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VwGH vom 20.09.2001, 2000/15/0039

VwGH vom 20.09.2001, 2000/15/0039

Beachte

Besprechung in:

SWI 2002, S 155 - 156;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IX, vom , RV/434-06/09/99, RV/448- 06/09/99, RV/466-06/09/99 betreffend ua Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997 sowie Einkommensteuer für die Jahre 1996 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Einkommensteuer wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein schwedischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Großbritannien, hat in Österreich weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

Mit Beschluss des Aufsichtsrates der H-AG vom , die ihren Sitz in Österreich hat, wurde der Beschwerdeführer zum Vorsitzenden des Vorstandes bestellt. Die H-AG hat - direkt oder indirekt über eine 100 %ige Tochtergesellschaft - in Österreich, CSR, Italien, Schweiz, Frankreich, Spanien, Deutschland, Estland, Kanada sowie in den USA jeweils 100 %ige Tochtergesellschaften und in Japan drei Tochtergesellschaften, an denen sie zu 90 %, 30 % und 10 % beteiligt ist. Bei fast allen diesen Gesellschaften übte der Beschwerdeführer in den Streitjahren eine Organfunktion entweder als Vorstand (Österreich) oder als Mitglied des Aufsichts- bzw Verwaltungsrates (zB Italien, Schweiz, Frankreich) aus. Für die gesamte Tätigkeit bezog der Beschwerdeführer nur Entgelte von der H-AG. Laut Punkt 1.3. des "Management Contract" übernahmen einige der Tochtergesellschaften die Haftung für die Entgeltsansprüche des Beschwerdeführers.

Neben der Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme ist strittig, ob unter Berücksichtigung des § 98 Z 2 EStG 1988 die von der H-AG bezogenen Entgelte zur Gänze oder nur zum Teil im Inland der Einkommensteuer zu unterziehen und wann Teile der von der H-AG bezogenen Entgelte zugeflossen sind.

Der Beschwerdeführer erklärte die in den Jahren 1996, 1997 und 1998 von der H-AG bezogenen Entgelte nur zum Teil als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Hinsichtlich der Höhe der von ihm erklärten Einkünfte führte er aus, er habe seinen ordentlichen Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in London und sei dort auch beruflich als Geschäftsführer der E Ltd, einer Finanzierungsgesellschaft, tätig. Aufgrund seiner beschränkten Steuerpflicht seien die bezogenen Entgelte nur anteilig im Verhältnis seiner Aufenthaltstage zu den Gesamtarbeitstagen im Kalenderjahr im Inland der Einkommensteuer zu unterziehen.

Das Finanzamt verringerte die insgesamt im Jahr 1996 von der H-AG bezogenen Entgelte um entrichtete Sozialversicherungsbeiträge und gelangte so zu Einkünften von rund 8 Mio S, die es der Einkommensteuer unterzog. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit seien gemäß Art 14 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen idF der Abänderungsprotokolle vom und vom , BGBl Nr 390/1970 idF BGBl Nr 585/1978, BGBl Nr 505/1979 und BGBl Nr 835/1994 (idF nur: DBA-Großbritannien) im Quellenstaat zu versteuern, sofern die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit im Quellenstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfüge, der diese Einkünfte zuzuordnen seien. Wie sich aus dem bei der H-AG durchgeführten Augenschein ergebe, stehe dem Beschwerdeführer seit Beginn seiner Tätigkeit ein - nicht nur vorübergehend in seiner Verfügungsmacht stehender - Raum zwecks teilweiser Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit zur Verfügung, der iSd Art 14 DBA-Großbritannien als dauerhafte Einrichtung anzusehen sei. Seine im Jahr 1996 von der H-AG bezogenen Entgelte seien folglich zur Gänze der Einkommensteuer zu unterziehen.

