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VwGH vom 10.06.1992, 92/04/0011

VwGH vom 10.06.1992, 92/04/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der N Gesellschaft mbH. in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 313.864/3-III/5/91, betreffend Konzessionsansuchen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde der Beschwerdeführerin die Konzession für das Gewerbe des Handels mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II des Pyrotechnikgesetzes 1974 (§ 146 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973) im näher bezeichneten Standort verweigert und weiters dem Ansuchen um die Genehmigung der Bestellung des Herrn F zum Geschäftsführer bei Ausübung dieses Gewerbes keine Folge gegeben.

Zur Begründung wurde - nach Darstellung des § 148 Z. 2 GewO 1973 und des § 149 Abs. 2 GewO 1973 - eine Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien wiedergegeben:

"Gegen den Verkauf pyrotechnischer Gegenstände der Klasse II im Bereich größerer Warenhäuser - auch wenn der Verkauf durch geeignete verläßliche Personen gewährleistet ist - werden im Hinblick auf das mit einem solchen Verkauf verbundene erhöhte Risiko einer Verwendung solcher Gegenstände innerhalb der Warenhäuser und der im Hinblick auf die große Zahl der dort aufhältigen Angestellten und Kunden damit verbundenen erhöhten Gefahr einer Panik vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, wie schon bisher, grundsätzliche Bedenken geltend gemacht. Die Sicherheitsdirektion für Wien verkennt nicht, daß diese Gefahren sich durch den Verkauf der Artikel in verpacktem Zustand außerhalb des Warenhauses und durch Verbotstafeln in gewissem Maße verringern lassen, doch kann dadurch eine Verwendung durch übermütige Kunden, insbesondere jüngeren Alters, die pyrotechnische Artikel schon vor einem beabsichtigten Betreten des Warenhauses erworben haben, wohl erschwert, aber, zumal das Verbot besonders angesichts des im Monat Dezember herrschenden lebhaften Geschäftsverkehrs nicht wirklich kontrolliert werden kann, nicht in ausreichendem Maße unterbunden werden."

Wie es in der Begründung dieses Bescheides dann weiter heißt, teile die erkennende Behörde diese Bedenken, weshalb es nicht möglich gewesen sei, dem Konzessionsansuchen Folge zu geben.

Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom keine Folge.

Nach der Begründung dieses Bescheides, seien für die Bestätigung des angefochtenen Bescheides seine Gründe maßgebend gewesen. Ergänzend und zu den Berufungsausführungen werde bemerkt, daß der Bescheid der Landesinstanz auf § 148 Z. 2 GewO 1973 gestützt werde, wonach die Erteilung einer Konzession für den Handel mit pyrotechnischen Artikeln neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 angeführten allgemeinen Voraussetzungen erfordere, daß die Gewerbeausübung "vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit keinen Bedenken begegnet". Die von der gemäß § 149 Abs. 2 GewO 1973 zu hörenden Behörde geäußerten, von der Landesinstanz zu Recht geteilten Bedenken beträfen aus den im Bescheid dieser Behörde dargelegten Gründen Umstände, die gegen die Gewerbeausübung im Bereich größerer Warenhäuser bestünden. Das mit dem Verkauf pyrotechnischer Artikel verbundene erhöhte Risiko einer Verwendung solcher Gegenstände innerhalb der Warenhäuser einerseits und die wegen der im Hinblick auf die große Zahl der dort befindlichen Angestellten und Kunden erhöhte Gefahr einer Panik andererseits sei auch dann gegeben, wenn die Genehmigung der Betriebsanlage mit der Erteilung strenger Auflagen verbunden sei. Das Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung könne nämlich nur bedeuten, daß bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die von der Anlage selbst ausgehenden Gefahren vermieden werden könnten, jedoch gewisse Gefahren, die durch ein rechtswidriges Verhalten der Käufer der pyrotechnischen Artikel bewirkt würden, in einem solchen Verfahren gar nicht berücksichtigt werden könnten, bei einem Konzessionsansuchen allerdings einer Beurteilung gemäß § 148 Z. 2 GewO 1973 zu unterziehen seien. Daran vermöge auch nichts zu ändern, daß im Genehmigungsverfahren betreffend die Betriebsanlage der Amtsachverständige den Ausführungen der Berufungswerberin zufolge ausdrücklich ausgeführt habe, daß bei Vorschreibung der in dem Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen keine Gefährdung entstehen könne. Auch wenn der Verkauf der Gegenstände außerhalb des Kaufhauses stattfinde, gelte das oben Gesagte, weil er jedenfalls im unmittelbaren Nahbereich desselben durchgeführt werde. An der aufgezeigten Gefahr ändere auch eine Mitteilung an die Kunden nichts, daß ein Betreten des Supermarktes mit pyrotechnischen Artikeln verboten sei, weil keine Gewähr dafür bestehe, daß sich die Käufer auch daran hielten. Daß die Bedenken der Sicherheitsdirektion die Produktion und den Verkauf von Pyrotechnikartikeln an sich unterbinden würden, sei schon deshalb unrichtig, weil die Sicherheitsdirektion ihre Bedenken auf den Einzelfall (größeres Warenhaus) abgestellt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht "auf Erteilung der Konzession für das Gewerbe "Handel mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II des Pyrotechnikgesetzes 1974" im gegebenen Standort bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowie dem Recht auf Erteilung der Genehmigung zur Bestellung des F zum Geschäftsführer bei Ausübung dieses Gewerbes bei Vorliegen der dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen" verletzt.

