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VwGH vom 07.10.1985, 84/15/0177

VwGH vom 07.10.1985, 84/15/0177

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

85/15/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerden des Ing. IH in W, vertreten durch den mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , Zl. 4 SW 149/84, bestellten Sachwalter und zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Olaf Borodajkewycz in Wien I, Jakobergasse 4, gegen die Bescheide des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien 1) vom , Zl. Jv 4575-33/84, 2) vom , Zl. Jv 7651-33/84, beide betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist auf Grund eines Beschlusses des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien schon seit mehreren Jahren beschränkt entmündigt. Er brachte am und am beim Strafbezirksgericht Wien je eine Privatanklage gegen Prim. Dr. Herbert H. wegen des Verdachtes des Vergehens nach §§ 83, 105, 110, 115 StGB sowie nach §§ 111, 115, 297 StGB ein. Im ersten Fall wurde Rechtsanwalt Dr. Ingrid Ruckenbauer, welche zum Zeitpunkt der Einbringung der Privatanklage Beistand des Beschwerdeführers war, im zweiten Fall Rechtsanwalt Dr. Olaf Borodajkewycz, der zum Zeitpunkt der Einbringung der Privatanklage noch Beistand des Beschwerdeführers war und nunmehr Sachwalter des Beschwerdeführers ist, aufgefordert, zu erklären, ob sie die jeweilige Privatanklage aufrechterhalten oder nicht. Beide Beistände erklärten, die jeweilige Privatanklage nicht zu genehmigen. Das Strafbezirksgericht Wien stellte hierauf mit Beschlüssen vom und vom die Verfahren gemäß §§ 227 Abs. 1, 447 Abs. 1 StPO ein. In der Folge erließ der Kostenbeamte des Strafbezirksgerichtes Wien am und am je einen Zahlungsauftrag in der Höhe von S 140,--, der sich zusammensetzt aus S 100,-- an Eingabengebühr für die Privatanklage, S 20,-- als Eingabengebühr für die Stellungnahme des Beistandes zur Privatanklage und letztlich S 20,-- Einhebungsgebühr.

In den vom Beschwerdeführer gegen beide Zahlungsaufträge erhobenen Berichtigungsanträgen wurde von ihm ausgeführt, dass er jeweils um Verfahrenshilfe angesucht habe und über diesen Antrag bisher nicht entschieden worden sei. Im übrigen habe in beiden Verfahren nicht einmal eine Hauptverhandlung stattgefunden und seien die Verfahren nicht beendet worden. Gebühren und Kosten könnten erst nach Abschluss und Beendigung des Strafverfahrens vorgeschrieben werden. In beiden Verfahren seien bisher noch keine Gebühren und Kosten entstanden. Beide Berichtigungsanträge wurden von dem nunmehrigen Sachwalter des Beschwerdeführers genehmigt.

Mit den nunmehr mit Beschwerden angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde beiden Berichtigungsanträgen teilweise Folge, hob die Zahlungsaufträge teilweise auf und änderte sie auf die Summe von jeweils S 120,-- ab. In der Begründung beider Bescheide wies die belangte Behörde darauf hin, dass gemäß § 2 GJGebGes 1962 in der derzeit geltenden Fassung die Fälligkeit der Eingabengebühren mit Überreichung der jeweiligen Eingabe entstehe. Die Vorschreibung der Eingabengebühr für die Privatanklage in der Höhe von S 100,-- bestehe daher zu Recht. Hinsichtlich des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, der in einem mit den Privatanklagen gestellt worden sei, müsse berücksichtigt werden, dass die Privatanklagen und daher auch die damit verbundenen Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom Beistand des Beschwerdeführers nicht genehmigt worden seien. Es werde jedoch festgestellt, dass die Eingabengebühr in der Höhe von S 20,-- betreffend ONr. 2 und 3 nicht zu Recht vorgeschrieben worden sei. Es handle sich bei diesen Schriftstücken nicht um eine Eingabe im Sinne des § 3 GJGebGes 1962, sondern um die Beantwortung einer Anfrage des Gerichtes, welche nicht gebührenpflichtig sei.

