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VwGH vom 14.09.2001, 2000/02/0181

VwGH vom 14.09.2001, 2000/02/0181

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2000/02/0182 E

2000/02/0180 E

2000/02/0183 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des RL in K, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-1999/3/048-2, 049-2, 051-2, betreffend Übertretung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde u.a. der Beschwerdeführer folgender Übertretung für schuldig befunden:

"Mit dem zwischen Frau GG, Herrn Dr. WS, Frau MS und der Leasing-GmbH Kommanditgesellschaft I, mit Sitz in K, einerseits und der F HandelsgmbH und Co. KG abgeschlossenen Vertrag (Bestandvertrag vom 26.3., 12.5., 9.6. und ), andererseits hat die Leasing-GmbH Kommanditgesellschaft I, Bestandrechte, und zwar das Recht zur Errichtung und zum Betrieb eines Autohauses und Motorradzentrums auf dem Grundstück in Innsbruck von der F HandelsgmbH und Co. KG erworben, wobei die grundbücherliche Eintragung dieser Bestandrechte bereits mit dem gegenständlichen Vertrag in Aussicht genommen war.

Auf Grund dieses Erwerbes von (Bestand-)Rechten am angeführten Baugrundstück war die Leasing-GmbH Kommanditgesellschaft I, gemäß den Bestimmungen des § 23 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 lit. b) und d) Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 61/1996, verpflichtet, binnen acht Wochen nach Abschluss dieses vorangeführten Rechtsgeschäftes diesen Rechtserwerb (Bestandvertrag) der Grundverkehrsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) in Innsbruck schriftlich anzuzeigen. Dessen ungeachtet wurde es durch die Leasing-GmbH Kommanditgesellschaft I bis unterlassen, diese vorbeschriebene Anzeige über ihren in Rede stehenden Rechtserwerb der Bezirksverwaltungsbehörde in Innsbruck schriftlich zu erstatten.

Sie haben dadurch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärin der Leasing-GmbH Kommanditgesellschaft I, nämlich der Leasing-GmbH und somit als das im (gemeint wohl: gemäß) § 9 Abs. 1 VStG nach außen berufene Organ, eine Verwaltungsübertretung nach § 36 Abs. 1 lit. a) in Verbindung mit § 23 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 lit. b) und d) Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 61/1996, begangen."

Es wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vom Beschwerdeführer wird in der Beschwerde nicht mehr bekämpft, dass das gegenständliche Rechtsgeschäft der Anzeigepflicht gemäß § 23 Abs. 1 des Gesetzes vom über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. Nr. 61/1996 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 75/1999, in der Folge T-GVG 1996) unterlag, weil es jedenfalls den Erwerb eines Bestandrechtes, das in das Grundbuch eingetragen werden soll, beinhaltete (§ 9 Abs. 1 lit. d T-GVG 1996). Ebenfalls unbestritten bleibt, dass dieser Anzeigepflicht nicht innerhalb der Frist von acht Wochen nach Abschluss des betreffenden Rechtsgeschäftes entsprochen worden ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit mit dem Argument, es sei ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden. Mit Gesellschafterbeschluss vom sei PH alleine "mit der gegenständlichen Vertragssache ... betraut worden". Er habe seiner Bestellung durch eigenhändige Unterfertigung des Auszuges ausdrücklich zugestimmt. Der Gesellschafterbeschluss habe bereits der erstinstanzlichen Behörde als Beweismittel vorgelegen und sei auch der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als Beilage beigefügt worden.

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt ..., aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren in der Rechtfertigung vom vorgebracht, dass "der im Rahmen der Geschäftsführung des Unternehmens hiefür allein zuständige Geschäftsführer PH" sei. Die gegenständliche Vertragssache sei "allein von Herrn PH betreut" worden, "Weder ich (gemeint: der Beschwerdeführer), noch die weiteren Mitgeschäftsführer waren mit der Angelegenheit befasst". Mit der gegenständlichen Berufung wurde ein "Auszug aus dem Gesellschafterbeschluss vom " vorgelegt. Dieser weist folgenden Inhalt auf:

"Betrifft: Leasingvertrag F Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG.

In Sachen F Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG wird beschlossen, dass die Leasing Gesellschaft m.b.H.

Kommanditgesellschaft I die Leasingfinanzierung übernimmt. RA Dr. S wird dazu beauftragt, die entsprechenden Verträge zur Verbücherung des Bestandrechtes auszuarbeiten und die vertragliche Abwicklung vorzunehmen. Die Durchführung des gesamten Leasinggeschäftes inklusive vertraglicher Abwicklung wird durch den Geschäftsführer PH besorgt.

