VwGH vom 30.01.2003, 2000/15/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. RV 20/1-10/98, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der G GmbH im Ausmaß von S 3,914.810,-- (Umsatzsteuer 1996, Lohnsteuer 1996, Dienstgeberbeitrag 1996, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1996, Säumniszuschlag 1996, Säumniszuschlag 1997) gemäß §§ 9 und 80 BAO als Haftungspflichtiger in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte dazu aus, dass nach seiner Auffassung eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO nicht vorliege, weshalb der Haftungstatbestand des § 9 Abs. 1 BAO nicht zum Tragen komme.
Der Beschwerdeführer wurde am vom Finanzamt aufgefordert, die Gründe für die Unterlassung der Abgabenentrichtung bekannt zu geben, die Kassenein- und -ausgänge seit Entstehung der Abgabenrückstände darzustellen, die Gesamtschulden der Gesellschaft den verfügbaren Mitteln zu den einzelnen Fälligkeits- bzw. Zahlungstagen gegenüberzustellen und diese Gegenüberstellung dem Finanzamt zu unterbreiten und - falls von der Gesellschaft in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge nicht vereinnahmt worden seien - die Höhe dieser Umsatzsteuerforderungen, die Gründe der Uneinbringlichkeit sowie Name und Anschrift der Schuldner mitzuteilen.
Der Beschwerdeführer übermittelte eine mit "Schuldenentwicklung 1996" überschriebene Aufstellung, in welcher die Verbindlichkeiten (aufgegliedert nach "Lieferanten", "Löhne/Gehälter", "Betriebskosten", "Gesellschafter", "T-GesbR", "Finanzamt", "Gebietskrankenkasse", "Gemeinde" und diverse, namentlich angeführte Bankkredite) sowohl zu Beginn als auch zu Ende des jeweiligen Monates und auch die Zahlungen ziffernmäßig dargestellt wurden. Weiters wurde für das Monatsende der prozentuelle Anteil der jeweiligen Verbindlichkeit an der Summe der Verbindlichkeiten ausgewiesen. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass es gelungen sei, in den Monaten Oktober, November und Dezember 1996 die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt im Verhältnis zum Gesamtobligo des Unternehmens von 20,37 % auf 15,75 % herabzusenken. Dementsprechend könne gesagt werden, dass in den Monaten vor Konkurseröffnung das Finanzamt gegenüber den übrigen Gläubigern bevorzugt befriedigt worden sei, zumal die Verbindlichkeiten gegenüber den Lieferanten im Verhältnis zum Gesamtobligo des Unternehmens im gegenständlichen Zeitraum von 17,04 % auf 34,57 % angestiegen seien. Es liege daher keine Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aus der übermittelten Aufstellung ersichtlich sei, dass die Abgabenverbindlichkeiten im Verhältnis zu den übrigen Verbindlichkeiten wesentlich schlechter bedient worden seien. Es zeige sich, dass etwa beim Großgläubiger "Bank" eine Absenkung der Verbindlichkeiten von S 10,803.161,62 (Stichtag ) auf S 9,534.298,-- (Stichtag ) erfolgt sei, während die Abgabenverbindlichkeiten im gleichen Zeitraum von S 4,635.650,62 auf S 4,823.797,55 zugenommen hätten. Die Befriedigung der übrigen Gläubiger sei zu Lasten der Lieferanten und des Finanzamtes erfolgt.
Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte vor, dass es nicht in der Macht des Geschäftsführers stehe, sämtliche Forderungen im gleichen Ausmaß zu befriedigen. Der Schuldenabbau gegenüber der Hausbank resultiere ausschließlich aus einer früher eingegangenen Zessionsvereinbarung. Der Geschäftsführer sei verpflichtet gewesen, die Hausbank über die Absicht des Finanzamtes hinsichtlich der Einbringung eines Konkursantrages zu unterrichten, aus welchem Grunde diese ihre "Kreditlinie gesperrt" habe und sämtliche offene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zur teilweisen Befriedigung ihrer gewährten Kredite verwendet habe. Es liege keine schuldhafte Verletzung von dem Geschäftsführer auferlegten Pflichten vor.
