VwGH vom 22.03.1983, 82/07/0089
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste in Wien III Marxergasse 2, vertreten durch Dr. Robert Bergmann in Innsbruck, Blasius-Hueber-Straße 4, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS-210/3, betreffend Neureguligerung von Weideservituten (9 mitbeteiligte Parteien, alle in A, alle vertreten durch Dr. Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria Theresienstraße 42/11), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mitbeteiligten sind Miteigentümer der F-, M- und N-alpe (in der Folge kurz: Alpe). Es ist unbestritten, dass der Alpe gemäß der Servitutenregulierungsurkunde vom 24. April 1888, Nr. 7981/336, ein Weiderecht mit 48 Kuhgräsern alljährlich von der ersten Hälfte Mai bis Mitte Oktober auf in dieser Regulierungsurkunde näher beschriebenen, im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücken zusteht.
Zwischen der Beschwerdeführerin und der Alpe war seit Jahren strittig, ob gemäß der Regulierungsurkunde die Ausübung der Weiderechte auch mit Lehnvieh zulässig sei. Ein diesbezügliches agrarbehördliches Verfahren wurde mit Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom , Zl. 43-OAS/71, in Abänderung der vorangegangenen unterinstanzlichen Entscheidungen abgeschossen, dessen Spruch lautete:
"Das in der Regulierungsurkunde Nr. 7891/336 Servitut vom 25. April 1888 regulierte Weidenutzungsrecht der Alpen F-, M- und N im A-tal für 48 Kuhgräser berechtigt nicht zum Auftrieb von fremdem Vieh auf den in der Regulierungsurkunde aufgezählten verpflichteten Grundstücken."
Diese Entscheidung begründete der Oberste Agrarsenat im wesentlichen damit, dass die Aufnahme und der Auftrieb von fremdem Vieh in der Regulierungsurkunde nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden sei. Eine derartige Berechtigung der Alpe könne daher nur in einem Neuregulierungsverfahren unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 2 und 13 lit. c des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952 (in der Folge kurz: WWSG), begründet werden. Eine solche Neuregulierung setze jedoch die Durchführung eines eigenen Verfahrens gemäß den §§ 39 ff WWSG voraus.
In der Folge gestattete die Beschwerdeführerin bis zum Jahre 1975 den Auftrieb von Lehnvieh gegen Leistung eines Weidezinses; ab 1976 stimmte sie jedoch dieser Lösung aus waldbaulichen Rücksichten nicht mehr zu. Die Mitbeteiligten sahen sich deshalb zur Stellung eines Neuregulierungsantrages veranlasst, um den ihrer Auffassung nach seit Menschengedenken geübten Auftrieb von Lehnvieh wieder zu ermöglichen. Die Beschwerdeführerin sprach sich gegen diesen Antrag aus und vertrat ihrerseits den Standpunkt, die Mitbeteiligten verfügten über ausreichende Weidemöglichkeiten für ihr eigenes Vieh im Bereich der Heimweide-; bei einem derartigen Weidebetrieb müsse angenommen werden, dass für sie das Weiderecht aus der Servitutenregulierungsurkunde entbehrlich geworden und daher abzulösen sei.
Mit ihrem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom stellte sodann die Agrarbehörde erster Instanz gemäß § 39 WWSG fest, dass ein gültiger Antrag (der Mitbeteiligten) auf Neuregulierung vorliege; es werde daher für das Gebiet der Alpe das Servituten-Neuregulierungsverfahren eingeleitet. In der über diesen Antrag am abgehaltenen Verhandlung hielt die Beschwerdeführerin daran fest, dass die Gestattung der Lehnviehaufnahme abzulehnen sei. Eine Alm, die nur mit Lehnviehaufnahme rentabel bewirtschaftet werden könne, sei entbehrlich, die Rechte könnten daher abgelöst werden. In diesem Sinne äußerte sich die Beschwerdeführerin erneut in ihrer Stellungnahme zu einem von der Agrarbehörde erster Instanz eingeholten Gutachten des Alpinspektorates. Außerdem vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, die Zulassung des Auftriebes von Lehnvieh würde zu einer unzulässigen Erweiterung der urkundlichen eingeräumten Weiderechte führen.
