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VwGH vom 26.02.2004, 2000/15/0198

VwGH vom 26.02.2004, 2000/15/0198

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Ing. A in E, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom , Zl. RV/272-17/03/95, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Angestellter einer Versicherungsanstalt und erzielt Einkünfte als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für Verkehrssicherheit. Streitpunkte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bilden die Zuordnung der Einkünfte aus der Sachverständigentätigkeit zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit (Standpunkt des Beschwerdeführers) oder aus Gewerbebetrieb (Standpunkt der belangten Behörde) sowie ein von der belangten Behörde angesetzter Privatanteil für ein vom Beschwerdeführer betrieblich genutztes Kfz.

Zum Sachverhalt betreffend Einkünftequalifikation wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach Absolvierung der Bundeslehr- und Versuchsanstalt (Fachrichtung Maschinenbau) den Beruf des Kfz-Schlossers (ohne Meisterprüfung) erlernt. Er habe weiters Vorlesungen an der Technischen Universität Wien und an einem Forschungsinstitut für Fahrdynamik und Unfallanalyse in Deutschland gehört sowie an verschiedenen Seminaren für Unfallforschung bzw. Verkehrsunfallkunde teilgenommen. Der Beschwerdeführer sei für ganz Österreich als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für Verkehrssicherheit sowie für Autoreparatur und Haverieschäden bestellt. In dieser Eigenschaft erstelle er in gerichtlichen Straf- und Zivilverfahren Gutachten (im angefochtenen Bescheid wird der Inhalt vom Beschwerdeführer vorgelegter Gutachten wiedergegeben). In Bezug auf die Verkehrssicherheit würden die Gutachten beispielsweise an Hand der Unfallaufnahmen der Gendarmerie, der Brems-, Kratz- und Schleuderspuren, Zeugen- und Parteiaussagen sowie fotogrammmetrischen Auswertungen und Beschädigungsbilder erstellt. Mit Hilfe von Berechnungen mittels EDV-Programmen würden die Schlussfolgerungen etwa in Bezug auf die wahrscheinliche Geschwindigkeit von Fahrzeugen, die Anhaltezeit oder das Reaktionsverhalten der Unfallbeteiligten gezogen. In den vorgelegten Gutachten betreffend Schadensfeststellung habe der Beschwerdeführer Schäden, Wertminderungen oder Wiederbeschaffungswerte von unfallbeteiligten Kfz z.B. auf der Grundlage der Anschaffungspreise, Fahrleistungen oder Eurotaxlisten beurteilt.

Zur Einkünftequalifikation vertrat die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht unter Zitierung von hg. Judikatur die Ansicht, dass die Sachverständigentätigkeit des Beschwerdeführers weder dem wirtschaftlichen Gehalt noch dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit eines Ziviltechnikers, wie sie im Wirtschaftsleben tatsächlich und typisch ausgeübt werde, entspreche. Sie stelle damit keine der im Katalog des § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 genannten Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker unmittelbar ähnliche Tätigkeit dar. Die belangte Behörde verkenne nicht die inhaltliche und qualifizierte Bedeutung der Sachverständigentätigkeit des Beschwerdeführers, für die zweifellos auch gute Kenntnisse der Mechanik und damit verbunden der Mathematik sowie Kfz-Technik erforderlich seien. Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer zur Erstellung der aufgezeigten Gutachten das im Zuge einer Universitäts- und Praxisausbildung vermittelte technische Wissen eines Ziviltechnikers benötige. Soweit im Zusammenhang mit der Beurteilung der Einkünfte des Beschwerdeführers in früheren Jahren als Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf den Grundsatz von Treu und Glauben Bezug genommen werde, sei auf die gesetzliche Verpflichtung zu verweisen, von einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung abzugehen.

Im Rahmen der Sachverhaltsschilderung zur Privatnutzung des KfZ Fiat-Ducato (Wohnmobil) wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Betriebsprüfer habe bei der Besichtigung am festgestellt, dass sich in einem Schrank Vermessungsgeräte und in den anderen Schränken Geschirr, Besteck, Polster, Decken und Spielzeug befunden hätten. Weiters sei das Wohnmobil mit einem Kühlschrank, einem Fernseh- und einem Videogerät sowie einer Satellitenantenne ausgestattet gewesen. Diese Einrichtung und Ausstattung sei vom Beschwerdeführer mit dem Verabreichen von Getränken und kleinen Imbissen an die Verhandlungsteilnehmer erklärt worden (Decken und Polster würden bei kaltem Wetter als Sitzunterlagen verwendet). Kinderspielzeug sei deshalb im Kfz, weil ihn der jüngste Sohn an Sonntagen manchmal zu Vermessungsarbeiten begleite. Bei längeren Wartezeiten schalte der Beschwerdeführer das Fernsehgerät ein.

