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VwGH vom 07.10.2003, 2000/15/0024

VwGH vom 07.10.2003, 2000/15/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rochusgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , GZ RV 836/1-V6/99, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt seit 1976 im Obergeschoss seines Wohnhauses in L eine neun Fremdenbetten umfassende Frühstückspension. Im Tiefparterre desselben Hauses befindet sich eine Wohnung, bestehend aus einem Zimmer, einem Wohnraum mit Kochnische und einem Bad. Diese Wohnung wurde von 1976 bis 1993 an ein Installationsunternehmen zur Verwendung als Personalzimmer vermietet. Dabei wurde ua vereinbart, die Betriebskosten für diese Wohnung, insbesondere Heizung und Warmwasser, seien jährlich auf Grund des Verbrauchs abzurechnen und dem Beschwerdeführer zu ersetzen. Stromkosten, Müllabfuhr, Wassergebühren und sonstige Abgaben habe die Mieterin zu entrichten. Die sanitären Einrichtungsgegenstände im Bad und in der Kochnische würden von der Mieterin eingebracht und würden nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung verbleiben. 1993 wurde die Wohnung von den Söhnen des Beschwerdeführers bezogen.

Im Zuge einer ua für das Jahr 1993 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Prüferin ua fest, der vom Beschwerdeführer geführte "Pensionsbetrieb" umfasse elf Fremdenbetten, von denen die zwei Fremdenbetten der im Tiefparterre befindlichen Wohnung langfristig vermietet worden seien. Es handle sich somit nach der Verkehrsauffassung eindeutig um einen einheitlichen Gewerbebetrieb, dessen Betriebszweck das Bereitstellen von Nächtigungsmöglichkeiten sei. Das Absinken der Bettenanzahl im Streitjahr von elf auf neun Fremdenbetten stelle eine Entnahme (14 % des Gebäudes) dar, die nicht zur Annahme einer bloßen Vermögensverwaltung führe. Auf Grund der umfangreichen Nebenleistungen der Frühstückspension (Bewirtung, Bereitstellen von Wärme, Schneeräumung, Werbung etc) liege auch weiterhin eine gewerbliche Tätigkeit vor. Der Beschwerdeführer habe für das Betriebsgebäude stets eine jährliche AfA von 4 % geltend gemacht, ohne zwischen Gebäudeteilen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, für welche ein anderer AfA-Satz anzuwenden gewesen wäre, und solchen des Gewerbebetriebes zu unterscheiden. Auch seien die Investitionsbegünstigungen gemäß §§ 9 und 10 EStG 1972 bzw 1988 in Anspruch genommen worden. Der Beschwerdeführer habe auch seit Bestehen der Frühstückspension Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens eingereicht. Bis 1993 habe er auch Gewerbesteuererklärungen abgegeben. Die Einwendungen des Beschwerdeführers, dies sei irrtümlich geschehen, seien nicht nachvollziehbar.

Das Finanzamt schloss sich den Prüferfeststellungen an und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid 1993.