Mit Bescheid vom entschied die Agrarbehörde erster Instanz über den Antrag der Mitbeteiligten, dass fremdes Vieh (Lehnvieh) nach Maßgabe der Bestimmungen der Servitutenregulierungsurkunde vom 24. April 1888 zum Auftrieb zugelassen sei. Sie berief sich dabei insbesondere auf § 13 lit. c WWSG und führte dazu nach Wiedergabe der wesentlichen Ermittlungsergebnisse begründend aus, für die Gestattung der Aufnahme von Lehnvieh könne angeführt werden, dass dadurch die Verunkrautung und Verödung der Alm verhindert werde, während die Nichtbestoßung für eine Alm negative Folgen habe. Als weiterer Grund für die Zulassung der Lehnviehaufnahme, die im vorliegenden Neuregulierungsverfahren allein zu prüfen sei, sei es anzusehen, dass dadurch die wirtschaftliche Rentabilität der Alm gewährleistet bzw. deren Ertragsfähigkeit erhalten werde. Ohne Fremdviehaufnahme könne die strittige Alpe nicht bewirtschaftet werden. Auch im Interesse der durch die Alpwirtschaft mitgeprägten Kulturlandschaft solle getrachtet werden, die Bestoßung der Almen weiter zu ermöglichen, dies liege daher auch im landeskulturellen Interesse. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass ohne Lehnviehaufnahme ein ordnungsgemäßer und rentabler Alpbetrieb nicht geführt werden könne. Eine unzulässige Erweiterung der urkundlichen Weiderechte sei mit der Gestattung der Lehnviehaufnahme nicht verbunden, weil keine Vermehrung der Zahl der Weiderechte und keine Ausweitung der bisher vorgesehenen Rechte im belasteten Gebiet erfolge. Für den Belasteten ändere sich nur insofern etwas, als Lehnvieh weide, aber nicht zusätzlich, sondern nur im Rahmen der urkundlichen Rechte. Es handle sich somit nur um eine Anpassung dieser urkundlichen Rechte an die geänderte Lage der Alpwirtschaft.
In ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass eine Erweiterung der urkundlichen Rechte schon darin gelegen sei, dass bisher nur eigenes Vieh der Berechtigten, nunmehr aber auch Fremdvieh aufgetrieben werden dürfe. Dies ergebe sich schon daraus, dass zur Zeit der Erstellung der Regulierungsurkunde die Weiderechte nur auf den Haus- und Gutsbedarf des eingeforsteten Gutes abgestellt worden seien. Aus dem Grundsatz, dass Servituten möglichst schonend auszuüben seien, folge, dass dann, wenn Servitutsrechte mit eigenem Vieh nicht mehr voll ausgeübt werden könnten, in erster Linie die Frage der Entbehrlichkeit dieser Rechte bzw. deren Ablösung in Geld gemäß § 26 WWSG zu prüfen sei. Erst sekundär werde festzustellen sein, ob im Rahmen einer Neuregulierung die Lehnviehaufnahme notwendig sei oder nicht. Hiezu hätte es aber weiterer Ermittlungen bedurft. Auch sei die Prüfung der Frage unterlassen worden, welche finanziellen Entschädigungen die Beschwerdeführerin für die Zulassung einer Lehnviehaufnahme zu erhalten habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (in der Folge: die belangte Behörde) nach Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in welcher die Parteien im wesentlichen ihre bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingenommenen Standpunkte neuerlich darlegten, die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 8, 9, 13, 14, 38 und 41 WWSG als unbegründet ab. Aus Anlass der Berufung ergänzte die belangte Behörde allerdings den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin, dass dieser nun zur Gänze wie folgt lautet:
1. Die F-, M-, und N-alpe, vorgetragen in EZl. 59 II KG. A, sind laut Servitutenregulierungsurkunde Nr. 7981/336, vom 24. 4. 1888, verfacht am 22. Juni 1888 sub folio 349, Verf. Buch
