VwGH vom 21.12.2004, 2000/04/0118
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Dr. E als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der prot. Firma C & Co Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Peter Kunz, Dr. Georg Schima, Dr. Eberhard Wallentin und Dr. Thomas Wallentin, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WST1-BA-9946, betreffend Vollstreckung i.A. Auflassung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde gegenüber der "C & Co Gesellschaft m.b.H. z.H. des Masseverwalters Rechtsanwalt Dr. E" eine Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von S 371.052,-- (entspricht EUR 26.965,40) für die aufgelassene Treibstofftankstelle im näher bezeichneten Standort bis spätestens vorgeschrieben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes im Wesentlichen, mit Bescheid vom sei auf Antrag des H.T. die beantragte Änderung der Treibstofftankstelle gewerbebehördlich genehmigt worden und eine weitere Änderung mit Bescheid vom . Mit Schreiben vom sei mitgeteilt worden, dass die Treibstofftankstelle an die C & Co Gesellschaft m.b.H. veräußert worden und diese ab neuer Betreiber sei. Anlässlich der Überprüfungsverhandlung vom habe die vertretungsbefugte Filialleiterin (des vorgenannten Unternehmens) erklärt, dass um eine Auflassungsverhandlung zur Vorschreibung von notwendigen Vorkehrungen für den 8.000 l fassenden Lagerbehälter angesucht werde und die übrige Betriebsanlage bereits seit Mitte Juli nicht mehr in Betrieb sei. In diesem Zusammenhang sei mitgeteilt worden, dass die 8.000 l Dieselkammer, die 1.500 l Bezinkammer und die 3.000 l Super 98-Kammer bereits entleert seien. Mit Schreiben vom habe die C & Co Gesellschaft m.b.H. um eine Auflassungsverhandlung zur Vorschreibung von notwendigen Vorkehrungen für die gesamte Treibstofftankstelle angesucht. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom seien der C & Co Gesellschaft m.b.H. letztmalige Vorkehrungen zur Auflassung der Treibstofftankstelle bis längstens vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid sei am zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Anlässlich der Augenscheinsverhandlung vom hätten von der Amtsabordnung keine Feststellungen über die durchgeführten Auflassungsmaßnahmen getroffen werden können, weil trotz nachweislicher Ladung kein Vertreter der C & Co Gesellschaft m. b.H. zur Augenscheinsverhandlung gekommen sei. Am 15. September sei für den neuerlich eine Augenscheinsverhandlung zur Überprüfung der Erfüllung der notwendigen Vorkehrungen anberaumt worden. Trotz nachweislich zugestellter Ladung sei neuerlich kein Vertreter des Unternehmens zur Augenscheinverhandlung erschienen. Mit Schreiben vom sei die Bezirksverwaltungsbehörde mit dem Vollstreckungsverfahren beauftragt worden. Am habe die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach die Ersatzvornahme angedroht und zur Erfüllung eine Frist von acht Wochen gesetzt, widrigenfalls die Kosten der Ersatzvornahme bescheidmäßig vorgeschrieben werden müssten.
Bei der rechtlichen Beurteilung geht die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass die gesamte Tankstellenanlage seit Mitte Juli 1995 nicht mehr betrieben werde, sohin eine Auflassungsmaßnahme gesetzt worden sei. Mit Schreiben vom habe die C & Co Gesellschaft m.b.H. um Durchführung einer Auflassungsverhandlung und Bekanntgabe der erforderlichen Maßnahmen zur Schließung der Treibstofftankstelle angesucht und seien auf Grund der durchgeführten Augenscheinsverhandlung am mit Bescheid vom notwendige Vorkehrungen zur Auflassung der Treibstofftankstelle vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen und könne im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit desselben nicht mehr aufgeworfen werden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trete in einem Verwaltungsverfahren der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handle. Auch die Zustellung von Bescheiden, die sonst an den Gemeinschuldner zu erfolgen hätte, habe nach der Konkurseröffnung (im vorliegenden Fall mit Beschluss des HG Wien vom , 3 S 668/98- z1) an den Masseverwalter zu erfolgen. Der Kostenvorauszahlungsauftrag der Bezirksverwaltungsbehörde, der mit Bescheid vom angeordnet worden sei, habe sich daher zulässigerweise gegen die Masse, vertreten durch den Masseverwalter gerichtet. Die monierte Bezeichnung des Bescheidadressaten erweise sich als ungeeignet, um daraus eine Behebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides ableiten zu können, weil durch die Formulierung "z.H. des Masseverwalters" ausreichend klargestellt worden sei, dass der Konkursmasse über das Vermögen der C & Co Gesellschaft m.b.H. rechtswirksam zugestellt worden sei. Ebenso wenig könnten die Ausführungen betreffend die Sachinhaberschaft gemäß § 309 ABGB sowie das Eigentumsrecht an der Liegenschaft der Berufung den gewünschten Erfolg verschaffen, weil ein rechtswirksamer "§ 83 GewO 1994- Bescheid" vom , mit welchem der C & Co Gesellschaft m. b.H. notwendige Vorkehrungen vorgeschrieben worden seien, vorliege und hinsichtlich des Kostenvorauszahlungsbescheides die Passivlegitimation der Masse gegeben sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann gemäß § 4 Abs. 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.
