VwGH vom 24.10.2000, 2000/14/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der A Bankaktiengesellschaft in L, vertreten durch Plan Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , GZ RV281/1-10/1998, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Bank-AG.
Mit drei Fremdwährungs-Kreditzusagen gegenüber der C-GmbH aus den Jahren 1989 und 1990 über insgesamt ca 24 Mio S hatte die A-Bank der C-GmbH, die in der Folge ein Transportunternehmen betrieb, den Ankauf des Fuhrparks finanziert; dabei hatte sich die A-Bank zum Zwecke ihrer Absicherung ausbedungen, dass sie die Kaufpreiszahlung für die Fahrzeuge leisten und sich den Eigentumsvorbehalt an diesen Fahrzeugen (vom Fahrzeugverkäufer) abtreten lassen werde. Es wurde vereinbart, dass die A-Bank im Falle der Verwertung des Sicherungsgutes gegenüber der C-GmbH mit Gutschrift abrechnen werde. Im Jahr 1990 vereinbarte die A-Bank tatsächlich mit dem Fahrzeugverkäufer die Einlösung der Kaufpreis(rest)forderungen iSd §§ 1422, 1423 ABGB in der Weise, dass mit Zahlung die Kaufpreis(rest)forderung samt allen Nebenrechten, insbesondere dem vorbehaltenen Eigentum, auf sie übergehe.
Die Beschwerdeführerin wurde infolge Einbringung der A-Bank nach § 8a Abs 5 KWG deren Gesamtrechtsnachfolgerin.
Mit dem an die C-GmbH gerichteten Schreiben vom erklärte die Beschwerdeführerin den Rücktritt von den dem Eigentumsvorbehalt zu Grunde liegenden Kaufverträgen. Sie wolle den unter ihrem Eigentumsvorbehalt stehenden Fuhrpark der Verwertung zuführen. Gemäß den Vereinbarungen mit der C-GmbH werde sie den Verwertungserlös mittels Gutschrift auf den zu Grunde liegenden Kreditkonten abrechnen.
Mit Kaufvertrag vom verkaufte die Beschwerdeführerin den in Rede stehenden Fuhrpark (13 Sattelzugfahrzeuge und 18 Sattelaufleger) um den Kaufpreis von 9 Mio S zuzüglich Umsatzsteuer an die H-TransportgmbH und schrieb den Betrag von 10,8 Mio S dem Kreditkonto der C-GmbH gut. Die Beschwerdeführerin erteilte der C-GmbH eine mit datierte Gutschrift über 9 Mio S plus 1,8 Mio S Umsatzsteuer.
Am wurde über das Vermögen der C-GmbH der Konkurs eröffnet.
Mit Bescheid vom zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin gemäß § 14 BAO zur Haftung für Umsatzsteuer Juli 1993 in Höhe von ca 1,7 Mio S heran. Die Beschwerdeführerin habe am den Fuhrpark und damit die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Transportunternehmens der C-GmbH erworben. Die durch diesen Erwerb entstandene Umsatzsteuerschuld der C-GmbH von 1,8 Mio S sei im Wesentlichen noch offen. Sie sei bei der C-GmbH im Hinblick auf deren Insolvenzverfahren uneinbringlich.
In der Berufung wird darauf verwiesen, dass, nachdem die C-GmbH im Jahr 1993 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, die H-TransportgmbH deren Fahrzeuge habe übernehmen wollen, allerdings nur dann, wenn die Transportgenehmigungen ebenfalls auf sie übergingen. Da Transportgenehmigungen an das Unternehmen gebunden seien, sei eine Übertragung nur in der Form möglich gewesen, dass die C-GmbH ihre Transportgenehmigungen beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung unter der Bedingung zurückgelegt habe, dass die Konzessionen auf die erwerbende H-TransportgmbH übertragen würden. Diese Zurücklegung der Konzessionen habe am stattgefunden. Am habe die Beschwerdeführerin den Eigentumsvorbehalt geltend gemacht, die Fahrzeuge übernommen und sofort an ein Güterverkehrsunternehmen weiterverkauft. Die Beschwerdeführerin hätte das Transportunternehmen nicht weiterführen können, weil dafür die Güterverkehrskonzessionen, aber auch Abstellplätze, Betriebsgebäude, Kundenstock und Personal notwendig gewesen wären. Die Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes durch die Beschwerdeführerin an einzelnen Sicherungsgegenständen könne nicht als Unternehmensübergang gewertet werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin werde für die Umsatzsteuerschuld aus der Unternehmensveräußerung der C-GmbH in Anspruch genommen. Die Haftung nach § 14 BAO setze voraus, dass ein Betrieb bzw das Unternehmen übereignet werde. Es müsse ein Eigentumserwerb im Sinne des Abgabenrechts vorliegen. Die Beschwerdeführerin habe der C-GmbH mit Schreiben vom mitgeteilt, dass sie die Sicherheiten in Anspruch nehmen bzw verwerten werde. Sie habe die Fahrzeuge sodann sukzessive in ihre Gewahrsame genommen und als Gesamtheit veräußert. Als wesentliche Grundlage eines Transportunternehmens sei der Fuhrpark anzusehen. Da die Beschwerdeführerin den gesamten Fuhrpark der C-GmbH erworben habe, liege ein Betriebserwerb iSd § 14 BAO vor. Unerheblich sei, dass die Beschwerdeführerin den Betrieb nicht weitergeführt habe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 14 BAO lautet:
"(1) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber
a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;
b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren.
Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Konkursmasse, im Weg des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger."
Strittig ist im Beschwerdefall allein die Frage, ob im Sinne der Bestimmungen über die Erwerberhaftung nach § 14 Abs. 1 BAO im Jahr 1993 ein Unternehmen bzw ein Betrieb im Ganzen an die Beschwerdeführerin übereignet worden ist.
Eine Übereignung im genannten Sinn erfordert zunächst, dass die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens übertragen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 97/15/0016, und vom , 93/13/0088 ausgeführt hat, ist als wesentliche Grundlage eines Transportunternehmens der Fuhrpark anzusehen, der dem Betriebsübernehmer die Fortführung des Betriebes ermöglicht.
Im zitierten Erkenntnis 93/13/0088 ist der Verwaltungsgerichtshof von einem Betriebserwerb der seinerzeitigen Beschwerdeführerin ausgegangen, die den Fuhrpark eines Transportunternehmers zum Teil von diesem, zum Teil (in unmittelbarer zeitlicher Abfolge) aber von einer Bank, der das Vorbehaltseigentum an 25 Lkw zugekommen war, erworben hatte. Die Stellung der Vorbehaltseigentümerin stand der rechtlichen Beurteilung als Betriebserwerb (des Betriebes des Transportunternehmers) durch die seinerzeitige Beschwerdeführerin nicht entgegen.
Mit der Frage der Haftung nach § 14 BAO im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 87/14/0106, SlgNF 6318/F, auseinander gesetzt. Wie sich aus diesem Erkenntnis ergibt, liegt der Haftungsbestimmung des § 14 BAO die Erwägung zu Grunde, dass ein Unternehmen als solches Sicherung für die sich auf den Betrieb des Unternehmens gründenden Abgaben bietet, eine Sicherung, die durch den Übergang auf einen anderen nicht verloren gehen soll. Die in einem Unternehmen im Ganzen bestehende Sicherheit beruht auf jenen Wirtschaftsgütern, die die wesentliche Grundlage des Unternehmens ausmachen. Der Sinn des § 14 BAO liegt darin, eine bestehende Sicherung für Abgabenansprüche gegenüber dem Veräußerer fortzuführen und nicht eine Sicherung, die bisher nicht bestand, erst zu begründen.
Unter "Übereignung" eines Unternehmens bzw Betriebes im hier maßgebenden Zusammenhang ist die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 98/15/0102). Eine "Übereignung" an den Vorbehaltseigentümer kann aber nicht darin erblickt werden, dass dieser Vorbehaltseigentümer lediglich die Rechte aus dem Eigentumsvorbehalt geltend macht, indem er die vom Eigentumsvorbehalt betroffenen Gegenstände durch Veräußerung (auf Rechnung seines Schuldners und seinerzeitigen Vorbehaltskäufers) verwertet. Setzt der Vorbehaltseigentümer auf Grund des Eigentumsvorbehaltes, der ein Mittel der Kreditsicherung darstellt, Verwertungsmaßnahmen zum Zwecke der Abdeckung des Kredites mit dem Verwertungserlös, wird er damit nicht zum Erwerber iSd § 14 Abs 1 BAO, zumal durch diese Verwertungsmaßnahmen kein Übergang der bestehenden Sicherung für Abgabenansprüche auf den Vorbehaltseigentümer eintritt.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am