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VwGH vom 11.01.1983, 82/07/0179

VwGH vom 11.01.1983, 82/07/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des RH in O, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom , Zl. Agrar 11- 609/2/82, betreffend Minderheitenbeschwerden gegen einen Vollversammlungsbeschluß einer Agrargemeinschaft auf Jagdverpachtung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft "A", vertreten durch den Obmann JE, in W) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der Agrargemeinschaft "A" Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist eine im Sinne des § 48 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (FLG 1979), LGBl. 64, körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft. Von den 112 Anteilen dieser Agrargemeinschaft stehen 10 dem Beschwerdeführer und die restlichen 102 JE zu, der auch Obmann der mitbeteiligten Partei ist. Am wurden in Anwesenheit dieser beiden Mitglieder der Agrargemeinschaft fünf von Pachtinteressenten für die Eigenjagd der mitbeteiligten Partei erstattete Anbote eröffnet, nachdem der Beschwerdeführer selbst Interesse, die Eigenjagd zu pachten, geäußert und sich mit Zustimmung des anderen Mitgliedes vorbehalten hatte, seine Anbotssumme danach bekanntzugeben. In der Niederschrift über diese Sitzung wurde festgehalten, "daß über den Zuschlag der Jagd nach Öffnung der Offerte gemeinsam und einvernehmlich zwischen den beiden Eigentümern verhandelt werden soll". Bei der Öffnung der Anbote stellte sich heraus, daß das höchste Anbot auf S 67.123,--, das zweithöchste (T) auf S 60.210,-- lautete. Der Obmann der Agrargemeinschaft und Inhaber der Mehrheitsanteile stimmte schließlich zu, dem Beschwerdeführer eine Bedenkzeit bis einschließlich einzuräumen, und beraumte für eine bestimmte Stunde des am Gemeindeamt die Vollversammlung zur Entscheidung über die Verpachtung der Eigenjagd an. In dieser Vollversammlung erklärte der Obmann und Inhaber der Mehrheitsanteile einer Verpachtung an den Beschwerdeführer, der eine Pachtsumme von S 60.210,-- geboten hatte, nur zuzustimmen, wenn dieser die Jagd allein ausübe und den Abschuß auch nicht fallweise verkaufe. Da sich der Beschwerdeführer mit dieser Beschränkung im Hinblick auf die Höhe der Pachtsumme nicht einverstanden erklärte, beschloß die Vollversammlung gegen die Stimme des Beschwerdeführers die Verpachtung der Eigenjagd an T um dessen Anbot von S 60.210,--. Gegen diesen Vollversammlungsbeschluß erhob der Beschwerdeführer fristgerecht, nämlich am , bei der zuständigen Agrarbezirksbehörde Minderheitenbeschwerde mit der Begründung, daß am bereits vereinbart worden sei, die Jagd an ihn als Mitglied zu den gleichen Bedingungen wie an den zweithöchsten Bieter zu verpachten. Mit ihrem Bescheid vom entschied die Agrarbezirksbehörde über diese Minderheitenbeschwerde dahin, daß sie den Beschluß der Vollversammlung bestätigte; dies mit der Begründung, in der Vollversammlung vom sei lediglich ein vorbereitender Beschluß gefaßt worden, gegen die Durchführung der Vollversammlung vom bestünden keine Bedenken, der erzielte Pachtschilling sei den ortsüblichen Beträgen angemessen und der Regulierungsplan sehe keine "besondere Art und Vergabe der Jagd" vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) die Berufung als unbegründet ab. Er vertrat in diesem Bescheid die Ansicht, daß er nicht befugt sei, einer Agrargemeinschaft den Pächter der Eigenjagd aufzunötigen. Die Behebung eines Beschlusses der Vollversammlung auf Verpachtung durch die Agrarbehörde komme nur in Betracht, wenn nachweisbar Gesetz- oder Satzungswidrigkeit vorliege, was hier nicht der Fall sei. Ein Vorrecht eines Agrargemeinschaftsmitgliedes auf Verpachtung sei nirgends statuiert. Die Agrargemeinschaft sei auch nicht verpflichtet, sich bei Verpachtung einer Eigenjagd für das höchste Anbot zu entscheiden, da ein Jagdpachtvertrag Sache des gegenseitigen Vertrauens sei. Es müsse lediglich das "Niveau des ortsüblichen und angemessenen" erreicht werden. Auch vom Beschwerdeführer sei nicht behauptet worden, daß dies hier nicht der Fall sei.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie der Gesamtheit der Beschwerdeausführungen zu entnehmen ist, in seinem Recht auf Verpachtung der Eigenjagd der mitbeteiligten Partei an ihn zu den dem zweitbesten Bieter gewährten Bedingungen verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, sie und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Behauptung in der Beschwerde, die belangte Behörde habe als Berufungsgegner nicht die mitbeteiligte Partei, sondern den Obmann und Inhaber der Mehrheitsanteile der Argrargemeinschaft behandelt, widerspricht dem Inhalt der Verwaltungsakten.

Ob der schließlich abgeschlossene Jagdpachtvertrag mit dem Vollversammlungsbeschluß vom übereinstimmt - nach der Aktenlage wurde offensichtlich nachträglich eine Übereinstimmung hergestellt - ist für die Beurteilung der Beschwerde ohne Bedeutung, weil es in diesem verwaltungsgerichtlichem Verfahren lediglich darum geht, ob der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung über die Minderheitenbeschwerde gegen den Vollversammlungsbeschluß vom eine Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.

