VwGH 25.05.2000, 2000/16/0193
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BAO §276; LAO Tir 1984 §207 Abs2; |
RS 1 | § 207 Abs 2 Tir LAO 1984 unterscheidet nicht, ob es sich um eine Selbstbemessungsabgabe handelt und der Abgabenpflichtige schon vor Bescheiderlassung von sich aus tätig hätte werden müssen oder eine andere Steuer vorgeschrieben wurde, hinsichtlich derer stets ein Festsetzungsbescheid zu ergehen hat. Auch ist es nach dieser Bestimmung unerheblich, ob es sich um eine Bringschuld oder Holschuld handelt. |
Normen | Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §11 Abs1; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §8; LAO Tir 1984 §151 Abs2; |
RS 2 | Nach der Bestimmung des § 11 Abs 1 Tir Getränke- und SpeiseeissteuerG 1993 genügt es, dass der Steuerschuldner die Steuer selbst berechnet und bis zum Eintritt der Fälligkeit entrichtet. Eine Steuererklärung ist diesfalls nicht erforderlich. Es gilt die Steuer in diesem Fall auch nicht als festgesetzt. Wird die Steuer jedoch nicht rechtzeitig oder nicht vollständig <seite_6>entrichtet, dann hat der Steuerpflichtige bis zum Eintritt der Fälligkeit eine Steuererklärung einzureichen. Durch die Einreichung gilt die erklärte Steuer als festgesetzt. Unterlässt der Steuerpflichtige bei nicht rechtzeitiger oder nicht vollständiger Entrichtung die Einreichung der Steuererklärung, dann hat nach § 151 Abs 2 Tir LAO 1984 die Abgabenbehörde für den Berechnungszeitraum die Steuer mit Bescheid festzusetzen (die möglichen Berechnungszeiträume ergeben sich aus § 8 Tir Getränke- und SpeiseeissteuerG 1993). |
Normen | Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §11 Abs1; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §12; LAO Tir 1984 §151 Abs2; |
RS 3 | Der Steuererklärungszeitraum ist (grundsätzlich) das Kalenderjahr. Wird die Steuererklärung eingereicht, dann gilt die Steuer für das Kalenderjahr als festgesetzt. Dies auch dann, wenn Abweichungen von den geleisteten Steuerbeträgen der Berechnungszeiträume bestehen, aber keine unvollständige Erklärung oder unrichtige Selbstberechnung vorliegen. Unterlässt der Steuerpflichtige die Einreichung der Erklärung, oder erweist sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als unrichtig, dann hat ein Steuerbescheid nach § 151 Abs 2 Tir LAO 1984 zu ergehen. |
Normen | BAO §201; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §11 Abs1; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §12; LAO Tir 1984 §151 Abs2; |
RS 4 | Die Fiktion der Abgabenfestsetzung im Fall der Einreichung der Erklärung soll die bescheidmäßige Festsetzung dann ersetzen, wenn die abgabenbehördliche Festsetzung der eingereichten Erklärung entspricht. Der Gesetzgeber hat damit verwaltungsökonomischen Gründen Rechnung getragen, dass kein Bescheid zu erlassen ist, wenn mit diesem an den erklärten Abgaben keine Änderung vorgenommen werden muss. Die Fiktion der Festsetzung hat aber als Fiktion im Fall der bescheidmäßigen Festsetzung keine Bedeutung mehr. Ist die Steuer allenfalls für den Zeitraum eines Monats mit Bescheid festgesetzt worden, dann kann eine spätere Jahreserklärung diese allenfalls rechtskräftige Abgabenfestsetzung für einen Berechnungszeitraum (Monat) auf Grund einer bloßen Fiktion nicht ersetzen; die bescheidmäßige Festsetzung geht in jedem Fall der Fiktion der Festsetzung vor. |
Normen | BAO §201; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §11 Abs1; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §12; LAO Tir 1984 §151 Abs2; |
RS 5 | Die vom Steuerpflichtigen abgegebene Jahreserklärung ist auch im <seite_7>Zusammenhang mit der bescheidmäßigen Festsetzung für bestimmte Zeiträume zu sehen. Daraus ergibt sich, dass die Steuer nur dann und insoweit durch die Einreichung der Jahreserklärung als festgesetzt gilt, als sie noch nicht für bestimmte Zeiträume (Monate) mit Bescheid festgesetzt worden ist. Aus diesem Grund erweist sich die Durchführung der Abgabenverfahren betreffend die Vorschreibung der Getränkesteuer für bestimmte Monate auch dann nicht als rechtswidrig, wenn während des Verfahrens eine Jahreserklärung abgegeben wurde, weil sich die Fiktion der Abgabenfestsetzung durch die Jahreserklärung nicht auf die Berechnungszeiträume beziehen kann, für die eine bescheidmäßige Festsetzung bereits erfolgt ist. |
Entscheidungstext
Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:
* Ausgesetztes Verfahren:
98/16/0382 B
* EuGH-Entscheidung:
EuGH 61997CJ0437
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem - 521171/1 - 1997 - KEH, betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1991 bis 1995 samt Säumnis- und Verspätungszuschlag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Wartberg/Krems, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird betreffend Getränkesteuer für das Jahr 1995 sowie Säumnis- und Verspätungszuschlag für die Jahre 1991 bis 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer nach einer durchgeführten Getränkesteuerprüfung für die Jahre 1991 bis 1995 die nicht geleistete Getränkesteuer von S 50.279,-- zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von insgesamt S 45.187,-- sowie von dieser Summe den Säumniszuschlag von S 3.818,-- und den Verspätungszuschlag von S 9.546,-- vor. Im Spruch des Bescheides wurden die Bemessungsgrundlagen und die Getränkesteuer sowie der Sicherheitszuschlag für die einzelnen Jahre getrennt angeführt. Der Säumnis- und der Verspätungszuschlag wurde in einem einzigen Betrag für die Jahre 1991 bis 1995 vorgeschrieben. Innerhalb der einzelnen Jahre wurde weiters zwischen alkoholischen, alkoholfreien und Aufgussgetränken sowie Speiseeis unterschieden.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies mit Bescheid vom die Berufung und die belangte Behörde die als Berufung bezeichnete Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid vom als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, Rechtsgrundlage für die Erhebung der Getränkesteuer für die Jahre 1991 bis 1995 seien die jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetze, das Oberösterreichische Gemeinde-Getränkesteuergesetz und die Verordnungen des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde mit dem Abgabentatbestand und dem Steuersatz gewesen. Es seien daher Rechtsgrundlagen für die Einhebung der Getränkesteuer in Kraft gestanden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht "ohne ausreichende gesetzliche und rechtliche Grundlage eine Getränkesteuernachforderung" vorgeschrieben zu erhalten, verletzt.
