mit Unterbrechungen) durch den österreichischen Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband geprüft.
Am setzte die Beschwerdeführerin die Behörde erstmals offiziell von der Absicht des Verkaufes der Wohnungen an ihre Alleingesellschafterin, der Begründung von Wohnungseigentum durch letztere und des Weiterverkaufes an die Bestandnehmer in Kenntnis und teilte mit, dass bereits Vorarbeiten für die Realisierung geleistet worden seien. Sie ersuchte auch um eine Stellungnahme, ob es sich bei dem geplanten Geschäft um ein genehmigungspflichtiges Geschäft gemäß § 7 Abs. 4 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) handle, und beantragte für den Fall der positiven Beantwortung dieser Frage die Erteilung der Zustimmung. In diesem Schreiben war davon die Rede, dass 636 Wohneinheiten abzüglich 43 Wohneinheiten, die im Miteigentum der Beschwerdeführerin verbleiben sollten, insgesamt daher 593 Wohneinheiten in 22 Wohngebäuden vom Verkauf betroffen sein sollten. Rund 80 Wohnungen davon sollten noch im Jahr 1999 ins Eigentum interessierter Bestandnehmer gelangen.
Mit Schreiben vom teilte die Aufsichtsbehörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 bis 3 sowie § 10 a WGG mit, dass es sich bei dem von der Beschwerdeführerin geplanten Verkauf von Wohnungen nach der Ansicht der belangten Behörde eindeutig um ein genehmigungspflichtiges Geschäft gemäß § 7 Abs. 4 WGG handle. Um über das Ansuchen entscheiden zu können, sei die Vorlage konkreter Unterlagen sowie die Übermittlung näherer Informationen und Details erforderlich.
Vor Erlassung des angefochtenen Bescheides wurden aber die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt.
Ein Prüfer des Revisionsverbandes teilte der belangten Behörde am mit, dass der Aufsichtsrat dem Geschäftsführer die Weisung erteilt habe, die entsprechenden Verkaufsverträge auch ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde dem Eigentümer vorzulegen.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurde der Aufsichtsratsvorsitzende der Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde nochmals ausdrücklich auf die Genehmigungspflicht des geplanten Geschäfts gemäß § 7 Abs. 4 WGG unter Hinweis auf "allfällige Rechtsfolgen eines Verkaufes ohne Zustimmung" aufmerksam gemacht.
Aus dem Prüfungsbericht des Revisionsverbandes vom (S. 13 und 14, RZ 57) ging hervor, dass mit Aufsichtsratsbeschluss vom 22 Wohngebäude der Beschwerdeführerin mit insgesamt 636 Wohnungen an die Alleingesellschafterin um einen Kaufpreis von S 97,6 Mio. veräußert werden sollten. Dieser Preis setze sich aus dem Buchwert und einer Aufwertung der Grundkosten zuzüglich einer 2 %-igen Rücklagenkomponente zusammen. Sodann sei beabsichtigt, diese Wohnungen an die derzeitigen Nutzer zum Verkehrswert weiter zu veräußern. Da dieser Verkehrswert laut Schätzung rund S 397,8 Mio. betrage, ergebe sich für die Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin ein finanzieller Vorteil in der Höhe von S 282,2 Mio.
In diesem Prüfungsbericht heißt es u.a. weiters (S. 28):
"Betreffend dem vom Aufsichtsrat beschlossenen Vorhaben 'Verkauf von GWCL-Wohnungen an die Alleingesellschafterin' bestehen seitens der Prüfung schwer wiegende Bedenken im Hinblick auf die §§ 7, 9 a, 10, 15 c und 23 WGG. Es ist daher von einer Umsetzung des entsprechenden Aufsichtsratsbeschlusses Abstand zu nehmen". Unter RZ 57 des Prüfungsberichtes wird dies näher konkretisiert: Ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 WGG ergebe sich dadurch, dass bei Erwerb der in Frage stehenden Wohnungen zum Buchwert (zuzüglich Grundstücksaufwertung und 2 % Komponente) und Weiterverkauf zum Verkehrswert mit einem unzulässigen vermögensrechtlichen Vorteil zugunsten der Alleingesellschafterin zu rechnen sei. Der mit dem Verkauf verbundene Abfluss stiller Reserven im mehrfachen Ausmaß des Eigenkapitals der Beschwerdeführerin stelle einen Verstoß gegen die im § 23 WGG festgesetzten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit dar. Des Weiteren verstoße das Geschäft gegen § 7 Abs. 4 WGG, wenn der Verkauf ohne die Genehmigung der Aufsichtsbehörde vonstatten gehe, und in Folge sei mit der Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit (§ 35 WGG) und den damit verbundenen Rechtswirkungen (§ 36 WGG) zu rechnen. In der Besprechung des Prüfungsergebnisses am sei vom Vertreter der Aufsichtsbehörde darüber hinaus auf allfällige strafrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom erging an die Beschwerdeführerin sowie an ihren Aufsichtsratsvorsitzenden unter abermaligem Hinweis auf "sonstige Rechtsfolgen" die Aufforderung, der Beanstandung des Revisionsverbandes Rechnung zu tragen und von einer Umsetzung des Aufsichtsratsbeschlusses Abstand zu nehmen.