In der Berufung bestritt der Beschwerdeführer seine inländische Einkommensteuerpflicht, wobei er ausführte, der von ihm regelmäßig genutzte Raum bei der H-AG begründe für ihn keine feste Einrichtung iSd Art 14 DBA-Großbritannien. Dieser Raum werde in seiner Abwesenheit aufgrund der Größe als Besprechungsraum, zur Schulung der Mitarbeiter, als Ausstellungsraum für Vertragshändler und als Arbeitsraum für die Abschlussprüfer genutzt. Weiters seien die vorhandenen Einrichtungsgegenstände unversperrt und dienten ihm nicht als persönliche Arbeitsbehelfe. Sein einziger Arbeitsbehelf sei der von ihm als Handgepäck mitgeführte Laptop, den er jederzeit und überall aufbauen könne. Das Finanzamt habe sich überdies keine Mühe gemacht, seine Tätigkeit für die H-AG und deren Tochtergesellschaften vom Gesichtspunkt der örtlichen Ausübung zu gewichten, um so Art 14 DBA-Großbritannien zu berücksichtigen. Demzufolge dürften seine Entgelte im Inland nur insofern der Einkommensteuer unterzogen werden, als sie einer festen Einrichtung im Inland zugerechnet werden könnten. Als möglichen Aufteilungsschlüssel für eine solche Zurechnung habe er "unpräjudiziell" die Dauer seiner Anwesenheit im Inland gewählt. Die vom Finanzamt ohne weitere Begründung getroffene Annahme, die von einem inländischen Unternehmen bezogenen Entgelte wären zur Gänze im Inland einkommensteuerpflichtig sei sowohl sachlich als auch rechtlich unhaltbar und daher rechtswidrig.

In der in Rechtskraft erwachsenen Berufungsvorentscheidung für das Jahr 1996 unterzog das Finanzamt ohne jegliche Begründung Einkünfte von rund 4 Mio S der Einkommensteuer.

Das Finanzamt unterzog die vom Beschwerdeführer für das Jahr 1997 erklärten Einkünfte von rund 2 Mio S der Einkommensteuer.

In der Folge ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer um Bekanntgabe seiner Welteinkünfte für die Jahre 1995 bis 1997. Zur Dokumentation sollten die jeweiligen Einkommensteuerbescheide in Fotokopie vorgelegt werden. Zur Klarstellung sollten auch die Quellen der einzelnen Einkünfte dargestellt und jene Unternehmen bekannt geben werden, für die der Beschwerdeführer in den Jahren 1995 bis 1997 tätig gewesen sei.

Unter Hinweis auf seine beschränkte Einkommensteuerpflicht verweigerte der Beschwerdeführer die Beantwortung der ihm gestellten Fragen.

Das Finanzamt ersuchte daraufhin Großbritannien iSd § 2 Abs 1 EG-AHG um Auskunft, ob der Beschwerdeführer dort als ansässig und einkommensteuerpflichtig gelte.

Das "Inland Revenue Special Compliance Office" teilte umgehend mit, der Beschwerdeführer gelte in Großbritannien für Steuerzwecke als ansässig. Allerdings habe der Beschwerdeführer beantragt, nicht als "domiciled" behandelt zu werden, weswegen nur jene Einkünfte, die er in Großbritannien erhalte bzw realisiere, der britischen Einkommensteuer unterlägen. Jene Einkünfte, die er außerhalb von Großbritannien erziele, unterlägen nur insofern der britischen Einkommensteuer, als sie nach Großbritannien überwiesen würden.

Aufgrund der eben erwähnten Mitteilung nahm das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997 wieder auf, wobei es zur Begründung auf die Auskunft des "Inland Revenue Special Compliance Office" verwies, wonach der Beschwerdeführer beantragt habe, nicht als "domiciled" behandelt zu werden. Dies stelle einen Neuerungstatbestand dar, weil bisher davon ausgegangen worden sei, der Beschwerdeführer sei in Großbritannien unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, weswegen dort sein Welteinkommen der Einkommensteuer zu unterziehen sei. Folglich könne das DBA-Großbritannien nicht angewandt werden, weswegen die von der H-AG bezogenen Einkünfte im Inland zur Gänze der Einkommensteuer zu unterziehen seien. Das Finanzamt erließ auch dementsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 und 1997.

