VwGH vom 09.05.2001, 2000/04/0215
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Ing. H in V, vertreten durch Mag. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1251/6/00, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die beschwerdeführende Partei schuldig erkannt, sie habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten, dass - unter näherer Angabe von Tatort und Tatzeit - "durch in diesem Betrieb beschäftigte Personen an die Jugendliche ... ein Apfel-Amaretto, also ein Mischgetränk mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % ausgeschenkt und verkauft wurde und an die Jugendliche ... ein Gummibärli (Mischung roter Vodka und Red Bull) ausgeschenkt wurde, obwohl Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr keine alkoholischen Getränke und Jugendliche ab dem vollendeten
16. Lebensjahr Getränke oder Mischgetränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % nicht trinken dürfen und diesen Jugendlichen die genannten Getränke weder vom Gastgewerbetreibenden selbst noch von im Betrieb beschäftigten Personen ausgeschenkt oder verkauft werden dürfen". Die beschwerdeführende Partei habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 35 i.V.m. § 151 Abs. 1 GewO 1994 und § 12 Abs. 1, 2 und 4 Kärntner Jugendschutzgesetz, K-JSG, LGBl. Nr. 5/1998, begangen. Über die beschwerdeführende Partei wurde eine Geldstrafe im Betrag von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es (u.a.), in der Berufung sei vorgebracht worden, der im Lokal ausgeschenkte rote Vodka enthalte 16 Vol %, der ausgeschenkte Amaretto 18 Vol %. Werde nun davon ausgegangen, dass die inkriminierten Mixgetränke in einem Verhältnis von 1:5 verabreicht würden, ergebe sich ein weit geringerer Vol %-Gehalt als die vom Jugendschutz als Grenze markierten 12 Vol %.
Wie es dazu im Erwägungsteil der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt, habe die eine der beiden (im Spruch genannten) Jugendlichen am Tattag das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet. Sie hätte daher im Sinne des § 12 Abs. 1 K-JSG alkoholische Getränke überhaupt nicht trinken dürfen; sie habe aber ein "Gummibärli" konsumiert. Die andere der (im Spruch genannten) Jugendlichen habe zwar das 16. Lebensjahr vollendet gehabt, habe aber gemäß § 12 Abs. 2 K-JSG alkoholische Getränke oder Mischgetränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % nicht trinken dürfen; sie habe "Apfel-Amaretto" getrunken. Zur Verantwortung der beschwerdeführenden Partei, Amaretto, der mehr als 12 Vol % aufweise, sei mit Apfelsaft gewissermaßen "verdünnt" worden und könne somit nicht von § 12 Abs. 2 K-JSG erfasst sein, sei festzuhalten, dass sich bei einer Vermischung von Alkohol mit "antialkoholischen" Getränken der Alkoholgehalt keineswegs verringere und somit im Gegenstand nicht unter 12 Vol % sinke.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 367 Z. 35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 149 oder des § 151 Alkohol ausschenkt.
§ 151 Abs. 1 GewO 1994 bestimmt, dass die Gastgewerbetreibenden weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen dürfen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.
Nach § 12 Abs. 1 des Kärntner Jugendschutzgesetzes - K-JSG, LGBl. Nr. 5/1998, dürfen Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr keine alkoholischen Getränke trinken und keine Tabakwaren rauchen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle dürfen Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alkoholische Getränke oder Mischgetränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % nicht trinken. Jedenfalls dürfen Jugendliche ab vollendetem 16. Lebensjahr alkoholische Getränke nur bis zu einer Menge trinken, dass eine Beeinträchtigung vermieden wird, die Fahruntauglichkeit im Sinne des § 5 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 i.d.F.
BGBl. Nr. 518/1994, zur Folge hätte.
In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, es sei nicht einsichtig, warum die Verantwortung für den Jugendschutz allein dem Gewerbetreibenden übertragen werde. Das Kärntner Jugendschutzgesetz sehe in seinen §§ 5 bis 7 nicht nur Pflichten des Unternehmens zum Schutz von Jugendlichen vor, sondern lege auch einen nicht unwesentlichen Teil der Verantwortung in die Hände von etwaigen Aufsichtspersonen aber auch in die Hände der Allgemeinheit. So seien gemäß § 5 Abs. 1 K-JSG Aufsichtspersonen im zumutbaren Rahmen dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die ihrer Aufsicht unterstehenden Kinder und Jugendlichen die Bestimmungen dieses Gesetzes beachteten. Eine der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Personen sei unter Aufsicht ihres 20-jährigen Bruders gewesen. Somit sei laut § 5 K-JSG der Bruder als Aufsichtsperson ebenfalls angehalten, den Alkoholkonsum der ihm anvertrauten Jugendlichen zu überwachen.