Der Beschwerdeführer führte im Berufungsverfahren aus, hinsichtlich der Frühstückspension habe nie ein Gewerbebetrieb vorgelegen, weil nie mehr als neun Fremdenbetten (in vier Doppel- und einem Einzelzimmer) vermietet worden seien. Die Gäste - hauptsächlich Stammgäste - blieben durchschnittlich ein bis zwei Wochen. Es werde auch keine intensive Werbung betrieben. An Nebenleistungen würden neben dem Frühstück lediglich auf Verlangen kalte Brote mit Wurst und Käse verabreicht. Diese Zusatzkonsumationen machten etwa 1 % des Umsatzes aus. Bei Gewerbebetrieben betrügen diese hingegen regelmäßig zwischen 10 % bis 15 %. Auf Grund der kleinen Küche und des fehlenden Personals hätten mehr Leistungen (zB warme Speisen, Führung einer Rezeption, Organisation von Ausflugsfahrten und Wanderungen) auch gar nicht angeboten werden können. Den Gästen stehe weiters ein Aufenthaltsraum zur Verfügung, in welchem auch das Frühstück eingenommen werde. In den Zimmern gebe es Kabel-TV-Geräte und Telefonanschlüsse, wobei es die Möglichkeit einer Durchwahl gebe. Weitere Freizeiteinrichtungen gebe es nicht. In den ersten beiden Dezemberwochen würden auch vom Fremdenverkehrsverband L organisierte Pauschalarrangements angeboten, welche neben den Zimmern auch Schipässe beinhalteten. Das Installationsunternehmen habe die als Personalzimmer gemietete Wohnung selbst mit Möbeln und Bettwäsche ausstatten müssen. Er habe keinen Einfluss darauf gehabt, wer diese Wohnung bewohnt habe. Er habe weder für die Verköstigung noch für die Reinigung gesorgt. Es sei auch nicht erwünscht gewesen, dass die Handwerker die Räumlichkeiten der Frühstückspension benutzt hätten, weshalb die Wohnung im Tiefparterre über einen eigenen Eingang verfügt habe. Die Wohnung habe auch nicht dem Betrieb der Frühstückspension gedient und sei auch objektiv in keinem wirtschaftlichen bzw organisatorischen Zusammenhang mit der Frühstückspension gestanden, weswegen sie kein notwendiges Betriebsvermögen dargestellt habe. Durch den Einzug der Söhne in diese Wohnung habe sich daher die Wesensart der Frühstückspension nicht geändert. Die Vermietung der Wohnung habe lediglich eine "Finanzierungsfunktion" erfüllt. Es läge daher kein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, sondern würden insgesamt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Unrichtige Ansätze in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wären zu berichtigen. Hinsichtlich des vom Finanzamt angesetzten Entnahmewertes wurde ein Gutachten eines Bausachverständigen vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung lediglich hinsichtlich des Entnahmewertes Folge gegeben, ansonsten wurde sie als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, es sei nicht die Anzahl der Zimmer bzw Fremdenbetten ausschlaggebend, sondern ob die Tätigkeit des Vermieters über die bloße Überlassung des Bestandgegenstandes hinausgehe. Die nicht unbeträchtliche Zahl der Fremdenbetten und der häufige Wechsel der Gäste führe nicht nur zu häufigen polizeilichen An- und Abmeldungen, sondern auch zu einem überdurchschnittlichen Reinigungsaufwand (Bettwäsche, Säuberung der Zimmer). Für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes sprächen auch Nebenleistungen wie die Verabreichung von Frühstück (in einem eigenen Raum) sowie bei Bedarf kleiner Imbisse, das Zurverfügungstellen von Schipässen (wenn auch im Rahmen eines Pauschalarrangements des Fremdenverkehrsverbandes), das Bereitstellen von Kabel-TV-Geräten in den Zimmern, das Bereitstellen und die Wartung einer zentralen Telefonanlage, die Verwaltung der Schlüssel der Gäste sowie die Übernahme und Verteilung der Post der Gäste. Diese Nebenleistungen seien derart umfangreich, dass hinsichtlich der Frühstückspension jedenfalls ein Gewerbebetrieb vorliege. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer, der für die Frühstückspension auch eine Konzession (Gastgewerbe in der Betriebsart eines Fremdenheimes) besitze, die Einkünfte in der Vergangenheit stets als solche aus Gewerbebetrieb behandelt habe. Die als Personalzimmer vermietete Wohnung im Tiefparterre würde bei einer eigenständigen Beurteilung zwar unter Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG 1988 fallen, bilde aber mit der Frühstückspension einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Da für beide Bereiche gemeinsame Aufzeichnungen geführt worden seien, keine konsequente Trennung der Verrechnung stattgefunden habe und die Tätigkeiten auch vom Beschwerdeführer als einheitliche gewerbliche Vermietung behandelt worden seien, stelle sie notwendiges Betriebsvermögen der Frühstückspension dar. Darüber hinaus hätten die Erträge der Vermietung der Wohnung der betrieblichen Frühstückspension gedient.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Einkünften aus Gewerbebetrieb ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin zu erblicken, ob sich die Tätigkeit des Vermieters auf die bloße Überlassung des Bestandgegenstandes beschränkt oder ob, in welcher Art und in welchem Ausmaß sie darüber hinausgeht. Die durch jede Art von Vermietung bedingte laufende Verwaltungsarbeit und die durch sie gleichfalls oft erforderliche Werbetätigkeit allein machen die Betätigung nicht zu einer gewerblichen, es sei denn, die laufende Verwaltungsarbeit hätte ein solches Ausmaß, dass sie nach außen als gewerbliche Tätigkeit erscheint. Insgesamt müssen zur bloßen Vermietung besondere, damit nicht im Regelfall oder stets verbundene Umstände hinzutreten, durch die eine über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende weitere Tätigkeit des Vermieters bedingt wird. Eine solche weitere Tätigkeit wird vor allem in den typischen Fällen "gewerblicher" Beherbergung von Gästen in Hotels und Fremdenpensionen erbracht. Diese weitere Tätigkeit besteht insbesondere in der (angebotenen) Verpflegung der Gäste (sei es auch nur in der Form eines Frühstücks) und in der täglichen Wartung der Zimmer (Reinigung, Bettenmachen). Wenn solche Tätigkeiten, wie die tägliche Verabreichung eines Frühstücks und die tägliche Wartung der Zimmer allerdings wegen der geringen Zahl von Fremdenzimmern nur im bescheidenen Ausmaß anfallen, so begründen auch sie keinen (steuerlichen) Gewerbebetrieb (vgl hiezu beispielsweise die hg Erkenntnisse vom , 85/14/0092, und vom , 88/14/0230, jeweils mwN).