Das Finanzamt verringerte die insgesamt im Jahr 1998 von der H-AG bezogenen Entgelte um entrichtete Sozialversicherungsbeiträge und gelangte so zu Einkünften von rund 3 Mio S, die es der Einkommensteuer unterzog. Zur Begründung führte das Finanzamt unter Hinweis auf die Überweisung der von der H-AG bezogenen Entgelte auf die Kanalinsel Jersey im Wesentlichen aus, nach Art 3 Abs 2 DBA-Großbritannien stehe Österreich das alleinige Besteuerungsrecht an diesen Entgelten zu, weswegen sie nach § 1 Abs 3 EStG 1988 iVm § 98 Z 2 leg cit zur Gänze der Einkommensteuer zu unterziehen seien.

In den gegen die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997 sowie gegen die Einkommensteuer für die Jahre 1996 bis 1998 erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dem Finanzamt seien keine neuen Tatsachen hinsichtlich der Besteuerung seiner Einkünfte in Großbritannien nach Erlassung der (Erst)Bescheide bekannt geworden. Die von der H-AG bezogenen Entgelte seien gemäß § 98 Z 2 EStG 1988 nur insoweit der inländischen Einkommensteuer zu unterziehen, als sie auf die im Inland persönlich ausgeübte Tätigkeit entfielen. Hingegen sei die von ihm im Ausland ausgeübte Tätigkeit keineswegs iSd § 98 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 im Inland verwertet worden. Die von der H-AG in den Jahren 1996 und 1997 von seinen Entgelten einbehaltenen Beträge zur Begleichung seiner Einkommensteuerschuld seien ihm erst mit Bezahlung seiner Einkommensteuerschuld durch die H-AG im Jahr 1998 zugeflossen. Schon bei Abschluss des "Management Contract" habe er die H-AG "angewiesen", ausreichende Beträge für zukünftige Einkommensteuervorschreibungen einzubehalten, und diese Beträge entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung und Fälligkeiten jeweils unter seiner Steuernummer an das Finanzamt abzuführen.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid schloss sich die belangte Behörde hinsichtlich der zulässigen Wiederaufnahme im Wesentlichen der vom Finanzamt vertretenen Ansicht an, wonach mit der Mitteilung des "Inland Revenue Special Compliance Office" die Tatsache neu hervorgekommen sei, dass das Welteinkommen des Beschwerdeführers keineswegs in Großbritannien der Einkommensteuer unterzogen werde. Folglich seien die von der H-AG bezogenen Einkünfte im Inland zur Gänze der Einkommensteuer zu unterziehen. Hinsichtlich der Einkommensteuer vertritt die belangte Behörde die Ansicht, das DBA-Großbritannien sei nicht anwendbar, weil die von der H-AG bezogenen Entgelte nicht nach Großbritannien, sondern auf die Kanalinsel Jersey überwiesen worden seien. Es sei somit für die Einkommensbesteuerung allein § 98 EStG 1988 maßgebend. Der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterlägen gemäß § 98 Z 2 EStG 1988 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet werde oder worden sei. Der vom Beschwerdeführer beantragten Aufteilung der von der H-AG bezogenen Entgelte im Verhältnis seiner Aufenthaltstage im Inland zu den Gesamtarbeitstagen im Kalenderjahr in einen in- und ausländischen Teil könne nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer habe seinen "Management Contract" ausschließlich mit der H-AG abgeschlossen und sei somit nur gegenüber dieser Gesellschaft zur Leistungserbringung verpflichtet. Eine von der H-AG getrennte Leistungserbringung gegenüber anderen Gesellschaften habe der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht behauptet oder glaubhaft gemacht. Es sei daher von einer ausschließlichen Leistungserbringung gegenüber der H-AG auszugehen. Der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit des Beschwerdeführers sei somit unmittelbar der inländischen Volkswirtschaft zuzurechnen. Die von der H-AG in den Jahren 1996 und 1997 zur Begleichung der Einkommensteuerschuld einbehaltenen Beträge minderten die in diesen Jahren bezogenen Einkünfte nicht. Denn einerseits sei die Einkommensteuer eine nichtabzugsfähige Personensteuer, anderseits stehe das Zurückbehalten von zurechenbaren Einkünften einer Einkommensbesteuerung nicht entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Wiederaufnahme

