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VwGH vom 16.03.2005, 2000/14/0150

VwGH vom 16.03.2005, 2000/14/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des P R in S, vertreten durch Mag. Werner Tschapeller, Wirtschaftsprüfer in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. RV 407/1-T7/99, betreffend Einkommensteuer 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Klarinettist in einem Symphonieorchester tätig und machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für einen Musikproberaum (bis 9/1997 in einer Mietwohnung, ab 9/1997 in einem Eigenheim) im Ausmaß von rund S 43.000,-- als Werbungskosten geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde im Instanzenzug die Anerkennung der geltend gemachten Werbungskosten. In ihrer Begründung dieser Entscheidung wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, dass anlässlich einer Besichtigung der im Keller des Einfamilienhauses befindlichen Räumlichkeit diverse Regalsysteme mit Fachliteratur (Notensammlungen, Klarinettenblätter) verschiedene Musikinstrumente (Klarinetten, Bassetthörner) Notenständer, ein Orchesterstuhl, ein Schreibtisch sowie ein Computer, auf dem die berufliche Korrespondenz und Terminisierung abgewickelt werde, vorgefunden worden seien. Neben der Probetätigkeit würden laut Angaben des Beschwerdeführers in diesem Raum auch die Blätter für das Mundstück der Klarinetten mittels einer kleinen Apparatur hergestellt sowie die Instrumente gepflegt und gewartet. Nach Auskunft des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Berufungsverhandlung habe sich im Proberaum in der Mietwohnung seinerzeit im Wesentlichen dieselbe Einrichtung befunden wie im Kellerraum des Eigenheimes. In der Folge weist die belangte Behörde darauf hin, dass der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers davon ausgehe, dass im gegenständlichen Fall ein "Musikproberaum" somit eine typische Berufs- bzw. Betriebsräumlichkeit und nicht ein Arbeitszimmer im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 vorliege. Hiezu sei festzustellen, dass im gegenständlichen Fall aus den vom Beschwerdeführer "ins Treffen geführten Gründen keine Notwendigkeit einer Schallisolierung bestehen" möge. Die belangte Behörde vertrete allerdings die Auffassung, dass die Beurteilung eines Raumes als Arbeitszimmer (im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988) oder als (von der einschränkenden Neuregelung nicht betroffenen) Proberaum nicht nach der tatsächlichen Nutzung im Einzelfall, sondern danach zu erfolgen habe, ob der Raum die typische Ausstattung eines Musikproberaumes aufweise. Unter diesem Gesichtspunkt sei nach Ansicht des Senates durchaus davon auszugehen, dass ein Schallschutz zu der typischen Ausstattung eines Musikproberaumes gehöre. Selbst wenn man den Schallschutz nicht als ein wesentliches Merkmal eines Musikproberaumes ansehen wolle, könne im gegenständlichen Fall deshalb nicht vom Vorliegen einer Berufs(Betriebs)räumlichkeit ausgegangen werden, weil sich in der Räumlichkeit unter anderem ein Schreibtisch und ein Computer befänden, die nach Ansicht der belangten Behörde jedenfalls nicht zur typischen Ausstattung eines Musikproberaumes gehörten und zudem eine Nutzung der Räumlichkeit im Rahmen der privaten Lebensführung nicht ausschlössen. Es seien dies vielmehr Einrichtungsgegenstände bzw. Arbeitsmittel, "die für einen Büroraum typisch" seien. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass die gegenständlichen Räumlichkeiten als Arbeitszimmer im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 anzusehen seien. Die geltend gemachten Aufwendungen könnten daher nur dann steuerlich Berücksichtigung finden, wenn der Mittelpunkt der Tätigkeit des Beschwerdeführers im häuslichen Arbeitszimmer angesiedelt wäre. Ungeachtet des Umstandes, dass mit der Tätigkeit des Beschwerdeführers eine intensive Probetätigkeit verbunden sei, könne nach Ansicht der belangten Behörde die Tätigkeit eines Orchestermusikers nicht im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt werden. Nach der Verkehrsauffassung bilde das Einstudieren von Musikstücken im häuslichen "Proberaum" nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit eines Orchestermusikers. Diene das Arbeitszimmer aber einer Tätigkeit, deren Schwerpunkt (Arbeit mit dem Orchester) außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt werde, dann seien die Aufwendungen generell (unabhängig von der darin verbrachten Zeit) nicht abzugsfähig. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Arbeitszimmer auch die Blätter für die Mundstücke der Klarinetten herstelle und die Instrumente warte und pflege, führe zu keiner abweichenden Beurteilung, zumal es sich dabei lediglich um untergeordnete Nebentätigkeiten zur Haupttätigkeit als Orchestermusiker handle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände in der Wohnung nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung, abzugsfähig.

In seinem unter anderem die Tätigkeit einer Konzertpianistin betreffenden Erkenntnis vom , 2001/15/0052, brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass die damals belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt habe, als sie im Üben und im Proben (der damaligen Beschwerdeführerin) lediglich Hilfsleistungen gesehen habe, während die Darbietung vor Publikum die "Basis" des Berufes der Beschwerdeführerin darstelle, die berufliche Tätigkeit einer Konzertpianistin allerdings ein musikalisches Niveau erfordere, welches durch regelmäßige Arbeit am Instrument zu erreichen und zu halten ist. Dergestalt erschöpft sich die Tätigkeit des "Übens und Probens" eines Künstlers nicht im Einstudieren eines bestimmten Stückes oder Programmes für ein konkretes Konzert, sondern erfordert eben ein regelmäßiges und dauerhaft ausgeübtes Spielen des Instrumentes, um die künstlerischen Fertigkeiten zu erhalten und zu steigern. Solcherart ist der Mittelpunkt der Tätigkeit einer Konzertpianistin nach der Verkehrsauffassung an dem Ort anzunehmen, an dem sie die überwiegende Zeit an ihrem Instrument verbringt, im damaligen Beschwerdefall in dem in Rede stehenden Arbeitszimmer. Auch im vorliegenden Beschwerdefall ist keine andere Beurteilung geboten, zumal die belangte Behörde einräumt, dass mit der Tätigkeit des - künstlerisch tätigen - Beschwerdeführers eine intensive Probentätigkeit verbunden ist. Auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/13/0132 und vom , 98/13/0138, beruft sich die belangte Behörde schon deswegen zu Unrecht, weil die Vorbereitungs- und Korrekturtätigkeit eines Lehrers mit dem Üben der Fertigkeiten eines Musikers nicht vergleichbar ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am