Am teilte die Beschwerdeführerin schriftlich mit, dass die alleinige Gesellschafterin die Geschäftsführung zur Unterzeichnung der vorbereiteten Verträge aufgefordert habe. Trotz geäußerter Bedenken einzelner Aufsichtsratsmitglieder und der Geschäftsführung seien die Kaufverträge vom durch den allein zeichnungsberechtigten Geschäftsführer unterfertigt worden. Dadurch seien 84 Wohnungen, das seien rund 9,8 % des gesellschaftseigenen Bestandes, in das Miteigentum der Alleingesellschafterin gelangt. Der Kaufpreis von S 9,628.194,84 entspreche dem Buchwert der Wohnungen aus Bau- und Grundkosten zuzüglich einer Aufwertung der Grundkosten zuzüglich einer 2 %- igen Rücklagenkomponente nach dem WGG.
Wie aus einem (am an die belangte Behörde gesendeten) Telefax der Beschwerdeführerin hervorgeht, könne sie beim Weiterverkauf allein dieser 84 Wohnungen einen Erlös bis zum geschätzten Verkehrswert von S 40,299.379,-- und damit einen Gewinn bis S 30,671.184,-- erzielen.
Die belangte Behörde hatte die Beschwerdeführerin am "letztmalig" unter Androhung der Entziehung der Gemeinnützigkeit gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 und 4 WGG und der Vorschreibung einer Geldleistung gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. aufgefordert, die Verträge zu annullieren und diese Anordnung bis umzusetzen.
Da dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wurde, hat die belangte Behörde (nach Anhörung der Finanzlandesdirektion) mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 und 4 WGG die Anerkennung als Gemeinnütziges Wohnungsunternehmen entzogen (erster Absatz des Spruches) und hat ihr weiters (zweiter Absatz des Spruches) die gemäß § 36 Abs. 1 WGG aufzuerlegende Geldleistung in zwei Teilbeträgen vorgeschrieben, wobei der erste Teilbetrag in Höhe von S 99,358.926,60 binnen 12 Monaten ab Zustellung des Bescheides zur Einzahlung zu bringen ist "und der aus den stillen Reserven zu ermittelnde derzeit (...) der Höhe nach noch nicht feststehende" zweite Teilbetrag mit einem eigenen Bescheid zu einem späteren Zeitpunkt vorgeschrieben werde.
Nach Darstellung des Verfahrensganges heißt es begründend zunächst unter Hinweis auf § 35 Abs. 2 WGG, es sei bewusst, vorsätzlich, grob fahrlässig (und in Kenntnis der Rechtsfolgen) gegen die Bestimmungen des WGG, insbesondere gegen dessen §§ 7, 10 und 23 verstoßen worden. Gemeinnütziges Vermögen werde geschmälert und es werde der Alleingesellschafterin die Möglichkeit gegeben, sich vermögensrechtliche Vorteile in erheblichem Ausmaß zu verschaffen. In "völliger Missachtung" seien auch die Grundsatzbestimmungen des § 1 Abs. 2 WGG ignoriert worden, wonach gemeinnützige Bauvereinigungen ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten und ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen hätten, womit die Intentionen des Gesetzgebers und das Grundprinzip des WGG, welches neben anderem das unter dem Titel der Gemeinnützigkeit und unter steuerlichen Vorteilen geschaffene bzw. erworbene Kapital und Vermögen im Kreislauf der Gemeinnützigkeit zu behalten trachte, "durchbrochen" worden seien.
