VwGH vom 26.01.2001, 2000/02/0164
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des RS in B, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-WU-99-181, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0109, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der seinerzeit angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Strittig war, ob (nach dem Stand des seinerzeitigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) die Zustellung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom betreffend eine Übertretung nach dem KFG durch Hinterlegung am rechtswirksam war.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen das vorgenannte Straferkenntnis eingebrachte Berufung neuerlich als verspätet zurück.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe unter Vorlage eines Reisepasses mit darin befindlichen Ein- und Ausreisestempeln behauptet, er sei in der Zeit vom 16. Juli bis nicht in Österreich und somit im fraglichen Zeitraum ortsabwesend gewesen. Dagegen habe aber der Sohn des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde dargetan, dass der Beschwerdeführer sehr wohl am in Österreich gewesen sei und ein behördliches Schriftstück behoben habe. Er könne dies mit Sicherheit sagen, weil er die Unterschrift seines Vaters genau kenne. Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde - im Zuge der am vor der belangten Behörde abgehaltenen mündlichen Verhandlung zur Frage, ob er ortsabwesend gewesen sei oder nicht, die Erklärung abgegeben, dass er binnen zwei Wochen ladungsfähige Adressen jener Familienangehörigen angeben werde, die seine Ortsabwesenheit im Hinterlegungszeitraum darlegen könnten. Er habe jedoch die gewährte Frist ungenützt verstreichen lassen, weshalb die belangte Behörde die Berufungsverhandlung am fortgesetzt habe. Auch zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, irgendwelche Zeugen namhaft zu machen. Es stehe aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest, dass das Straferkenntnis vom dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung "am " rechtswirksam zugestellt worden sei, weil dieser eine von ihm behauptete Ortsabwesenheit weder beweisen noch glaubhaft machen habe können. Es könnten weder die von ihm vorgelegten Ein- und Ausreisestempel einen Nachweis für die Ortsabwesenheit zum Hinterlegungszeitraum, noch eine Ortsabwesenheit dartun. Im Gegenteil lasse die Zeugenaussage des Sohnes des Beschwerdeführers sogar den Schluss zu, dass das Vorbringen über die Ortsabwesenheit nicht den Tatsachen entspreche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach § 17 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG) ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu ersehen, dass der als Zeuge einvernommene Zusteller der Post in der mündlichen Verhandlung am vor der belangten Behörde angegeben hat, er habe die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes betreffend "Hinterlegung vom " ausgestellt. Über die Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers sei ihm nichts bekannt gewesen, weshalb er die Verständigung über die Hinterlegung des zuzustellenden Schriftstückes ausgestellt habe. Das Datum "" stamme nicht von seiner Hand, die Ausbesserung sei also nicht von ihm verfasst, weil er die Zahl 4 anders schreibe. Es sei zu vermuten, dass unter dem überschriebenen "Vierer" seinerzeit von ihm ein "Dreier" gesetzt worden sei, welcher jedoch von irgendeiner anderen Person mit der Zahl 4 überschrieben worden sei. Die Hinterlegung des zuzustellenden Schriftstückes sei somit "am " erfolgt. Die Abholung des Schriftstückes, welche laut Empfangsbestätigung am erfolgt sei, habe beim entsprechenden Schalter des Postamtes stattgefunden. Wer an wen das zuzustellende Schriftstück damals ausgefolgt habe, könne er nicht mehr sagen.
Über Befragen des Beschwerdeführervertreters führte dieser Zeuge u.a. ergänzend aus, der Poststempel "" auf dem behördlichen Zustellnachweis dokumentiere, dass der Zustellversuch am gewesen sei und das behördliche Schriftstück am "" vom Postboten beim Postamt abeggeben worden sei.
Der Beschwerdeführer wendet ein, es liege ein wesentlicher Mangel bei der Sachverhaltsermittlung vor, weil die belangte Behörde im vorliegenden Fall von einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung ausgehe, obwohl Anhaltspunkte vorliegen würden, die eine "Ortsabwesenheit" des Beschwerdeführers (gemeint wohl: eine Ortsanwesenheit des Beschwerdeführers) fraglich erscheinen lassen. Die belangte Behörde hätte zur Frage der Ortsanwesenheit des Beschwerdeführers von sich aus Beweise aufnehmen müssen, um die Ortsanwesenheit zu klären. Erst dann hätte die belangte Behörde von einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung "am " und folglich von einer verspäteten Berufung ausgehen dürfen.
Sofern die wiedergegebene Aussage des als Zeugen einvernommenen Zustellers zutrifft, die Hinterlegung des Straferkenntnisses sei beim zuständigen Postamt erst am (siehe auch diesbezüglicher Poststempel am Rückschein) erfolgt, beginnt der Lauf der Frist nach § 17 Abs. 3 zweiter Satz ZustG erst mit dem Tag, an dem die Sendung zur Abholung bereitgehalten wird, somit frühestens erst am . Es ist zwar mangels näherer Begründung im angefochtenen Bescheid für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, weshalb die belangte Behörde von einer wirksamen Zustellung des Straferkenntnisses am "" ausgeht. Angesichts der in jedem der beiden Fälle erst nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist erfolgten Erhebung der Berufung resultiert jedoch kein für den Beschwerdeführer wesentlicher Verfahrensmangel, sofern sich für dessen behauptete Ortsabwesenheit am 3. oder keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben sollten.
Nach der hg. Judikatur hat die Behörde die Verpflichtung, die im Sinne des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG relevanten Umstände von Amts wegen zu prüfen. Die Partei ist aber verpflichtet, einer Aufforderung der Behörde zur Mitwirkung an der Ermittlung des zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit maßgebenden Sachverhaltes nachzukommen, liegt es doch in der Natur der Sache, dass dem Beschwerdeführer allein konkrete Unterlagen über seine Ortsabwesenheit bekannt und zugänglich sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0276 m.w.N.).
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer in schlüssiger Beweiswürdigung unter Hinweis auf die Zeugenaussage seines Sohnes (Abholung eines behördlichen Schriftstückes durch den Beschwerdeführer selbst am ), sowie unter Hinweis auf die in seinem Reisepass enthaltenen Ein- und Ausreisedaten betreffend die Türkei nachgewiesen, dass seine Behauptung, er sei im Zeitraum vom 16. Juli bis nicht in Österreich gewesen, nicht zutrifft, wobei der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst einräumt, am , also innerhalb dieses Zeitraumes, in Österreich gewesen zu sein.
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass die bloße Behauptung einer Ortsabwesenheit (ohne nähere Angaben und Anbot von Beweismitteln) das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dartun kann; die Durchführung eines Beweisverfahrens zur Frage der Ortsanwesenheit wurde dabei als entbehrlich angesehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0238 m.w.N.).
Es wurde dem Beschwerdeführer durch einen hinreichend langen, mehrere Monate dauernden Zeitraum (ab der ersten mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde) von der Behörde die Gelegenheit geboten, durch Bekanntgabe weiterer Zeugen einen entsprechenden Nachweis für die von ihm behauptete Ortsabwesenheit im maßgeblichen Zeitraum im September 1996 zu erbringen. Dies hat der Beschwerdeführer mit der allgemeinen Behauptung häufiger eigener Auslandsaufenthalte und von Auslandsaufenthalten der Zeugen unterlassen. Es ist ihm daher - ohne dass der belangten Behörde ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen wäre - nicht gelungen, einen Nachweis für seine Ortsabwesenheit im maßgeblichen Zeitraum im September 1996 zu erbringen, weshalb die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht von der Wirksamkeit der Zustellung des Straferkenntnisses vom durch Hinterlegung spätestens am ausgehen konnte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-31241