VwGH vom 21.12.2000, 2000/16/0361
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG in Wien, vertreten durch Dr. Gertraud Fuchs, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ Jv 7222-33a/99, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarb die Bausparerin Ute B. von einer Baugesellschaft einen Liegenschaftsanteil samt im Wohnungseigentum zu errichtendem Reihenhaus. Der Kaufvertrag hat folgenden auszugsweisen Inhalt:
"PRÄAMBEL
Die Verkäuferin errichtet auf dem Grundstück 327/1 inneliegend in EZ.1292 KG. Aspern eine Wohnhausanlage bestehend aus sieben Wohnungen und acht Reihenhäusern in unterschiedlichen Größen.
Auf dem oben genannten Grundstück wird eine Tiefgarage für fünfzehn KFZ-Abstellplätze samt Garagenein- und -ausfahrt sowie KFZ-Abstellplätze im Freien errichtet. Über den Tiefgaragen werden sieben Wohnungen situiert, die Gesamtgebäudehöhe des im vorderen Drittel zur Errichtung gelangenden Wohngebäudes entspricht der Bauklasse I, 7,5 Meter Bauhöhe. Diese Reihenhäuser gelangen in einer Reihe samt Garagenteil zur Ausführung.
Die im Kaufvertrag tieferstehend angenommenen Miteigentumsanteile entsprechen den vorläufigen Nutzwertanteilen, wobei die Gartenfläche, die aliquoten allgemeinen Grundflächen wie Zufahrt, Müllplätze, wie auch die Garagen bzw. Abstellplätze enthalten sind.
I.
Die Verkäuferin ist auch zu 138/1576-tel Anteilen außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ.1292.Kat.Gem.Aspern mit dem Gründstück 327/1 im Ausmaß von 1953 m2.
II.
Die Verkäuferin verkauft und übergibt an die Käuferin und letztere kauft und übernimmt von der Ersten die vorstehend näher bezeichneten Liegenschaftsanteile, samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör um an dem auf Kosten der Käuferin zu errichtenden Top Nr. 10 (Reihenhaus Nr. 3), samt Garagenplatz Nr. KG 11 wie es auf Grund der beiliegenden Planskizze, die gleichzeitig einen integrierenden Bestandteil diese Vertrages darstellt, näher bezeichnet ist, Wohnungseigentum zu begründen.
III.
Die oben angeführten Liegenschaftsanteile entsprechen dem vorläufigen Nutzwertanteil und der entsprechende Kaufpreisanteil beträgt S 850.000,-- (Schilling achthundertfünfzigtausend) und wurde vor Unterfertigung des Vertrages im Barem entrichtet, so dass die Verkäuferin den Enthalt des Betrages per contractum quittiert.
IV.
Die Übergabe und Übernahme der Liegenschaftsanteile in den tatsächlichen Besitz und Genuss von Käuferin erfolgt mit Unterfertigung dieses Vertrages. Ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe gehen Nutzen und Vorteil aber auch Lasten und dir Gefahr des Zufalls, auf die Käuferin über.
V.
Die Käuferin erklärt, die Liegenschaften eingehend besichtigt zu haben. Sie kauft die Liegenschaftsanteile wie sie liegen und stehen, lasten- und bestandsfrei und entbindet die Verkäuferin von der Haftung für Sachmängel, es sei denn, diese wurden arglistig verschwiegen. Hingegen haftet die Verkäuferin für Rechtsmängel unbeschränkt.
VI.
Die Käuferin erwirbt diese Liegenschaftsanteile um auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft nach den Plänen der Verkäuferin ein Reihenhaus zu errichten. An der zu errichtenden Gesamtlage soll Wohnungseigentum begründet werden.
Die Vertragsparteien erklären sich zur Begründung von Wohnungseigentum ob der Liegenschaft EZ.1292 Kat.Gem.Aspern mit dem Grundstück 327/1 und den auf dieser Liegenschaft zu errichtenden Objekten zu verpflichten.
Alle Vertragsparteien verpflichten sich hiemit vertragsgemäß, die Verpflichtung zur Begründung von Wohnungseigentum auf die künftigen Erwerber ihrer Liegenschaftsanteile zu überbinden...."
