VwGH vom 22.04.2004, 2000/15/0105

VwGH vom 22.04.2004, 2000/15/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Peter Kunz, Dr. Georg Schima, Dr. Eberhard Wallentin und Dr. Thomas Wallentin, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , GZ RV/644-16/04/99, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1993 und 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren als Einzelunternehmer einen Textilgroßhandel. Er ermittelte den Gewinn gemäß § 5 EStG nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 28. Februar.

1983 erwarb er das Gebäude S 14 in W und verwendete es als Verkaufslokal, Lager und Büro. Als sich infolge rückläufiger Auftragslage das Gebäude als zu groß erwies, vermietete der Beschwerdeführer ab Dezember 1985 immer mehr Teile des Gebäudes an eine Hochschule (Mietverträge vom Dezember 1985, und ). Ab März 1991 war es zur Gänze vermietet und der Beschwerdeführer übersiedelte mit dem Textilgroßhandel in ein neues Betriebsgebäude in der M-Straße 10 in W. 1993 und 1994 tätigte der Beschwerdeführer Investitionen am Gebäude S 14 und machte gemäß § 10 Abs 3 EStG 1988 Investitionsfreibeträge iHv S 1,141.009,-- für 1993 und S 708.007,-- für 1994 geltend.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1992 bis 1996 erachtete die Betriebsprüferin diese Investitionsfreibeträge als nicht zulässig, weil die entgeltliche Überlassung des Gebäudes S 14 weder unmittelbar dem Betriebszweck diene noch den Hauptzweck des Unternehmens wesentlich fördere noch ein "neuer (zweiter) Betriebsgegenstand" errichtet werde. Es sei von Vermögensverwaltung und nicht von einer gewerblichen Vermietung auszugehen.

Das Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüferin und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für 1993 und 1994.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Im Berufungsverfahren führte er im Wesentlichen aus, anhand der Umsatzentwicklung sei ersichtlich, dass es sich beim Bereich "Textil" um eine sterbende Sparte handle, weshalb seit 1985 der Bereich "Vermietung" systematisch als zweiter Betriebsgegenstand ausgebaut worden sei. 1992 bis 1996 seien zwischen 6,4 % und 13,1 % der Gesamteinnahmen durch die Vermietung erzielt worden. Die Vermietung habe daher stets einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Ertrags- und Liquiditätssituation des Unternehmens geleistet, sodass von einer untergeordneten Bedeutung dieses zweiten Standbeines nicht gesprochen werden könne. In der Buchhaltung des Unternehmens werde auch ein gesonderter Verrechnungskreis für die Vermietung geführt.

1993 und 1994 seien die Betriebsgebäude S 14 und P-Gasse 38 zur Gänze vermietet gewesen. Im Betriebsgebäude M-Straße 10 seien in diesen Jahren Keller und Obergeschoss zur Vermietung ausgebaut worden. Das Einzelunternehmen sei folgendermaßen organisiert:


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Gebäudevermietung:
Textil:
Gottfried H (Mietobjekte, Vermietungen)
Gottfried H (Geschäftsführung, Investitionen, Großkunden)
Hr. W (Mieten- und BK-Vorschreibungen, Buchhaltung)
Irmtraud H (Geschäftsleitung, Personal, kaufm. Organisation)
Externe Berater (Bausachverständige, Immobilienmakler, Architekt, Rechtsanwalt)
Fr. J (Verkauf)
Hr. W (Buchhaltung)