Gemäß § 303 Abs 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ua in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Wiederaufnahme im Wesentlichen vor, die Frage seiner Ansässigkeit in Großbritannien sei für den Streitfall völlig irrelevant, weswegen die Mitteilung des "Inland Revenue Special Compliance Office" keinen Wiederaufnahmegrund darstelle. Auch wenn das Finanzamt von der Besteuerung seines Welteinkommens in Großbritannien ausgegangen wäre, hätte dies rechtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln iSd § 303 Abs 4 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (aufgrund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Verfahrens und des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom , 95/15/0114, mwA).

Davon ausgehend zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug vorgenommenen Bestätigung der Wiederaufnahme der Verfahren auf. Obwohl das Finanzamt weder in der Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996 noch im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 eine Begründung für die anteilige Einkommensbesteuerung der in diesen Jahren von der H-AG bezogenen Entgelte gegeben hat, ist es von der Anwendbarkeit des DBA-Großbritannien und vom Vorliegen einer festen inländischen Einrichtung iSd Art 14 leg cit ausgegangen und hat dieser festen Einrichtung anteilige Einkünfte zugerechnet. Dies ergibt sich auch daraus, dass im Erstverfahren betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996 im Wesentlichen die Frage des Bestehens einer festen Einrichtung iSd Art 14 DBA-Großbritannien strittig gewesen und im Erstverfahren betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1997 die Veranlagung erklärungsgemäß erfolgt ist. Aus der Mitteilung des "Inland Revenue Special Compliance Office" geht hingegen hervor, dass der Beschwerdeführer in Großbritannien für Steuerzwecke zwar als ansässig, aber nicht als "domiciled" gilt. Dieser Umstand stellt eine neu hervorgekommene Tatsache dar, weil sich aus dieser Mitteilung ergibt, dass nach der Sonderregelung des Art 3 Abs 2 DBA-Großbritannien beim unbestrittenen Sachverhalt das inländische Besteuerungsrecht durch dieses Abkommen nicht beschränkt wird. Österreich hat die Abkommensvergünstigungen nur dann zu gewähren, wenn die Beträge tatsächlich in Großbritannien besteuert werden (so genannte subject-to-tax-Klausel). Für den Fall, dass eine natürliche Person hinsichtlich ihrer Einkünfte nach dem in Großbritannien geltenden Recht nicht mit dem Gesamtbetrag, sondern nur mit jenem Teilbetrag steuerpflichtig ist, der nach Großbritannien überwiesen und dort in Empfang genommen wird, normiert Art 3 Abs 2 DBA-Großbritannien, dass die nach dem Abkommen in Österreich zu gewährende Steuerbefreiung nur auf nach Großbritannien überwiesene oder dort in Empfang genommene Teile der Einkünfte Anwendung findet. Diese Regelung nimmt darauf Bedacht, dass das britische Steuerrecht zwei Formen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht kennt. "Ordinary residents" werden in Großbritannien mit dem Welteinkommen besteuert. In Sonderfällen (not ordinary residents) erfolgt die Besteuerung von im Ausland erzielten Einkünften nur hinsichtlich jenes Teiles, der entweder in Großbritannien ausgezahlt oder dorthin überwiesen wird (vgl Philipp/Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, DBA-Großbritannien, FN 3 zu Art 3). Da die von der H-AG bezogenen Entgelte unbestritten nicht in Großbritannien der Einkommensteuer unterzogen worden sind (die Entgelte sind auf die außerhalb des territorialen Anwendungsbereiches des DBA-Großbritannien liegende Kanalinsel Jersey überwiesen worden), wird das inländische Besteuerungsrecht durch das DBA-Großbritannien nicht beschränkt. Eine Erörterung, ob der Beschwerdeführer im Inland eine feste Einrichtung iSd Art 14 DBA-Großbritannien gehabt hat und welche Einkünfte dieser zuzurechnen seien, erübrigt sich damit. Eine etwaige Einkommensteuerpflicht im Inland ist allein aufgrund des innerstaatlichen Rechts zu prüfen. Das Finanzamt hat dem gegenüber Art 14 DBA-Großbritannien angewandt, somit nur jene Einkünfte der inländischen Einkommensteuer unterzogen, die einer festen Einrichtung zuzurechnen gewesen sind. Da somit die Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsache einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, ist die amtswegige Wiederaufnahme zu Recht erfolgt.

