zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 17.05.2001, 2000/16/0196

VwGH vom 17.05.2001, 2000/16/0196

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:

* Ausgesetztes Verfahren:

99/16/0093 B

* EuGH-Entscheidung:

EuGH 61997CJ0437

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der K Gaststättenbetriebsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien VII, Neubaugasse 66, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR K 33/98, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin kaufte mit Stichtag das als Espressobetrieb geführte Gastronomieunternehmen mit der Bezeichnung "Jazz-Spelunke" in Wien VI von D, deren Mietrechte dadurch auf die Beschwerdeführerin übergingen. Am unterzeichneten die Beschwerdeführerin und H eine als "Pachtvertrag" übertitelte Urkunde. Gemäß dem Urkundeninhalt sollte das Unternehmen "Jazz-Spelunke" (Geschäftsräumlichkeiten, Inventar, Geschäftsbeziehungen, "good will") mit Wirksamkeit vom an H verpachtet werden. Es wurden eine Betriebspflicht und die Verpflichtung des Pächters, die derzeitige Betriebsart unter der Bezeichnung "Spelunke" nicht zu verändern, vereinbart. Dem Pächter wurde die Vornahme baulicher oder sonstiger wesentlicher Veränderungen des Unternehmens, des Inventars oder von dessen Einrichtungen ohne vorherige Zustimmung der Beschwerdeführerin grundsätzlich untersagt, hinsichtlich Toilettanlagen, Türen. Leitungen jeder Art, Tische und Sessel sowie der Küche stimmte die Beschwerdeführerin vorweg einer Erneuerung zu, wobei für neu angeschafftes Küchenmaterial und einige detailliert bezeichnete sonstige Aufwendungen im Fall der Beendigung des Bestandverhältnisses nach Wahl der Verpächterin entweder dem Pächter eine Ablöse zustehe sollte oder aber diese Gegenstände im Eigentum des Pächters verbleiben, er diese also mitnehmen sollte; die sonstigen Anschaffungen hatte er unentgeltlich im Lokal zu belassen. H wurde gestattet, die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu überbinden, soferne und solange er an einer solchen beteiligt und einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer sein würde. Unter diesen Voraussetzungen und für die Dauer deren weiteren Bestandes sollte diese Gesellschaft in der Rechtsbeziehung laut dem Vertrag zum Verpächter stehen.

Das Lokal wurde unter dem Namen "H" im März 1994 neu eröffnet und fortan von der H GmbH betrieben. Eine Getränkesteuerrevision für den Zeitraum 2/94 bis 12/94 beim Steuerberater der H GmbH ergab laut Niederschrift vom keine Beanstandung, sodass der in der Abgabenerklärung vom selben Tag erklärte Steuerbetrag von S 67.825,-- fällig wurde. Im August 1995 wurde das "H" geschlossen.

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7 (Magistrat), der nunmehr in Liquidation befindlichen H GmbH, ausgehend von einer vorangegangenen Schätzung, die auf der Bemessungsgrundlage des Vorjahres beruhte, Getränkesteuer für den Zeitraum bis in Höhe von S 43.161,--, zuzüglich Säumniszuschlag von S 57 vor.

Am forderte der Magistrat die Beschwerdeführerin auf, den Pachtvertrag, gegebenenfalls mit Inventarliste, zu übermitteln.

Darauf reagierte die Beschwerdeführerin zunächst mit einem an den Magistrat gerichteten Schreiben vom , in welchem sie das Schicksal der "Jazz-Spelunke" schilderte. Das Jazz-Lokal, welches von der Vorbesitzerin nahezu 20 Jahre betrieben worden sei, habe eine typische Einrichtung mit Klavier etc. besessen, immer wieder hätten Life-Musikveranstaltungen stattgefunden. Dieses damals lebende Unternehmen habe die Beschwerdeführerin samt seinem Ruf, Kundenstock und good will gekauft. Im Zuge der Verpachtung des Lokals an die H GmbH sei erst die Fortführung der "Jazz-Spelunke" beabsichtigt gewesen. Die H GmbH sei jedoch der Ansicht gewesen, sie könne in den dortigen Räumlichkeiten ein neues "In-Lokal", das "H", aufbauen und etablieren. Daher und auf Grund ständiger Anrainerbeschwerden wegen Lärmstörung etc. sei die Beschwerdeführerin bereit gewesen, diesem Vorgehen der H GmbH zuzustimmen. In der Folge habe die H GmbH die Räumlichkeiten zur Gänze ausgeräumt, sämtliche Leitungen neu installiert und das Lokal mit völlig geändertem Aussehen komplett neu eingerichtet. Zum Zeitpunkt der Betriebseröffnung des Lokals "H" habe zur Beschwerdeführerin kein Pachtvertrag bestanden, sondern eine bloße Überlassung von Räumlichkeiten gegen Entgelt. Die H GmbH habe die "Jazz-Spelunke" nie betrieben. Dem Schreiben waren im Zuge der Umbauarbeiten entstandene Fotos sowie eine Einladung zur Eröffnung des Lokals "H" am angeschlossen.

