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VwGH vom 29.03.1984, 83/08/0240

VwGH vom 29.03.1984, 83/08/0240

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Waldner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde des Dr. W M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom , Zl. 124.581/2-6/83, betreffend Höherversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien V, Wiedner Hauptstraße 84 - 86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft über Antrag des Beschwerdeführers die Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung für die Jahre 1975 bis 1980 fest und lehnte gleichzeitig die Aufnahme einer Höherversicherung nach § 13 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes - GSVG, BGBl. Nr. 560/1978 in der Fassung BGBl. Nr. 531/1979, ab. Nach dieser Gesetzesstelle sei die erstmalige Aufnahme einer Höherversicherung nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht zulässig. Der Beschwerdeführer habe das 60. Lebensjahr am vollendet, vor diesem Zeitpunkt jedoch keine Beiträge zur Höherversicherung in der Pensionsversicherung nach § 6 GSPVG entrichtet.

Der Beschwerdeführer hat gegen die Ablehnung der Höherversicherung Einspruch erhoben. Er habe vor Vollendung des 60. Lebensjahres Beiträge auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung geleistet, nach Herabsetzung der Beitragsgrundlage auf die Mindestbeitragsgrundlage mit Berichtigung vom habe sich ein Guthaben von S 22.933,-

- (Differenz aus dem Unterschied der vom Beschwerdeführer vor dem Stichtag - 60. Lebensjahr - entrichteten Beträge von der Höchstbeitragsgrundlage auf die Mindestbeitragsgrundlage laut Mitteilung der mitbeteiligten Anstalt vom ) ergeben. Dieses Guthaben sei ipso iure als Beitrag zur Höherversicherung zu werten. In diesem Zusammenhang sei unerheblich, ob Zahlungen zur Höherversicherung gesondert oder in einem Beitrag zusammen mit den Beiträgen zur Pflichtversicherung entrichtet würden, sie müßten nur vor dem Stichtag (Vollendung des 60. Lebensjahres) bezahlt worden sein.

1.2. Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom hat der Bundesminister für soziale Verwaltung diesem Einspruch keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Beschwerdeführer unterliege seit der Pflichtversicherung. Für die Jahre 1975 bis 1977 seien ihm zunächst Beiträge auf der Basis der Höchstbeitragsgrundlage vorgeschrieben worden, nach Vorlage der entsprechenden Einkommensteuerbescheide seien die Beitragsgrundlagen berichtigt und auf die Mindestbeitragsgrundlage herabgesetzt worden. Dadurch sei auf dem Beitragskonto ein Guthaben von S 22.933,53 entstanden, das sich nach Abzug der laufenden Beiträge auf S 8.405,25 reduziert habe. Aus § 13 Abs. 2 GSVG, wonach eine Höherversicherung durch Zahlung von Beiträgen für die Höherversicherung bewirkt werde, ergebe sich, daß die Beiträge vom Versicherten entsprechend gewidmet werden müßten. Die Ansicht, jede Überzahlung des Beitragskontos bewirke ipso iure eine Höherversicherung, treffe nicht zu. Der Beschwerdeführer habe am sein 60. Lebensjahr vollendet. Das Begehren, Beiträge zur Höherversicherung entrichten zu können, sei von ihm erstmals am gestellt worden und sei daher im Hinblick auf § 13 GSVG unzulässig.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Als Beschwerdepunkt wird die Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf seinen Anspruch auf Höherversicherung aus seinen Zahlungen vor Vollendung des 60. Lebensjahres geltend gemacht.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird die angefochtene Entscheidung deswegen bekämpft, weil sie bereits erworbene Rechte des Beschwerdeführers verletze. Mit seinen Überzahlungen auf zur Gebühr gestellte Pflichtbeiträge bis zur Berichtigung am - eineinhalb Jahre nach dem Stichtag vom - habe der Beschwerdeführer, aus deren Höhe resultierend, bereits einen Anspruch auf das höhere Ausmaß der Pension erworben. Die Berichtigung der Vorschreibungen hätte sohin unter gleichzeitiger Verrechnung des Guthabens des Beschwerdeführers auf die Höherversicherung und die weitere Annahme der höheren Beiträge zur Höherversicherung zu erfolgen gehabt. Die Auslegung des § 13 GSVG im angefochtenen Bescheid verletze den Anspruch des Beschwerdeführers auf erhöhtes Pensionsausmaß aus seinen bis zur Berichtigung geleisteten Pflichtbeiträgen. Ein höheres Ausmaß der Pension sei für den Beschwerdeführer sowohl durch Zahlung von höheren Pflichtbeiträgen zu erreichen gewesen, als auch durch zusätzliche Beiträge gemäß § 13 GSVG. Am Stichtag habe die "Über/Höherzahlung" S 22.933,53 betragen. Bis zur Berichtigung der Vorschreibungen durch die Anstalt (eineinhalb Jahre nach dem Stichtag) sei eine Widmung der über die berichtigten Beitragsgrundlagen hinaus gezahlten Beiträge als solche zur Höherversicherung nicht erforderlich gewesen. Nach dem Stichtag ersetze die Erklärung des Beschwerdeführers vom eine solche Widmung, die ein Verrechnungsbegehren auf Höherversicherung bedeute und kein solches auf Rückerstattung der Differenzbeträge.