2. Umfang der beschränkten Steuerpflicht

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt und aufgrund des "Management Contract" mit der H-AG Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gemäß § 98 Z 2 EStG 1988 erzielt hat. Unstrittig ist letztlich auch, dass die Einkommensteuerpflicht im Inland durch das DBA-Großbritannien nicht beschränkt wird. Auf die Ausführungen unter

1. wird verwiesen.

Im Beschwerdefall ist daher strittig, ob die in den Streitjahren vom Beschwerdeführer bezogenen Entgelte zur Gänze oder nur anteilig der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen.

Gemäß § 1 Abs 3 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen beschränkt einkommensteuerpflichtig, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 EStG 1988 aufgezählten Einkünfte.

Gemäß § 98 Z 2 EStG 1988 unterliegen nur Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 22 EStG 1988), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Die Arbeit wird im Inland


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist
-
verwertet, wenn sie zwar nicht im Inland persönlich ausgeübt wird, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist.
Die Tätigkeit des Beschwerdeführers ist nur dann im Inland ausgeübt worden, wenn er persönlich im Inland tätig geworden ist. Ob die im Inland persönlich ausgeübte Tätigkeit inhaltlich bloß inländische Konzerngesellschaften oder auch ausländische Konzerngesellschaften betroffen hat, ist nach § 98 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 nicht von Bedeutung.
Für Entgelte, die auf die nicht im Inland persönlich ausgeübte Tätigkeit entfallen sind, ist entscheidend, ob diese Entgelte der beschränkten Einkommensbesteuerung aufgrund des Verwertungstatbestand des § 98 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 unterliegen. Hiebei kommt es darauf an, ob der wirtschaftliche Erfolg der vom Beschwerdeführer in den Jahren 1996 bis 1998 im Ausland ausgeübten Tätigkeit unmittelbar der österreichischen Volkswirtschaft zu dienen bestimmt gewesen ist.
Der belangten Behörde ist zunächst zuzustimmen, dass die Vermutung für die Verwertung selbstständiger Arbeit im Inland spricht, wenn nur von der inländischen H-AG Entgelte an den Beschwerdeführer geleistet werden (vgl das hg Erkenntnis vom , 81/13/0083). Es ist jedoch nach dem Tatbestand des § 98 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 erforderlich, dass der Erfolg der im Ausland ausgeübten Arbeit der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt gewesen ist.
Die Tätigkeit eines Vorstandes bzw Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz im Inland hat, stellt stets eine Verwertung im Inland iSd § 98 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 dar. Die Tätigkeit eines Vorstandes einer inländischen Muttergesellschaft im Aufsichtsrat ausländischer Tochtergesellschaften ist nur dann der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt, wenn durch diese Tätigkeit in erster Linie die Interessen der inländischen Muttergesellschaft gewahrt werden sollen.
Die belangte Behörde hat die gänzliche Einkommensteuerpflicht der vom Beschwerdeführer in den Streitjahren bezogenen Entgelte im Wesentlichen damit begründet, dass eine von der H-AG getrennte Leistungserbringung gegenüber anderen Gesellschaften im gesamten Verfahren nicht behauptet oder glaubhaft gemacht worden ist. Der wirtschaftliche Erfolg der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit sei daher unmittelbar der inländischen Volkswirtschaft zuzurechnen.
