VwGH vom 27.05.1983, 83/17/0034
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Hnatek, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stubner, über die Beschwerde der Agesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien I, Universitätsstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. I/2-St-833, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen eine Beschlagnahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist unbestrittenermaßen Eigentümer eines bei einem Gastwirt aufgestellten Spielautomaten. Dieser wurde im Strafverfahren gegen den Gastwirt wegen Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz, BGBl. 1962/169, zur Sicherung des in § 50 Abs. 3 dieses Gesetzes in der Fassung der Novelle 1976, BGBl. Nr. 626, vorgesehenen Verfalls beschlagnahmt. Die von der beschwerdeführenden Partei als Sacheigentümer des Verfallsgegenstandes gegen den auf § 39 Abs. 1 VStG 1950 gestützten Beschlagnahmebescheid der Bezirksverwaltungsbehörde erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dem Sacheigentümer stünde im Verfallsverfahren und daher ebenso im Beschlagnahmeverfahren zwar Parteistellung, jedoch kein Berufungsrecht gegen den Bescheid zu. Dabei stützte sich die belangte Behörde auf Ausführungen in Helbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Band II, S. 165, in denen aus den Bestimmungen der §§ 51 Abs. 1 und Abs. 2, 56 Abs. 3 VStG 1950 der Umkehrschluß gezogen wird, daß nur den dort genannten Parteien im Verwaltungsstrafverfahren das Berufungsrecht zustehe.
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht verletzt, Berufung zu erheben. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der belangten Behörde ist nur darin beizupflichten, daß die Frage des Berufungsrechtes des Eigentümers einer vom Verfall bedrohten Sache im Beschlagnahmeverfahren nicht anders als im Verfallsverfahren zu beurteilen ist. Für letzteres wurde das Berufungsrecht im Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 989/A, bereits bejaht. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Ausführungen der belangten Behörde nicht zum Abgehen von dieser Rechtsprechung veranlaßt. Wollte man der Meinung der belangten Behörde folgen, die in Übereinstimmung mit der von ihr als Stütze herangezogenen Lehrmeinung zwar die Parteistellung bejaht, das Berufungsrecht jedoch verneint, stünde dem Sacheigentümer unmittelbar die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den Beschlagnahmebescheid der Bezirksverwaltungsbehörde zu, also gegen den Bescheid, den der Beschuldigte noch mit Berufung vor der Verwaltungsbehörde zweiter Instanz bekämpfen könnte. Daß dies und die sich daraus ergebenden Folgerungen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein können, bedarf keiner weiteren Erklärung. Mit § 51 Abs. 1 VStG 1950, wonach das Recht, Berufung zu erheben, dem Beschuldigten eingeräumt ist, wird nur der Regelfall erfaßt, ein Berufungsrecht anderer Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens, die durch einen Bescheid der Behörde erster Instanz in ihren Rechten verletzt werden, jedoch nicht verneint (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts,
2. Auflage, S. 292). Andernfalls wäre auch etwa der Rechtsmittelausschluß im § 57 Abs. 2 VStG 1950 überflüssig.
Von der belangten Behörde wurde daher die Rechtslage verkannt. Ihr Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 48, 49 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221. Die Eingabengebühr für die notwendigen drei Ausfertigungen der Beschwerde betrug nur S 300,--, die Beilagengebühr für die notwendige eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nur S 50,-- (zwei Bogen). Das Aufwandersatzmehrbegehren für Stempelgebühren mußte daher abgewiesen werden.
Wien, am