Nach neuerlich erfolgloser Aufforderung, den Pachtvertrag vorzulegen, wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom mitgeteilt, dass für den Zeitraum Februar 1994 bis Juli 1995 ein Getränkesteuerrückstand der H GmbH von S 54.427,-

- (samt Säumis- und Verspätungszuschlag) bestehe und dass nach der Aktenlage die Beschwerdeführerin als Verpächterin für diesen Getränkesteuerrückstand haftpflichtig sei. Der Beschwerdeführerin wurde förmlich Parteiengehör eingeräumt.

Mit Schriftsatz vom legte die Beschwerdeführerin den Pachtvertrag vom schließlich vor. In der gleichzeitig erstatteten Stellungnahme wurde ausgeführt, dieser Unternehmenspachtvertrag sei nur "auf dem Papier" abgeschlossen worden, da der Hauseigentümer in einem Untermietvertrag einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 4 MRG hätte sehen können. Detailliert wurden die im Bestandobjekt vorgenommenen baulichen Veränderungen beschrieben und betont, dass danach nichts mehr an die "Jazz-Spelunke" mit ihrem etwas schäbigen aber gemütlichen Ambiente erinnert habe. Das neue Lokal "H" sollte schick sein und ein gänzlich anderes Publikum mit einem anderen Unternehmenskonzept ansprechen. Die ursprüngliche Gewerbeberechtigung sei nicht übergeben worden, sondern sei das neue Lokal mit einer neuen Gewerbeberechtigung (nicht mehr in der Betriebsart "Espresso" sondern in der Betriebsart "Bar") geführt worden. Die Beschwerdeführerin sei mit der gänzlichen Neugestaltung und damit auch grundlegenden Abänderung des ursprünglich sogenannten Pachtverhältnisses einverstanden gewesen, da sie selbst dazu finanziell nichts beitrug und H bzw. die H GmbH auf deren eigene Kosten das Lokal grundlegend erneuerten, was einen Wertzuwachs bedeutet habe. Allerdings hätten H bzw. die H GmbH den Unterbestandzins vorerst nur sehr schleppend und in weiterer Folge gar nicht mehr bezahlen können, weshalb das Verhältnis aufgelöst worden sei. Zum Beweis ihres Vorbringens beantragte die Beschwerdeführerin die Einvernahme ihres Geschäftsführers K.

Am erließ der Magistrat einen Haftungsbescheid, mit dem die Beschwerdeführerin zur Zahlung der für die Zeit von Februar 1994 bis Juli 1995 entstandenen Getränkesteuerschuld der ehemaligen Pächterin H GmbH im Betrag von S 54.427,-- herangezogen wurde. Der Haftungsbetrag setzte sich aus Getränkesteuerschulden in Höhe von S 53.161,-- sowie S 863,-- Säumniszuschlag und S 403,-- Verspätungszuschlag zusammen. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe H bzw. der H GmbH mit dem Pachtvertrag vom die Verfügungsrechte an dem Betrieb eingeräumt. Trotz kompletter Umgestaltung des Betriebes mit Zustimmung der Beschwerdeführerin sei das Pachtverhältnis bestehen geblieben, es könne ja schließlich auch an einem erst zu errichtenden Betrieb ein Pachtverhältnis begründet werden. Außerdem stützte sich der Magistrat auf im Vertrag unter Punkt V enthaltene Rückstellungsverpflichtungen für Ausstattung und Inventar. Es sei unerheblich, dass die H GmbH eine eigene Konzession hatte, ebenso sei es nicht von Bedeutung, ob die Betriebsform des Espressos beibehalten und um eine Konzession für einen Barbetrieb angesucht wurde. Der Abgabenrückstand sei weder bei der Primärschuldnerin noch bei deren Geschäftsführer einbringlich.