Der Beschwerdeführer hat in den Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide wiederholt ausgeführt, die im Ausland ausgeübte Tätigkeit hätte sich überwiegend auf die Tochtergesellschaften der H-AG bezogen. Im Hinblick auf diese Ausführungen wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, amtswegig konkrete Ermittlungen darüber anzustellen, ob sich die Gesamtbetätigung des Beschwerdeführers sachlich einerseits in eine solche als Vorstand anderseits in eine solche als Aufsichtsrat teilen lässt. Im Fall einer sachlichen Teilbarkeit wäre zu ermitteln gewesen, ob sowie in welcher Weise die Tätigkeit als Aufsichtsrat der ausländischen Tochtergesellschaften im Inland erbracht ist oder ein unmittelbares Dienen für die inländische Volkswirtschaft (insbesondere wegen des unmittelbaren Vorteils für die H-AG) aufweist. Durch das Unterlassen dieser Ermittlungen hat die belangte Behörde iSd § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anders lautenden Bescheid hätte kommen können.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde, wenn sich ergeben sollte, dass die Tätigkeit als Aufsichtsrat der ausländischen Tochtergesellschaften nicht der beschränkten Steuerpflicht nach § 98 Z 2 EStG 1988 unterliegt, bei der Aufteilung der Entgelte auch darauf Bedacht zu nehmen haben, dass nach allgemeiner Erfahrung die Entlohnung als Vorsitzender des Vorstandes einer AG weitaus höher ist als jene als Aufsichtsrat, weshalb sich eine Aufteilung der bezogenen Entgelte nach Zeiteinheiten nicht als sachgerecht erweisen wird.
3. Zufluss von Einnahmen
Unbestritten hat die H-AG in den Jahren 1996 und 1997 Beträge bei der Auszahlung der Entgelte an den Beschwerdeführer zurückbehalten und diese Beträge im Jahr 1998 unter der Steuernummer des Beschwerdeführers zur Begleichung seiner Einkommensteuerschuld an das Finanzamt abgeführt. Strittig ist in diesem Zusammenhang die zeitliche Zuordnung der einbehaltenen Beträge.
Nach § 19 EStG 1988 sind Einnahmen dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/15/0048, mwA). Wird die Auszahlung eines fälligen Betrages auf Wunsch des Empfängers verschoben, obwohl der Schuldner zahlungswillig ist, dann verfügt der Empfänger damit über den Betrag. Dieser Betrag ist daher bereits in diesem Zeitpunkt und nicht erst mit der späteren Auszahlung zugeflossen (vgl das hg Erkenntnis vom , 95/14/0160). Dass der Vertreter einer juristischen Person grundsätzlich auch die tatsächliche Verfügungsmacht über zu seinen Gunsten ausgestellte Gutschriften innehat, ist nicht zu bezweifeln (vgl das hg. Erkenntnis vom , 89/13/0202).
Da der Beschwerdeführer als Vorsitzender des Vorstandes der H-AG in der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 und 1997 ausgeführt hat, er habe bei Abschluss des "Management Contract" die H-AG "angewiesen", ausreichende Beträge für zukünftige Einkommensteuervorschreibungen einzubehalten, und diese Beträge entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung und Fälligkeiten jeweils unter seiner Steuernummer an das Finanzamt abzuführen, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zur Ansicht gelangt ist, der Beschwerdeführer habe über die gesamten in seinen Honorarnoten an die H-AG ausgewiesenen Beträge nicht im Jahr 1998, sondern bereits in den Jahren 1996 und 1997 rechtlich und wirtschaftlich verfügt. Die in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung, der Beschwerdeführer habe die für das Zufließen erforderliche volle wirtschaftliche und rechtliche Verfügungsmacht nicht erlangt, weil die Verfügung über auszuzahlende Beträge einem anderen Vorstandsmitglied obliege, widerspricht der Aktenlage und stellt überdies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am