Nach Hinweis auf § 35 Abs. 4 sowie § 27 Abs. 3 und 4 WGG heißt es weiter, trotz der Aufforderungen der Aufsichtsbehörde (= belangte Behörde) vom 29. Oktober sowie 4. und , eine Genehmigung gemäß § 7 Abs. 4 WGG unter Vorlage der dafür erforderlichen Unterlagen einzuholen, sowie vom , die abgeschlossenen Verträge zu annullieren, trotz vorangegangener Empfehlung des Revisionsverbandes und der Beanstandung im Zuge der Prüfung des Geschäftsjahres 1998 sei in Kenntnis der Rechtsfolgen "auf gesetzwidrigem Verhalten beharrt und der Verkauf von Wohnungen in nicht WGG-konformer Weise realisiert" worden.
Die Gemeinnützigkeit sei daher zu entziehen gewesen.
Hinsichtlich der auferlegten Geldleistung heißt es nach Darstellung der Zahlen aus der Bilanz für das Jahr 1998, demnach sei der im Spruch genannte Betrag als "1. Teilbetrag" zur Zahlung binnen zwölf Monaten aufzuerlegen gewesen (die Berechnung wird näher dargelegt). Bei der Bemessung der Geldleistung nach § 36 WGG seien auch die stillen Reserven des Unternehmens miteinzurechnen, weil die Vorschreibung auf der Grundlage des Liquidationsergebnisses zu erfolgen habe, wodurch sichergestellt werde, dass die Eigentümer im Falle der Entziehung der Gemeinnützigkeit vermögensrechtlich nicht besser gestellt werden sollten als im Falle ihres Ausscheidens oder der Liquidation. Da dieser zweite Teilbetrag derzeit noch nicht feststehe, werde zu einem späteren Zeitpunkt "mit eigenem Bescheid hierüber befunden".
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik zur Gegenschrift
erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 139/1979 (WGG) in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 147/1999 anzuwenden (worauf noch zurückzukommen sein wird; bei der nachfolgenden Darstellung der Rechtslage beziehen sich Gesetzeszitate ohne Angabe der Fundstelle auf die Stammfassung).
Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 6 WGG darf die Bauvereinigung neben den in Abs. 1 und 2 genannten Geschäften unbeschadet des Abs. 4 alle Rechtsgeschäfte im Inland betreiben, die mit der Errichtung, Erwerbung, Finanzierung und Überlassung ihrer Bauten und Anlagen in dem üblichen Rahmen ordnungsmäßiger Wohnungswirtschaft zusammenhängen, insbesondere den Erwerb, die Belastung und Übertragung von Grundstücken und Baurechten oder die Einräumung des Wohnungseigentums und die Aufnahme von Zwischenkrediten und Baudarlehen.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle bedürfen andere im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung notwendig werdende Geschäfte einer Bauvereinigung als die in den Abs. 1 bis 3 angeführten der Zustimmung der Landesregierung.
Gemäß § 10 Abs. 1 WGG (idF BGBl. I Nr. 147/1999) darf vom jährlichen Gewinn insgesamt nur ein Betrag ausgeschüttet werden, der, bezogen auf die Summe der eingezahlten Genossenschaftsanteile (Stammkapital, Grundkapital), den im betroffenen Geschäftsjahr zulässigen Zinssatz gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 nicht übersteigt. Überdies dürfen die Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) vermögensrechtliche Vorteile nur in dem Umfang erhalten, als diese als angemessene Gegenleistung für eine besondere von ihnen erbrachte geldwerte Leistung anzusehen sind.
Gemäß § 10 Abs. 2 WGG (idF BGBl. Nr. 253/1993) dürfen Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) einer Bauvereinigung im Falle ihres Ausscheidens nicht mehr als die eingezahlten Einlagen und ihren Anteil am verteilbaren Gewinn erhalten.
Gemäß § 23 Abs. 1 WGG (idF BGBl Nr. I Nr. 147/1999) müssen Geschäftsführung und Verwaltung einer gemeinnützigen Bauvereinigung den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechen.
Gemäß § 27 Z. 3 und 4 WGG obliegen einer Bauvereinigung, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt ist, die Verpflichtungen, auf Verlangen der Landesregierung eine Stellungnahme zu den Prüfungsberichten innerhalb einer von der Landesregierung festzusetzenden Frist vorzulegen sowie der Landesregierung alle für die Ausübung des Aufsichtsrechtes (§ 29) erforderlichen Auskünfte zu erteilen und den von der Landesregierung erteilten Anordnungen nachzukommen und den in den Prüfungsberichten enthaltenen Beanstandungen innerhalb angemessener Frist durch geeignete Maßnahmen Rechnung zu tragen.