Gleichzeitig mit der Erlassung des Haftungsbescheides wurde der Beschwerdeführerin auch der gegen die H GmbH ergangene Bescheid vom zur Kenntnis gebracht.

In ihrer Berufung vom führte die Beschwerdeführerin aus, es habe zwischen ihr und H von Anfang an Einigkeit bestanden, dass die "Jazz-Spelunke" nicht fortgeführt werde und die Räumlichkeiten von H zur Gänze umgestaltet werden. Ein Plan, welcher offenbar den nunmehrigen Zustand des Lokals wiedergeben sollte, wurde beigelegt. Ansonsten blieb die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihrer bisherigen Argumentation, das "H" sei mangels Übernahme von Einrichtung, Kundestock, Betriebsmittel und Warenlager ein völlig anderes Lokal, Grund für den Abschluss des Pachtvertrages sei die Aufrechterhaltung des Mietvertrages mit dem Hauseigentümer gewesen. Die Beschwerdeführerin rügte, dass ihr Beweisanbot, den Geschäftsführer K einzuvernehmen, nicht aufgegriffen worden sei und beantragte neuerlich dessen Einvernahme zum Nachweis ihres gesamten bisherigen Vorbringens. Sie brachte weiters vor, es sei nicht nachvollziehbar, wie sich der im Bescheid genannte Getränkesteuerbetrag von S 53.161,- für Februar 1994 bis August 1995 zusammensetze, in dem Bescheid gegen die Primärschuldnerin vom sei nur der Betrag von S 43.161,- vorgeschrieben worden, der Ursprung des Restbetrages von S 10.000,- sei nicht erklärt. Schließlich wandte sich die Beschwerdeführerin auch noch gegen die dem Bescheid vom zu Grunde liegende Schätzung. Es sei zwischen und ein wesentlich geringerer Verkauf von Getränken erfolgt. H habe sich im Frühjahr 1995 über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten im Ausland befunden, das Lokal sei in dieser Zeit von völlig ungeschulten Hilfskräften geführt worden, die Öffnungs- und Sperrzeiten seien nicht richtig eingehalten worden, das Lokal sei kürzer als angeschrieben geöffnet gewesen und tageweise überhaupt geschlossen geblieben, ab Mitte Juni 1995 sei es überhaupt gesperrt geblieben. Die Schätzung sei daher unrichtig.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat sowohl die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Haftungsbescheid als auch eine Berufung gegen den Abgabenbescheid vom , welche sie im Vorbringen der Beschwerdeführerin erblickt hatte, als unbegründet ab. Der Magistrat begründetete seine Entscheidung insbesondere mit dem Aufrechtbleiben des Bestandverhältnisses und der Rückgabeverpflichtung im Pachtvertrag, wonach die vom Bestandnehmer finanzierten Veränderungen grundsätzlich in das Eigentum der Bestandnehmerin überzugehen hätten. Die beantragte Zeugeneinvernahme sei nicht durchzuführen gewesen, weil die Entscheidung ohnehin vom behaupteten Sachverhalt ausgehe. Der Abgabenanspruch resultiere einerseits aus der bescheidmäßigen Steuervorschreibung vom und andererseits aus der Differenz zwischen der für das Steuerjahr 1994 gelegten Steuererklärung von S 67.825,-- und den hierauf geleisteten Zahlungen von S 57.825,--. Am habe eine vorläufigen Feststellung der Abgabenbeträge aus EDV-Ausdrucken und Buchhaltungsaufzeichnungen beim ehemaligen Steuerberater der H GmbH stattgefunden, der die kurz darauf vom Steuerberater abgegebenen Rumpfjahreserklärung 1995 betragsmäßig entsprochen habe. Als im Jahre 1996 die Getränkesteuerprüfung durchgeführt werden sollte, seien keine Geschäftsunterlagen vorgelegt worden, was die Behörde zur Schätzung gezwungen habe. Ein Vergleich der Schätzungsergebnisse mit den am vorgelegten Buchhaltungsunterlagen rechtfertige die Annahme, dass die Ermittlung des Abgabenanspruches im Schätzungswege dem tatsächlichen Steuervolumen im Wesentlichen entspreche.

