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VwGH vom 21.11.2001, 2000/04/0197

VwGH vom 21.11.2001, 2000/04/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. GL in P, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom , Zl. E 015/02/2000.020/004, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An den Beschwerdeführer erging das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , dessen Spruch wie folgt lautet:

"Tatort: A-Tankstelle (GT) auf dem Grundstück Nr. 119/1 der KG-O

I.

Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma 'A AG' mit Sitz in W zu verantworten, dass folgende mit Bescheid des Amtes der Bgld. Landesregierung vom , Zahl: IV/1- 11134/33-1994, vorgeschriebene Auflage nicht eingehalten wurde:

Auflage Nr. 4: Bei den Multiproduktzapfsäulen ragte der Zapfschlauch über die Betankungsfläche hinaus.

Tatzeit:

Dadurch haben Sie folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 367 Z. 25 GewO 1994 i.d.g.F.

Gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 i.d.g.F. wird

hiefür folgende Strafe verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Geldstrafe von S
im Nichteinbringungsfall
Ersatzfreiheitsstrafen von
2.000,--
24 Stunden

II.

Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma 'A AG' mit Sitz in W zu verantworten, dass folgende mit Bescheid des Amtes der Bgld. Landesregierung vom , Zahl: VI/1-T- 116/3-1997, vorgeschriebenen Auflagen nicht eingehalten wurden:

1. Auflage Nr. 1: Der Heizölfüllschacht war nicht flüssigkeitsdicht und mineralölbeständig ausgebildet.

2. Auflage Nr. 2: Die Domschachtabdeckung beim Heizöllagertank wurde nicht tagwasserdicht ausgebildet.

Tatzeit: bis

Dadurch haben Sie folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 367 Z. 25 GewO 1994 i.d.g.F.

Gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 i.d.g.F.

werden hiefür folgende Strafen verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Geldstrafe von S
im Nichteinbringungsfall
Ersatzfreiheitsstrafen von
ad. 1.
2.000,--
24 Stunden
ad. 2.
2.000,--
24 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu

zahlen:

S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 6.600,-- Schilling."

Über die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wie folgt abgesprochen:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt II. und Nichteinhaltung des Auflagenpunktes Nr. 1 des Bescheides des Amtes der Bgld. Landesregierung vom , Zl. VI/1-T-116/3-1997, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und hat der Tatvorwurf zu Spruchpunkt II. betreffend die Nichteinhaltung des Auflagenpunktes Nr. 2 des oben erwähnten Bescheides richtig: 'Die Domschachtabdeckung beim Heizöllagertank wurde nicht - wie vorgeschrieben - tagwasserdicht ausgebildet, weil der Schachtrahmen nicht dich auf der Betonplatte befestigt war, sodass Wasser in den Domschacht gelangen kann.' und zu Spruchpunkt I. betreffend die Auflage Nr. 4 des Bescheides vorgenannten Amtes vom , Zl. VI/1-11134/33-1994, richtig: 'Entgegen der Auflage, wonach die Zapfschläuche der Multiproduktzapfsäulen nicht über die Betankungsfläche hinausragen dürfen, reichte der Zapfschlauch über das Begrenzungsrigol der Betankungsfläche hinaus.' zu lauten.

Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten verringern sich auf ATS 400,--.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der bestätigten Strafhöhe, das sind ATS 800,-- zu leisten."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., dem Beschwerdeführer werde die Nichteinhaltung von bescheidmäßigen Auflagen vorgehalten. Die angezogenen Bescheide seien auf die §§ 81 und 79 GewO 1994 gestützt. Bescheidadressat sei jeweils die A AG, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt gewesen sei. Dies sei unstrittig und nach der Lage des Betriebsanlagenaktes, in den die belangte Behörde Einsicht genommen habe, erwiesen. Der angezogene Straftatbestand stelle auf die Nichteinhaltung solcher Auflagen vom Betrieb der Betriebsanlage durch den aus einem solchen Bescheid jeweils Verpflichteten ab. Verpflichtet zur Einhaltung sei jedenfalls der Bescheidadressat und Standortinhaber der genehmigten gewerblichen Betriebsanlage. Die vorgenannte AG habe diese Betriebsanlage unbestritten in ihrer Gewahrsame und sei deshalb Inhaberin der gegenständlichen Tankstelle auf dem angezogenen Standort, worauf sich die genannten Bescheide auch bezögen. Dass die Tankstelle im Tatzeitpunkt als solche betrieben worden sei, sei unstrittig. Deshalb sei die Bestrafung des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer der AG nach § 370 Abs. 2 GewO 1994 auch zu Recht erfolgt. Wer dort tatsächlich eine Gewerbeberechtigung ausübe - nach der Aktenlage sei dies im Anlassfall Herr K. auf Grund der ihm erteilten Berechtigung zum Betrieb von Tankstellen - sei im gegebenen Zusammenhang deshalb unerheblich wie der Einwand des Beschwerdeführers, dass die AG zu keinem wie immer gearteten Zeitpunkt den Betrieb an der Tankstelle aufgenommen und geführt habe. Ob Herr K. etwa als (vermuteter) Bestandnehmer auch Inhaber der Tankstelle gewesen sei, könne dahin gestellt bleiben. Der vermietende Eigentümer bleibe Sachbesitzer, der die Tankstelle in seiner Gewahrsame habe und die als die seine behalten möchte. Der Mieter übe sein Gebrauchsrecht aus, das mit der Innehabung der fremden Sache verbunden sei. Er "vermittle" dem Sachbesitzer, hier der A AG, die Gewahrsame an der Tankstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, bereits in der ersten Rechtfertigung habe er darauf hingewiesen, dass die A AG die Tankstelle in O nicht betrieben habe und auch nicht betreibe. Vielmehr handle es sich bei den Bescheiden vom und vom um Betriebsanlagengenehmigungsbescheide, denen gemäß § 80 Abs. 5 GewO 1994 dingliche Wirkung zukomme. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde könne es keineswegs dahin gestellt bleiben, ob Herr K. als Pächter auch Inhaber der Tankstelle sei. Vielmehr sei Inhaber (gemäß § 309 ABGB) derjenige, der eine Sache ins einer Gewahrsame habe (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/04/0281, und vom , Zl. 97/04/0169). Unstrittig sei dem gemäß, dass auch ein Bestandnehmer Inhaber einer Betriebsanlage sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1823/76).

Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Nach § 367 Z. 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 82a Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Nach § 80 Abs. 5 GewO 1994 wird durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt.

Diese so genannte "dingliche Wirkung" einer Betriebsanlagengenehmigung bewirkt, dass von der einmal erteilten Genehmigung jeder neue Inhaber Gebrauch machen kann, er also keiner neuerlichen Anlagengenehmigung bedarf. Umgekehrt obliegt dem neuen Inhaber die Erfüllung bzw. Einhaltung aller dem Vorgänger vorgeschriebenen Auflagen, ohne dass es hiezu eines neuen und gesonderten Auftrages der Gewerbebehörde bedürfe (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage2, RZ. 126).

Es ist somit im Beschwerdefall entscheidend, wer im Tatzeitpunkt (bzw. -raum) "Inhaber" der gegenständlichen Betriebsanlage war.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Inhaber", wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des so genannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist u.a. auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen (vgl. das vom Beschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 1823/76). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst. Gerade § 367 Z. 25 GewO 1994 stellt auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/04/0041). Es kommt somit darauf an, wer die Betriebsanlage "betreibt". Wurde eine Betriebsanlage - wie hier nach der Behauptung des Beschwerdeführers - verpachtet, so ist der Verpächter praktisch nicht in der Lage, die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen zu gewährleisten (bzw. die nötigen Vorkehrungen hiezu zu treffen). Es ist vielmehr so, dass den Verpächter mit dem Betrieb der (bewilligten) Betriebsanlage in vielen Fällen "nichts verbindet" und diese oft "außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre" liegt, sodass ein Einstehen für die Erfüllung bzw. Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen als nicht gerechtfertigt erscheint (vgl. zu diesem Gedankengang auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , G 86/91, G 137/91, VfSlg. 12767).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht die Auffassung der belangten Behörde zu teilen, die offensichtlich darauf abzielt, dass die Innehabung auch durch so genannte "Besitzmittler" vermittelt werden kann (vgl. Spielbüchler in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch2 I, RZ. 2 zu § 309 ABGB). Die hier in Frage stehende Gesetzesbestimmung spricht mit dem "Inhaber" vielmehr den Fall der unmittelbaren Innehabung (im Wesentlichen Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens) an. Da es die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, die Frage einer solchen unmittelbaren Innehabung (im Beschwerdefall durch - nach der Behauptung des Beschwerdeführers - den Pächter) zu prüfen, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am