Der "Teilbetrieb Vermietung" verfüge über ein beachtliches Anlagevermögen, eine eigene Organisation und einen eigenen Buchhaltungskreis und trete nach außen vollkommen selbstständig auf. Das Textilunternehmen werde von der M-Straße 10, die Vermietung von der P-Gasse 38 aus betrieben. Neben der Verwaltung würden bei der Vermietung des Gebäudes S 14 auch Nebenleistungen technischer Natur erbracht. Diese bestünden in der Planung, Einreichung von Unterlagen bei Bau- und Gewerbebehörde, Bauausführung, Finanzierung und Abrechnung bei den Adaptierungs- und Umbauarbeiten des Gebäudes. 1993 und 1994 seien dabei rd S 18 Mio bzw S 9 Mio investiert worden. Ohne diese Investitionen wäre eine ertragreiche Vermietung nicht möglich gewesen. Es seien zwar nur ein Unternehmen bzw Betrieb, aber zwei Teilbetriebe und somit ein zweiter Betriebsgegenstand vorgelegen. Der Beschwerdeführer legte zum Nachweis eines eigenen Rechnungskreises die Jahresabschlüsse 1993 und 1994 des "Teilbetriebes Vermietung" sowie die Konten samt Belegsammlungen vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, in den Streitjahren sei neben einem Objekt K-Gasse 5, hinsichtlich dessen der Beschwerdeführer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt habe, nur eine einzige Liegenschaft - nämlich das Gebäude S 14 - an Dritte vermietet gewesen. Das vom Beschwerdeführer genannte Objekt P-Gasse 38 sei an die K & Co KG, an welcher der Beschwerdeführer zu 80 % und seine Ehefrau zu 20 % beteiligt seien, vermietet gewesen. Damit übereinstimmend scheine auf durch den Beschwerdeführer 1993 und 1995 für den Textilgroßhandel verwendeten Firmenstempeln die Büroadresse P-Gasse 38 auf. Mit dem (ohne Zeitangabe erstatteten) Vorbringen, wonach die Vermietung ebenfalls von der P-Gasse 38 aus betrieben werde, werde ebenfalls eine Eigennutzung angesprochen. Die H GmbH, in welche am das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers eingebracht worden sei, habe dort Büro- und Lagerräume gemietet. Der Beschwerdeführer habe auch das Gebäude M-Straße 10, den Betriebssitz des Textilhandels, ab März 1996 teilweise und ab 1997 zur Gänze an die H GmbH vermietet.

Die zum Zwecke einer besseren Vermietung erfolgten Adaptierungs- und Ausbauarbeiten an dem Gebäude S 14 hätten auch dann noch nicht den Rahmen der Vermögensverwaltung gesprengt, wenn sie beträchtliche Fremdmittel erfordert hätten. Dass weitere Leistungen durch den Beschwerdeführer erbracht worden seien, könne den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Mietverträgen, nicht entnommen werden. Aus den vom Beschwerdeführer dargelegten Umständen könne nicht geschlossen werden, dass die Vermietung einen Gewerbebetrieb bilde.

Der Grund- und Gebäudewert der Liegenschaft S 14 betrage zwar insgesamt S 26 Mio und jener der Liegenschaft M-Straße 10 insgesamt S 17 Mio, jedoch begründe die Vermietung nicht schon deshalb einen Gewerbebetrieb, weil ein umfangreicher Besitz vorliege.

Der Beschwerdeführer habe eine zumindest teilweise organisatorische Verflechtung (gemeinsame Buchhaltung, gemeinsame Büroeinrichtung) des Textilhandels und der Vermietung des Gebäudes S 14 angeführt. Da darüber hinaus sowohl der Beschwerdeführer als auch Herr W in beiden Bereichen tätig gewesen seien, liege der Schluss nahe, dass die mit der Vermietung in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten sowohl in der M-Straße 10 als auch in der P-Gasse 38 ausgeübt worden seien.

Auch dem Vorliegen eines eigenen Rechnungskreises sowie dem Umstand, dass im Firmenbuch beim Beschwerdeführer als weiterer Betriebsgegenstand die Vermietung und Verpachtung beweglichen und unbeweglichen Vermögens eingetragen sei, könne keine besondere Bedeutung beigemessen werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs 3 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 660/1989 darf für Gebäude der Investitionsfreibetrag nur insoweit geltend gemacht werden, als sie unmittelbar dem Betriebszweck dienen oder für Wohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer bestimmt sind, wobei für Gebäude, die zur entgeltlichen Überlassung an Dritte (ausgenommen betriebszugehörige Arbeitnehmer) bestimmt sind, ein Investitionsfreibetrag nur zusteht, wenn der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern ist (durch die Novelle BGBl. Nr. 253/1993 wurde das Erfordernis des ausschließlichen Betriebsgegenstandes der gewerblichen Vermietung auf die vor dem anfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten beschränkt).

