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VwGH vom 13.12.2000, 2000/03/0294

VwGH vom 13.12.2000, 2000/03/0294

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des D in Innsbruck, vertreten durch Dr. Josef Kantner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 8/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-1999/19/096- 1, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 bestraft, weil er am um 14.40 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges

"in Innbruck, Egger-Lienz-Straße, 240 m westlich vor der Kreuzung Egger-Lienz-Straße/Karwendelstraße, Richtung Osten (stadteinwärts), die durch das dort angebrachte Vorschriftszeichen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 26 km/h"

überschritten habe.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen; der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde jedoch "insoweit abgeändert, als die verletzte Verwaltungsvorschrift § 20 Abs. 2 StVO zu lauten hat."

In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig zu stellen gewesen sei, weil die Verwaltungsübertretung im Bereich des Ortsgebietes von Innsbruck stattgefunden habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend, weil ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht vorgeworfen worden sei. Er ist damit nicht im Recht:

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Der Tatbestand der Übertretung nach dem ersten Fall des § 20 Abs. 2 StVO 1960 erfordert somit, dass der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet schneller als 50 km/h fährt. Wesentliches Tatbestandsmerkmal dieser Verwaltungsübertretung ist daher die Begehung der Tat "im Ortsgebiet".

Bereits in der Anzeige wurde ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung "im Ortsgebiet" erfolgt sei. Diese Anzeige wurde am dem zu der für diesen Tag anberaumten mündlichen Verhandlung geladenen Vertreter des Beschwerdeführers im Wege der Akteneinsicht durch die erstinstanzliche Behörde zur Kenntnis gebracht. Dies stellt eine - innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG vorgenommene - Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/03/0003). Dem Beschwerdeführer wurde somit auch das für eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 wesentliche Tatbestandselement der Begehung der Tat "im Ortsgebiet" innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zum Vorwurf gemacht.

Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis begründet:

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das bedeutet, dass die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass eine Zuordnung zur Verwaltungsvorschrift, die durch diese Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11.466/A). Diesem Erfordernis trägt der mit dem angefochtenen Bescheid modifizierte Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht Rechnung. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lediglich in Ansehung der Anführung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift berichtigt. Eine Änderung der Tatumschreibung erfolgte nicht. Aus dieser - oben wiedergegebenen - Tatumschreibung geht aber - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht hervor, dass der Tatort "im Ortsgebiet", das ist gemäß § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO 1960 das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z. 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z. 10b), gelegen ist, bezeichnet doch die Wendung "in Innsbruck" lediglich das Gemeindegebiet.

Wenn sich die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/18/0050, beruft, ist für sie nichts gewonnen. In diesem Erkenntnis wurde ausgesprochen, dass die Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h einen Verstoß gegen § 20 Abs. 2 StVO 1960 darstelle und einem innerhalb des Ortsgebietes aufgestellten Straßenverkehrszeichen nach § 52 Z. 10a leg. cit. mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h höchstens deklarative Bedeutung zukomme. Der Verwaltungsgerichtshof führte weiters aus, dass im Spruch des - dort bekämpften - Bescheides richtigerweise § 20 Abs. 2 StVO 1960 als durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift anzuführen gewesen wäre; der dem - dortigen -

Beschwerdeführer im Spruch des Straferkenntnisses angelastete Vorwurf der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bezog sich jedoch ausdrücklich auf die Begehung der Tat "im Ortsgebiet". Gerade dies ist aber - wie oben dargelegt - in der vorliegenden Beschwerdesache nicht der Fall, sodass der belangten Behörde eine Richtigstellung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ohne Modifizierung der Tatumschreibung verwehrt war.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am