Die Beschwerdeführerin bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im wesentlichen vor, die von der belangten Behörde in ihrer Begründung übernommene Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien "verkennt den Sinngehalt des § 148 Z. 2 auf einfachgesetzlicher Ebene und unterstellt dieser Bestimmung auch einen im Hinblick auf das Gleichheitsgebot bzw. die Erwerbsfreiheit verfassungswidrigen Inhalt". Rücksichtlich der im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren erteilten Auflagen würde der Verkauf der gegenständlichen pyrotechnischen Artikeln außerhalb des Warenhauses und im großen Sicherheitsabstand zu diesem stattfinden. Darüber hinausgehend wären Hinweistafeln aufzustellen, welche den Kunden das Betreten des Warenhauses mit den eingekauften pyrotechnischen Artikeln verbieten würden, wobei dieses Verbot durch das Verkaufspersonal bzw. die hauseigenen Sicherheitsdienste überwacht würde. Im Kern verweigere die belangte Behörde die beantragte Konzession also lediglich deshalb, weil zwar alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten würden, allerdings ein gesetzwidriges Vorgehen von Kunden nicht ausgeschlossen werden könne. Mit dieser Interpretation verkenne die belangte Behörde aber die Bestimmung des § 148 Z. 2 GewO 1973. Es könne nicht ein allfälliger gesetzwidriger Zustand bzw. ein gesetzwidriges Verhalten von Dritten einem Konzessionswerber zum Nachteil gereichen, obwohl dieser sämtliche Vorkehrungen zur Unterbindung eines derartigen gesetzwidrigen Verhaltens getroffen habe bzw. zu treffen hätte. "Die Gleichheitswidrigkeit in der Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde erweist sich mit unüberbietbarer Deutlichkeit daraus", daß nach Auffassung der belangten Behörde keine Bedenken an die Verleihung einer Konzession an ein "kleineres Warenhaus" bestünde, welches unmittelbar neben einem "größeren Warenhaus" situiert sei. Auch in diesem Fall müßten selbstverständlich die Bedenken der Sicherheitsdirektion Wien bzw. der belangten Behörde gegeben sein, weil auch hier das Betreten des Warenhauses mit den unmittelbar im Nahbereich eingekauften pyrotechnischen Artikeln - nach Auffassung der belangten Behörde - nicht verhindert werden könnte. Der Begründungsgehalt des bekämpften Bescheides lasse jedoch erkennen, daß in diesem Fall nach Auffassung der belangten Behörde, aber auch der Sicherheitsdirektion Wien die Konzession zu erteilen wäre. Dieser Fall unterscheide sich wertungsmäßig aber nicht vom gegenständlichen Fall, in dem ebenfalls der Verkauf außerhalb des Warenhauses in einem vorgelagerten Verkaufsstand, welcher in einem gehörigen Sicherheitsabstand zum Warenhaus liege, stattfände. Mit dieser Interpretation unterstelle die belangte Behörde der Bestimmung des § 148 Z. 2 GewO 1973 einen Inhalt, der diese Bestimmung im Hinblick auf das Gleichheitsgebot bzw. die Erwerbsausübungsfreiheit mit Verfassungswidrigkeit belasten würde, benachteilige diese Interpretation doch einen Konzessionswerber, der zufällig ein "größeres Warenhaus" betreibe, in sachlich nicht gerechtfertigter Weise. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde bestünden im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen die Ausübung des beantragten Gewerbes am konkreten Standort im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und seien diese durch die schon im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vorgeschriebenen bzw. neuerlich vorzuschreibenden (die Beschwerdeführerin beabsichtige einen neuerlichen Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung einzubringen, wenn ein entsprechender Sicherheitscontainer, welcher den Anforderungen des § 4 Abs. 2 AAV entspreche, entweder erworben oder aber eigens angefertigt worden sei) Auflagen im Sinne des § 148 Z. 2 GewO 1973 hinreichend gewährleistet. Ein unterstelltes normwidriges Verhalten von Kunden könne im Einzelfall rechtmäßigerweise nicht zur Versagung der Konzession führen, zumal auf Grund der im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vorgeschriebenen bzw. vorzuschreibenden Auflagen für den Betrieb bzw. die konkrete Ausübung des Gewerbes im Hinblick auf die notwendigerweise mit dem Verkauf von pyrotechnischen Artikeln verbundenen Gefahren - die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit - hinreichend gewährleistet sei. Der belangten Behörde sei aber insbesondere zum Vorwurf zu machen, daß sie verkannt habe, daß das Tatbestandsmerkmal des § 148 Z. 2 GewO 1973 in Beziehung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der "Erwerbsbetätigung" gesetzt werden müsse und nicht gedankenlos angenommen werden dürfe, daß schon bei Vorliegen "irgendwelcher Bedenken" die beantragte Konzession zu versagen sei. Richtig sei vielmehr, daß nicht schlechthin "Bedenken", so etwa ein allfälliges normwidriges Verhalten von Kunden, zur Versagung der Konzession führen könnten, sondern vielmehr lediglich solche "Bedenken" zur Versagung der Konzession geeignet seien, welche unmittelbar aus dem regelmäßigen Gang der Gewerbeausübung erflössen.

