VwGH vom 24.02.2005, 2000/15/0057

VwGH vom 24.02.2005, 2000/15/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz LL.M., über die Beschwerde der F GmbH & Co KG in R, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Burggasse 12/III, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. RV 187/1-8/99, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am gegründete beschwerdeführende GmbH & Co KG (idF Beschwerdeführerin), welche eine Hartweizenmühle betreibt, ermittelt ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988 nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 30. April.

Kommanditisten waren bis zum KR Franz S (bedungene Einlage rund S 26 Mio) und Viktoria K. Mit Abtretungsvertrag vom trat KR Franz S per seinen Kommanditanteil an seine beiden Söhne je zur Hälfte ab. Dabei wurde der Übergang aller mit dem Kommanditanteil verbundenen Rechte und Pflichten sowie des für KR Franz S geführten Privatkontos je zur Hälfte vereinbart.

Anlässlich einer die Streitjahre umfassenden Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, KR Franz S habe am eine Privatentnahme in Höhe von S 50 Mio, die durch zwei Bankkredite in Höhe von je S 25 Mio finanziert worden sei, getätigt. Die hierauf verrechneten Zinsen seien von der Beschwerdeführerin zu Unrecht als Betriebsausgabe geltend gemacht worden, weil auf Grund der Entnahme keine Betriebsschulden, sondern private Schulden vorlägen.

Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und erließ am nach Wiederaufnahme des Verfahrens den Prüferfeststellungen entsprechende Bescheide betreffend Einkünftefeststellung u.a. für die Jahre 1995 und 1996.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte darin u.a. vor, das Kapitalkonto des KR Franz S hätte ohne Berücksichtigung der Entnahme von S 50 Mio zum einen Stand von rund S 30 Mio aufgewiesen. Im Unternehmen selbst steckten hohe stille Reserven, die ebenfalls zum Eigenkapital der KG gerechnet werden könnten. Werde bei einer derartigen Eigenkapitalausstattung der Betrag von S 50 Mio entnommen und zur Herbeischaffung der liquiden Mittel ein durch das Unternehmensvermögen gedeckter und besicherter Kredit aufgenommen, würden dadurch dem Unternehmen nur vorhandene Eigenmittel und keine Fremdmittel entzogen. Der Unternehmer nütze in diesem Fall bloß die Freiheit, sein Unternehmen entweder durch Eigen- oder durch Fremdkapital zu finanzieren. Die Abzugsfähigkeit von entnahmebedingten Schuldzinsen könne erst dann ausgeschlossen werden, wenn in der Einkunftsquelle real (eventualiter buchmäßig) kein Eigenkapital mehr vorhanden sei. Da die Beschwerdeführerin real über ein S 50 Mio weit übersteigendes Eigenkapital (einschließlich stille Reserven) verfügt habe, sei eine Kreditaufnahme zur Ermöglichung einer entsprechend hohen Entnahme eine betrieblich bedingte Finanzierungsmaßnahme.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte begründend aus, KR Franz S habe mit den Mitteln aus der Privatentnahme über S 50 Mio, die durch zwei Bankkredite finanziert worden sei, Wertpapiere in seinem Privatvermögen angeschafft. Nach der "neueren" Rechtsprechung sei für die Abzugsfähigkeit der Zinsen die Verwendung der Geldmittel, die durch die Schuldaufnahme verfügbar gemacht würden, entscheidend. Es sei nicht von Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin über ausreichende stille Reserven verfügt habe. Ausschlaggebend sei allein der Umstand, dass die aufgenommenen Mittel für die Anschaffung außerbetrieblicher Güter verwendet worden seien.

In ihrem Vorlageantrag wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen und führte überdies aus, es sei allenfalls erst mit dem hg. Erkenntnis vom , 94/14/0017, zu einem Wandel in der Rechtsprechung (im Sinne der Berufungsvorentscheidung) gekommen, sodass gemäß § 307 Abs. 2 BAO diese geänderte Rechtsauffassung im gegenständlichen Verfahren keine Berücksichtigung finden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte u.a. aus, im Beschwerdefall stehe zweifelsfrei fest, dass die Aufnahme der Geldmittel nicht betrieblichen Zwecken gedient habe, sondern vielmehr "in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzierung der Entnahme (womit Wertpapiere im Privatvermögen angeschafft worden seien) gestanden" sei. Jede andere rechtliche Beurteilung würde mit dem in § 114 BAO wiederholten verfassungsrechtlichen Grundsatz - dem der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - in Widerspruch stehen: Würde man nämlich der Auffassung der Beschwerdeführerin folgen, bedeute dies, dass ein "Betriebsinhaber" auch privat veranlasste Zinsen steuermindernd geltend machen könne, eine Möglichkeit, die jeder Privatperson verwehrt sei. Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage erübrige sich eine Auseinandersetzung mit den Berufungsausführungen betreffend eine ausreichende Eigenkapitalausstattung. Auch sei die Orientierung an der Mittelverwendung nicht erst im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/14/0017, sondern bereits in früheren Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht worden, weswegen die Berufung auf § 307 Abs. 2 BAO ins Leere gehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 1386/99, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob Kreditzinsen der Beschwerdeführerin Betriebsausgaben darstellen. Die belangte Behörde vertritt dabei die Auffassung, es handle sich um keinen betrieblich veranlassten Aufwand, weil die beiden Kredite zur Finanzierung einer Entnahme durch den damaligen Kommanditisten Franz K gedient hätten. Die Beschwerdeführerin vertritt hingegen die Auffassung, im Betrieb sei lediglich Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzt worden, sodass die dadurch entstandene Zinsenbelastung als betrieblich veranlasst anzusehen sei.

Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, beispielsweise einer Verbindlichkeit, zum Betriebsvermögen, erfolgt bei Mitunternehmerschaften nach den allgemeinen, auch für Einzelunternehmen geltenden Grundsätzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 83/14/0017, 0074). Die Zurechnung einer Schuld zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen bestimmt sich danach, wofür die durch die Schuldaufnahme verfügbar gewordenen Geldmittel verwendet wurden. Nur soweit damit betriebliche Aufwände oder die Anschaffungskosten eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgutes abgedeckt wurden, liegt eine Betriebsschuld vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/14/0158). Dienen die Geldmittel der Finanzierung von Aufwendungen, die der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, so liegt eine Privatverbindlichkeit vor. Nur dann, wenn die Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den Betrieb betreffen, stellt sie eine Betriebsschuld dar. Ein Fremdmittelaufwand ist nur dann als betrieblich veranlasst anzusehen, wenn die Fremdmittel tatsächlich dem Betrieb dienen. Werden Fremdmittel und nicht bloß allenfalls vorhandene Eigenmittel dem Betrieb für betriebsfremde Zwecke entzogen, so ist der Fremdmittelaufwand nicht betrieblich veranlasst (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0127, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung zugestanden, dass die in Rede stehenden Kredite der Finanzierung der Entnahmen durch den Kommanditisten KR Franz S gedient haben.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde rügt, die belangte Behörde hätte Feststellungen zum Zeitpunkt der Aufnahme der Kredite treffen müssen, und sie nunmehr erstmals behauptet, die Kredite seien nach der Entnahme der "in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingebrachten Eigenmittel und dort bestehenden Guthaben" aufgenommen worden, sodass die nachfolgenden Kreditaufnahmen ausschließlich zur Beschaffung erforderlicher Betriebsmittel gedient hätten, so ist ihr das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot entgegenzuhalten. Abgesehen davon hat sie die Feststellungen der Abgabenbehörde, wonach die Entnahme der Geldmittel am stattgefunden hat, nicht bestritten. Die beiden in Rede stehenden Bankkredite sind - folgerichtig - auch bereits in der - in den Verwaltungsakten einliegenden - Bilanz der Beschwerdeführerin zum enthalten.

Die Beschwerdeführerin beruft sich auf § 307 Abs. 2 BAO, wonach eine geänderte Rechtsauslegung, die sich u.a. auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes stützt, bei der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zum Nachteil der Partei berücksichtigt werden darf. Ihrer Ansicht nach hätte eine allfällige spätere Änderung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch die Judikatur zum "Zwei-Konten-Modell" (Erkenntnisse vom , 94/14/0017, und vom , 93/15/0051) gegenüber jener Rechtsauffassung, wie sie noch im Erkenntnis vom , 89/13/0259, zum Ausdruck komme, bei der Sachentscheidung im wieder aufgenommenen Verfahren nicht berücksichtigt werden dürfen.

Die Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem von ihr genannten Erkenntnis vom , 89/13/0259, aber auch in früheren Erkenntnissen (beispielsweise im bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom , 89/14/0158) zur Betriebsausgabeneigenschaft von Kreditzinsen ausgesprochen hat, dass diese nur dann als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, wenn der fremdfinanzierte Aufwand der betrieblichen Sphäre zuzurechnen ist, was für jeden einzelnen Aufwand getrennt zu prüfen ist (vgl. im Übrigen auch die Ableitung der Beurteilung des so genannten "Zwei-Konten-Modells" im hg. Erkenntnis vom , 94/14/0017, aus der bisherigen Judikatur). § 307 Abs. 2 BAO stand somit schon aus diesem Grunde der Wiederaufnahme nicht entgegen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am