III. Teil unter anderem mit 48 Kuhgräsern im Wald der Österr. Bundesforste weideberechtigt.
2. Fremdes Vieh (Lehnvieh) ist zur vollen und besten wirtschaftlichen Ausnutzung der 48 Kuhgräser nach Maßgabe der Bestimmungen der Servitutenregulierungsurkunde zugelassen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Grundsatz der schonenden Servitutsausübung könne der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg verhelfen, weil Einforstungsrechte Institute des öffentlichen und nicht des Privatrechtes seien. Die die Regulierungsurkunde ergänzende Feststellung der Zulassung von Lehnvieh sei berechtigt, weil seit Errichtung dieser Urkunde im Jahre 1888 insofern eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei, als erfahrungsgemäß auf den Heimhöfen derzeit nicht mehr so viel Vieh wie früher gehalten werde. So könnten auch die Mitbeteiligten die ihren Höfen zustehenden Grasrechte nicht mit dem derzeit vorhandenen Eigenvieh voll ausnützen, sie kämen vielmehr weitgehend mit ihren Heimweiderechten aus. Für einzelne Stück Rindvieh sei jedoch die Bewirtschaftung der berechtigten Alpe, die einen eigenen Hirten erfordere, unwirtschaftlich und daher nicht tragbar. Da nur durch die volle Ausnützung der Servitutsrechte die auf das aufgetriebene Stück Rindvieh anfallenden Alpungskosten auf ein wirtschaftlich erträgliches Maß reduziert werden könnten, werde mit der Gestattung der Lehnviehaufnahme nur den geänderten wirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung getragen. Nur mit dieser Lösung werde überdies gemäß den Bestimmungen des Tiroler Alpschutzgesetzes die Erhaltung und Bewirtschaftung der berechtigten Alpe ermöglicht, die sonst verunkrauten und veröden würde. Es werde zwar eine hohe Rentabilität in der Alpbewirtschaftung auch damit nicht erreicht werden können, und damit auch kein wesentlicher Nebenverdienst der Berechtigten, doch sei eine Erhöhung der Rentabilität andererseits nur durch die Lehnviehaufnahme zu erzielen, welche überdies den öffentlichen Interessen des Alpschutzes diene.
Eine Erweiterung der urkundlichen Rechte sei damit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht verbunden, weil es sich nur um eine Ergänzung der Rechte in deren ursprünglichem Ausmaß (48 Kuhgräser) handle, wie sie nach § 13 lit. c WWSG im Wege der Neuregulierung ausdrücklich vorgesehen sei. Damit sei kein anderer Effekt verbunden als mit der vollen Ausnützung der Weiderechte infolge ausreichenden eigenen Viehbestandes des Berechtigten. Eine Gegenleistung für die Zulassung von Lehnvieh sei nicht anzuordnen gewesen, weil urkundlich eine Gegenleistung für die Weiderechte nicht vorgesehen sei.
In der weiteren Begründung setzt sich die belangte Behörde mit dem Argument der Beschwerdeführerin auseinander, es hätte zuerst über ihren Antrag auf Ablösung entschieden werden müssen:
Nach den Aktenunterlagen sei ein Servitutenneuregulierungs- und kein Ablöseverfahren eingeleitet worden. Der Antrag auf Zulassung von Lehnvieh sei überdies schon vor dem Ablösungsantrag der Beschwerdeführerin bei der Agrarbehörde eingelangt. Zudem bleibe es der Beschwerdeführerin offen, ihren Antrag auf Ablöse der Weiderechte weiter zu betreiben; durch die Zulassung von Lehnvieh werde ihre Rechtsposition im Ablöseverfahren nicht zu ihrem Nachteil verändert. Die im Ablöseverfahren unter anderem relevante Rechtsfrage der dauernden Entbehrlichkeit könne mit der Zulassung von Fremdvieh nicht in Verbindung gebracht werden.