Nach dem letztzitierten Erkenntnis ist die Vermietung eines (zu keinem Betriebsvermögen gehörenden) Gebäudes (Gebäudeteiles) grundsätzlich Vermögensverwaltung. Zur gewerblichen Tätigkeit wird sie erst, wenn die laufende Verwaltungsarbeit ein solches Ausmaß erreicht, dass sie nach außen als gewerbliche Tätigkeit erscheint. Dies wieder ist erst der Fall, wenn die Verwaltungsarbeit im konkreten Fall in erheblichem Umfang (deutlich) jenes Maß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens (Liegenschaftsvermögens) verbunden ist. Selbst die Verpflegung der Gäste und tägliche Wartung der Zimmer begründet keinen (steuerlichen) Gewerbebetrieb, wenn solche Tätigkeiten wegen der geringen Zahl von Fremdenzimmern nur in bescheidenem Ausmaß anfallen. Entscheidend ist, ob die Verwaltungsarbeit im konkreten Fall in erheblichem Umfang jenes Maß überschreitet, welches mit der Vermögensverwaltung üblicherweise verbunden ist (vgl auch das hg Erkenntnis vom , 94/15/0059).

In seinem Erkenntnis vom , 82/14/0248, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei einer Frühstückspension mit vier Fremdenzimmern und darin befindlichen acht Fremdenbetten nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen sind. Auch im damaligen Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer eine Konzession zum Betrieb der Frühstückspension besessen.

Im nunmehrigen Beschwerdefall wird eine Frühstückspension mit fünf Fremdenzimmern und darin befindlichen neun Fremdenbetten betrieben. Die belangte Behörde hat ihre Auffassung betreffend das Vorliegen eines Gewerbebetriebes darauf gestützt, dass zur Vermietung besondere, somit über eine bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende Leistungen des Beschwerdeführers hinzugetreten sind. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass es sich bei der Verabreichung von Frühstück sowie (auf Anfrage und im geringem Umfang) von kalten Speisen und Getränken, dem Bereitstellen von Kabel-TV-Geräten in den Zimmern sowie einer zentralen Telefonanlage, der Verwaltung der Schlüssel der Feriengäste, der täglichen Reinigung der Zimmer, der polizeilichen An- und Abmeldung der Feriengäste und der Übernahme und Verteilung der Post grundsätzlich um Nebenleistungen handelt, die über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgehen. Im Beschwerdefall fallen diese Leistungen in der vorwiegend in der Wintersaison betriebenen Frühstückspension jedoch wegen der geringen Anzahl der Fremdenbetten (nämlich neun) nicht im erheblichen Umfang an, sodass sie nicht geeignet sind, einen Gewerbebetrieb zu begründen. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten machen die (laut Beschwerdevorbringen nur auf Anfrage abgegebenen) Imbisse an die Feriengäste lediglich einen untergeordneten Teil der Erlöse aus der Frühstückspension aus. Auch das Vorhandensein einer zentralen Telefonanlage mit der Möglichkeit, von den Zimmern aus direkt Anrufe zu tätigen bzw zu empfangen, wird wegen der Durchwahl im Regelfall für den Vermieter nicht mit einem wesentlich erhöhten Aufwand verbunden sein. Auch im Bereitstellen von Kabel-TV-Geräten in den Zimmern kann im Hinblick auf die geringe Zahl der Fremdenbetten keine Verwaltungsarbeit im erheblichen Umfang erblickt werden. Wenn die belangte Behörde auch das Zurverfügungstellen von Schipässen im Rahmen von Pauschalarrangements des Fremdenverkehrsverbandes als eine über die Nutzungsüberlassung hinausgehende Leistung gewertet hat, so lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen, in welcher Weise die diesbezüglichen Leistungsbeziehungen gestaltet waren.

Dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Hinweis, der Beschwerdeführer sei stets vom Vorliegen eines Gewerbebetriebes ausgegangen, sodass ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes vorliege, kommt insofern keine Bedeutung zu, als die Frage der Einkunftsart für jeden Besteuerungszeitraum selbstständig zu entscheiden ist (vgl das bereits erwähnte hg Erkenntnis vom , 82/14/0248).

Auf Grund der Feststellungen des angefochtenen Bescheides kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Frühstückspension des Beschwerdeführers einen Gewerbebetrieb darstellt. Es erübrigt sich daher, auf die von der belangten Behörde angestellten Überlegungen über das Vorliegen eines einheitlichen Gewerbebetriebes mit der dauervermieteten Wohnung im Tiefparterre desselben Gebäudes einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Für die Replik zur Gegenschrift war kein gesonderter Kostenersatz zu gewähren.

Wien, am