VwGH vom 15.10.1986, 85/01/0296
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Hoffmann, Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratskommissär Dr. Wrulich, über die Beschwerde des RP in M, BRD, vertreten durch Dr. Kurt Zangerl, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bozner Platz 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 131.644/61- 11/14/85, betreffend Befangenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde als gemäß § 73 AVG 1950 sachlich in Betracht kommende Oberbehörde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht den Antrag auf Erklärung der Befangenheit den Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Rat Dr. A, gemäß § 7 AVG 1950 zurück, nachdem die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol über den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG 1950 wegen Nichtentscheidung der Bundespolizeidirektion Innsbruck nicht entschieden hatte. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nach eigenen Angaben zur Aktenzahl der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Fr 3/39/82, zu einem aus den Akten nicht ersichtlichen Zeitpunkt den Antrag auf Erklärung der Befangenheit des dort bediensteten Rates Dr. A gestellt. Nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers habe er am einen Antrag an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol, auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG 1950 gestellt. Die Anträge seien in den Akten nicht aufgefunden worden. Da auch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol offenbar nicht zeitgerecht entschieden habe, habe der Beschwerdeführer die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der diese mit Beschluß vom , Zl. 84/01/0076-3, zurückgewiesen habe, weil die im administrativen Instanzenzug in Betracht kommende oberste Behörde (Bundesminister für Inneres) nicht angerufen worden sei. Daraufhin habe der Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag bei der belangten Behörde eingebracht, der dort am eingelangt sei. Da auch hierüber nicht innerhalb der im § 73 AVG 1950 vorgesehenen Frist entschieden worden sei, habe der Beschwerdeführer neuerlich Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, über dessen Auftrag der angefochtene Bescheid ergangen sei. Nach dem Wortlaut des § 7 AVG 1950 und der ständigen Rechtsprechung hätten sich befangene Verwaltungsorgane in den in dieser Gesetzesstelle genannten Fällen von sich aus der Ausübung ihres Amtes zu enthalten bzw. sei eine solche Maßnahme von der Behörde selbst zu treffen. Ein Anspruch einer Partei oder eines Beteiligten auf Erklärung der Befangenheit durch den Beamten oder die Behörde bzw. eine entsprechende Maßnahme bestehe jedoch nicht und es sei hierüber nicht gesondert abzusprechen, sondern eine solche Einwendung im Verfahren über die Angelegenheit selbst zu berücksichtigen. Dieser Verpflichtung sei sowohl die Bundespolizeidirektion Innsbruck in mehreren Bescheidbegründungen als auch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol, insbesondere im Berufungsbescheid vom , Zl. II 19-22/84, im Punkt 20 nachgekommen, desgleichen die belangte Behörde im Berufungsbescheid vom , Zl. 131.644/44-II/14/85. Da sohin einerseits ein Anspruch auf gesonderte Erledigung eines Antrages auf Erklärung der Befangenheit eines Beamten gemäß § 7 AVG 1950 nicht bestehe, andereseits aber im Sinne des § 73 leg. cit. ein solcher Antrag bescheidmäßiger Erledigung bedürfe, sei der Antrag "formell zurückzuweisen" gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom , B 459/85-3, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in Rechten aus dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 ("§§ 37 ff, in Sonderheit § 7") verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Befangenheit von Verwaltungsorganen ist in § 7 AVG 1950 geregelt. Danach haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung in den im Gesetz genannten Fällen zu veranlassen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist den Parteien ein Recht auf Ablehnen befangener Verwaltungsorgane gemäß § 7 AVG 1950 nicht eingeräumt (vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 542/A, sowie Erkenntnisse vom , Slg. N.F. Nr. 2422/A, vom , Zl. 1942/57, vom , Zl. 1757/64 und 919/65, vom , Zl. 32/66, vom , Zl. 1708/68, und vom , Slg. N.F. Nr. 8644/A).
Auf Grund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die durch befangene Verwaltungsorgane vorgenommenen Amtshandlungen nicht rechtsungültig oder nichtig, sondern es ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich sachliche Bedenken, gegen den im Gegenstand ergangenen Bescheid ergeben.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers geben keinen Anlaß, von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen. Die Behauptung der Widersprüchlichkeit des angefochtenen Bescheides trifft nicht zu. Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 934 und 1223/73, Slg. N.F. Nr. 9458/A, hat jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Der Anspruch ist auch gegeben, wenn der Antrag oder die Berufung zurückzuweisen sind. In diesem Fall hat die Partei Anspruch auf Erlassung eines zurückweisenden Bescheides. Auch im Streit um Parteistellung und Antragsbefugnis besteht, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht der Behörde. Beschwerdeberechtigt gemäß Art. 132 B-VG ist demnach auch ein Antragsteller, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, auch wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann. Die behauptete Rechtswidrigkeit, die der Beschwerdeführer darin erblickt, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht in der Sache selbst (meritorisch) entschieden hat, liegt nicht vor.
Bei der dargestellten Rechtslage ist es dem Verwaltungsgerichtshof versagt, auf das Sachvorbringen des Beschwerdeführers zur Frage der von ihm behaupteten Befangenheit eines Beamten einzugehen.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-32408