VwGH vom 23.11.2001, 2000/02/0256
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller , über die Beschwerde des GG in Wien, vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 03/P/7/1626/1999/1, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers nach außen Berufener des KFZ mit einem näher bestimmten Kennzeichen unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom , zugestellt am , innerhalb der Frist von zwei Wochen bekanntzugeben, wer dieses KFZ am um 16.45 Uhr an einem näher bezeichneten Ort gelenkt habe.
Er habe eine Übertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG begangen, es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 900,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges, die G GmbH & Co KG, aufgefordert worden sei, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses KFZ am um 16.45 Uhr an einem näher bezeichneten Ort gelenkt habe. Die Zulassungsbesitzerin habe mit Schreiben vom geantwortet:
"Wir bedauern mitteilen zu müssen, dass umseitig angeführtes Fahrzeug an diesem Tage nur von 08.30 Uhr bis 12.40 Uhr im Einsatz war und danach in unserer Garage gestanden ist. Wie Sie aus den beiliegenden Kopien der Tachografscheiben vom 6., 7. und leicht erkennen können fuhr der genannte LKW am 22 km, am km und am km und war sonst nicht im Einsatz. Es dürfte sich bei den Angaben um einen Irrtum handeln und bitten um Kenntnisnahme."
In einer Stellungnahme zu diesem Vorbringen habe der Meldungsleger - so die belangte Behörde weiter - einen Irrtum beim Ablesen des Kennzeichens ausgeschlossen. Beim gegenständlichen Kennzeichen handle es sich um ein Wechselkennzeichen. Der Meldungsleger habe die Auszüge aus der Zulassungsdatei angeschlossen, aus denen sich ergebe, dass unter dem gegenständlichen Kennzeichen am zwei verschiedene LKW (ein Mercedes 1217 L und ein Mercedes LP 813) zum Verkehr zugelassen gewesen seien.
Mit Strafverfügung vom sei dem Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Übertretung erstmals zur Last gelegt worden. Der Beschwerdeführer habe sich im Einspruch dahingehend verantwortet, dass er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen habe, da zum fraglichen Zeitpunkt niemand das gegenständliche Fahrzeug gelenkt habe.
Über Vorhalt der Aussage des am als Zeuge von der Behörde erster Instanz einvernommenen Meldungslegers (der unter näherer Beschreibung des von ihm angezeigten Mercedes-LKW dabei verblieb, dass ihm kein Irrtum unterlaufen sei) habe der Beschwerdeführer lediglich neuerlich die bereits zuvor vorgelegten Tachografenscheiben, betreffend einen LKW mit dem gegenständlichen Kennzeichen, vorgelegt.
Die belangte Behörde gab im angefochtenen Bescheid den Inhalt der gegen das von der Behörde erster Instanz erlassene Straferkenntnis vom erhobenen Berufung in ihrem wesentlichen Teil wörtlich wieder. Darin wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen. Die belangte Behörde führte dazu aus, er habe zur Untermauerung seines bestreitenden Vorbringens wiederholt in Kopie die Tachografenscheiben betreffend einen LKW mit dem gegenständlichen Kennzeichen vorgelegt. Mit diesem Vorbringen sei für den Beschwerdeführer jedoch nichts zu gewinnen, weil es sich beim gegenständlichen Kennzeichen um ein Wechselkennzeichen handle und zwei verschiedene LKW unter diesem Kennzeichen zum Verkehr zur maßgeblichen Tatzeit zugelassen gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe zwar in Beantwortung der "behördlichen Lenkererhebung" die Tachografenscheiben betreffend eines dieser Fahrzeuge übermittelt und darzutun versucht, dass der betreffende LKW am um 16.45 Uhr abgestellt gewesen sei, was sich aus den Tachografenscheiben ergebe. Er habe aber "völlig außer Acht gelassen", dass zur genannten Zeit zwei verschiedene Kraftfahrzeuge in Frage kämen, an denen das eine Wechselkennzeichen angebracht gewesen sei, deren Lenker das sogenannte "Grunddelikt" begangen habe. Es sei kein Lenker namhaft gemacht worden. Die am erteilte "Lenkerauskunft" entspräche nicht den in § 103 Abs. 2 KFG 1967 normierten Voraussetzungen, wofür den Beschwerdeführer als den zur Vertretung der Zulassungsbesitzerin nach außen Berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung treffe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer als inhaltliche Rechtswidrigkeit rügt, dass die Lenkeranfrage nicht ausreichend individualisiert gewesen sei. Bei "verfassungskonformer Interpretation des § 103 Abs. 2 KFG" wäre die Behörde erster Instanz "dazu gehalten gewesen, neben dem Wechselkennzeichen noch weitere Merkmale wie beispielsweise Typenbezeichnung oder Farbe des KFZ anzugeben, sodass für den Zulassungsbesitzer unmissverständlich klar" sei, "hinsichtlich welchen KFZs die Auskunft begehrt" werde.