Wie aus der Entwicklung des Finanzamtverrechnungskontos schlüssig hervorgehe, sei der Geschäftsführer ab dem (Datum der Vorsprache des Steuerberaters bei der Einbringungsstelle des Finanzamtes) bestrebt gewesen, die beim Finanzamt entstandenen Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen, und es sei auch gelungen, die Quote der Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt von 20,72 % auf 15,75 % zu reduzieren. Weiters sei anzumerken, dass seitens der Gesellschafter im Sommer 1996 ein Betrag von knapp S 4 Mio durch den Verkauf einer im Privatvermögen befindlichen Liegenschaft der Gesellschaft zugeführt worden sei. Diese Liegenschaft sei jedoch mit einer Hypothek zu Gunsten der Hausbank belastet gewesen und zur Befriedigung von Bankverbindlichkeiten herangezogen worden.
Hinsichtlich der Lohnsteuer sei festzuhalten, dass die Geschäftsleitung und die Gesellschafter bestrebt gewesen seien, das Unternehmen ohne Insolvenzverfahren zu sanieren und aus diesem Grunde die Dienstnehmer möglichst pünktlich zu befriedigen. Nach Kenntnis der Absicht des Finanzamtes über die Konkursantragstellung seien die Lohnabgaben laufend pünktlich entrichtet worden.
Über Aufforderung des Finanzamtes teilte der Masseverwalter am mit, dass ein seinerzeit gestellter Zwangsausgleichsantrag der Gemeinschuldnerin nicht die erforderlichen Mehrheiten gefunden habe und ein weiterer Zwangsausgleichsantrag nicht gestellt werden würde. Das Verwertungsverfahren werde fortgesetzt. Es sei mit einer Konkursquote im einstelligen Prozentbereich zu rechnen; dies sei ohne Gewähr, da das Verwertungsverfahren nicht abgeschlossen sei.
Am übermittelte der Beschwerdeführer über Aufforderung der belangten Behörde eine Aufstellung über die "Schuldenentwicklung 1997", welche eine Darstellung in der Art der "Schuldenentwicklung 1996" enthielt. Weiters wurde eine Kopie der Kreditzusage vom sowie eine Generalzessionsurkunde übermittelt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben. Der Haftungsbetrag von S 3,914.810,-- wurde um Säumniszuschläge von zusammen S 13.267,-- vermindert. Der sich ergebende Betrag wurde um eine Quote von 20 % auf den Haftungsbetrag von S 3,121.234,-- gekürzt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über das Vermögen der G GmbH der Konkurs eröffnet worden sei. Das Konkursverfahren sei derzeit noch nicht abgeschlossen. Laut Gerichtsbeschluss vom sei das Zwangsausgleichsverfahren abgebrochen und dem Masseverwalter die Fortsetzung des Verwertungsverfahrens aufgetragen worden.
Da die Konkursquote noch nicht feststehe und vom Masseverwalter konkrete Zahlen über die Höhe der Konkursforderungen und des Massevermögens nicht bekannt gegeben worden seien, werde eine Konkursquote in Höhe von 20 % angenommen, da mit Sicherheit aus der Verwertung des Massevermögens eine Quote von 20 % nicht zu Stande komme, zumal der beantragte 20 %ige Zwangsausgleich laut Beschluss des Konkursgerichtes vom keine Mehrheiten erhalten habe und laut Stellungnahme des Masseverwalters aus der Masseverwertung eher mit einer Quote im einstelligen Prozentbereich gerechnet werden könne. Der - nach der Berichtigung des im Haftungsbescheid ausgewiesenen Haftungsbetrages (S 3,914.810,--) verbleibende - Betrag von S 3,901.543,-- werde daher um die 20 %ige Quote von S 780.309,-- auf den Betrag von S 3,121.234,-- verringert. Dieser Betrag sei demnach bei der G GmbH uneinbringlich.