Schließlich führt die belangte Behörde näher aus, aus welchen Gründen auch aus der teilweisen Überschneidung des Servitutsgebietes mit jenem, in welchem den Miteigentümern der Alpe Heimweiderechte auf Grund einer anderen Servitutenregulierungsurkunde zustünden, keine drückendere Servitutslast für die Beschwerdeführerin im Falle der Lehnviehzulassung gemäß dem angefochtenen Bescheid resultiere. Unrichtig sei auch die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, aus der Regulierungsurkunde vom 24. April 1888 ergebe sich, dass die Servitutsweide der Alpe nur mit dem eigenen Überwinterungsviehstand ausgeübt werden dürfe, da sich die entsprechende Regulierungsbestimmung nur auf überwinterte Schafe beziehe, nicht aber auf das Weiderecht mit 48 Kuhgräsern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Darin führt die Beschwerdeführerin vorerst aus, dass sich aus den vorhandenen Regulierungsurkunden ergebe, dass sich der Umfang der Weiderechte, und zwar hinsichtlich der Anzahl sowohl der Alpgräser als der Gräser für die Heimweide nach dem überwinterten Viehstand zu richten habe, über welchen die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid somit zu Unrecht bezüglich der Kuhgräser hinausgegangen sei. Die von der belangten Behörde verfügte Möglichkeit einer Fremdviehaufnahme für 48 Kuhgräser sei rechtswidrig, weil dadurch die urkundliche Belastung unrechtmäßig erweitert werde. Aber auch dann, wenn man den Standpunkt der belangten Behörde teile, wonach die Heimweidegräser und die Alpgräser gesonderte Rechte darstellten, müsse wegen des einheitlichen Weidegebietes vorerst eine Entflechtung des zwischen der Alpe und Heimweidegütern gemeinsam gegebenen Servitutsgebietes vorgenommen werden. Auf Grund einer derartigen Teilung wäre sodann Gewähr dafür gegeben, dass sowohl für die Heimgüter als auch für die Alprechte ein ausschließliches Weidegebiet vorliege, wobei die beiden Weidebereiche mit Zäunen abzutrennen wären. Erst danach wäre für den Fall der Fremdviehaufnahme für die Alpe Gewähr dafür gegeben, dass in das Weidegebiet der Heimgüter, in welchem auf Grund der einschlägigen Regulierungsurkunde jeder Fremdviehauftrieb ausdrücklich untersagt sei, kein Fremdvieh einweiden könne. Es werde auch der Auffassung der belangten Behörde widersprochen, dass der Grundsatz der schonenden Servitutsausübung hier nicht zum Tragen kommen könne, zumal gerade das WWSG in zahlreichen Bestimmungen diesem Grundsatz in ganz besonderem Maße Rechnung trage. Rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid aber auch deshalb, weil über den von der Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingebrachten Antrag auf Ablöse der Alpweiderechte wegen dauernder Entbehrlichkeit nicht abgesprochen worden sei. Die dazu von der belangten Behörde vertretene Rechtsmeinung widerspreche den Grundsätzen des AVG 1950; insbesondere wäre schon nach dem Prinzip der Verfahrensökonomie über beide Anträge gleichzeitig abzusprechen gewesen. Nach dem Grundsatz der schonenden Servitutsausübung wäre sogar der Ablösungsantrag der Beschwerdeführerin vorrangig zu prüfen gewesen; eine Neuregulierung hätte erst erfolgen dürfen, nachdem festgestellt worden wäre, dass die Voraussetzungen für eine Ablösung nicht gegeben seien. Bei der Tatsache der größtenteils verfallenen Alpgebäude und der Außerachtlassung alpwirtschaftlicher Pflegemaßnahmen durch die Mitbeteiligten erscheine der Ablöseantrag der Beschwerdeführerin begründet, sodass ihr Anspruch auf eingehende Prüfung und Entscheidung darüber gegeben sei. Die belangte Behörde habe aber die für diese Entscheidung erforderlichen Ermittlungen nicht durchgeführt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie ebenso wie die Mitbeteiligten in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auszugehen ist davon, dass es sich bei den strittigen Weiderechten um Nutzungsrechte handelt, die gemäß § 1 Abs. 2 WWSG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geregelt, abgelöst und gesichert werden können.