In ihrem gegen die Berufungsvorentscheidung gerichteten Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin zusätzlich vor, ihr sei erst nunmehr bekannt geworden, dass die H GmbH bereits während des gesamten Jahres 1995 keine Abgaben bezahlt habe. Da sowohl H als auch die H GmbH im November 1995 bereits zahlungsunfähig und gänzlich überschuldet gewesen seien, sei der Umfang weiterer Verbindlichkeiten, die ohnedies uneinbringlich waren, für H von keinerlei Interesse und Bedeutung gewesen. Daher sei es zu den Ergebnissen der Niederschrift vom gekommen, welche zum tatsächlichen Lokalumsatz außer Verhältnis stünden. Die Beschwerdeführerin forderte Einsicht in Buchhaltungsunterlagen der H GmbH, um das Ergebnis nachprüfen zu können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde sowohl die Berufung gegen den Haftungsbescheid als auch jene gegen den Abgabenbescheides als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte aus, die Beschwerdeführerin habe selbst vorgebracht, dass der Pachtvertrag vom auch deshalb abgeschlossen worden sei, weil er für sie auch günstige Regelungen (etwa die Vereinbarung einer Betriebspflicht) enthalte, die auch weiterhin gelten sollten. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich zur Gänze um ein Scheingeschäft gehandelt habe. Der Vertrag vom sei nicht nur als Pachtvertrag bezeichnet, sondern enthalte auch Formulierungen, welche für einen Pachtvertrag geradezu typisch seien. Auf allenfalls hinter dem Vertrag verborgene Motive komme es nicht an. Da es sich bei der Beurteilung, ob ein Pacht- oder ein Untermietvertrag vorliege, um eine Rechtsfrage handle, habe die beantragte Vernehmung des Zeugen K unterbleiben können.

Hinsichtlich der Berufung gegen den Abgabenbescheid führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe keine konkreten Entlastungsbehauptungen aufgestellt und damit ihrer qualifizierten Mitwirkungspflicht nicht entsprochen, wodurch die Behörden nicht zu weiteren Ermittlungen angehalten gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , Zl. B 48/99, ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab, vor dem sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid insbesondere in ihren aus § 4 des Wiener Getränkesteuergesetzes, der Sechsten Richtlinie des Rates vom (77/388/EWG) und der Richtlinie des Rates vom (92/12/EWG) entfließenden Rechten verletzt erachtet und außerdem Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Abgabenbemessungs- und des Haftungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1992, LGBl. Nr. 3/1992 (Wr GStG 1992) lautet:

§ 4. Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, mit folgenden Einschränkungen:

1. Der Verpächter haftet für jedes Kalenderjahr bis zu 110 vH des Steuerbetrages, der im zweitvorangegangenen Kalenderjahr im verpachteten Betrieb angefallen ist; hat der Betrieb nicht das ganze Vergleichsjahr bestanden, so ist der im Vergleichsjahr angefallene Steuerbetrag auf ein ganzes Jahr hochzurechnen, hat er überhaupt nicht bestanden, so ist ein vergleichbarer Betrieb heranzuziehen.

2. Der Verpächter haftet aber immer bis zur Höhe des Pachtschillings, der für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde.

Grundvoraussetzung der Haftung nach § 4 Wr GStG 1992 ist also das Vorliegen eines Pachtbetriebes im Zeitpunkt des Entstehens der Getränkesteuerforderung. Im vorliegenden Fall war daher zu klären, ob im Zeitraum Februar 1994 bis Juli 1995 ein Pachtbetrieb bestand.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Unternehmenspacht nur vor, wenn tatsächlich ein lebendes Unternehmen, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "good will" gehört, als das in Bestand gegebene Objekt angesehen werden kann. Neben den Räumen muss dem Bestandnehmer in der Regel auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Fortbestand gehört, also die wirtschaftliche Quelle zur Verfügung gestellt werden, aus der die Erträgnisse fließen. Indizien für das Vorliegen eines Pachtverhältnisses sind die Beistellung von Betriebsmitteln, Kundenstock, Warenlager, Gewerbeberechtigung etc. durch den Bestandgeber. Das Fehlen einzelner Komponenten schließt die Beurteilung als Pachtvertrag jedoch nicht aus. Maßgebend ist, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt, nicht aber die von den Parteien gewählte Bezeichnung (hg. Erk. vom , Zl. 89/17/0259). Bei Gastronomieunternehmungen zählen das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens. Auch ein erst zu errichtendes Unternehmen kann Bestandgegenstand sein, wenn die wesentlichen Unternehmensgrundlagen vom Bestandgeber beigestellt werden (hg. Erk. vom , Zl. 91/17/0023).