Nur die weitere Entgegennahme der höheren Beiträge als Beiträge nunmehr zur Höherversicherung werde diesem Rechtsinstitut gerecht, einem Versicherten die Möglichkeit einzuräumen, eine Pension aus minderen Pflichtbeiträgen (Mindestpflichtbeiträgen) an das Ausmaß einer Pension aus höheren Pflichtbeiträgen anzugleichen. § 13 GSVG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Diese Auslegung werde ferner "gestützt in Analogie mit § 70 Abs. 1 ASVG".

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wird geltend gemacht, daß die Berichtigung erst eineinhalb Jahre nach dem 60. Geburtstag des Beschwerdeführers erfolgt sei; demzufolge gebe es auch keine Widmungserklärung des Beschwerdeführers vor diesem Stichtag. Hingegen weise stattdessen sein Guthaben zum Stichtag vom - als Summe der Überzahlungen bis dahin in Höhe von S 22.933,53 - den Anspruch gemäß § 13 GSVG aus. Die Feststellung dieses Guthabens zum Stichtag sei rechtlich erheblich; der Sachverhalt bedürfe einer diesbezüglichen ergänzenden Feststellung. Ferner sei noch die Feststellung zu treffen, daß die Anstalt den Beschwerdeführer nie davon unterrichtet habe, was sie zu seinem Nachteil umgebucht habe.

1.4. Der Bundesminister für soziale Verwaltung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet; auch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat eine Gegenschrift eingebracht.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.§ 13 GSVG in der Fassung BGBl. Nr. 531/1979 behandelt die Höherversicherung und lautet:

"(1) Personen, die in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz pflicht- oder weiterversichert sind, können sich höherversichern. Die erstmalige Aufnahme einer Höherversicherung nach Vollendung des 60. Lebensjahres (bei Frauen des 55. Lebensjahres) ist nicht zulässig. .....

(2) Die Höherversicherung wird durch die Zahlung des Beitrages für die Höherversicherung bewirkt."

Gemäß § 33 Abs. 7 GSVG sind für die Höherversicherung Beiträge in einer vom Versicherten gewählten Höhe zu entrichten; der jährliche Beitrag darf sechs Siebentel der doppelten Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 48 Abs. 3 nicht übersteigen. Nach § 33 Abs. 8 GSVG in der Fassung BGBl. Nr. 531/1979 sind die Beiträge gemäß Abs. 6 und 7 vom Versicherten selbst zu tragen. Die Beiträge zur Höherversicherung sind gleichzeitig mit jenen Beiträgen fällig, zu denen sie hinzutreten, sofern nicht eine andere Vereinbarung mit dem Versicherungsträger zustande kommt.

§ 235 GSVG bestimmt:

"Versicherte, die nach den Bestimmungen des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes Beiträge zur Höherversicherung wirksam entrichtet haben, sind ohne Rücksicht auf ihr Lebensalter berechtigt, Beiträge zur Höherversicherung nach diesem Bundesgesetz zu entrichten. Bei der Anwendung des § 141 sind auch Beiträge zu berücksichtigen, die nach dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz entrichtet worden sind."

§ 6 des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes - GSPVG, BGBl. Nr. 292/1957, lautete:

"(1) Personen, die in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz pflicht- oder weiterversichert sind, können sich über die für sie in der Pflichtversicherung in Betracht kommende Beitragsgrundlage hinaus höherversichern. Die erstmalige Aufnahme einer Höherversicherung nach Vollendung des 60. Lebensjahres (bei Frauen des 55. Lebensjahres) ist nicht zulässig.

(2) Die Höherversicherung wird durch die Zahlung des Beitrages für die Höherversicherung bewirkt."

Die Bestimmungen des § 26 Abs. 7 und 8 GSPVG entsprachen den eben wiedergegebenen Bestimmungen des § 33 Abs. 7 und 8 GSVG.

