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VwGH vom 22.11.2001, 2000/15/0201

VwGH vom 22.11.2001, 2000/15/0201

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der N GmbH i.L. in H, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/208-11/2000, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien-Umgebung, St.Nr.: 050/8086, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1984 bis 1988, Einheitswert, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent 1985- 1989 sowie die Wiederaufnahme der Verfahren soweit sie bezüglich der oben angeführten Abgabenarten und Jahre erfolgt ist, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Berufungszurückweisung hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1984 bis 1988, Einheitswert, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent 1985 - 1989 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen, betreffend Berufungszurückweisung hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, die im Spruch angeführten Bescheide seien lt. den entsprechenden Rückscheinen am von der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft als Zustellbevollmächtigter der Beschwerdeführerin übernommen worden. Mit Schreiben der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom (Postaufgabe ) sei um Verlängerung der Berufungsfrist hinsichtlich dieser Bescheide bis angesucht worden. In weiterer Folge sei aber bis zum weder eine Berufung erhoben noch um eine weitere Fristerstreckung angesucht worden. Die Frist zur Einbringung der Berufung habe daher am geendet.

Mit Schreiben vom (Postaufgabe ) sei von der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft um Verlängerung der Berufungsfrist bis angesucht worden. Nach weiteren Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist sei am Berufung gegen die Bescheide eingebracht worden. Diese Berufung sei irrtümlicherweise vom Finanzamt zunächst als rechtzeitig angesehen worden und es sei am ein Mängelbehebungsauftrag ergangen. Dieser sei innerhalb der gesetzten Frist beantwortet worden. In weiterer Folge habe das Finanzamt bemerkt, dass die Berufung verspätet eingebracht worden sei. Es habe mit Bescheid vom die Berufung vom als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen. Dieser Bescheid sei allerdings nicht dem Zustellbevollmächtigten, der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft, sondern dem mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom bestellten Nachtragsliquidator Dr. H. zugestellt worden. Aus den Verwaltungsakten sei nicht ersichtlich, dass dieser Bescheid dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei. Der Zurückweisungsbescheid vom sei daher der Beschwerdeführerin gegenüber nicht wirksam geworden. Gemäß § 278 BAO habe die Abgabenbehörde zweiter Instanz, soweit ein Grund für die Zurückweisung der Berufung vorliege, die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen. Sei für die Berufungsentscheidung der Berufungssenat zuständig, so werde dieses Recht gemäß § 282 BAO zunächst vom Vorsitzenden des Senates ausgeübt. Die Berufung sei daher gemäß § 273 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen gewesen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde hätte nicht mit Zurückweisung wegen Verspätung vorgehen dürfen, weil der Bescheid des Finanzamtes, mit dem einem (abermaligen) Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist - nunmehr bis - stattgegeben worden sei, in Rechtskraft erwachsen sei und dem Rechtsbestand angehöre. Demnach sei die am , wenngleich mangelhaft, erhobene Berufung rechtzeitig. Dem Mängelbehebungsauftrag sei ordnungsgemäß und rechtzeitig entsprochen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 245 Abs. 3 BAO kann die Berufungsfrist verlängert werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, bewirkt auch ein Bescheid, mit dem - rechtswidrig - einem nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gestellten Fristverlängerungsansuchen entsprochen wird, die Verlängerung der Berufungsfrist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0235, Slg. Nr. 7013/F, sowie Ritz2, BAO, Tz. 23 zu § 245 m.w.N.).

Im Hinblick auf diese Rechtslage - Verlängerung der Berufungsfrist auch durch einen zu Unrecht ergangenen Fristverlängerungsbescheid - zeigt die Beschwerde zu Recht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Allerdings ist festzuhalten, dass die einzelnen Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist und auch der Bescheid über die Rechtsmittelfristverlängerung bis jeweils nur die Sachbescheide betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1984 bis 1988, Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent 1985-1989, nicht aber die Bescheide hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren betrafen. Eine diesbezügliche Berufungserhebung ist erst dem Mängelbehebungsschrift vom zu entnehmen. Betreffend Wiederaufnahme der Verfahren ist somit die Berufungszurückweisung wegen Verspätung durch den angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig zu erkennen.

In der Gegenschrift wird von der belangten Behörde vorgebracht, Dr. H. sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom zum Nachtragsliquidator bestellt worden. Die von der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft eingebrachten Fristverlängerungsansuchen hätten sich aber nicht auf eine von Dr. H. an sie erteilte Vollmacht gestützt. Die Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft sei daher in diesem Zusammenhang nicht berechtigt gewesen, für die Beschwerdeführerin (handelnd durch den Nachtragsliquidator Dr. H.) aufzutreten. Demgemäß habe auch der Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Verlängerung der Berufungsfrist bis gegenüber der Beschwerdeführerin keine Rechtswirkungen entfalten können. Die Berufung vom sei somit mit dem angefochtenen Bescheid jedenfalls zu Recht zurückgewiesen worden.

Mit diesem Vorbringen in der Gegenschrift lässt sich für die belangte Behörde nichts gewinnen, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides in der Gegenschrift grundsätzlich nicht nachgeholt oder ausgewechselt werden kann. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Zurückweisungsbescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin nicht wirksam geworden sei, weil dieser nicht dem Zustellbevollmächtigten, der Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft, sondern dem Nachtragsliquidator Dr. H. zugestellt worden sei, nicht ohne weiteres mit der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht vereinbar ist. In dieser wird nämlich offenbar gerade eine Zustellung an den Nachtragsliquidator Dr. H. (und nicht an die Sch. & St. Wirtschaftstreuhandgesellschaft) als zutreffend erachtet.

Der angefochtene Bescheid war somit, soweit er die Berufungszurückweisung hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1984 bis 1988, Einheitswert, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent 1985 - 1989 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am