VwGH vom 22.05.1985, 84/03/0400
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidnet Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des A H in L, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Marktgraben 12, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. IIb2-V-3815/3-1984 , betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am gegen 0.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestirnten Klein-LKW auf der Ellbögener-Landesstraße im Ortsgebiet von Lans auf der Höhe der Sennerei einige Meter zurück in Richtung Aldrans und anschließend in eine an der rechten Fahrbahnseite befindliche Ausweiche gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen, gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe eine Woche) über ihn verhängt. In der Begründung wurde zur Schuldfrage ausgeführt, dass der von der Gattin des Beschwerdeführers am gegen 0.00 Uhr auf der Ellbögener-Landesstraße gelenkte Klein-LKW im Ortsgebiet von Lans gegen ein Wirtschaftsgebäude geprallt und nach dem Unfall auf der Fahrbahn zum Stillstand gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug in Betrieb genommen und es aus der Fahrbahn in eine an der nördlichen Fahrbahnseite anschließende Ausweiche gelenkt. In der Folge sei der Beschwerdeführer nach positivem Verlauf eines Alkotests dem Dienst habenden Sprengelarzt vorgeführt worden, der beim Beschwerdeführer eine leichte Alkoholisierung festgestellt habe. Um 2.15 Uhr sei eine Blutabnahme erfolgt. Die Auswertung des dem Beschwerdeführer abgenommenen Blutes habe einen Blutalkoholwert von 1,0 %o zum Blutabnahmezeitpunkt ergeben. Der Rechtfertigung des Beschwerdeführers, dass das Fahrzeug betriebsunfähig gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Mag das Fahrzeug auch beschränkt manövrierfähig gewesen sein, so dürfe nicht übersehen werden, dass es unter Zuhilfenahme der Motorkraft in die an der Straße gelegene Ausweiche bewegt worden sei. Damit sei das im § 5 Abs. 1 StVO 1960 enthaltene Tatbestandsmerkmal des "Lenken oder Inbetriebnehmens" verwirklicht. Da der Beschwerdeführer zwei Stunden nach dem Unfall noch einen Blutalkoholgehalt von 1,0 %o aufgewiesen habe, wurde auch die Alkoholbeeinträchtigung im Sinne der genannten Bestimmung angenommen.
Die gegen Punkt 1 dieses Straferkenntnisses gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde - von einer hier nicht bedeutsamen Abänderung im Kostenspruch abgesehen - mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verwies die belangte Behörde unter anderem darauf, dass der Beschwerdeführer laut Niederschrift vom folgendes angegeben habe:
"Nachdem ich ausgestiegen war, begab ich mich zur Fahrerseite, stieg ein und lenkte das Fahrzeug etliche Meter auf der Ellbögener Landesstraße zurück, wobei ich mit dem Heck links hinten an der linken-südlichen-Begrenzungsmauer der Ellbögener Landesstraße angefahren sein dürfte. Hernach wendete ich das Fahrzeug und fuhr in die an der Nordseite der Ellbögener Landesstraße anschließende Ausweiche."
Diese Angaben habe die Gattin des Beschwerdeführers laut Niederschrift vom bestätigt. Auch in der Skizze des Tatortes sei das Fahrmanöver des Beschwerdeführers durch den - als Zeugen vernommenen - Bez.Insp. K. eingezeichnet worden. (Daraus ergibt sich, dass das Fahrzeug aus der Endstellung nach dem Anprall an das Wirtschaftsgebäude - Schrägstellung von ca. 135 Grad zur Fahrbahnlängsachse, die rechte vordere Fahrzeugecke etwa am rechten - nördlichen - Fahrbahnrand mit der Front in Richtung Lans-Dorfmitte - in einem leichten Bogen nach rückwärts quer über die dort etwa 5,90 Meter breite Fahrbahn bewegt wurde, dann mit dem Heck am linken - südlichen - Fahrbahnrand an einer Mauer anstieß und anschließend in einem Rechtsbogen nach vorwärts über die Fahrbahn bewegt und auf einer neben dem rechten Fahrbahnrand gelegenen Ausweiche mit dem Heck in Richtung Lans-Dorfmitte abgestellt wurde.) Aus den - in der Verkehrsunfallanzeige - festgestellten Beschädigungen sei nicht ersichtlich, dass das Fahrzeug völlig manövrierunfähig gewesen wäre. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer selbst zugegeben habe, ein Reversiermanöver mit dem Fahrzeug durchgeführt zu haben, spreche für ein Lenken im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960. Anders sei das Abstellen des Fahrzeuges in der Ausweiche auch nicht erklärbar. Die Alkoholisierung des Beschwerdeführers sei durch das Blutalkoholgutachten und den klinischen Befund sowie den positiven Verlauf des Alkotestes und die Tatsache, dass kein Nachtrunk getätigt worden sei, eindeutig erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen Aktenwidrigkeit, Rechtswidrigkeit des Erkenntnisinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o und darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.
Unter dem Begriff des "Lenkens" ist die Betätigung der hiefür vorgesehenen Einrichtung eines in Bewegung befindlichen Fahrzeuges zu verstehen. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 27 . Feber 1967, Slg. N.F. Nr. 7094/A.)
Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass sich schon aus dem vom Beschwerdeführer mit dem Fahrzeug durchgeführten Fahrmanöver, wie es aus der von Bez.Insp. K. angefertigten Skizze hervorgeht und vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, ergibt, dass bei der Bewegung des Fahrzeuges auch dessen Lenkeinrichtung betätigt worden sein muss. Damit liegt aber ein Lenken des Fahrzeuges im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 vor.
Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf das nach dem Unfall durchgeführte Fahrmanöver davon ausging, dass sich das Fahrzeug noch in einem - wenn auch eingeschränkten - lenkfähigen Zustand befunden hat, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Zu weiteren Feststellungen über die Manövrierfähigkeit des Fahrzeuges bestand entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Veranlassung.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, aus der Sachverhaltsdarstellung in der Strafanzeige sei eindeutig ersichtlich, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt des Vorfalles nicht manövrierfähig gewesen sei, steht mit dem Akteninhalt in Widerspruch und wird auch in der Beschwerde nicht näher begründet. Auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom überhaupt nicht auseinander gesetzt, trifft nicht zu.
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er geltend macht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, weil Feststellungen, dass er sich zum Zeitpunkt des angeblichen Lenkens des Fahrzeuges in einem alkoholisierten Zustand befunden habe, fehlten. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass sich die belangte Behörde bei ihrer Annahme, der Beschwerdeführer habe sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, insbesondere auf das Blutalkoholgutachten, wonach beim Beschwerdeführer rund zwei Stunden nach dem Unfall noch ein Blutalkoholgehalt von 1,0 %o festgestellt wurde, und den Umstand, dass kein Nachtrunk getätigt wurde, gestützt hat. Die von der belangten Behörde aus diesen Indizien gezogene Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe das erwähnte Fahrzeug zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Von einer Aktenwidrigkeit der Feststellung, dass kein Nachtrunk getätigt worden sei, kann keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom selbst angegeben hat, nach dem Unfall keinerlei alkoholische Getränke konsumiert zu haben.
Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit den vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 sowie 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I lit. B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am