Die belangte Behörde ist bei Beurteilung der Frage, ob im Haftungszeitraum ein Pachtbetriebsvertrag vorlag, ausschließlich von dem im Dezember 1993 abgeschlossenen Pachtvertrag ausgegangen. Allein auf Grund des Umstandes, dass der Pachtvertrag für den Bestandgeber "günstigere" (offenbar gemeint: günstiger als in einem Mietvertrag) Bestimmungen enthielt, sah sie weitere Feststellungen als entbehrlich an. Soweit die belangte Behörde sich auf die in der schriftlichen Vereinbarung festgelegte Betriebspflicht stützt, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Betriebspflicht zwar als wichtigstes Kriterium eines Pachtvertrages angesehen wird, eine solche alleine jedoch noch kein Pachtverhältnis zu begründen vermag. Die Betriebspflicht kann nur dann als maßgeblich angesehen werden, wenn sie auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht (vgl. dazu das oben zitierte Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0259).

Die Beschwerdeführerin hat während des gesamten Haftungsverfahrens immer wieder betont, dass der Bestandnehmer die Lokaleinrichtung völlig verändert, das Lokal umfassend umgebaut und einen gänzlich anderen Lokaltyp mit anderen Kunden betrieben habe. Für ihr Vorbringen hat die Beschwerdeführerin auch mehrere Beweise vorgelegt bzw. angeboten. Die belangte Behörde hatinfolge ihrer verfehlten Rechtsansicht, dass schon günstige Bestimmungen für einen Pachtvertrag ausreichend seien - diese Beweisthemen als unerheblich abgetan und keinerlei Feststellungen etwa hinsichtlich Kontinuität des Unternehmens, übernommene Einrichtungsgegenstände, Kundenstock, good will etc. getroffen. Es ist zutreffend und auch von der Beschwerdeführerin unbestritten, dass die am unterfertigte Vertragsurkunde typische Elemente eines Unternehmenspachtvertrages aufweist. Entsprechend dem Vorbringen der Beschwerdeführerin könnte jedoch ein ursprünglich vorliegender Pachtvertrag in einen Untermietvertrag abgeändert worden sein bzw. von Beginn an ein bloßer Untermietvertrag vorgelegen sein, wobei der Schein des Pachtverhältnisses - aus welchen Gründen auch immer - aufrecht erhalten wurde.

Der Ausspruch über die Haftung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) erwies sich somit, da es an den dafür erforderlichen Feststellungen fehlt, als inhaltlich rechtswidrig.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde zunächst mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den von ihr angebotenen Beweismitteln auseinander zu setzen und daraus Feststellungen zu treffen haben, welche der nach der Rechtsprechung für die Unterscheidung zwischen Pacht- und Untermietvertrag relevanten Elemente im Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschulden der Primärschuldnerin zwischen den Parteien des Bestandvertrages tatsächlich - und nicht nur zum Schein - vereinbart waren. Dabei sei insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 85/17/0009, verwiesen. Erst auf Grund dieser Feststellungen kann die Rechtsfrage, welcher Vertragstyp vorliegt, gelöst werden.

Nach § 193 Abs. 6 WAO ist eine Berufung des Haftungspflichtigen gegen den Abgabenbescheid insoweit als unzulässig zurückzuweisen, als der Haftungsbescheid eingeschränkt oder behoben wird. Somit ist zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Berufung gegen den Abgabenbescheid zunächst die Frage der Behebung bzw. Einschränkung des (erstinstanzlichen) Haftungsbescheides zu prüfen. Die Zulässigkeit der Berufung gegen den Abgabenbescheid kann also erst nach einer Entscheidung über eine allfällige Haftung geklärt werden. Diese Frage wird aber nach nunmehriger Aufhebung des Spruchpunktes I. im fortgesetzten Verfahren von der belangten Behörde neu zu beantworten sein. Deshalb erweist sich auch der Spruchpunkt II. zwingend als rechtswidrig .

In der Beschwerde wird weiters die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer geltend gemacht. Daher wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren auch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom in der Rechtssache C-437/97, Evangelischer Krankenhausverein Wien/Abgabenberufungskommission Wien, Slg. 2000, I-1157, zu beachten haben, da mit der am erhobenen Beschwerde jedenfalls vor dem "Klage" erhoben wurde.

Zusammenfassend litt der angefochtene Bescheid somit an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. Abs. 2 Z. 1 aufzuheben war. Auf Basis der zitierten Rechtssprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Kostenentscheidung einschließlich der Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am