Bereits wegen des fehlenden Fahrtenbuches - so die belangte Behörde in ihrer einkommensteuerrechtlichen Beurteilung - sei die Schätzungsberechtigung hinsichtlich des Ansatzes eines Privatanteiles beim Kfz Fiat-Ducato gegeben. Nach vom Beschwerdeführer beigebrachten Aufstellungen sei das Kfz im Jahr 1991 an 43 Tagen, im Jahr 1992 an 40 Tagen und im Jahr 1993 an 53 Tagen betrieblich eingesetzt gewesen. Diese Aufstellungen seien aber nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer behauptete ausschließliche betriebliche Nutzung des Kfz zu belegen. Angesichts der oft mehrtägigen Intervalle in den vorgelegten Aufstellungen könnte nämlich über die mit diesem Kfz zurückgelegten Entfernungen nur ein fortlaufend und übersichtlich geführtes Fahrtenbuch Auskunft geben. Außerdem sei aus den Aufstellungen ersichtlich, dass in den Sommermonaten Juli und August ein betrieblicher Einsatz des Kfz nur Anfang Juli und dann erst wieder Ende August erfolgt sei. Damit könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Kfz in diesen Monaten für private Fahrten angepasst und eingesetzt worden sei (nach einer Vorhaltsbeantwortung vom seien beispielsweise die für die Ausübung der Sachverständigentätigkeit vorgesehenen Einbauten - Klapptisch im Bereich des Fahrersitzes und Konstruktionszeichenmaschine - auch kurzfristig wieder ausbaubar gewesen). Sitze und Tische sowie eine "adäquate" Beleuchtung seien auch für private Fahren verwendbar. Ein Computeranschluss und eine Telefonanlage hinderten nicht eine private Verwendung. Die belangte Behörde erachte insgesamt einen Privatanteil von 15 % der jährlichen Kosten "als unterste Grenze" (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in den Streitjahren auch noch andere Autos im Besitz der Familie des Beschwerdeführers gewesen seien) als gerechtfertigt.

Die Behandlung der vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss vom , B 1109/00, abgelehnt und die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist. Nach § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Gewerbesteuergesetzes 1953 unterliegt ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes der Gewerbesteuer.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer erstelle die Sachverständigengutachten ausschließlich über Gerichtsauftrag und beteilige sich demzufolge nicht allgemein am wirtschaftlichen Verkehr. Die Erstellung von Privatgutachten durch gerichtlich beeidete Sachverständige wäre auch höchst problematisch, sodass er sich darauf gar nicht einlasse.

Zu diesem Vorbringen, mit dem ein allgemeines für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 Z 1 EStG 1988 erforderliches Merkmal, nämlich die "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr", in Frage gestellt werden soll, ist zu sagen, dass eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzunehmen ist, wenn sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen prinzipiell auf eine unbestimmte Zahl von Personen erstreckt, mag er auch zeitweise nur mit einer begrenzten Zahl von Personen oder gar nur mit einem einzelnen Auftraggeber in Verbindung treten (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht7, 42, mwN). Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr würde lediglich dann nicht vorliegen, wenn die Tätigkeit so beschaffen wäre, dass sie ihrer Art nach Geschäftsbeziehungen nur mit einem einzigen Partner ermöglichte (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0161, und vom , 98/13/0059). Dass die vom Beschwerdeführer durchgeführte Gutachtenserstellung ihrer Art nach eine Auftragserteilung nur durch einen einzigen Auftraggeber ermöglichte, ist nicht erkennbar und wird letztlich selbst in der Beschwerde nicht behauptet, die nur darauf hinweist, dass die Erstellung von Privatgutachten "höchst problematisch" wäre.

Nach § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit unter anderem die Einkünfte aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit.