Jagdpachtverträge der mitbeteiligten Partei bedürfen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht der Genehmigung der Agrarbehörde, weil sie weder eine Veräußerung noch eine Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke im Sinne des § 50 Abs. 1 FLG 1979 und des § 8 lit. b zweiter Satz der Satzungen der mitbeteiligten Partei im Regelungsplan der Agrarbezirksbehörde Villach vom , Zl. 362/51, zum Inhalt haben. Die jagdbehördliche Zustimmung wurde nach der Aktenlage durch die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau durch Bescheid vom , Zl. 2299/81, erteilt.

Gemäß dem Inhalt der Niederschrift über die Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde vom - eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit dieser Niederschrift wurde vom Beschwerdeführer nicht unter Beweis gestellt - kann im Hinblick auf § 15 AVG 1950 nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer, wie er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptet, im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung darauf hingewiesen habe, "daß Herr T im gegenständlichen Vertragsverhältnis lediglich als Strohmann" zu betrachten sei.

Die Behauptung, Herr M habe im Jagdjahr 1981 über den genehmigten Abschußplan hinaus Abschüsse getätigt, verstößt nicht nur gegen das Neuerungsverbot im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG 1965, sondern ist im Hinblick darauf, daß der Vollversammlungsbeschluß vom eine Verpachtung an Herrn M nicht zum Inhalt hat, auch nicht entscheidungswesentlich.

Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft sind nicht deren Mitglieder, sondern gemäß § 2 der Haupturkunde des erwähnten Regelungsplanes die mitbeteiligte Partei, welche gemäß § 48 Abs. 2 FLG 1979 Rechtspersönlichkeit genießt. Schon deshalb ist die Behauptung des Beschwerdeführers, dem "Grundeigentümer" stünde bei der Vergabe der Jagd ein Vorrecht zu, für den Erfolg der Beschwerde nicht zielführend. Ein "Vorpachtrecht" steht den Mitgliedern der mitbeteiligten Partei nicht zu, weil sich ein solches weder aus dem Gesetz noch aus dem Regelungsplan ergibt. Aus Gepflogenheiten, die von Agrargemeinschaften bei der Vergabe von Pachtrechten an ihren Eigenjagden eingehalten werden, läßt sich ein Rechtsanspruch nicht ableiten (vgl. § 10 ABGB).

Gemäß § 8 lit. b der Satzungen der mitbeteiligten Partei gehört zum Wirkungskreis der Vollversammlung die Beschlußfassung über die Verpachtung des Gemeinschaftsvermögens. Hierunter fällt auch die Verpachtung der Eigenjagd. Die Vollversammlung faßt im Grunde des § 7 Z. 1 der Satzungen der mitbeteiligten Partei ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Abänderungen der Verwaltungssatzungen bedürfen gemäß § 95 Abs. 1 FLG 1979 der Genehmigung der Agrarbehörde. Es liegt daher, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, nicht in der Macht der Vollversammlung, den Beschluß über die Verpachtung der Eigenjagd von der Einstimmigkeit abhängig zu machen. Selbst wenn der Beschluß vom "einvernehmlich zwischen den beiden Miteigentümern" zu verhandeln in dem Sinn zu verstehen wäre, daß die Jagdvergabe nur stimmeneinhellig beschlossen werden könnte, wäre ein solcher Beschluß der Vollversammlung unverbindlich, solange nicht § 7 Z. 1 der Verwaltungssatzungen dahingehend mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeändert worden wäre, daß Jagdverpachtungen nur stimmeneinhellig beschlossen werden könnten. Der Beschwerdeführer ist daher mit seiner Ansicht im Unrecht, die Vollversammlung hätte am "ohne jeden Zweifel den Modus der Vergabe der Eigenjagd eindeutig" und zwar im Sinne stimmeneinhelliger Jagdvergabe geregelt. Gegen den über die Jagdvergabe am gefaßten Mehrheitsbeschluß bestehen daher in der vom Beschwerdeführer aufgezeigten Richtung keine rechtlichen Bedenken.

Die Auswahl des Pächters der Eigenjagd unterliegt der Autonomie der mitbeteiligten Partei durch deren zu ihrer Willensbildung berufenes Organ. Dies unbeschadet der Vorschriften des Kärntner Jagdgesetzes 1978, LGBl. Nr. 76, (vgl. §§ 16 bis 23) über die Jagdverpachtung. Daß dessen Bestimmungen durch den Beschluß vom verletzt wurden, ist nicht hervorgekommen. Der Beschwerde ist es nicht gelungen, einen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen oder gegen die Verwaltungssatzungen durch den Vollversammlungsbeschluß vom über die Verpachtung der Eigenjagd aufzuzeigen. Im Rahmen der ihr zustehenden Privatautonomie war die mitbeteiligte Partei auch nicht an die Beachtung des Gleichheitssatzes gebunden.

Dafür, daß der vom Beschwerdeführer bekämpfte Vollversammlungsbeschluß gegen ein Schikaneverbot verstieße, bietet weder das Vorbringen des Beschwerdeführers, noch der Sachverhalt nach Lage der Akten einen Anhaltspunkt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Bezirksverwaltungsbehörde als Jagdbehörde unter gewissen Voraussetzungen (vgl. § 23 Kärntner Jagdgesetz) den Jagdpachtvertrag auflösen kann.

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit nachzuweisen, welche ihn in vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiven Rechten verletzt hätte. Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.

Gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der derzeit geltenden Fassung konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 3, 48, 49, 59 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am