VwGH vom 05.09.2002, 2000/02/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des PH in Wien, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist und Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 2- 4, gegen den Bescheid des Berufungssenates am Sitz der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10) vom , Zl. 54/90, betreffend Berufspflichtverletzung nach der WTBO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom "" wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 4 und Abs. 5 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO) in Verbindung mit Pkt. I Z 1 der Richtlinien des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über die Ablehnung von Aufträgen wegen Befangenheit und Ausschließung oder wirtschaftlicher Abhängigkeit vom schuldig erkannt, eine näher angeführte Berufspflichtverletzung begangen zu haben; es wurde eine Geldbuße verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG), BGBl. I Nr. 58/1999, trat am in Kraft (vgl. dessen § 227 Abs. 1); gleichzeitig traten die WTBO und die Wirtschaftstreuhänder-Disziplinarordnung außer Kraft (vgl. § 228 Z. 1 und 2 WTBG).
Die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen des § 229 WTBG lauten:
(19) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind auch auf strafbare Handlungen oder Unterlassungen und disziplinär zu verfolgende Handlungen und Unterlassungen anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind, sofern diese dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen als nach den bisher geltenden Vorschriften.
...
(21) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängigen oder bis anhängig gemachten ehrengerichtlichen Verfahren sind nach den Vorschriften der Wirtschaftstreuhänder-Disziplinarordnung, BGBl. Nr. 63/1962, zuletzt geändert durch die Kundmachung BGBl. Nr. 654/1988, durchzuführen.
Der angefochtene Bescheid wurde zwar entsprechend der am durchgeführten nichtöffentlichen Sitzung datiert, jedoch erst nach dem Inkrafttreten des WTBG (dem Beschwerdeführer am ) zugestellt.
Da ein Bescheid erst mit seiner "Erlassung" rechtliche Existenz erlangt (vgl. dazu Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Aufl., Rz 426 f), wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, nur einen solchen Bescheid zuzustellen, welcher in der zitierten Übergangsbestimmung des § 229 Abs. 19 WTBG seine Deckung findet, was eine entsprechende Prüfung der Rechtslage vorausgesetzt hätte.
Eine solche Prüfung hat die belangte Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage unterlassen, sodass der angefochtene Bescheid - ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden müsste - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001.
Wien, am