F.d.R.d.A.

Herr PH"

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden hat, erfordert es die Wichtigkeit der Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, dass die Bestellung und die damit übereinstimmende Zustimmung so erklärt werden, dass kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht. In der Übertragung von bestimmten Aufgaben innerhalb eines Unternehmens an einzelne Beschäftigte liegt noch nicht die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0158).

Ein vergleichbarer Fall liegt hier vor. Die Besorgung der Durchführung des gesamten Leasing-Geschäftes inklusive vertraglicher Abwicklung durch den Geschäftsführer PH lässt offen, ob damit auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit an diesen übertragen werden sollte bzw. dass einer solchen Übertragung zugestimmt worden sei. Mangels diesbezüglicher ausdrücklicher Erklärung kann daher die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht zu Grunde gelegt werden. Die belangte Behörde ging daher zu Recht von der Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG aus, wonach für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich verantwortlich ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind (wie ausgeführt, erfolgte im gegenständlichen Fall keine rechtsgültige Bestellung), wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Dass der Beschwerdeführer diesem Personenkreis angehört, steht unbestritten fest, weil er handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärin der Leasing GmbH Kommanditgesellschaft I ist.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, das davon ausgeht, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung auch nur eines handelsrechtlichen Geschäftsführers "der Strafanspruch gegen alle übrigen handelsrechtlichen Geschäftsführer ... erlischt", ist im Anschluss an die obigen Ausführungen bloß noch hinzuzufügen, dass nach § 9 VStG jeden der zur Vertretung nach außen Berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0138). Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist - was der Beschwerdeführer offenbar verkennt - irrelevant (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0235). Damit ist aber auch dem Beschwerdevorbringen, der Schuldspruch lasse nicht erkennen, ob der Beschwerdeführer als "Haupttäter oder Mittäter" bestraft worden sei, der Boden entzogen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Bei der Unterlassung der Anzeige des gegenständlichen Rechtsgeschäftes innerhalb der gesetzlichen Frist von acht Wochen gehört der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht zum Tatbestand, es handelt sich sohin um ein Ungehorsamsdelikt. Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes tritt insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/04/0226).

Da aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Gesellschafterbeschluss vom hervorgeht, dass Rechtsanwalt Dr. S mit der Vornahme der "vertraglichen Abwicklung" beauftragt wurde, was in Verbindung mit dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers offenbar auch die Durchführung der Anzeige an die Behörde umfasste, hätte es der Kontrolle des beauftragten Rechtsanwaltes bedurft. Denn das Verwaltungsstrafrecht ist, soweit das Gesetz keine andere Regelung trifft, von dem Grundsatz beherrscht, dass derjenige, der sich bei der Erfüllung einer ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung (wie dies die Anzeige des gegenständlichen Rechtsgeschäftes an die Bezirkshauptmannschaft darstellt) der Hilfe eines Dritten bedient, soweit ihn ein Verschulden trifft, strafrechtlich verantwortlich bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/04/0188, uva.). Das Vorbringen, es sei eine taugliche Person, wie z.B. ein Rechtsanwalt, beauftragt worden, reicht allein für sich nicht hin, dass der Beschwerdeführer von der im Verwaltungsstrafverfahren ihn treffenden Verantwortung entlastet wäre. Es bedarf hierzu weiterer Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0074). Auch auf die richtige Ausführung des Auftrages durch einen Rechtsanwalt darf nicht völlig vertraut werden. Sohin hätte es im vorliegenden Fall einer Nachfrage betreffend Auftragsdurchführung bedurft.

Wie der Beschwerdeführer aber selbst dartut, habe er seine Sorgfaltspflicht "mit der Betrauung seines langjährigen Vertragsanwaltes" zur Durchführung der gegenständlichen Angelegenheit als beendet angesehen und sohin keine Kontrolle der Durchführung vorgenommen. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe sich "100 %ig darauf verlassen" können, dass der Rechtsanwalt auch dieses Rechtsgeschäft ordnungsgemäß abwickeln würde. Damit steht das Vorbringen im Widerspruch "Mit der Nachfrage des Beschwerdeführers, ob die betreffende Angelegenheit bereits abgewickelt sei, war dessen Überwachungspflicht jedenfalls Genüge getan". Sollte dies etwa so verstehen sein, dass der Beschwerdeführer damit eine Kontrolle des Rechtsanwaltes behauptet, so ist er - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend erkennt - darauf hinzuweisen, dass er diese Behauptung erstmals in der Beschwerde erhoben hat, weshalb sie dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am