Mit Grundbuchsgesuch vom wurde die Einverleibung des Pfandrechts für die Beschwerdeführerin im Betrag von S 922.880,-- auf dem von Ute B. erworbenen Grundstücksanteil beantragt.
Gegen einen in der Folge ergangenen Zahlungsauftrag brachte die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag ein und verwies dabei auf die Befreiungsbestimmung des § 53 Abs. 4 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984).
In einem Schriftsatz der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, aus dem Vertrag ergebe sich, dass der Kaufpreis bereits vor Vertragsabschluss entrichtet worden sei. Das am grundbücherlich vollzogene Darlehen könne daher nicht mehr zur Errichtung von Wohnraum gedient haben; vielmehr handle es sich um den Ankauf einer fertigen Wohnung.
In einer Eingabe vom wurde daraufhin von der Beschwerdeführerin ausgeführt, das Bauvorhaben sei zum erst zu 74 % fertiggestellt gewesen. Angeschlossen war die Kopie einer Darlehenszusage vom über die Bereitstellung eines Darlehensbetrages in Höhe von S 896.000,--.
Auf eine entsprechende Anfrage der belangten Behörde gab die verkaufende Baugesellschaft mit Schriftsatz vom an, die Schlüsselübergabe für das Reihenhaus habe am stattgefunden. Da noch einige Fertigstellungsarbeiten vorzunehmen gewesen seien, sei anzunehmen, dass Ute B. das Haus im Dezember 1999 bezogen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, "auf Grund der Aktenlage und den zur Verfügung bestehenden Urkunden, insbesondere des Kaufvertrages vom " gehe hervor, dass der von der Verkäuferin errichtete Kaufgegenstand anlässlich der Vertragserrichtung übergeben und der Kaufpreis bereits vor der Vertragserrichtung entrichtet worden sei. Das am vollzogene Darlehen könne daher nicht mehr der Errichtung von Wohnraum gedient haben, sondern sei tatsächlich zum Ankauf eines fertigen Reihenhauses verwendet worden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Befreiungsbestimmung des § 53 Abs 4 WFG 1984 nicht angewendet worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Begründung eines Bescheides muss nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht:
Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde ist aus der Kaufvertragsurkunde vom keineswegs ersichtlich, dass das von der Verkäuferin errichtete Reihenhaus anlässlich der Vertragserrichtung übergeben wurde. Vielmehr ist in dieser Urkunde mehrfach ausdrücklich von einem erst zu errichtenden Reihenhaus die Rede. So wird in Punkt VI der Vertragsurkunde festgehalten, dass die Käuferin die Liegenschaftsanteile erwirbt, um darauf nach den Plänen der Verkäuferin ein Reihenhaus zu errichten. Wieso die belangte Behörde aus der Kaufvertragsurkunde den Schluss gezogen hat, das in Rede stehende Darlehen sei zum Ankauf eines fertigen Reihenhauses verwendet worden, ist schlechthin unergründlich. Diese Folgerung steht auch im Widerspruch zum Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens. In diesem Verfahren wurde sowohl von der Verkäuferin als auch der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass das Reihenhaus im Zeitpunkt der Anschaffung des Liegenschaftsanteils durch Ute B. noch nicht fertiggestellt war. Mit diesen Vorbringen hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt. Die belangte Behörde hat damit den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen und Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen war.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird im Übrigen zur Beurteilung der Frage, wann ein Gebäude als errichtet anzusehen ist, auf die ständige hg Rechtsprechung insbesondere zur vormaligen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z 2 (lit. a) GrEStG 1955 verwiesen, wonach eine Wohnstätte dann als errichtet anzusehen war, wenn die baulichen Arbeiten daran beendet waren. Dies war in der Regel dann anzunehmen, wenn das Wohnhaus benützbar bzw seinem Zweck entsprechend bewohnbar fertiggestellt war (vgl z.B. die hg Erkenntnisse , Zl 2407/77, vom , Zl 16/3465/78, und vom , Zl 82/16/0129).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am