VwGH vom 08.07.1993, 92/01/0603

VwGH vom 08.07.1993, 92/01/0603

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der W & Co. in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , Zl. 1/91/Mag. L/P, betreffend Firmenänderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde erließ der Beschwerdeführerin gegenüber den Bescheid vom , dessen Spruch wie folgt lautet:

"Der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat in seiner Sitzung am festgestellt, daß auf Grund der Bestimmungen des § 29 Abs. 2 Z 13 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO), BGBl. Nr. 125/1955, i. d.F. BGBl. Nr. 340/1991, der Firmawortlaut der W & Co. in W & Co. KG abzuändern ist."

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die im Spruch angeführte Novelle der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, durch die § 29 Abs. 2 leg. cit. durch Anfügung der Ziffer 13 ergänzt worden sei, verpflichte solche (Wirtschaftstreuhand)-Gesellschaften, die in ihrem Firmenwortlaut keine auf ihre Rechtsform hinweisende Bezeichnung führten, eine solche dem Firmenwortlaut anzufügen. Dies gelte auch für Gesellschaften, die bereits bestünden. Da die Beschwerdeführerin in ihrem Firmenwortlaut keine auf die Rechtsform hinweisende Bezeichnung führe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom , B 60/92-9, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten Beschwerdeergänzung macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten

"a) auf Fortführung des bisherigen Firmenwortlautes,


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b)
auf fehlerfreie Handhabung der Zuständigkeitstatbestände der WTBO,
c)
auf fehlerfreie Einhaltung der Befugnisse zur Erlassung von Feststellungsbescheiden durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder,
d)
auf fehlerfreie Handhabung des § 29 Abs. 2 Zi. 13 WTBO bei Festlegung des Firmenwortlautes"
verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch die Novelle der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl. Nr. 340/1991 (WTBO), in Kraft getreten am , wurde § 29 leg. cit., der die Überschrift "Zusammenarbeit und Gesellschaftsverhältnisse" trägt, dahin abgeändert, daß dessen Absatz 2 folgende Ziffer 13 angefügt wurde:

"Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften müssen in ihrer Firma diese Bezeichnung führen oder sie ihr beifügen."

Im Bericht des Justizausschusses (132 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP) wurde ausgeführt, daß auf eine Unterscheidung zwischen OHG und KG einerseits und OEG und KEG andererseits nicht habe verzichtet werden können, weil die Personengesellschaften des Handelsrechtes (OHG und KG) Kaufleute seien und daher für die Rechtsbeziehungen mit ihnen Kaufmannsrecht zu gelten habe, was für den, der ihnen im Rechtsverkehr gegenübertrete, erkennbar sein solle.

Gemäß § 2 Abs. 4 Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz, BGBl. Nr. 20/1948, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 340/1991 (WTKG), obliegt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder im übertragenen Wirkungsbereich:


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"a)
Die öffentliche Bestellung von physischen Personen zu Wirtschaftstreuhändern;
b)
die Anerkennung juristischer Personen und Personengemeinschaften zur Berufsausübung;
c)
die Eintragung der unter lit. a und b angeführten Personen (Gesellschaften) in die Liste der Wirtschaftstreuhänder;
........
f)
die Besorgung sonstiger Angelegenheiten, die der Kammer durch Gesetz übertragen werden."

Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, aus dem Fehlen von Übergangsbestimmungen in der Novelle 1991 der WTBO sei zwingend darauf zu schließen, daß eine planwidrige Gesetzeslücke vorliege, die durch Analogie insbesondere zu § 266 Aktiengesetz zu schließen sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß aus dem Fehlen von Übergangsbestimmungen in einer Gesetzesnovelle keinesfalls zwingend auf eine planwidrige Gesetzeslücke geschlossen werden kann. Vielmehr folgt aus dem Fehlen von Übergangsbestimmungen lediglich, daß mit Inkrafttreten der jeweiligen Gesetzesnovelle die neue Rechtslage anzuwenden ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg.N.F.Nr. 11.237/A). Dies bedeutet für den Beschwerdefall, daß auch die Beschwerdeführerin als bereits bestehende Wirtschaftstreuhandgesellschaft seit Inkrafttreten der WTBO-Novelle 1991 verpflichtet ist, da sie in der Rechtsform einer Personengesellschaft des Handelsrechtes besteht, diese Bezeichnung ihrer Firma beizufügen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich inhaltlich als Leistungsbescheid. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die in der Beschwerde angestellten Überlegungen zur Frage der Zulässigkeit eines von der belangten Behörde erlassenen Feststellungsbescheides.

Aus der angeführten Bestimmung des Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetzes ergibt sich, daß die belangte Behörde zwar berufen ist, juristische Personen und Personengemeinschaften als zur Berufsausübung befugt anzuerkennen und in die Liste der Wirtschaftstreuhänder einzutragen, doch kann eine Befugnis der belangten Behörde, den Firmenwortlaut ihrer Mitglieder zu ändern oder verbindlich festzulegen, weder diesen Bestimmungen entnommen noch davon ausgegangen werden, daß der belangten Behörde im Sinne des § 2 Abs. 4 lit. f Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz die Besorgung einer solchen Angelegenheit durch Gesetz übertragen worden wäre. Vielmehr trifft die Verpflichtung zur Anpassung ihres Firmenwortlautes an die geänderte Gesetzeslage die Beschwerdeführerin selbst, wobei die beharrliche Nichtbefolgung des gesetzlichen Anpassungsbefehls allenfalls von der belangten Behörde zum Anlaß disziplinärer Maßnahmen genommen werden könnte.

Der Beschwerdeführerin ist auch insoweit beizupflichten, als sie die Auffassung vertritt, dem Gesetz sei keine Ermächtigung der belangten Behörde zur Auswahl einer bestimmten Form des Hinweises auf die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Personengesellschaft des Handelsrechtes zu entnehmen.

Die belangte Behörde hat in ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Gegenschrift geltend gemacht, sie habe die Rechtsgrundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides in § 20 WTBO in Verbindung mit § 2 WTKG und mit § 29 WTBO erblickt. Gemäß § 20 Abs. 1 WTBO erlangen physische Personen das Recht zur Berufsausübung durch öffentliche Bestellung, juristische Personen und Personengemeinschaften durch Anerkennung seitens der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Über die Bestellung (Anerkennung) wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine Urkunde ausgefolgt. Auch aus dieser Gesetzesstelle kann nicht der Schluß gezogen werden, daß die belangte Behörde über den Bereich der Anerkennung hinaus auch befugt wäre, auszusprechen, daß der Firmenwortlaut eines ihrer Mitglieder - mag dieser auch der geänderten Rechtslage nicht mehr entsprechen - zu ändern oder zu berichtigen sei.

Da die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Kompetenz zur verbindlichen Anordnung einer bestimmten Änderung des Firmenwortlautes der Beschwerdeführerin in Anspruch genommen hat, die ihr nicht zukam, mußte dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.