VwGH vom 04.03.1992, 92/03/0002
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom , Zl. 410.236/4-IV-1/89, betreffend Konzessionsentziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom wurde dem Beschwerdeführer die ihm für den Standort L, zustehende, beschränkt auf die Verwendung von zwei Lastkraftwagen lautende Güterfernverkehrskonzession gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nach Lage der Akten stehe fest, daß der Beschwerdeführer allein innerhalb der letzten elf Jahre einmal wegen Betruges nach § 146 StGB und zweimal wegen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 3 sowie nach § 148 StGB rechtskräftig bestraft worden sei. So sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom gemäß § 147 Abs. 3 StGB unter Hinweis auf den im Urteil vom unberührt gebliebenen Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 3 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB, des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens der Verletzung behördlicher Bekanntmachung nach § 273 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten verurteilt worden. In seiner Begründung habe das Gericht besonders hervorgehoben, daß der Beschwerdeführer bis zum damaligen Zeitpunkt insgesamt siebenmal gerichtlich abgestraft worden sei, darunter einmal im Jahre 1977 in der Bundesrepublik Deutschland wegen Urkundenfälschung und einmal in Österreich im Jahre 1974 wegen des Verbrechens des Betruges. Eine weitere Verurteilung sei im November 1976 durch die Prätur in S wegen Entwendung erfolgt. Mit dem dem Urteil des Landesgerichtes X vom zugrundeliegenden Urteil dieses Gerichtes vom sei der Beschwerdeführer unter anderem des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 3 StGB schuldig befunden worden. Festzuhalten sei, daß sich der Begehungszeitraum jener Straftaten, derentwegen der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes X vom zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten verurteilt worden sei, vom August 1971 bis Mai 1977 erstreckt habe. Der Beschwerdeführer sei weiters mit rechtskräftigem Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes L vom schuldig befunden worden, das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB begangen zu haben. Auch dieses Vergehen des Beschwerdeführers sei im unmittelbaren Zusammenhang mit dem von ihm betriebenen Güterbeförderungsgewerbe gestanden. Weiters sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes X vom schuldig erkannt worden, das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 StGB begangen zu haben; er sei deshalb zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten verurteilt worden. Der Begehungszeitraum dieser strafbaren Handlungen, die eine Gesamtschadenshöhe von S 1,248.898,40 verursacht hätten, habe sich von Februar 1975 bis Oktober 1984 erstreckt. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, daß auch diese betrügerischen Handlungen des Beschwerdeführers in einem engen Konnex zu seinem Frächterbetrieb bzw. seiner daraus resultierenden finanziellen mißlichen Lage gestanden seien, wobei diese betrügerischen Handlungen zum Teil im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb seines Güterbeförderungsgewerbes gestanden seien. Dies treffe etwa in jenen Fällen zu, wo er Personen zum Verkauf von Autozubehör und Treibstoff und zur Reparatur seines Lastkraftwagens veranlaßt und in einem Fall einer Person im Zusammenhang mit dem Kauf eines gebrauchten Lastkraftwagens einen Restschaden in der Höhe von S 45.000,-- zugefügt habe. Alleine diese drei strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Betruges sowie wegen schweren und gewerbsmäßigen Betruges zeigten dessen Neigung zu vorsätzlichem, gegen fremdes Vermögen gerichtetem Verhalten. Hiebei sei darauf hinzuweisen, daß diese strafbaren Handlungen nicht losgelöst von dem von ihm betriebenen Güterbeförderungsgewerbe betrachtet werden könnten. Festzuhalten sei neben der Häufigkeit der betrügerischen Taten des Beschwerdeführers auch deren langer Begehungszeitraum. So zeigten die eingeholten Strafakten praktisch von August 1971 bis Mai 1985 immer wieder betrügerische Handlungen des Beschwerdeführers auf. Eine derartige, vorsätzlich gegen fremdes Vermögen gerichtete Einstellung des Beschwerdeführers rechtfertige bei ihm die Annahme des Fehlens der für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit. Daran vermöge auch sein Vorbringen, er sei seit dem Jahre 1986 nicht mehr nachteilig in Erscheinung getreten, nichts zu ändern, sei er doch in der Zeit vom bis in Strafhaft gewesen und sei zudem sein Güterbeförderungsgewerbe bis zwangsverpachtet gewesen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer seit Ende August 1987 - sohin erst seit knapp 19 Monaten - nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, stehe im Hinblick auf die von ihm wiederholt begangenen, sich über einen langen Zeitraum erstreckenden Betrugshandlungen der Annahme seiner mangelnden Zuverlässigkeit für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes in gegenwärtigem Zeitpunkt nicht entgegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß des erstinstanzlichen Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom gegen § 18 Abs. 4 AVG 1950 geltend macht, weil der Bescheid weder die eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden noch die des für die Beglaubigung zuständigen Kanzleiangestellten aufweise, kann ihm nicht gefolgt werden. Auf der im Verwaltungsakt erliegenden Urschrift des Bescheides findet sich die mit leserlicher Beifügung des Namens abgegebene eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden. Bei der vom Beschwerdeführer über Aufforderung vorgelegten, ihm zugestellten Ausfertigung des Bescheides handelt es sich um eine die Beisetzung des Namens des Genehmigenden aufweisende Ablichtung, also um eine Vervielfältigung, bei der eine Beglaubigung durch die Kanzlei nicht erforderlich ist. Diese Ausfertigung entspricht somit dem Erfordernis des § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 199/1982 (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11983/A).