Gemäß § 148 GewO 1973 erfordert die Erteilung der Konzession für die Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln sowie von Zündmitteln und sonstigen Sprengmitteln, die nicht dem Schieß- und Sprengmittelgesetz unterliegen, und für den Handel mit diesen Erzeugnissen neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen


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1.
die Erbringung des Befähigungsnachweises und
2.
daß die Gewerbeausübung vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit keinen Bedenken begegnet.

Nach § 149 Abs. 2 GewO 1973 ist vor Erteilung einer Konzession die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde zweiter Instanz zur Frage des Vorliegens der Voraussetzung gemäß § 148 Z. 2 zu hören.

Soweit von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführt wird, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei durch die vorgeschriebenen (bzw. vorzuschreibenden) Auflagen im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid hinreichend gewährleistet, so vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich hiebei, daß Betriebsanlagen weder hinsichtlich der Genehmigungspflicht noch hinsichtlich der Genehmigungsvoraussetzungen an der Anordnung des § 148 Z. 2 GewO 1973 zu messen sind. Abgesehen davon ist auch auf § 74 Abs. 3 GewO 1973 zu verweisen, worin für die Genehmigungspflicht auf eine "der Art des Betriebes" gemäße Inanspruchnahme abgestellt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/04/0022). Gerade von einem rechtswidrigen Verhalten der Käufer pyrotechnischer Artikel ging aber die belangte Behörde im Beschwerdefall aus.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis aber insofern Berechtigung zu, als gerügt wird, daß nicht schon bei Vorliegen "irgendwelcher Bedenken" die beantragte Konzession zu verweigern sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im vorzitierten hg. Erkenntnis vom dargelegt hat, ergeben sich aus der Regelung des § 148 Z. 2 GewO 1973 zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich zunächst eine sachliche Grundlage ("die Gewerbeausübung") und weiters - bezogen auf diese sachliche Grundlage - der Ausschluß von Bedenken vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Daraus läßt sich ableiten, daß bloß abstrakte (in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichnete) Bedenken zur Erfüllung des Tatbestandes des § 148 Z. 2 nicht genügen, sondern IM ZUSAMMENHANG MIT DER GEWERBEAUSÜBUNG STEHENDE KONKRETE BEDENKEN bestehen müssen.

Diesem Erfordernis entsprechen aber die Feststellungen und Erwägungen im angefochtenen Bescheid nicht.

Die belangte Behörde (ebenso wie die Behörde erster Instanz) stützt sich im wesentlichen auf eine - nach den obigen Rechtsdarlegungen in Betracht kommende, die relevanten Sachverhaltselemente nicht ausreichend differenzierende und sohin nicht auf ihre Schlüssigkeit überprüfbare - Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien, wonach (bloß allgemein) im Bereich größerer Warenhäusser im Hinblick auf das mit dem Verkauf verbundene erhöhte Risiko einer (mißbräuchlichen) Verwendung solcher Gegenstände innerhalb der Warenhäuser eine erhöhte Gefahr einer Panik von Angestellten und Kunden gegeben sei.

Derart wurde nicht nur die Beschwerdeführerin über die von der belangten Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und so in ihrer Rechtsverfolgungsmöglichkeit beeinträchtigt, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof an der ihm obliegenden nachprüfenden Kontrolle auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gehindert.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.