Gegen beide Bescheide richten sich die getrennt erhobenen Beschwerden, zu welchen der für den Beschwerdeführer bestellte Sachwalter die Genehmigung erteilte und gleichzeitig die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Prozessführung vorlegte. In beiden Beschwerden wird im wesentlichen gleich lautend Rechtswidrigkeit des Inhaltes deshalb geltend gemacht, weil der Beschwerdeführer als beschränkt Entmündigter in den konkreten Fällen bei Einbringung der Privatanklagen der Mitwirkung seines Beistandes bedurft hätte, weshalb mangels Vorliegens der Genehmigung dieser Eingaben durch den Beistand diese nur als "Nicht-Eingaben" gewertet werden könnten, wofür keine Gerichtsgebühren vorgeschrieben werden dürften.

Die belangte Behörde hat Gegenschriften mit dem Antrag erstattet, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

In den beiden Beschwerdefällen geht es ausschließlich um die Frage, ob ein beschränkt Entmündigter, wenn er ohne die erforderliche Mitwirkung seines Beistandes einen Antrag auf Einleitung eines Privatanklageverfahrens stellt, und das Verfahren vom Gericht wegen Nichterteilung der Genehmigung durch den für den Antragsteller bestellten Beistand eingestellt wird, zur Zahlung der Eingabengebühr herangezogen werden kann. Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde haben im wesentlichen versucht, diese Frage auf Grund eines Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofes vom , EvBl. 1977/215 - mit dem der Oberste Gerichtshof über die Frage, ob der Beschwerdeführer zur Erhebung einer Privatanklage der Mitwirkung seines Beistandes bedarf - zu lösen. Dieser Versuch musste naturgemäß schon deshalb fehlschlagen, weil der Oberste Gerichtshof mit diesem Erkenntnis keine Aussage über die Gebührenpflicht eines beschränkt Entmündigten machen konnte. Er war auch zu dieser Frage gar nicht gestellt, sondern hat nur grundsätzlich ausgesprochen, dass ein beschränkt Handlungsfähiger zur Einbringung einer Privatanklage im Strafverfahren dann der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters bedarf, wenn sich in seinem Vorbringen oder Begehren sein krankhafter Geisteszustand, der zu der in der Entmündigungsordnung vorgesehenen richterlichen Maßnahme geführt hat, in eindeutiger Weise manifestiert. Wenn daher der Beschwerdeführer daraus ableiten zu können glaubt, es müsse sich bei derartigen Eingaben, die nicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters finden, gebührenrechtlich um "Nicht-Eingaben" handeln, kann ihm ebenso wenig gefolgt werden wie der belangten Behörde, wenn diese argumentiert, eine derartige Eingabe bedürfe erst eines Verfahrens zur Feststellung, ob die jeweilige Antragstellung zu ihrer Einbringung der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters bedarf, woraus in den gegenständlichen Fällen die Gebührenpflicht resultiere.

Einigkeit besteht hingegen zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde in der Frage - und hierin kann der Verwaltungsgerichtshof den Parteien auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes beipflichten -, dass für die Beurteilung der Handlungs- bzw. Verfahrensfähigkeit des Beschwerdeführers die Rechtslage, wie sie noch vor dem Inkrafttreten des Sachwaltergesetzes, BGBl. Nr. 136/1983, bestanden hat, maßgebend ist und daher das oben angeführte Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes und die dort getroffene Aussage über die Notwendigkeit der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters des Beschwerdeführers bei der Einbringung einer Privatanklage im Strafverfahren präjudiziell ist.

Die Frage aber, ob der Beschwerdeführer für die dennoch von ihm ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters erhobenen Privatanklagen gebührenpflichtig ist, kann nur auf Grund des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes 1962 beantwortet werden. Gemäß § 2 Z. 1 GJGebGes 1962 wird der Anspruch des Bundesschatzes auf die Gebühr bei Eingaben mit ihrer Überreichung begründet. § 6 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ordnet an, dass bei Eingaben und den die Eingaben vertretenden Protokollen die einschreitende Partei zahlungspflichtig ist. Auf die gegenständlichen Fälle angewendet bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich für beide Eingaben, mit denen er die Einleitung von Privatanklageverfahren beantragt hat, im Zeitpunkt der Überreichung der Eingaben zahlungspflichtig geworden ist. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht geleugnet, dessen ungeachtet aber von ihm der Standpunkt eingenommen, dass er, weil er zu diesen Eingaben nur unter Mitwirkung seines Beistandes berechtigt gewesen sei, mangels Erteilung der Zustimmung durch den Beistand auch nicht zur Zahlung der Gebühr hiefür herangezogen werden dürfte. Hier übersieht der Beschwerdeführer aber die Bestimmung des § 6 Abs. 2 GJGebGes 1962, die wie folgt lautet:

"Die Zahlungspflicht einer Partei ist von dem Erscheinen bei einer Amtshandlung unabhängig. Für ihre Zahlungspflicht macht es auch keinen Unterschied, ob sie die Handlung, welche die Zählungspflicht begründet, selbst oder durch einen Bevollmächtigten (gesetzlichen Vertreter) vornimmt, ferner, ob sie selbst bei der Tagsatzung (Verhandlung) anwesend ist oder durch einen Bevollmächtigten (gesetzlichen Vertreter) vertreten wird."

Nach dieser Bestimmung ist die Partei daher auf jeden Fall zur Zahlung der Eingaben- oder Protokollgebühr verpflichtet, gleichgültig, ob der gesetzliche Vertreter mitgewirkt hat oder nicht. Im übrigen stellt das GJGebGes 1962 auf den äußeren formalen Tatbestand ab (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 4763/F, u. v. a.), weshalb es für die Gebührenpflicht ohne Belang ist, ob der Einschreiter ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters zur Einbringung des von ihm gestellten Antrages berechtigt war oder nicht. Schon auf Grund der Bestimmung des § 6 Abs. 2 GJGebGes 1962, die ausdrücklich den beschränkt Handlungs- und Verpflichtungsfähigen als Gebührenpflichtigen selbst dann heranzieht, wenn der gesetzliche Vertreter bei der gebührenpflichtigen Handlung nicht mitgewirkt hat, kann dem Gesetzgeber nicht ernstlich unterstellt werden, dass er in Fällen wie den gegenständlichen eine Gebührenpflicht nicht eintreten lassen wollte. Eine gebotene Gesamtschau des GJGebGes 1962, insbesondere die Bestimmungen der § 7 bis 13, kann keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Gesetzgeber die Gebührenpflicht einer Person nicht vom Umfang ihrer Handlungs- und Verfügungsmacht abhängig gemacht hat. Andernfalls wäre nicht erklärlich, warum der Gesetzgeber Tatbestände wie im vorliegenden Fall nicht in die Gebührenbefreiungsbestimmungen aufgenommen hat. Da im übrigen keine gesetzliche Vorschrift besteht, die die Befreiung von den Gerichts(Justizverwaltungs)gebühren für beschränkt Entmündigte anordnet, kann auch in den gegenständlichen Fällen im Hinblick auf § 10 Z. 3 GJGebGes 1962 der Beschwerdeführer nicht von den Gebühren befreit werden. Die Ansicht des Beschwerdeführers, dass ihm für Eingaben, die vom Beistand nicht genehmigt worden sind oder nachträglich genehmigt werden, schon deshalb keine Gerichtsgebühren vorgeschrieben werden dürften, weil diese Eingaben keiner weiteren Behandlung unterzogen werden, hat zwar rechtspolitisch betrachtet einiges für sich, lässt aber völlig außer Betracht, dass das GJGebGes 1962 nicht privatrechtliche, sondern öffentlichrechtliche Ansprüche des Bundes auf Gerichtsgebühren regelt. Dem Gesetzgeber muss es in einem solchen Fall aber unbenommen bleiben, den Kreis der Personen zu bestimmen, die unter bestimmten Voraussetzungen gebührenpflichtig werden. Dies hat im vorliegenden Fall nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der Gesetzgeber aber - wie bereits ausgeführt worden ist - in erkennbarer Weise dahin getan, als er schlechtwegs jeden Einschreiter - unabhängig von dem Umfang seiner Handlungs- und Verfügungsmacht zur Entrichtung der Eingabengebühr verpflichtet hat.

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie dem Beschwerdeführer für seine Eingaben, mit welchen er die Einleitung von Privatanklageverfahren begehrt hat, Eingabengebühren vorgeschrieben hat.

Die sich damit insgesamt als unbegründet erweisenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Wien, am