Nach § 8 Abs. 1 WWSG können Nutzungsrechte der in § 1 bezeichneten Art auf Antrag oder von Amts wegen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes reguliert oder abgelöst werden, auch wenn sie bereits - nach älteren Vorschriften reguliert oder neu reguliert worden sind.
Gemäß § 7 Abs. 1 WWSG bildet das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der zustehenden Nutzungsrechte und Gegenleistungen die Grundlage für die Regulierung, Neuregulierung, Ablösung und Sicherung von Nutzungsrechten und damit die Grundlage der Servitutenverfahren.
Nach § 39 WWSG werden Verfahren zur Regulierung oder Ablösung mit einem Bescheid eingeleitet, der feststellt, ob ein gültiger Antrag oder die Voraussetzungen für ein Verfahren von Amts wegen vorliegen, und die Einleitung des Verfahrens verfügt. Im Beschwerdefall liegt ein rechtskräftiger, auf diese Gesetzesstelle und auf den als gültig erkannten Neuregulierungsantrag der Mitbeteiligten gestützter Einleitungsbescheid vor. Der nunmehr angefochtene Bescheid schloss daher ein gemäß § 39 WWSG eingeleitetes Servitutenverfahren im Instanzenzug ab.
§ 39 WWSG geht auf § 34 Abs. 1 des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103/1951, zurück, der seinerseits die Wiederverlautbarung des § 33 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung vom , BGBl. Nr. 307, betreffend Grundsätze über die Behandlung der Wald- und Weidennutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, darstellt und im hier maßgeblichen Umfang folgenden Wortlaut hat:
§ 34 (1) Die Einleitung und der Abschluss des Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung sind durch Bescheid auszusprechen; der Eintritt der Rechtskraft dieser Bescheide ist
kundzumachen . ... Diese Einleitung erfolgt allgemein. Ob eine
Neuregulierung Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, wird von der Behörde auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen bestimmt.
Schon wegen der sonst möglichen Verfassungs- (Art. 12 Abs. 2, zweiter Satz B-VG), bzw. Grundsatzgesetzwidrigkeit ist, so lange dies nach den Auslegungsregeln nicht unmöglich erscheint, § 39 WWSG nur so zu verstehen, dass durch ihn keine anderen Regeln aufgestellt werden, als dies bundesgrundsatz-gesetzlich vorgesehen ist. Eine auf § 39 WWSG gestützte Einleitung eines Servitutenverfahrens erfolgt daher "allgemein"; ob und welche Neuregulierungs- oder Ablösungsmaßnahmen vorzunehmen sind, bleibt den Ergebnissen dieses einheitlichen Verfahrens vorbehalten (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 81/07/0046, 0050 und vom , Zl. 81/07/0129). Dem steht im Beschwerdefall auch nicht die Rechtskraft des Einleitungsbescheides vom entgegen, wie noch auszuführen sein wird.
Die demgegenüber von der belangten Behörde vertretene Auffassung, sie habe im angefochtenen Bescheid ausschließlich über den auf Zulassung der Lehnviehaufnahme gerichteten Neuregulierungsantrag zu entscheiden gehabt, während der von der Beschwerdeführerin gestellte (und offenbar nach § 8 Abs. 2 lit. a WWSG ebenfalls gültige) Ablösungsantrag in einem eigenen, von der Beschwerdeführerin weiter zu verfolgenden Verfahren zu behandeln wäre, kann hingegen mit der oben geschilderten Rechtslage nicht in Einklang gebracht werden.
Bereits in den der oben angeführten Verordnung vom , BGBl. Nr. 307, zu Grunde gelegenen Erläuterungen der noch aus der Zeit vor dem Ständestaat stammenden Regierungsvorlage für ein entsprechendes Bundesgesetz finden sich nachstehende, im Beschwerdefall bedeutsame Ausführungen (siehe 77 der Beilagen, NR IV. Gesetzgebungsperiode, S. 10):
"zu § 33. Die Überzeugung, dass es notwendig ist, den ganzen Komplex der bei der Regelung dieser meist sehr verwickelten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht kommenden Fragen einer einheitlichen Behörde zu übertragen, ist längst Gemeingut und hat sich auf dem Gebiete der so genannten agrarischen Operationen überall mit Notwendigkeit durchgesetzt. ... Derartige große Operationen der Flurverfassung können zweckmäßigerweise nur in einem Guss von einer mit allen Fachkräften besetzten Behörde und in einem Verfahren durchgeführt werden, in welchem alle rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, die durch die Aktion aufgeworfen werden, einheitlich ausgetragen werden müssen. ..."