Der Verfassungsgerichtshof entschied auf Grund der auch an ihn erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom mit seinem Erkenntnis vom , B 1620/97 - 13, der Beschwerdeführer sei durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer gesetzwidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden, und wies die an ihn erhobene Beschwerde ab. Dies mit der Begründung, die in der Oö. Gemeinde-Getränkesteuergesetz angeführten Bestimmungen bildeten mit dem Erhebungsbeschluss der Gemeinde eine ausreichende materiellrechtliche Grundlage für die Einhebung der Getränke- und Speiseeissteuer.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde
erstatteten jeweils Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom , B 1620/97 - 13, auf Grund einer Parallelbeschwerde entschieden, dass gegen die die Vorschreibung der Getränke- und Speiseeissteuer tragenden Rechtsgrundlagen keine Bedenken bestünden. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes wird verwiesen. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer auch in seinen geltend gemachten Rechten vor dem Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Abgabenvorschreibung für die Jahre 1991 bis 1994 nicht verletzt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen aufgrund des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom in der Rechtssache C-437/97 ergangenen Erkenntnissen vom , Zlen. 2000/16/0117 (vormals 97/16/0221) und 2000/16/0116 (vormals 97/16/0021), ausgeführt, dass die belangte Behörde, wenn sie auf Basis des von ihr angewendeten innerstaatlichen Rechts die Vorschreibung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke billigte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete; dies ist auch im hier zu beurteilenden Fall für einen Zeitraum ab erfolgt.
Bei der Getränke- und Speiseeissteuer handelt es sich um eine (einheitliche) Abgabe, sodass auch im Fall der getrennten Angabe der Bemessungsgrundlage und der anteiligen Steuer für alkoholische und alkoholfreie Getränke sowie Speiseeis bei Wegfall der Abgabe für die alkoholischen Getränke keine Teilaufhebung der Vorschreibung der Steuer für das Jahr 1995 aus dem Grund der verminderten Bemessungsgrundlage erfolgen kann.
Hinsichtlich der Steuerperiode vor dem hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0173, ausführlich begründet dargelegt, dass ein Verstoß gegen Art 14 des EWR-Abkommens nicht vorliegt.
Die Vorschreibung des Säumnis- und Verspätungszuschlages erfolgte gesamthaft für die Jahre 1991 bis 1995. Der auf die Jahre 1991 bis 1994 entfallende Säumnis- und Verspätungszuschlag ist nicht getrennt angeführt und könnte nur aus dem Gesamtbetrag herausgerechnet werden. Aufgrund der Untrennbarkeit dieser Beträge erweist sich wegen des Wegfalls eines Teiles des vorgeschriebenen Säumnis- und Verspätungszuschlages die gesamte Vorschreibung des Säumnis- und Verspätungszuschlages als rechtswidrig.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid betreffend Vorschreibung der Getränkesteuer für das Jahr 1995 sowie des Säumnis- und Verspätungszuschlages für die Jahre 1991 bis 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf die in der Rechtsprechung klargestellte Rechtslage in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Zur Frage der sich aus Punkt 3 des EuGH-Urteils ergebenden, durch die nach Ergehen des angefochtenen Bescheides erlassenen landesgesetzlichen Bestimmungen jedoch eingeschränkten Rückzahlungspflicht wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach bei Bescheidbeschwerden der angefochtene Bescheid auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Erlassung bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen ist. Nächträgliche Sachverhalts- oder Rechtsänderungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8, Rz 1020, mit weiteren Zitaten). Dies gilt auch dann, wenn sich die Rechtslage rückwirkend geändert hat (vgl. VwSlgNF 12.197A und VfSlg 10.402).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2000:2000160193.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAE-32132