Im gegenständlichen Fall sei der Beschwerdeführer mit Bescheid vom auch für die Lohnsteuer der Monate Mai 1996, Juni 1996 und Oktober 1996 zur Haftung herangezogen worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, sein Verschulden an der Nichtentrichtung dieser Abgaben zu entkräften, weil der Beschwerdeführer im Falle nicht ausreichender Mittel die Löhne und Gehälter gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 nur in einem entsprechend geringerem Ausmaß auszahlen hätte dürfen. Im gegenständlichen Fall sei jedoch die Lohnsteuer für die Monate Mai, Juni und Oktober 1996 überhaupt nicht abgeführt worden, obwohl die Löhne und Gehälter in diesen Monaten zur Gänze ausbezahlt worden seien.
Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass die Abgabenverbindlichkeiten in den Monaten Oktober bis Dezember 1996 im Verhältnis zum gesamtem Obligo des Unternehmens von 20,37 % auf 15,75 % gesenkt und gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt befriedigt worden seien, zumal die Lieferantenverbindlichkeiten in diesem Zeitraum im Verhältnis zum Gesamtobligo von 17,04 % auf 34,57 % gestiegen seien. Dem sei entgegenzuhalten, dass im oben genannten Zeitraum die Bankverbindlichkeiten um 10,06 % und die Verbindlichkeiten gegenüber der T GesbR um 6,53 % (in beiden Fällen hätten sich die Verbindlichkeiten auch leicht vermindert), die Abgabenverbindlichkeiten aber nur um 4,97 % verringert worden seien. Betragsmäßig seien sie sogar geringfügig von S 4,819.951,46 auf S 4,823.797,55 gestiegen, sodass eine Bevorzugung der Abgabenverbindlichkeiten gegenüber allen anderen Gläubigerforderungen, wie der Beschwerdeführer offenbar darzulegen versuche, nicht gegeben sei. Außerdem sei dieser Zeitraum von Oktober 1996 bis Dezember 1996 zu kurz gegriffen, zumal die Fälligkeitstage der im Haftungsbescheid vom enthaltenen Abgabenschuldigkeiten den Zeitraum vom (Dienstgeberbeitrag April 1996) bis (Umsatzsteuer Dezember 1996) umfassten.
Auch im Zeitraum Mai 1996 bis Februar 1997, in dem die Fälligkeitstage der haftungsverfangenen Abgaben gelegen seien, habe der Beschwerdeführer die Forderungen der Gläubiger nicht im gleichen Verhältnis befriedigt. So hätten sich die Bankforderungen (Kontokorrentkredit) von S 10,8 Mio (Anfang Mai 1996) auf S 8,63 Mio (Ende Februar 1997) bzw. von 41,94 % auf 28,2 %, die Forderungen der Gebietskrankenkasse von S 2,13 Mio auf S 0,88 Mio bzw. von 7,35 % auf 2,87 % verringert. Die Abgabenforderungen seien aber im selben Zeitraum von S 3,62 Mio auf S 5,14 Mio bzw. von 12,9 % auf 16,79 % gestiegen.
Eindeutig sei die Schlechterstellung der Abgabenforderungen zu erkennen, wenn man im Zeitraum von Mai 1996 bis einschließlich Ende Februar 1997 (auf Basis der vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Daten) die jeweilige Summe der Verbindlichkeiten der GmbH (samt den Anfangsbeträgen im Mai) den im selben Zeitraum an die einzelnen Gläubiger geleisteten Zahlungen gegenüber stelle. Dabei ergebe sich, dass die Abgabenforderungen (unter Ausscheidung der Lohnsteuerrückstände und der diesbezüglichen Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt S 340.560,--) mit einem Prozentsatz von nur 47,57 %, die Forderungen aller anderen Gläubiger aber mit fast 60 und mehr Prozent befriedigt worden seien (Gesellschafter 59,68 %;
Betriebskosten 65,12 %; Lieferanten 71,17 %; T GesbR 74,15 %;
Kontokorrentkredit 84,37 %; Stmk GKK 85,84 % und Gemeinde 93,35 %). Dabei sei zu berücksichtigen, dass der prozentuelle Anteil der Abgabenschulden an den Verbindlichkeiten in den einzelnen Monaten immer über 15 % lag, während der prozentuelle Anteil der übrigen Gläubigerforderungen, mit Ausnahme der Lieferantenverbindlichkeiten und der Bankverbindlichkeiten (Kontokorrentkredit) in diesen Monaten immer unter dem prozentuellen Anteil der Abgabenforderungen gelegen gewesen sei.
