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VwGH vom 30.01.2001, 2000/14/0109

VwGH vom 30.01.2001, 2000/14/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des K W in W, vertreten durch Dr. Herbert Felsberger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Waaggasse 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , GZ RV 202/1-4/99, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das Finanzamt erließ am gegenüber dem Beschwerdeführer eine Erledigung folgenden Inhalts:


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"
Bescheid
über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1

Gegen (den Beschwerdeführer), Beruf ..., wohnhaft ...., wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er vorsätzlich

a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 94 entsprechenden Voranmeldungen für den Zeitraum 1- 8/97, 3-6/98, 8/98, 1,3,5/99 eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) in Höhe von insgesamt 410.152 S bewirkt,

b) durch die unterlassene bzw verspätete Einreichung der Abgabenerklärungen für die Jahre 1995, 1996 und 1998 bzw. 1997 eine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und hiemit die Finanzvergehen nach § 33 (2) a und § 51 (1 ) a FinStrG begangen hat.

Begründung:

...

Rechtsmittelbelehrung

..."

Die gegen diesen Bescheid erhobene Administrativbeschwerde

wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom als unbegründet ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Der Verständigung des Verdächtigen von der Einleitung des Strafverfahrens nach § 83 Abs. 2 FinStrG wurde vor dem Inkrafttreten der Novelle zum Kreditwesengesetz vom , BGBl. 325, sowohl vom Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Beschluss vom , Slg. 10.421) als auch vom Verwaltungsgerichtshof (vgl. den hg. Beschluss vom , 84/13/0261, und das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0126) Bescheidcharakter nicht zuerkannt, während ab dem Inkrafttreten der genannten Novelle dem Verwaltungsakt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen vorsätzlicher Finanzvergehen normativer Charakter mit der Anforderung zugemessen wird, dass die Einleitung eines solchen Verfahrens mit gesondert anfechtbarem Bescheid zu ergehen hat (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 92/88, den hg. Beschluss vom , 88/13/0021, sowie die hg. Erkenntnisse vom , 89/13/0237, und vom , 90/16/0210). Wie dem zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 92/88, und den der darin zum Ausdruck gebrachten Auffassung folgenden, oben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes unmissverständlich zu entnehmen ist, erwuchs das Verständnis der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts vom normativen Charakter der Einleitungsverfügung eines Finanzstrafverfahrens allein aus dem Umstand, dass mit der Kreditwesengesetz-Novelle 1986 in den bis dahin geltenden Gesetzestext des § 23 Abs. 2 Z. 1 des Kreditwesengesetzes, wonach die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht bestehe im Zusammenhang mit gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten und mit Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden, jeweils das Wort "eingeleiteten" eingefügt worden war. Dass das Kreditwesengesetz in seiner, in dieser Weise geänderten Fassung die Durchbrechung des Bankgeheimnisses nunmehr an den Formalakt der Einleitung der im § 23 Abs. 2 Z. 1 dieses Gesetzes genannten Verfahren geknüpft hatte, erforderte es, diesem Formalakt der Verfahrenseinleitung normative Bedeutung zuzumessen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 91/13/0203, zum Ausdruck gebracht hat, sind fahrlässige Finanzvergehen von der in Rede stehenden Wirkung auf das Bankgeheimnis nicht erfasst. Hinsichtlich solcher Delikte sei daher im Einklang mit der zur Rechtslage vor der Kreditwesengesetz-Novelle 1986 ergangenen Judikatur weiterhin davon auszugehen, dass die Einleitung des Finanzstrafverfahrens rechtliche Interessen des bis dahin bloß Verdächtigen nicht in einer Weise berühren könne, welche geeignet wäre, diese Einleitung zu einem individuellen normativen Verwaltungsakt zu machen.

Gleiche Überlegungen sind hinsichtlich der Finanzordnungswidrigkeiten und hinsichtlich des mit in Kraft getretenen § 38 BWG anzustellen. Nach § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG entfällt die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nämlich nur "im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden".

Der Verwaltungsgerichtshof gelangt somit zu der Auffassung, dass der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen einer Finanzordnungswidrigkeit keine normative Wirkung zukommen soll.

Nun war allerdings die vorliegende Erledigung des Finanzamtes vom im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung ihres Spruches unzweifelhaft auch hinsichtlich der Einleitung wegen des Verdachtes einer Finanzordnungswidrigkeit als Bescheid zu qualifizieren. Dieser war allerdings, soweit er die Finanzordnungswidrigkeit betrifft, rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für seine Erlassung nicht gegeben waren. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, über die vom Beschwerdeführer eingebrachte Administrativbeschwerde dahingehend zu entscheiden, im Sinne der Bestimmung des § 161 Abs. 1 FinStrG den erstinstanzlichen Bescheid, soweit er die Finanzordnungswidrigkeit betrifft, (ersatzlos) aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/16/0059).

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus nachfolgend dargestellten Gründen auch hinsichtlich seines Abspruches betreffend die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als rechtswidrig.

Für die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0091, mwN) folgendes von Bedeutung:

Im Spruch eines Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen dabei nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumption relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Dabei ergibt sich aus der Bestimmung des § 161 Abs. 1 FinStrG, wonach die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, dass für ihre Entscheidung, also auch für die Rechtsmittelentscheidung über eine Administrativbeschwerde gegen die Einleitung des Finanzstrafverfahrens, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung maßgebend ist (siehe bezüglich der näheren Begründung insbesondere das Erkenntnis vom , 94/13/0282, sowie das Erkenntnis vom , 94/13/0059).

Der Bescheid über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens muss, wie sich dies aus dem Wortlaut des § 83 Abs. 2 FinStrG ergibt, u.a. die zur Last gelegte Tat und die in Betracht kommende Strafbestimmung zum Ausdruck bringen. Es muss somit im Bescheid dargelegt sein, auf welches Finanzvergehen sich der Verdacht bezieht.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG dann ausgeschlossen, wenn einer Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für den selben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch jene nach § 33 Abs. 1 FinStrG durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 97/13/0106, und vom , 93/13/0055, jeweils mit weiteren Nachweisen). Eine Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erfordert klare und eindeutige Feststellungen dahingehend, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/13/0002).

Der angefochtene Bescheid enthält Ausführungen, dass hinsichtlich der Jahressteuererklärungen 1997 und 1998 im Hinblick auf deren erheblich verspätete Einreichung der Verdacht einer Finanzordnungswidrigkeit bestehe. Weitere Ausführungen hiezu und Ausführungen zur Jahressteuererklärung 1999 enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Offenkundig in Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der Jahressteuererklärungen ein Verhalten gesetzt hat, welches im oben dargestellten Sinn der Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG entgegenstehen könnte. Sie hat es unterlassen, Erwägungen darüber anzustellen, ob nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegebenen Sachlage dem Verdacht einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht Vorgänge betreffend die Jahressteuererklärungen entgegenstehen.

Der angefochtene Bescheid war somit schon aus den dargelegten Erwägungen insgesamt als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994. Der Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand beinhaltet bereits die Umsatzsteuer.

Wien, am