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers erfolgte die Entziehung der Gewerbeberechtigung durch den Landeshauptmann von Tirol nicht gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens; der Landeshauptmann von Tirol wurde vielmehr - wie aus dem Wortlaut des diesbezüglichen Spruchteiles II. seines Bescheides vom klar hervorgeht - als Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 15b Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 63/1952 in der Fassung BGBl. Nr. 630/1982, tätig.
Berechtigt ist hingegen der Hinweis des Beschwerdeführers, daß vor der Entziehung der Gewerbeberechtigung entgegen § 361 Abs. 2 GewO 1973 nicht die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft gehört wurde. Dies stellt zwar einen Verfahrensmangel dar, doch ist beim vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar und wird auch vom Beschwerdeführer auch nicht dargelegt, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der angeführten Vorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, zumal aus dem Anhörungsrecht nicht auf eine Bindung der Behörde an die abgegebene Stellungnahme der anzuhörenden Stelle geschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 83/04/0132, 0133).
In der Sache ist davon auszugehen, daß eine Konzession gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 von der Behörde zu entziehen ist, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen hat, die die Annahme rechtfertigen, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 25 Abs. 1 Z. 1) nicht mehr besitzt.
§ 25 Abs. 1 Z. 1 GewO ordnet an, daß eine Bewilligung (Konzession für ein konzessioniertes Gewerbe) zu erteilen ist, wenn bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
Der Begriff der Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 Gewo 1973 hat durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung des Inhaltes erfahren, daß die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit einer natürlichen Person dann gerechtfertigt ist, wenn ihre Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, es werde die künftige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 89/04/0171, AW 89/04/0056).
Die Behörde hat gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 unabhängig von einer allfälligen Bestrafung zu beurteilen, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen. Sie ist hiebei an rechtskräftige Bestrafungen zwar insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlung oder Unterlassung, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, hat aber im Entziehungsverfahren unabhängig davon das sich ergebende Charakterbild des Gewerbeinhabers zu untersuchen. Hiebei kommt es nicht darauf an, daß die Handlungen oder Unterlassungen in Ausübung des Gewerbes begangen worden sind. Entscheidend ist vielmehr, daß die in Frage stehende natürliche Person nach der Beschaffenheit der von ihr begangenen Handlungen oder Unterlassungen keine Gewähr mehr dafür bietet, daß sie bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde (vgl. das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die Annahme des Mangels der Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in Ansehung strafgerichtlicher Verurteilungen nicht das Vorliegen der Tatbestandselemente des § 13 Abs. 1 leg. cit. zur Voraussetzung (vgl. abermals das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der den strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden zahlreichen schwerwiegenden strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers zum Ergebnis gelangte, daß dieser nicht mehr die für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm bei seinen Straftaten nur darauf angekommen, "die Schulden abzutragen, wobei er keineswegs die Konzession oder Gewerbeberechtigung mißbrauchen wollte", ist zufolge des Neuerungsverbotes gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ebensowenig einzugehen wie auf die die Vorgänge im Zusammenhang mit der gerichtlichen Verurteilung vom betreffenden Behauptungen in der Beschwerde. Ob der Beschwerdeführer seine Schulden beglichen hat - was er im übrigen nicht einmal konkret behauptet hat -, ist im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht von Bedeutung. Daß das "Wohlverhalten" des Beschwerdeführers seit seiner letzten Verurteilung nichts an der Annahme mangelnder Zuverlässigkeit zu ändern vermag, hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise dargelegt. Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.