2.2. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich ganz eindeutig, daß es zur "erstmaligen Aufnahme" der Höherversicherung, die im Sinne des § 6 Abs. 1 zweiter Satz GSPVG (worauf die im Beschwerdefall in erster Linie in Betracht zu ziehende Übergangsbestimmung des § 235 GSVG verweist) bzw. § 13 Abs. 1 zweiter Satz GSVG bei Männern vor Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgen muß, eines auf Höherversicherung (arg. aus dem ersten Satz dieser Bestimmung: "können sich höher versichern") gerichteten Willensaktes des Versicherten, die in einer diesbezüglichen Parteihandlung ihren Ausdruck findet, bedarf. In diesem Sinn hat bereits das OLG Wien in seiner Entscheidung vom , SV-Slg. XI/19.347, ausgesprochen, daß es zur Begründung einer Höherversicherung (nach der entsprechenden, damals in Geltung gestandenen und für die Zeiträume vor Inkrafttreten des GSVG mit auch im Beschwerdefall im Wege des § 235 GSVG heranzuziehenden Bestimmung des § 6 GSPVG) einer Initiative des Versicherten bedarf und daß durch konkludente Handlungen allein eine Höherversicherung noch nicht zustande kommen kann. Der Auffassung, daß durch konkludente Handlungen eine Höherversicherung zustande kommen könne, stehe die Bestimmung des § 6a GSPVG (vgl. jetzt § 14 GSVG) entgegen, nach der sich eine Formalversicherung auf die Höherversicherung nicht erstrecke. In seiner weiteren Entscheidung vom , SSV 9/67, hat das OLG Wien an dieser Rechtsansicht festgehalten und betont, daß dazu noch komme, daß der Versicherte die Höhe der Beiträge zur Höherversicherung selbst zu bestimmen habe. In diesem mit der vorliegenden Beschwerdesache vergleichbaren, wenn auch eine Leistungssache betreffenden Fall ist das OLG Wien sodann zum Schluß gekommen, daß durch die Nichtvorlage der Einkommensteuerbescheide schon beim Versicherten die Folge des § 18 Abs. 2 GSPVG eingetreten sei, nach der von ihm die Beiträge zur Pflichtversicherung nach der Höchstbemessungsgrundlage zu leisten gewesen seien, welche Beiträge sich dann auf jene Beiträge ermäßigt hätten, die nach Bekanntwerden seines einkommensteuerpflichtigen Einkommens zu leisten gewesen seien (§ 18 Abs. 3 GSPVG); eine Höherversicherung im Sinne des § 6 GSPVG werde durch die vom Versicherten wegen nicht rechtzeitiger Vorlage der Einkommensteuerbescheide verursachten Überzahlungen nicht begründet.

Der Verwaltungsgerichtshof bemerkt noch, daß eine analoge Anwendung des § 70 Abs. 1 ASVG bei der Verschiedenartigkeit der Beitragssysteme nicht in Betracht kommt. Eine vom Gesetzgeber ungewollte, planwidrige Unvollständigkeit der Regelung des GSVG über die Höherversicherung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Könnte auch der Leitsatz der zitierten Entscheidung des OLG Wien SSV 9/67, wonach es zur Wirksamkeit einer Höherversicherung eines "Antrages" des Versicherten bedürfe, zum Mißverständnis Anlaß geben, es müsse sich um einen gesonderten Antrag handeln - der wiedergegebene Inhalt der zitierten Entscheidung wird dem normativen Zusammenhang des § 6 mit § 26 Abs. 7 und 8 GSPVG (§ 13 mit dem § 33 Abs. 7 und 8 GSVG) vollkommen gerecht. Es muß daher, sollte sich auf dem Beitragskonto des Versicherten zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Guthaben befinden, eine den Regeln des § 26 GSPVG (§ 13 GSVG) entsprechende Widmung des Betrages (wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrückt und betont hat) für die Höherversicherung nach § 6 GSPVG (§ 13 GSVG) erfolgen; erst durch diese Anweisung über die Verwendung eines bestimmten eingezahlten Betrages kommt begrifflich eine Zahlung für die Höherversicherung im Sinne des § 6 Abs. 2 GSPVG (§ 13 Abs. 2 GSVG) zustande (vgl. dazu auch Spitzauer-Berger, Die programmierte Pension, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, oJ, 29, die ausführen, durch die Höherversicherung würden nicht etwa die "normalen Beitragsgrundlagen hinaufgesetzt, vielmehr würden Sonderbeiträge auf ein geldwertgeschütztes Konto separat eingezahlt, von dessen Einlagen im Pensionsfall die Leistung berechnet werde).

2.3. Im Beschwerdefall ist nun unbestritten, daß eine Initiative des Beschwerdeführers zur erstmaligen Aufnahme der Höherversicherung durch einen förmlichen Antrag oder zumindest durch ausdrückliche Widmung bestehender Überzahlungen auf dem Beitragskonto für die Höherversicherung nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Beschwerdeführers () erfolgte. Die erstmalige Aufnahme der Höherversicherung erfolgte somit nicht zeitgerecht. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer weder nach dem GSPVG Beiträge zur Höherversicherung wirksam entrichtet hat (was ihn gemäß § 235 GSVG berechtigt hätte, Beiträge nach dem GSVG ohne Rücksicht auf sein Lebensalter zu entrichten) noch nach § 13 GSVG erstmalig die Höherversicherung aufnehmen konnte. Somit hat die belangte Behörde ihren Bescheid nicht mit der ihr zum Vorwurf gemachten Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Bei dieser rechtlichen Beurteilung des diesbezüglich unbestrittenen Sachverhaltes ist nicht erkennbar, in welcher Weise die belangte Behörde bei Vermeidung des geltend gemachten Verfahrensmangels, betreffend Höhe und Zeitpunkt des behaupteten Überzahlungsbetrages, zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden mußte.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

2.5. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1982 von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Wien, am