§ 29 WGG enthält nähere Bestimmungen über die Aufsicht der Landesregierung über die Bauvereinigung. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist die Landesregierung u.a. berechtigt, die Abstellung von Mängeln anzuordnen. Nach Abs. 3 hat die Landesregierung der Bauvereinigung, sofern diese der Anordnung zur Abstellung von Mängeln nicht nachgekommen ist, die Behebung der festgestellten Mängel innerhalb angemessener Frist mit Bescheid aufzutragen; wenn die Bauvereinigung den behördlichen Auftrag nicht erfüllt hat, so ist, falls andere Zwangsmittel im Zuge des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens nicht zum Ziele geführt haben, gemäß § 35 WGG vorzugehen.
Gemäß § 35 Abs. 1 WGG kann die Anerkennung nur mit Bescheid entzogen werden. Der Finanzlandesdirektion kommt ein Antragsrecht auf Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit zu. Ein einseitiger Verzicht durch die Bauvereinigung ist unzulässig.
Gemäß Abs. 2 Z. 2 und 4 dieses Paragrafen ist die Anerkennung unbeschadet der Bestimmungen des § 29 zu entziehen, wenn der tatsächliche Geschäftsbetrieb der Bauvereinigung den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderläuft oder die Bauvereinigung den ihr gemäß § 27 obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommt.
Gemäß § 36 Abs. 1 WGG (idF BGBl. I Nr. 147/1999) hat bei Entziehung der Anerkennung die Landesregierung nach Anhörung der nach dem Sitz der Bauvereinigung zuständigen Finanzlandesdirektion der Bauvereinigung eine Geldleistung aufzuerlegen. Diese Geldleistung ist derart zu bemessen, dass den Mitgliedern (Genossenschaftern, Gesellschaftern) kein höherer vermögensrechtlicher Vorteil als im Falle ihres Ausscheidens (§ 10 Abs. 2) oder der Auflösung der Bauvereinigung (§ 11 Abs. 1) zukommt. Grundlage für die Bemessung der Geldleistung ist der Jahresabschluss für das der Rechtskraft der Entziehung vorangegangene Geschäftsjahr. Wurde für dieses Geschäftsjahr noch kein Jahresabschluss erstellt, so hat die Landesregierung einen solchen auf Kosten der Bauvereinigung erstellen zu lassen. Die Erfüllung dieser Leistung kann im Verwaltungswege erzwungen werden. Die erbrachte Geldleistung ist von der Landesregierung für Zwecke des gemeinnützigen Wohnungswesens zu verwenden.
Die belangte Behörde hat die Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf § 35 Abs. 2 Z. 2 und 4 WGG gestützt.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass nach dem Eingangssatz dieses Abs. 2 die Anerkennung "unbeschadet der Bestimmung des § 29 zu entziehen" ist, was dahin zu verstehen ist (arg: "unbeschadet"), dass die Entziehung auch ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 29 Abs. 3 WGG erfolgen kann, wie dies im Beschwerdefall auch geschah (und wogegen die Beschwerdeführerin auch nichts vorbringt).
Die diesbezüglich von Korinek (ua. Autoren), Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (Loseblattausgabe), unter Anmerkung 3 zu § 35 WGG vertretene Auffassung, es seien "daher zunächst alle Möglichkeiten des Aufsichtsverfahrens auszuschöpfen; erst wenn diese nicht zum Ziele führend ist - nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens - die Anerkennung zu entziehen", kann in dieser allgemeinen Form nicht geteilt werden. § 29 WGG stellt auf Mängel der Geschäftsgebarung und der Rechnungslegung ab; nur für diese Mängel ist das im § 29 Abs. 3 WGG beschriebene Verfahren vorgesehen. Demgegenüber ist bei den in § 35 Abs. 2 WGG genannten Tatbeständen unmittelbar mit einer Entziehung vorzugehen.
Die belangte Behörde hat zunächst den Entziehungsgrund des § 35 Abs. 2 Z. 2 WGG herangezogen. Danach ist mit einer Entziehung vorzugehen, wenn der tatsächliche Geschäftsbetrieb der Bauvereinigung den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderläuft.