Für die Geltendmachung eines Investitionsbetrages für Gebäude ist nach der genannten Bestimmung Voraussetzung, dass das Gebäude unmittelbar dem Betriebszweck dient (oder - was gegenständlich unstrittig nicht der Fall ist - für Wohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer bestimmt ist). Dies ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung dann der Fall, wenn das Gebäude von seiner Funktion her jene Tätigkeiten ermöglicht, die der Betrieb nach seinem Hauptzweck zur Erzielung der Betriebseinnahmen entfaltet. Ein vermietetes oder verpachtetes Gebäude dient demnach unmittelbar dem Betriebszweck, wenn die Vermietung oder Verpachtung über die Erzielung von Miet- oder Pachteinnahmen hinaus den Hauptzweck des Betriebes des Bestandgebers fördert und insbesondere zu diesem Zweck Einflussmöglichkeiten des Bestandgebers auf das Unternehmen des Bestandnehmers bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0098, mwN).

Dass der Hauptzweck des Betriebes Textilgroßhandel durch die Vermietung des Gebäudes an eine Hochschule gefördert worden sei, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Der Beschwerdeführer vertritt vielmehr in seiner Beschwerde den Standpunkt, es liege mit der Vermietungstätigkeit ein eigener selbstständiger Betrieb vor, in dessen Rahmen "durch eigenes Personal mit eigenen Räumlichkeiten und organisatorisch getrennt die für die Erschließung der Einkunftsquelle notwendigen Bauarbeiten am Gebäude in die Wege geleitet und koordiniert worden seien".

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gebäudevermietung grundsätzlich Vermögensverwaltung. Als maßgebliches Unterscheidungskriterium zwischen Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung stets die Frage angesehen, ob, in welcher Richtung und in welchem Ausmaß die Tätigkeit des Vermieters über die bloße Überlassung des Bestandgegenstandes hinausgeht, dabei aber daran festgehalten, dass die durch jede Art von Vermietung bedingte laufende Verwaltungsarbeit und die durch sie gleichfalls oft erforderliche Werbetätigkeit allein die Betätigung noch nicht zu einer gewerblichen wird, solange zur bloßen Vermietung nicht besondere, mit der Vermietung nicht im Regelfall oder stets verbundene Umstände hinzutreten, durch die eine weitere Tätigkeit des Vermieters, die über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgeht, bedingt wird. Adaptierungs- und Ausbauarbeiten an einem Gebäude, die seiner besseren Vermietbarkeit dienen sollen, sprengen auch dann noch nicht den Rahmen der Vermögensverwaltung, wenn sie beträchtliche Fremdmittel erfordern (vgl das hg Erkenntnis vom , 95/13/0115, mwN). Das Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkt sich jedoch auf solche Adaptierungs- und Bauleistungen. Dass Nebenleistungen, die über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgingen, vom Beschwerdeführer erbracht worden seien, wurde von ihm nicht behauptet.

Weder die Führung eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes "zur Durchführung der Baumaßnahmen" noch der Einsatz eines kaufmännisch geschulten Mitarbeiters noch das Führen kaufmännischer Bücher machen die ohne jegliche Nebenleistung erbrachte entgeltliche Raumüberlassung zu einer gewerblichen Betätigung. Für die Verwaltung umfangreichen Liegenschaftsvermögens durch wirtschaftlich optimale Vermietung mag alles das nützlich sein, was der Beschwerdeführer ins Treffen führt, bleibt aber dann, wenn eigenes Vermögen in der sachlich gebotenen aufwändigen Weise verwaltet wird, trotzdem Vermögensverwaltung im Sinne des § 32 BAO (vgl wieder das hg Erkenntnis vom , 95/13/0115).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am