Daneben habe die G GmbH mit der Generalzessionsvereinbarung vom sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen an die Hausbank abgetreten. Auch für die Krediterhöhung um weitere S 3,5 Mio laut Kreditvertrag vom seien alle offenen Buchforderungen der GmbH ebenfalls in Form einer Generalzessionsvereinbarung laufend an die Hausbank abgetreten worden. Der Umstand, dass sämtliche Buchforderungen der GmbH an die Hausbank zediert worden seien, stelle ebenfalls eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten seitens des Beschwerdeführers dar, weil er als Vertreter der G GmbH damit habe rechnen müssen, dass durch diese Zession der GmbH liquide Mittel zur Tilgung anderer Schulden als der Bankschulden (so auch der Abgabenschulden) nicht mehr zur Verfügung stehen würden bzw. weil es der Beschwerdeführer nach dem Inhalt der Zessionsurkunden verabsäumt habe, vorzusorgen, dass auch im Falle einer Änderung der Verhältnisse, wenn diese bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt als nicht unvorhersehbar zu werten sei, die Bedienung der Abgabenschulden, nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt werde.
Der Beschwerdeführer habe bekannt gegeben, dass der Verkaufserlös aus dem Verkauf der im Privatvermögen der Gesellschafter befindlichen Liegenschaft ausschließlich zur Abdeckung von Krediten bei der Hausbank verwendet worden sei. Da diese Liegenschaft bzw. der Verkaufserlös dieser Liegenschaft jedoch nie zum Vermögen der GmbH gehört hätten, sei dieses Vorbringen für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung für die Abgabenschuldigkeiten der GmbH ohne Belang.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Der Beschwerdeführer sieht im Abschluss der Generalzessionsvereinbarung vom keine Verletzung von Abgabepflichten, da zu diesem Zeitpunkt die Uneinbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten der Jahre 1996 und 1997 nicht vorhersehbar gewesen sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im Abschluss eines (globalen) Mantelzessionsvertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt wird, andererseits andere andrängende Gläubiger - insbesondere der Bund als Abgabengläubiger - benachteiligt werden, eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung liegen. Der Abschluss eines Mantelzessionsvertrages ist dem Vertreter dann vorzuwerfen, wenn er es unterlassen hat - insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung - vorzusorgen, dass auch im Falle einer Änderung der Verhältnisse, wenn diese bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt als nicht unvorhersehbar zu werten ist, die Bedienung der anderen Schulden, insbesondere der Abgabenschulden, durch diesen Vertrag nicht beeinträchtigt wird (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/14/0149).
Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren wie auch in seiner Beschwerde kein konkretes Vorbringen über seine Vorsorge zum Zeitpunkt des Abschlusses des Zessionsvertrages bzw. über die Nichtvorhersehbarkeit der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Zeitpunkt erstattet hat, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Abschluss dieses Vertrages als Pflichtverletzung gewertet hat. Der bloße Umstand, dass zwischen dem Abschluss des Zessionsvertrages und der Nichtentrichtung der haftungsverfangenen Abgaben ein Zeitraum von ca sechs Jahren liegt, reicht allein noch nicht aus, um die Nichtvorhersehbarkeit der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu begründen.
Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, dass er kein Verschulden zu vertreten habe, da er sich - etwa durch den Verkauf einer Liegenschaft aus dem Privatvermögen der Gesellschafter - nach Kräften um Sanierungsversuche bemüht habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass für die Haftung nach § 9 BAO nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung ist, nicht jedoch ein Verschulden des Vertreters am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/15/0176).
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde Fehler in der Ausübung des Ermessens vorwirft, vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, da er im Verwaltungsverfahren Vorbringen zu seiner - nunmehr behaupteten - "äusserst angespannten Wirtschaftslage" unterlassen und somit der belangten Behörde keinen Anlass gegeben hat, diesbezügliche Feststellungen zu treffen.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass ihm die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenansprüche weder dem Grunde noch der Höhe nach - etwa durch Erlassung von Abgabenbescheiden - mitgeteilt worden seien.