Es kommt daher weder auf den Zeitpunkt des Einlangens des Neuregulierungs- bzw. des Ablösungsantrages noch auf den Wortlaut des Einleitungsbescheides an, vielmehr waren die Agrarbehörden im anhängigen, im Sinne der obigen Ausführungen "einheitlichen" Servitutenverfahren verpflichtet, die auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen geeignetste Form einer von der ursprünglichen Regulierungsurkunde abweichenden Neuordnung, sei es im Wege einer Neuregulierung (§§ 9 Abs. 2, 13 ff WWSG), sei es im Wege einer Ablösung (§§ 18 ff WWSG) zu ermitteln und bescheidmäßig anzuordnen, oder gegebenenfalls von einer solchen Neuordnung durch Abweisung der darauf abzielenden Anträge Abstand zu nehmen. Gerade die im Beschwerdefall - schon mit Rücksicht auf das strittige Weidegebiet ebenfalls berührende Weiderechte aus anderen Regulierungsurkunden - gegebene Kompliziertheit der zu regelnden rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse macht deutlich, dass eine allfällige Neuordnung der regulierten Weiderechte, wie im Gesetz vorgesehen, nur in einem einheitlichen Verfahren und nicht unter Ausklammerung vom Gesetz vorgesehener Lösungsmöglichkeiten zu erfolgen hat.
Es trifft auch nicht zu, dass die Rechtsposition der Beschwerdeführerin hinsichtlich der von ihr beantragten Ablösung durch die im angefochtenen Bescheid verfügte Neuregulierung. (Zulassung von Lehnvieh) nicht zu ihrem Nachteil verändert würde. Diese Auffassung der belangten Behörde steht mit dem Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom , Zl. 43-OAS/1971, nicht im Einklang, demzufolge laut Regulierungsurkunde kein fremdes Vieh aufgetrieben werden darf. Die belangte Behörde hat sich in diesem Zusammenhang nur mit der ausschließlich im Falle einer Ablösung in Geld (§ 26 WWSG) relevanten Frage der dauernden Entbehrlichkeit der Rechte für das berechtigte Gut befasst und damit alle anderen im Gesetz vorgesehenen Ablösungsmöglichkeiten unerörtert gelassen. Aber auch dabei ist die belangte Behörde insofern von einer unrichtigen Überlegung ausgegangen, als bei einer allenfalls der Zulassung von Lehnvieh nachfolgenden Behandlung des Ablösungsantrages nicht mehr davon auszugehen wäre, dass die Mitbeteiligten die ihnen zustehenden Weiderechte nicht mehr voll ausnützen, sondern dass sie diese eben im Wege der Lehnviehaufnahme verwerten und sich damit eine möglicherweise für sie wirtschaftlich unentbehrliche Verbesserung der Rentabilität ihrer Güter verschaffen.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage insofern verkannt, als sie meinte, davon ausgehen zu müssen, dass nach den Aktenunterlagen ein Servitutenneuregulierungs- und kein Ablöseverfahren eingeleitet worden sei. Ein mit dem Gesetz zu vereinbarendes Verständnis des Einleitungsbescheides vom bringt aber notwendig mit sich, dass damit das Servitutenverfahren "einheitlich" eingeleitet wurde, sein Abschluss daher nur mit einer alle Möglichkeiten einer Neuordnung mit einbeziehenden Regelung dem Gesetz entsprochen hätte. Die Beschwerdeführerin macht daher mit Recht geltend, dass das Verfahren infolge dieser unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde ergänzungsbedürftig ist, was nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, S. 443, angeführten Entscheidungen) zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 führen musste, ohne dass im derzeitigen Stadium des Verfahrens auf die weiteren Beschwerdegründe näher einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-30757