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VwGH vom 30.03.2000, 2000/16/0008

VwGH vom 30.03.2000, 2000/16/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid des Berufungssenates II der Region Innsbruck mit Sitz in Salzburg von , Zl. ZRV 74/1-I2/98, betreffend Aussetzung der Vollziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und einer gemäß § 35 Abs. 2 VwGG eingeholten Äußerung der belangten Behörde ergibt sich Folgendes:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien "als Finanzstrafbehörde I. Instanz" vom ein Abgabenbetrag in Höhe von S 3.131,-- vorgeschrieben.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Eingabe vom und beantragte gemäß Art. 244 ZK die Aussetzung der Einhebung der Abgabe bis zur rechtskräftigen Erledigung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom abgewiesen. Es bestünden keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung und lägen keine Anhaltspunkte für einen unersetzbaren Schaden vor.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer einen Rechtsbehelf, der mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen wurde.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer als Rechtsbehelf der zweiten Stufe Beschwerde an die belangte Behörde.

Diese bejahte zwar das Bestehen begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung (nämlich des Bescheides vom ), weil das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Erlassung eines Abgabenbescheides nicht zuständig sei, wies aber die Beschwerde dennoch als unbegründet ab, weil eine in Art. 244 ZK vorgesehene Sicherheitsleistung nicht erbracht worden sei und ein Ausnahmefall nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, dass ihm die Aussetzung nicht verweigert werden darf und bringt vor, der Erlag einer Sicherheitsleistung sei von ihm nicht verlangt worden. Die Aussetzung hätte auch unter der Auflage bewilligt werden können, eine Sicherheit zu leisten.

In ihrer gemäß § 35 Abs. 2 VwGG eingeholten Äußerung teilte die belangte Behörde mit, dass der Beschwerdeführer vor Erlassung der abweislichen Entscheidung nicht aufgefordert worden sei, eine Sicherheit zu erlegen.

Damit ergibt sich aber bereits, dass die in der Beschwerde

behauptete Rechtswidrigkeit vorliegt.

Art. 244 ZK lautet:

"Durch die Einlegung des Rechtsbehelfes wird die Vollziehung

der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt.

Die Zollbehörden setzen jedoch die Vollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.

Bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert zu werden, wenn eine derartige Forderung auf Grund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte."

Wenn auch nur eine der beiden in Art. 244 Abs. 2 ZK genannten Voraussetzungen erfüllt ist, ist die Aussetzung zu gewähren (vgl. z.B. den Beschluss des Finanzgerichtes Bremen vom , Zl. 2 98250 V2, ZfZ 1999, 201 und die dort referierte Rechtsprechung des EuGH).

Wie der EuGH in seinem Urteil vom in der Rechtssache C-130/95 Bernd Giloy gegen Hauptzollamt Frankfurt am Main - Ost Slg. 1997 I-4291, klargestellt hat, dürfen die Zollbehörden die Aussetzung der Vollziehung in beiden Fällen des Abs. 2 des Art. 244 ZK von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.

Aus dem klaren Wortlaut des Abs. 3 des Art. 244 ZK ergibt sich, dass die vom Rechtsmittelwerber beantragte Aussetzung von der Behörde vom Erlag einer Sicherheitsleistung "abhängig gemacht wird", wobei ausdrücklich davon die Rede ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Sicherheit nicht "gefordert" zu werden braucht. Es bedarf daher vollkommen zweifelsfrei einer seitens der Behörde gegenüber dem Rechtsmittelwerber ausgesprochenen Forderung zum Erlag einer Sicherheitsleistung. Auch das gerade oben zitierte Urteil des EuGH spricht ausdrücklich von der "Forderung einer Sicherheitsleistung".

Indem die belangte Behörde das Vorliegen einer der alternativen Voraussetzungen für eine Aussetzung ausdrücklich bejahte, den Antrag aber dennoch abwies, und zwar mit der Begründung, es sei keine Sicherheit erlegt worden, ohne dass zuvor vom Beschwerdeführer der Erlag einer Sicherheit (in einer bestimmten Höhe) gefordert wurde, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am