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VwGH vom 28.01.2003, 2000/14/0063

VwGH vom 28.01.2003, 2000/14/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S Bank AG in N, vertreten durch Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Friedrichstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. RV498/1-6/1999, betreffend Körperschaftsteuer 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Bank erwarb im Juni 1995 griechische Staatsanleihen im Nominalwert von 220 Mio. GRD (das entsprach bei einem Devisenkurs von 4,3865 einem Betrag von 9,650.300 S) zuzüglich Stückzinsen. Für das Jahr 1995 wurden steuerfreie Zinserträge aus griechischen Staatsanleihen in Höhe von 1,144.348,33 S (davon entfallend auf Stückzinsen bis zum Anschaffungstag 195.649,92 S) erklärt. Weiters nahm die Beschwerdeführerin - da der Kurswert der Anleihe zum auf 99,72 und der Devisenkurs auf 4,2 gefallen waren - eine Teilwertabschreibung in Höhe von 436.172 S vor.

Zum verkaufte die Beschwerdeführerin die Anleihen zu einem Kurswert von 98,42 % und einem Devisenkurs von 3,9901803. Daraus ergab sich (bezogen auf den Buchwert zum ) ein Verlust aus der Veräußerung der Anleihen in Höhe von 574.430 S. Für das Jahr 1996 wurden steuerfreie Zinserträge in Höhe von 444.050,67 S erklärt.

Im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, aus Art. 11 Abs. 2 DBA-Griechenland (im Folgenden: DBA) ergebe sich, dass alle Aufwendungen aus der inländischen Besteuerungsgrundlage auszuscheiden seien, die mit der Zinserzielung in einem erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Im gegenständlichen Fall seien in einem Zeitraum von elf Monaten Zinsen in Höhe von 1,588.399 S erzielt worden. Diesen Zinsen stünde ein "im erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehender Aufwand" von 1,206.252 S gegenüber, der den Kapitalertrag geschmälert habe. Solcherart verblieben "wirtschaftliche Zinsen" in Höhe von (lediglich) 382.147 S, die gemäß Art. 11 Abs. 2 DBA steuerfrei zu stellen seien.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen die der Ansicht des Prüfers folgenden Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1995 und 1996, in der sie mit eingehender Begründung beantragte, die Teilwertabschreibung und den Veräußerungsverlust gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Gemäß Art. 11 Abs. 2 DBA seien Zinsen aus griechischen Staatsanleihen in Österreich von der Besteuerung freizustellen. Diese Freistellungsverpflichtung entfalte nicht nur Wirkungen auf den Bruttobetrag der Zinsen, sondern habe auch zur Folge, dass alle Aufwendungen aus der inländischen Besteuerungsgrundlage auszuscheiden seien, die mit der Zinserzielung in einem erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhanges könne nach Ansicht der belangten Behörde nicht nach rein formalen Kriterien vorgegangen werden und ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Aufwand und Ertrag nur deshalb in Abrede gestellt werden, weil sich der Aufwand formalrechtlich als Teilwertabschreibung oder als Verlust bei der Veräußerung der Staatsanleihe darstelle. Die Rentabilität einer ausländischen Kapitalveranlagung hänge nämlich nicht ausschließlich vom erzielbaren Kapitalertrag ab, sondern auch von der Entwicklung des Kapitalstammes. Wenn mit einem Verlust des Kapitalstammes bereits bei der Anschaffung der Anleihe "in der wirtschaftlichen Realität" zu rechnen sei, sei davon auszugehen, dass er "bei ökonomisch-betriebswirtschaftlicher Beurteilung" des durch die Kapitalinvestition zu erzielenden Kapitalertrages bereits miteinkalkuliert worden sei. In diesem Fall kürze der Verlust (Teilwertabschreibung, Veräußerungsverlust) nicht nur den "wirtschaftlich zu erzielenden Kapitalertrag", sondern auch den "steuerlich maßgeblichen Kapitalertrag". Gleiches müsse für eine kurzfristige Kapitalveranlagung gelten, deren Bruttozinsertrag zum Anschaffungszeitpunkt feststehe, wenn wie im Beschwerdefall "die Staatsanleihe auf Grund der innerhalb eines Jahres durchgeführten Veräußerung durch Kurs- und Währungsverluste geschmälert" werde. Der "wirtschaftliche Nettokapitalertrag" betrage somit 382.147 S (Bruttozinsen abzüglich Anschaffungskosten der Stückzinsen, Teilwertabschreibung, Veräußerungsverlust). Dieser Betrag sei nach dem angeführten Artikel des DBA von der Besteuerung freizustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Nach Art. 11 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 39/1972 (im Folgenden: DBA-Griechenland), dürfen Zinsen aus Staatsanleihen eines Vertragstaates nur in diesem Staat besteuert werden. Nach Abs. 5 leg.cit. bedeutet der in Abs. 2 verwendete Ausdruck "Zinsen" (u.a. die gegenständlich in Rede stehenden) "Einkünfte aus öffentlichen Anleihen".

Die Beschwerdeführerin erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, in denen Einkünfte aus (öffentlichen) Anleihen im Sinne des Art. 11 Abs. 2 DBA-Griechenland enthalten sind. Für Zwecke der Anwendung des DBA-Griechenland sind somit die abkommensgemäß steuerfrei zu stellenden "Teil-Einkünfte" aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte herauszuschälen. Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob im Rahmen dieses Herausschälens der auf Grund des DBA-Griechenland in Österreich nicht steuerpflichtigen Zinseinkünfte aus Anleihen die zum vorgenommene Teilwertabschreibung und der im Jahr 1996 realisierte Verlust aus dem Verkauf der Anleihen mit den Zinseinnahmen in Zusammenhang stehen, oder - so die Ansicht der Beschwerdeführerin - mit dem (in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehenden) Vermögensstamm.

Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Wertverlust der Anleihe geht zum einen auf den Umstand zurück, dass die Anleihen zum Nominale gekauft worden sind und in der Folge der Anleihekurs gesunken ist, zum anderen auf den Umstand, dass während der Besitzzeit der Anleihen auch der Devisenkurs der betroffenen Währung gesunken ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit eingehender Begründung in seinen Erkenntnissen vom , 2002/15/0033, und vom , 99/14/0099, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu Recht erkannt hat, können Kurswertänderungen (ausnahmsweise) dann dem Bereich der Erzielung von Zinserträgen zugeordnet werden, wenn die Wertminderung des Vermögensstammes bereits bei Eingehen der Kapitalinvestition feststeht. Ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsansicht, ein "erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang" des Verlustes (am Vermögensstamm) mit der Zinserzielung genüge für die streitgegenständliche Zuordnung, hat die belangte Behörde keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen, nach welchen die später eingetretenen Kursentwicklungen (der Anleihe und der betroffenen Währung) von vornherein mit hoher Wahrscheinlichkeit haben erwartet werden können. Dem u.a. auch zu diesem Punkt erstatteten Beschwerdevorbringen hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nicht näher dargestellte "Erfahrungen im Wirtschaftsleben" entgegen, welche sie zur Ansicht kommen ließen, dass "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" von vornherein mit "derartigen" Verlusten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen davon, dass eine Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann, werden auch in der Gegenschrift keine sachverhaltsbezogenen Umstände aufgezeigt, welche die geltend gemachten Verluste gegenständlich im Sinne der im Erkenntnis vom getroffenen Ausführungen, als "von vornherein sicher oder absehbar" erscheinen ließen.

Der angefochtene Bescheid ist demnach mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelmarken beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 EuroG, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am