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid eingehend mit der Tätigkeit des Beschwerdeführers durch Darstellung seiner Gutachten und der bei ihrer Erstellung angewandten Methoden auseinander gesetzt. Unter Bezugnahme auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist sie im Ergebnis zur Auffassung gelangt, dass die Verkehrs- und Schadensgutachtertätigkeit des Beschwerdeführers der Tätigkeit eines Ziviltechnikers, wie sie im Wirtschaftsleben tatsächlich und typisch ausgeübt wird, nicht ähnlich sei. Diese Beurteilung ist auch nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. neben den bereits im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnissen etwa auch die hg Erkenntnisse vom , 95/15/0066, betr. die Erstellung kraftfahrzeug- und verkehrstechnischer Sachverständigengutachten für Gerichte, vom , 96/15/0172, betr. verschiedene Gutachtertätigkeiten, und vom , 99/13/0006, betr. die Gutachtertätigkeit eines gerichtlichen Sachverständigen u.a. für Verkehrswesen).

Im ergänzenden Beschwerdeschriftsatz wird vorgebracht, der Beschwerdeführer kenne die einschlägige Judikatur (es erfolgt ein Hinweis auf das Erkenntnis vom , 96/15/0172), er vermeine aber, gerade sein Fall solle Anlass sein, diese Judikatur nochmals zu überdenken. Die Frage der Berufstypizität dürfe nicht soweit gehen, "dass nicht vom Gesetzestext erfasste Kriterien plötzlich für eine Sachentscheidung tragend sein sollen".

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die oben zitierte Gesetzesbestimmung des § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 die unmittelbare Ähnlichkeit zu der dort erwähnten Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker erfordert und somit auch einen strengen Maßstab indiziert (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 17/3057/79, zu § 22 Abs 1 Z 1 EStG 1972, aus dem das Merkmal der unmittelbar ähnlichen Tätigkeit in die Bestimmung des § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 übernommen wurde). Dem Beschwerdeführer kann damit auch nicht darin gefolgt werden, wenn er etwa in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschrift die Meinung vertritt, dass "jedwede" der Ziviltechnikertätigkeit ähnliche Tätigkeit (und damit auch die Gutachtertätigkeit des Beschwerdeführers) ertragsteuerlich nach § 22 EStG 1988 zu beurteilen sei, bzw. es genüge, dass von den Vergleichspersonen "ein Tätigkeitsbereich abgedeckt wird, wie dies auch von einem Ziviltechniker gemacht werden könnte".

Soweit in der Beschwerde ein Verstoß gegen Treu und Glauben geltend gemacht wird (der Beschwerdeführer habe sich für die den Streitjahren vorangegangenen Kalenderjahre mehrfach bei Überprüfungen durch die Finanzbehörden mit seinem Standpunkt der Gewerbesteuerfreiheit "durchgesetzt" und darauf auch seine beruflichen Kalkulationen aufgebaut), ist festzuhalten, dass dem Grundsatz von Treu und Glauben in Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art. 18 B-VG nur insoweit Bedeutung zukommen kann, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden ist, der Behörde somit ein Vollzugsspielraum zukommt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/15/0004). Ein solcher Vollzugsspielraum lag im gegenständlichen Fall nicht vor.

In der Beschwerde wird eine ausschließlich betriebliche Nutzung des Kfz Fiat-Ducato behauptet und vor allem gerügt, die belangte Behörde habe für die Annahme der Privatnutzung ausschließlich dem Umstand der fehlenden Führung eines Fahrtenbuches Bedeutung zugemessen, auf seine Parteienaussage aber nicht Rücksicht genommen habe. Die belangte Behörde habe laut Beschwerdeschrift "nicht den geringsten Anhaltspunkt" dafür gehabt, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, er setze dieses zusätzliche Spezialfahrzeug ausschließlich für betriebliche Zwecke ein, unrichtig wäre. Bei dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, die an Hand vorgelegter Aufstellungen über die betriebliche Nutzung insbesondere auch aufzeigen, dass in den Sommermonaten Juli und August ein betrieblicher Einsatz des Kfz nur Anfang Juli und dann erst wieder Ende August erfolgt ist. Da auf Grund der Ausstattung des Wohnmobils (u.a. Sitze, Tische, Decken, Fernsehanlage) eine private Verwendung auch nicht von der Hand zu weisen war, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme einer Privatnutzung und dem dazu zum Ansatz gebrachten Prozentsatz von 15 % keinen Verstoß gegen die Lebenserfahrung zu erblicken (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0043).

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333 /2003.

Wien, am