VwGH vom 27.01.1983, 81/15/0101
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde der X-Handesgesellschaft m. b.H. in W, vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Dr. Klaus Hoffmann und Dr. Karl, Preslmayr, Rechtsanwälte in Wien I, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7- 1483/9/81, betreffend Zahlungserleichterungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen um Zahlungserleichterungen an das Finanzamt für Körperschaften in Wien vom 7. März, 3. Mai, 24. Juli und und 9. April, 11. Juli und ersuchte die beschwerdeführende Partei um Stundung ihres damals jeweils in wechselnder Höhe aushaftenden Abgabenrückstandes bzw. von Teilen hievon (geringster hievon betroffener Rückstand: S 1,046.267,90) bis zur Erledigung verschiedener Rechtsmittel (im besonderen angeführt: bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der auf einer Schätzung beruhenden Umsatzsteuerangelegenheit des Jahres 1973). Die Ansuchen wurden damit begründet, daß die beschwerdeführende Partei seit Jahren mit Verlust arbeite und ein großes Minuskapital aufweise. Die vorgenommene Schätzung der Abgabenbemessungsgrundlagen sei unbegründet gewesen. Die Entrichtung der Abgaben würde zum Zusammenbruch des Unternehmens führen.
Das Finanzamt wies diese Stundungsansuchen mit einem am zugestellten Bescheid ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bezeichnete die beschwerdeführende Partei die Schätzung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen als unrichtig und wies darauf hin, daß ihr bei sofortiger Einbringung des Abgabenrückstandes nichts anderes übrig bliebe, als sofort beim zuständigen Gericht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.
In ihrem nach Erlassung einer abweislichen Berufungsvorentscheidung gestellten Antrag auf Vorlage der Berufung, der Abgabenbehörde zweiter Instanz sprach die beschwerdeführende Partei von einer bewußt überhöhten Schätzung, die den Charakter einer "Strafsteuer" habe. Die weitere Fortsetzung behördlicher Zwangsmaßnahmen hätte die Insolvenz der beschwerdeführenden Partei zur Folge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung ihrer Entscheidung stellte sie das Vorliegen einer Unbilligkeit in Abrede und führte aus, daß aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschuld zu ersehen sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluß vom , (B 205/78), der Beschwerde der beschwerdeführenden Partei die Gewährung der aufschiebenden Wirkung wegen Entgegenstehens zwingender öffentlicher Interessen versagt. Auch könne keinesweges mit Sicherheit angenommen werden, es werde eine antragsgemäße Erledigung der Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof erfolgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich darin "in ihrem Recht auf Stundung gemäß § 212 BAO verletzt".
Die belangte Behörde hat den die Zahlungserleichterungen betreffenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 151/1980 kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.
Eine der rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen im Sinne der eben zitierten Rechtsvorschrift ist sohin schon nach deren Wortlaut, daß die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird (vgl. diesbezüglich auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der insofern durch die angeführte Novelle nicht geänderten Fassung des § 212 Abs. 1 BAO, beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2717, 3031, 2719 und 3032/79).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde unter anderem die eben erwähnte Voraussetzung für die von der beschwerdeführenden Partei begehrte Stundung nicht als gegeben erachtet. Sie hat sich hiebei auf die eingangs in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen, von der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren selbst stammenden Angaben gestützt.
Die beschwerdeführende Partei meint zu dieser Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Bescheid, daß sie allein nicht genüge, die inhaltliche Versagung einer Stundung zu rechtfertigen. Bei einer ungerechtfertigten Abgabenbelastung in Höhe von rund 2/5 eines Jahresumsatzes seien Liquiditätsschwierigkeiten erklärlich. Für jedes Unternehmen gebe es eine Grenze, bei deren Überschreitung die vorhandene Liquidität nicht mehr ausreiche. Sei eine Abgabenvorschreibung nur hoch genug, dann müßte die Stundung wegen Gefährdung der Einbringlichkeit verneint werden. Eine solche Auslegung widerspreche aber dem Sinn der Vorschrift des § 212 Abs. 1 BAO.
Aus dem eben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen geht hervor, daß die beschwerdeführende Partei die von der belangten Behörde angenommene Gefährdung der Einbringlichkeit im Falle der beantragten Stundung nur im Hinblick darauf in Frage stellt, daß der hohe, auf ihrem Abgabenkonto aushaftende Abgabenrückstand auf Grund einer unrichtigen Abgabenfestsetzung zustandegekommen sei. Nun ist es zwar richtig, daß die Verweigerung einer Zahlungserleichterung nicht auf die Gefährdungsklausel gestützt werden kann, wenn die Gefährdung der Einbringlichkeit sich aus willkürlichen Maßnahmen von Abgabenbehörden ergibt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1745/74, Slg. Nr. 4866/F, betreffend Nichtanwendbarkeit der Gefährdungsklausel im Falle einer exzessiven, für den Abgabepflichtigen nicht tragbaren Besteuerung - Erdrosselungssteuer). Anhaltspunkte in dieser Richtung bestehen jedoch im Beschwerdefall nicht. Die bloße Behauptung der beschwerdeführenden Partei über die Unrichtigkeit der Schätzung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer des Jahres 1973 rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme, die belangte Behörde habe die Voraussetzungen für die abweisliche Entscheidung über Ansuchen um Zahlungserleichterungen durch bewußt überhöhte Abgabenfestsetzungen unzulässigerweise selbst geschaffen. Solche Umstände gegebenenfalls aber anzuführen, hätte der beschwerdeführenden Partei oblegen, da es Sache des Abgabepflichtigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, ist, selbst das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1814/69, Slg. Nr. 4215/F).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat. Auch ein wesentlicher Verfahrensmangel ist der belangten Behörde im Hinblick darauf, daß sie sich bei ihrer Entscheidung auf die Angaben der beschwerdeführenden Partei gestützt hat, nicht anzulasten.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen werden, da die Schriftsätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.
Wien, am