Gemäß 2. Abschnitt Art. III Abs. 3 der Gewerberechtsnovelle 1997 (BGBl. I Nr. 63/1997) gilt für Auflassungen, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. I dieses Gesetzes (das ist der ) erfolgt sind, § 83 GewO 1994 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1997.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurde - von der beschwerdeführenden Partei unbestritten - die in Rede stehende Betriebsanlage bereits im Jahr 1995 aufgelassen. Es ist daher auf den vorliegenden Fall § 83 GewO 1994 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1997 anzuwenden.
Nach dieser Bestimmung hat, wenn Anlagen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Teile solcher Anlagen aufgelassen werden, der Inhaber der Anlage die zur Vermeidung einer von der aufgelassenen Anlage oder den aufgelassenen Teilen der Anlage ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Er hat die Auflassung und seine Vorkehrungen anlässlich der Auflassung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anlässlich der Auflassung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der gänzlich oder teilweise aufgelassenen Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.
Die beschwerdeführende Partei bringt zunächst unter dem Gesichtspunkt, nicht Verpflichtete im Grunde des § 4 VVG zu sein, im Wesentlichen vor, die Konkursmasse C & Co Gesellschaft m.b.H. habe nie Gewahrsame an der Betriebsanlage gehabt und sei bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung "nicht mehr Sachinhaberin der Treibstofftankstelle" gewesen. Bereits lange vor Konkurseröffnung sei diese von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin aufgegeben und dem (zwischenzeitig) verstorbenen Grundstückseigentümer C zurückgestellt worden. Es sei nunmehr ausschließlich die Verlassenschaft nach C für die verfahrensgegenständliche Vorkehrung rechtlich und sachlich zuständig. Die gegenständliche Treibstoffanlage stelle kein der Exekution unterworfenes Vermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KO dar, weil die nunmehrige Gemeinschuldnerin bereits vor Konkurseröffnung die Sachinhaberschaft an der Tankstelle aufgegeben habe, die Konkursmasse zu keiner Zeit deren Eigentümerin gewesen sei.
Dieses Vorbringen geht an der hier (noch) anzuwendenden Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorbei. So hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Rechtslage wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 99/04/0209, und die dort zitierte Vorjudikatur), dass Normadressat sowohl für die Einhaltung der ex lege bestehenden Gebote als auch eines bescheidmäßigen Auftrages nach dieser Gesetzesstelle (jedenfalls nur) der "Inhaber" der Anlage ist, auf den die Tatbestandsmerkmale des § 83 GewO 1994 zutreffen, also jener Inhaber, der eine Auflassungshandlung gesetzt hat. Diese Eigenschaft des "auflassenden Anlageninhabers" geht nicht verloren, wenn nach erfolgter Auflassung eine Änderung im Eigentum, Besitz oder in der Innehabung an den Grundstücken oder den Einrichtungen eintritt, auf bzw. in denen früher die Betriebsanlage betrieben wurde. Daran vermögen zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen dem auflassenden Anlageninhaber und seinem Nachfolger im Eigentum, Besitz oder Innehabung des Grundstücks bzw. der Einrichtungen nichts zu ändern.