Der tatsächliche Geschäftsbetrieb läuft insbesondere dann Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwider, wenn dieser Geschäftsbetrieb nicht der Zielsetzung des § 7 Abs. 1 erster Satz WGG entspricht. Danach hat sich die Bauvereinigung nach ihrem Gesellschaftsvertrag und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit einer Nutzfläche von höchstens 150 m2 mit normaler Ausstattung, von Eigenheimen mit höchstens zwei Wohnungen dieser Art und von Heimen sowie mit Sanierungen größeren Umfanges im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diese Zwecke einzusetzen. Gerade mit dieser Bestimmung wird die programmatische Aussage im § 1 Abs. 2 erster Satz WGG, dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienenden Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten haben, konkretisiert (vgl. Korinek a.a.O., Anmerkung 2 zu § 7 WGG).
Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin 9,89 % des gesellschaftseigenen Bestandes mit 84 Wohnungen an eine (nicht gemeinnützige) Kapitalgesellschaft verkauft und beabsichtigt, weitere 22 Wohngebäude mit 636 Wohnungen an diese Gesellschaft zu veräußern. Ein derartiger Geschäftsbetrieb läuft der Verpflichtung zur Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit normaler Ausstattung eindeutig zuwider.
Durch dieses Verhalten hat die Beschwerdeführerin einen Entziehungsgrund gesetzt; ob der Verkauf der Wohnungen genehmigungspflichtig im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 6 WGG war, spielt schon deshalb keine Rolle, weil der Katalog des § 35 Abs. 2 WGG nicht den bewilligungslosen Abschluss bewilligungspflichtiger Rechtsgeschäfte als Entziehungsgrund anführt.
Zur Auferlegung der Geldleistung wendet die Beschwerdeführerin zunächst ein, dass der angefochtene Bescheid entgegen der Bestimmung des § 36 Abs. 1 WGG drei Tage vor Eingehen der Stellungnahme der Finanzlandesdirektion erlassen worden sei. Dies ist aber insofern unzutreffend, als das Schreiben der Finanzlandesdirektion bei der Behörde bereits einen Tag vor der Erlassung des Bescheids (vorweg) per Fax übermittelt wurde, wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt.
Der Einwand hingegen, dass der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich nie vorgehalten worden sei, sodass die belangte Behörde das Recht auf Parteiengehör verletzt habe, ist zutreffend. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt dann vor, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. das Erkenntnis des Zl. 87/05/0196). Da die Beschwerdeführerin bezüglich der Höhe der Geldleistung eine andere sachverständige Beurteilung hätte vorlegen können, wäre diesbezüglich der Auferlegung der Geldleistung ein anderes Ergebnis möglich gewesen.
Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang auch geltend, dass die Auferlegung einer Geldleistung mit einem ziffernmäßig bestimmten Betrag erfolgen müsse. Die belangte Behörde hingegen verpflichte sie zunächst zur Zahlung von S 99.358.926,60, lasse den restlichen Betrag jedoch offen. Sie stelle den Restbetrag lediglich dem Grund nach fest, die Bemessung der Höhe behalte sie aber einem gesonderten Bescheid vor. Dies widerspreche sowohl § 36 Abs. 1 WGG als auch den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts. Die belangte Behörde begründe dies damit, dass sie die stillen Reserven noch nicht ermittelt habe. Gerade dies wäre aber in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren ihre Pflicht gewesen.
Diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin im Recht. Die Feststellung einer Zahlungspflicht lediglich dem Grunde nach war vorliegendenfalls nicht zulässig. Im AVG fehlt dafür - anders als etwa im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung, wo nach § 393 ZPO die Möglichkeit besteht, zB zuerst über die Verpflichtung zur Einbringung einer Geldleistung dem Grunde nach, dann über die Höhe zu entscheiden - eine gesetzliche Grundlage (vgl. das Erkenntnis des Zl. 90/06/0193). Das Vorgehen der Behörde, einen Teilbetrag dem Grunde und der Höhe nach, einen anderen jedoch nur dem Grunde nach festzulegen und dessen Höhe einer späteren Entscheidung vorzubehalten, bewirkt schon deshalb eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Nach § 36 Abs. 1 WGG ist diese Geldleistung "bei Entziehung der Anerkennung" aufzuerlegen. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dahin zu verstehen, dass diese Absprüche zugleich zu erfolgen haben und zwischen der Entziehung einerseits und der Auferlegung andererseits ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Bei einer Entziehung ohne gleichzeitige Verpflichtung zur Geldleistung oblägen der Gesellschaft nicht mehr die in § 27 WGG genannten Verpflichtungen, käme es zu keinen Prüfungen im Sinne der §§ 5, 28 WGG und bestünde die behördliche Aufsicht gemäß § 29 WGG nicht mehr. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt dabei nicht, dass nach dieser Bestimmung Grundlage für die Bemessung der Jahresabschluss für das der Rechtskraft vorangegangene Geschäftsjahr ist. Daraus ist aber keine Trennbarkeit beider Absprüche in rechtlicher oder zeitlicher Hinsicht abzuleiten, vielmehr muss mit der Entziehung zugewartet werden, bis die Geldleistung bemessen werden kann. Diese Rechtskraft tritt nämlich mit Erlassung des Entziehungsbescheides ein und ist von der Behörde selbst beeinflussbar und grundsätzlich vorhersehbar.
Die Untrennbarkeit dieser Absprüche hat daher zur Folge, dass der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache, um Spruchreife zu erzielen, nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden. Da durch die Entziehung der Gemeinnützigkeit kein "civil right" betroffen ist und gem. § 41 Abs. 1 VwGG Tatfragen nicht zu erörtern waren (vgl. Urteil des EGMR vom , Fall FREDIN), war auch unter dem Aspekt des Art. 6 MRK die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Aus verfahrensökonomischen Gründen erscheinen aber folgende Hinweise angebracht:
Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass bis zum Inkrafttreten der Wohnrechtsnovelle 1999 die Geldleistung bei Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit einem Betrag von 50 Prozent des Eigenkapitals zu bemessen gewesen sei. Mit habe sich die Rechtslage dahingehend geändert, dass den Mitgliedern kein höherer vermögensrechtlicher Vorteil als im Falle ihres Ausscheidens oder der Auflösung der Bauvereinigung zukomme. Soweit stille Reserven überhaupt zu berücksichtigen seien und erwiesen werden könnten, hätte die Beschwerdeführerin diese seit 1950 erworben, jedenfalls aber vor Inkrafttreten der Novelle. Da § 36 Abs. 1 eindeutig in Bezug zu den unter dem Regime der Gemeinnützigkeit erwirtschafteten Vermögenswerten stehe, müsse im vorliegenden Fall die vor dem geltende alte Rechtslage (50 Prozent des Eigenkapitals) zur Anwendung kommen.
Dem ist entgegen zuhalten, dass das WGG in der Fassung der Novelle 1999 in seinen Übergangsbestimmungen keine derartige Regelung vorsieht. Gerade weil § 36 Abs. 1 WGG in Bezug zu den unter dem Regime der Gemeinnützigkeit erwirtschafteten Vermögenswerten steht, wurde er neu geregelt. Da, wie es in den Erläuternden Bemerkungen heißt, die frühere Regelung dazu führte, dass der Bauvereinigung bzw. deren Eigentümern 50 Prozent des bilanzmäßigen Eigenkapitals sowie die stillen Reserven verblieben, war diese Regelung im Hinblick auf eine allenfalls provozierte Entziehung der Gemeinnützigkeit unbefriedigend (vgl. Z. 50 des Berichtes des Bautenausschusses zur Wohnrechtsnovelle 1999, 2056 BlgNR 20. GP). Die neue Regelung hat zur Folge, dass die Alleingesellschafterin keine vermögensrechtlichen Vorteile aus dem Entzug der Gemeinnützigkeit ziehen kann und der Bauvereinigung, den Mietern und der Wohnbauförderung kein vermögensrechtlicher Nachteil entsteht.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Beschwerdeführerin im Hinblick auf diese für sie (angeblich) überraschende Neugestaltung der Rechtslage hegt, werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Das Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 Abs. 1 StGG ist nämlich im vorliegenden Fall unter dem Regime des öffentlichen Interesses der Gemeinnützigkeit zu beurteilen. Daher erscheint eine Einschränkung der Erwerbsfreiheit zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz dieser Einrichtungen zugunsten der Bauvereinigung selbst, der Mieter und der Wohnbauförderung zulässig, weil eine solche nicht unverhältnismäßig ist.
Wien, am