Unter dem Titel Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, dass "das gegenständliche Fahrzeug" (offenbar gemeint jenes Fahrzeug, auf das sich die Auskunft bezog, es sei abgestellt gewesen) dunkelgrün sei und nicht wie jenes, welches vom Meldungsleger beobachtet worden sei "schmutzig weiß oder hellgrau". Der Beschwerdeführer habe in keiner Lage des Verfahrens Grund zur Annahme gehabt, das Auskunftsbegehren könne sich auch auf das zweite, unter diesem Wechselkennzeichen angemeldete Fahrzeug beziehen. Erstmalig in der Beschwerde bringt er vor, dass auch dieses zweite Fahrzeug "weder schmutzig weiß, noch hellgrau" sei und auch dieses zweite KFZ in der Garage abgestellt gewesen sei, "wie jederzeit anhand der Tachografenscheibe nachgewiesen werden" könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die erstmalig in der Beschwerde vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung betreffend das zweite auf das gegenständliche Wechselkennzeichen zugelassene Kraftfahrzeug unterliegt dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot.
Gemäß § 48 Abs. 2 zweiter Satz KFG darf ein Wechselkennzeichen "zur selben Zeit nur auf einem der Fahrzeuge geführt werden". Es ist allein Sache des Zulassungsbesitzers, welches der mit einem Wechselkennzeichen zugelassenen Fahrzeuge zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet wird. Es kann daher keinen vernünftigen Zweifel daran geben, dass die auf einen bestimmten Zeitpunkt und auf ein nach dem Kennzeichen (dem für die Beschreibung eines bestimmten KFZ die entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0251)) bestimmtes Kraftfahrzeug bezogene Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG den Zulassungsbesitzer in die Lage versetzt, die geforderte Auskunft zu erteilen. Die vom Beschwerdeführer verlangten "weiteren Merkmale" zu nennen, ist weder gesetzlich gefordert noch aus sachlichen Gründen geboten. Auch die Formulierung der Lenkeranfrage in der Einzahl ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im Hinblick auf § 48 Abs. 2 zweiter Satz KFG richtig und unmissverständlich, weil zu einem bestimmten Zeitpunkt eben nur eines der auf ein Wechselkennzeichen zugelassenen Kraftfahrzeuge gelenkt werden darf.
Dadurch, dass der Beschwerdeführer die Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG im Verwaltungsverfahren nur unter Bezugnahme auf eines der auf das Wechselkennzeichen zugelassenen Kraftfahrzeuge damit beantwortet hat, es sei abgestellt gewesen, blieb die Antwort unvollständig. Auch eine derart unvollständige Auskunft stellt eine Übertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/03/0291)
Es ist demnach rechtlich bedeutungslos, ob die Auskunft betreffend das erste auf das Wechselkennzeichen zugelassene Kraftfahrzeug richtig war oder nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am