Die haftungsverfangenen Abgabenschuldigkeiten, die - mit Ausnahme der Säumniszuschläge - Selbstmessungsabgaben sind, sind im Haftungsbescheid des Finanzamtes im Einzelnen angeführt. Dem Beschwerdeführer wäre es jedoch nach § 248 BAO freigestanden, eine Mitteilung über die ihm nicht bekannt gegebenen Abgabenschuldigkeiten zu verlangen. Ein solcher Antrag ist aber weder dem Verwaltungsakt zu entnehmen noch wird vom Beschwerdeführer behauptet, einen solchen Antrag gestellt zu haben.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass im angefochtenen Bescheid Feststellungen über die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten ungenügend seien, ist nicht stichhaltig. Die belangte Behörde konnte auf Grund der Mitteilung des Masseverwalters unbedenklich annehmen, dass voraussichtlich mit einer Konkursquote im einstelligen Bereich zu rechnen sei und eine Uneinbringlichkeit in Höhe von zumindest 80 % der Abgabenschuldigkeiten gegeben sei. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, muss die vollständige Abwicklung des Konkursverfahrens nicht abgewartet werden (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/16/0077).
Der Rüge, dass hinsichtlich der "Ursächlichkeit des Beschwerdeführers am Ausfall" der Abgabenschuldigkeiten keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden seien, ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/15/0145) es Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit war (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0049).
Soweit der angefochtene Bescheid auch die Haftung für Lohnsteuer betrifft, sei darauf verwiesen, dass im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988 auch das allfällige Fehlen liquider Mittel das Unterlassen der Abfuhr von Lohnsteuer nicht entschuldigen hätte können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0187).
Der Beschwerdeführer bringt (unter Darstellung einer Berechnung) weiters vor, dass auf Grund der von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten "Schuldenentwicklung 1996/97" die Haftung auf die Differenz zwischen dem Anteil der Abgabenschuldigkeiten, der bei gleichmäßiger Behandlung mit den anderen Gläubigern hätte entrichtet werden müssen und den tatsächlich entrichteten Abgabenschuldigkeiten hätte beschränkt werden müssen. Die Behörde hätte überdies die Berechnungsgrundlagen sowie die Berechnungsvorgänge mit ihm erörtern müssen.
Der Haftende erfährt dann eine Einschränkung seiner Haftung, wenn er den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre. Dabei bedeutet die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers nicht, dass die Behörde von jeglicher Ermittlungspflicht entbunden wäre. Entspricht nämlich der Geschäftsführer seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptungen und Beweisanboten zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2002/16/0127 und 2002/16/0128, mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens über Aufforderung der Abgabenbehörde zwei nach Monaten gegliederte Auflistungen der Zugänge und Zahlungen übermittelt, die mit "Schuldenentwicklung 1996" bzw. "Schuldenentwicklung 1997" überschrieben waren. Darin sind monatlich die Abgabenschuld, die übrigen Verbindlichkeiten, der prozentuelle Anteil der jeweiligen Verbindlichkeit an der Gesamtverbindlichkeit sowie die Zahlungen ausgewiesen.
Im angefochtenen Bescheid hat sich die belangte Behörde auf die Feststellung beschränkt, eine Bevorzugung der Abgabenverbindlichkeit gegenüber allen anderen Forderungen sei nicht gegeben. Sie hat es aber in Verkennung der Rechtslage unterlassen, sich damit auseinander zu setzen, ob die vorgelegten Auflistungen, insbesondere der Zahlungen, als Nachweis für die Höhe des Differenzbetrages anzusehen sind. Wäre die belangte Behörde der Ansicht gewesen, dass diese Berechnungen dafür nicht als ausreichend anzusehen wären, hätte sie ihre Bedenken dem Beschwerdeführer vorhalten und ihn allenfalls auffordern müssen, seine Darstellungen zu präzisieren.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am