Die beschwerdeführende Partei bestreitet aber gar nicht, dass die C & Co Gesellschaft m.b.H. zur Zeit der Auflassung (im Jahr 1995) Inhaberin der gegenständlichen Tankstelle war. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn - selbst unter der Annahme, dass bereits vor Konkurseröffnung (aber nach Auflassung der gegenständlichen Tankstelle) die nunmehrige Gemeinschuldnerin die Sachinhaberschaft an der Tankstelle aufgegeben habe - der Kostenvorauszahlungsbescheid gegenüber dem die Konkursmasse insoweit repräsentierenden Masseverwalter erging, als er nach Konkurseröffnung an die Stelle des Gemeinschuldners tritt, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Zlen. 89/17/0037, 0038, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Da es somit nicht darauf ankommt, ob nach erfolgter Auflassung eine Änderung in der Innehabung an der verfahrensgegenständlichen Tankstelle erfolgt ist, fehlt es auch den diesbezüglichen Verfahrensrügen an der Relevanz.
Im Hinblick auf das oben Gesagte kann es aber auch dahingestellt bleiben, ob die Rechtsmeinung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zutrifft, dass (schon) im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit des Bescheides vom , mit dem notwendige Vorkehrungen nach § 83 GewO 1994 gegenüber der C & Co Gesellschaft m.b.H. vorgeschrieben worden seien, eine Passivlegitimation der Masse gegeben sei.
Wenn nach dem oben Gesagten vom Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen wird, dass der angefochtene Bescheid an Dr. E als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C & Co Gesellschaft m.b.H. erging, so bedarf das noch einer weiteren Präzisierung:
Die Beschwerde wendet sich nämlich auch dagegen, dass mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach der Gemeinschuldnerin eine Zahlungsverpflichtung auferlegt worden sei, deren Adressat nach Konkurseröffnung ausschließlich der Masseverwalter hätte sein dürfen, sodass "der angefochtene Bescheid" auch durch die bloße Zustellung an den Masseverwalter diesem gegenüber nicht wirksam geworden sei, weil als Bescheidadressat der Masseverwalter als Vertreter der konkursverfangenen Vermögensmasse genannt hätte werden müssen. Die gegenständliche Bezeichnung des Bescheidadressaten durch die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach erweise sich somit als ungeeignet, um daraus eine Forderung gegenüber der Konkursmasse ableiten zu können, sodass die belangte Behörde (auch) aus diesem Grund den Bescheid erster Instanz aufheben hätte müssen.
Der beschwerdeführenden Partei ist insofern Recht zu geben, als nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den schon zitierten Beschluss vom , Zlen. 89/17/0037, 0038) die Gemeinschuldnerin und das konkursverfangene Vermögen rechtlich nicht ident sind, zwei von einander verschiedene rechtliche Zurechnungspunkte bilden und bei ihren Rechtshandlungen in verschiedener Weise vertreten werden, wobei durch die bloße Zustellung von an die Gemeinschuldnerin adressierten Bescheiden an den Masseverwalter diese nicht ihm gegenüber wirksam werden.
Im hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/08/0088, beurteilte der Verwaltungsgerichtshof aber auch die Vorgangsweise der damals mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bei der nach Konkurseröffnung erfolgten Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG an "HG, p.Adr. T. Rechtsanwalt ..." als undeutlich und geeignet, zu Missverständnissen Anlass zu geben; es sei aber gerade noch erkennbar, dass der beschwerdeführende Rechtsanwalt (Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des HG) als die richtige Verfahrenspartei gemeint gewesen sei.
Eine solche Erkennbarkeit ist im vorliegenden Beschwerdefall aber umso mehr gegeben, als der Kostenvorauszahlungsbescheid an die "C & Co Gesellschaft m.b.H. z.H. des Masseverwalters Rechtsanwalt Dr. E" erging; durch die Verwendung der Worte "als Masseverwalter" wird die Erkennbarkeit noch verstärkt, dass der beschwerdeführende Rechtsanwalt als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C & Co Gesellschaft m.b.H. als die richtige Verfahrenspartei gemeint ist.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, was zu ihrer Abweisung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu führen hatte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am