Die beschwerdeführende Partei übersieht dabei, dass der Alkoholausschank an Jugendliche durch Gastgewerbetreibende hier - zu Recht - nach der (speziellen) gewerberechtlichen Bestimmung des § 367 Z. 35 i.V.m. § 151 Abs. 1 GewO 1994 und nicht nach dem K-JSG zu ahnden war. Wie es in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Gewerbeordnung (395 BlgNR XIII. GP, 218 f) nämlich heißt, würden die Jugendschutzvorschriften der Bundesländer einschlägige Verbote vorsehen, die jedoch an die Jugendlichen und an die Erziehungsberechtigten gerichtet seien. Nach diesen Bestimmungen könne der Gewerbetreibende lediglich wegen Anstiftung oder Beihilfe bestraft werden. Abs. 1 (nunmehr des § 151 GewO 1994) stelle die notwendige gewerberechtliche Ergänzung dar. Er sei an die Gewerbetreibenden gerichtet und schaffe die gewerberechtliche Sanktion, die die Ländergesetze nicht vorsehen könnten.
In diesem Sinne knüpft daher das gewerberechtliche Alkoholausschankverbot an Jugendliche lediglich an das jugendschutzrechtliche Alkoholgenussverbot an; dass sich die Jugendschutzvorschriften der Bundesländer auch an etwa Aufsichtspersonen richtet, ändert daran nichts.
Die beschwerdeführende Partei ist aber im Recht, wenn sie weiters vorbringt, eine der im Spruch genannten Personen habe zum Zeitpunkt des Alkoholgenusses das 16. Lebensjahr bereits vollendet gehabt und es sei dieser daher gemäß § 12 Abs. 2 K-JSG erlaubt gewesen, alkoholische Getränke mit einem nicht höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % zu konsumieren. Diese Regelung gelte sowohl für die "pur" genossenen alkoholischen Getränke als auch für Mischgetränke, wobei durch die Verdünnung des Amaretto durch Apfelsaft mit Sicherheit ein Mischgetränk entstehe, welches einen Alkoholgehalt von weniger als 12 Vol % aufweise.
Wie sich aus der oben wiedergegebenen Regelung des § 12 Abs. 2 K-JSG ergibt, betrifft das Alkoholverbot für Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr "alkoholische Getränke oder Mischgetränke". Das Ausschankverbot des § 151 Abs. 1 GewO 1994 bezieht sich somit auf alkoholische Getränke oder Mischgetränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Vol %. Wenn das Gesetz also auch auf "Mischgetränke" abstellt, ist es aber entscheidend, ob dieses "Mischgetränk" einen höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % - also 12 % Alkohol bezogen auf den Rauminhalt dieses "Mischgetränkes" - hat oder nicht. Darüber, ob dies hier der Fall war, hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen.
Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift geltend macht, dem Einwand der beschwerdeführenden Partei, sie habe vorgefertigte Mischgetränke ausgeschenkt, sei entgegenzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei während des gesamten Ermittlungsverfahrens keinen konkreten Hinweis darauf vorgebracht habe, um welche Mischgetränke es sich gehandelt habe und es hätte sie diesbezüglich eine Mitwirkungspflicht getroffen. Die belangte Behörde übersieht dabei, dass kein Anhaltspunkt dafür zu finden ist, der Gesetzgeber habe diesbezüglich - zwischen vorgefertigten und nichtvorgefertigten Mischgetränke - differenziert. Es kommt vielmehr darauf an, ob das ausgeschenkte Mischgetränk einen höheren Alkoholgehalt als 12 Vol % hat oder nicht.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.Im Hinblick auf die gesetzliche Kostenpauschalierung war der für "120% ES" sowie für "20% Ust." geltend gemachte Betrag nicht zuzuerkennen. Wien, am