VwGH vom 25.03.1971, 1718/69
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Schima, Dr. Reichelt und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschwerde der XY reg.Gen.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Emil Riemer, Rechtsanwalt in Wien XII, Schönbrunnerstraße 230, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA VIII 1396/2/69, betreffend Gebühr von Zessionen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund zweier amtlicher Befunde erhielt das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien von zwei Schreiben der beschwerdeführenden Partei Kenntnis, mit denen dem Magistrat der Stadt Wien gemäß § 1396 ABGB jeweils zur Kenntnis gebracht wurde, dass ein bestimmter Gemeindeangestellter sein ihm gegen die Bundeshauptstadt Wien zustehendes Forderungsrecht "auf fortlaufende Lohn-Gehaltszahlung" der beschwerdeführenden Partei abgetreten hat. In den Schreiben ist ferner jeweils festgehalten, dass diese Abtretung der Sicherung eines dem jeweiligen Zedenten (Gemeindeangestellten) gewährten Personal-Barkredites von S 10.920,-- bzw. S 23.760,-- diente. Die beschwerdeführende Partei ersuchte in diesem Schreiben noch, auf der mitfolgenden Gleichschrift dieser Anzeige die vollzogene Vormerkung und den Vormerkungsrang der Abtretung zu bestätigen und die Gleichschrift sodann an sie rückzuleiten. Die Schreiben wurden von der beschwerdeführenden Partei und dem Zedenten unterfertigt. Das zuständige Finanzamt forderte mit Bescheid vom für beide Schreiben und deren Gleichschriften gemäß § 33 Tarifpost 21 Abs. 1 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, (GebGes), von der beschwerdeführenden Partei Rechtsgebühren in Höhe von 2 mal S 218,-- und 2 mal S 475,--, zusammen S 1.386,--, an, wobei es der Bemessung, jeweils den Wert der durch die Zessionen besicherten "Personalkredite" zu Grunde legte.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, da ihrer Meinung nach die Gebührenanforderung zu Unrecht erfolgt sei. Die mit den vorgenannten Personen abgeschlossenen Zessionsverträge seien im Korrespondenzwege, und zwar durch gesonderte Anbote und Annahmeerklärungen begründet worden und genössen daher gemäß § 15 Abs. 2 GebGes bedingte Gebührenfreiheit. Die schriftliche Anzeige der Zessionen an den Magistrat der Stadt Wien führte zu keinem amtlichen Gebrauch der Zessionsurkunde. Denn die Behörde trete auf Grund dieser Anzeige dem Einschreiter auf dem Gebiete des Privatrechtes entgegen. Im übrigen habe die beschwerdeführende Partei seinerzeit im Jahre 1958 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vorsorglich die Anfrage gerichtet, ob die in Verwendung genommenen Zessionsanzeigen einer Gebührenpflicht unterliegen. Dies sei damals verneint worden. Im übrigen werde die Gebührenanforderung vorsorglich auch der Höhe nach bekämpft. Bei einer der beiden Anzeigen sei Personalkredit in der Höhe von S 23.760,-- angegeben worden, tatsächlich sei jedoch nur ein Betrag von S 20.000,-- zugezählt worden, die Differenz entfalle auf eine Kreditgebühr, sodass in diesem Falle nur S 20.000,-- Bemessungsgrundlage bildeten,.
Das Finanzamt erließ am eine Berufungsvorentscheidung, mit der es das Rechtsmittel der beschwerdeführenden Partei abwies, doch stellte diese den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Mit Bescheid vom hat sodann die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung endgültig als unbegründet abgewiesen und hiezu im wesentlichen ausgeführt: Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2171/65, sei eine schriftliche Verständigung des debitor cessus durch den Zedenten von der Forderungsabtretung an den Zessionar als gebührenpflichtige Zessionsurkunde zu werten. Das gleiche müsse daher - wie im vorliegenden Fall - für ein auch vom Zedenten unterfertigtes Verständigungsschreiben des Zessionars gelten. Gemäß § 17 GebGes sei für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgebend und gemäß § 25 Abs. 1 GebGes unterlägen grundsätzlich auch Gleichschriften - von der Begünstigungsvorschrift des Abs. 2 abgesehen - der Gebühr. Umsomehr seien demnach alle weiteren Beurkundungen ein und desselben Rechtsgeschäftes gebührenpflichtig. Im gegenständlichen Falle seien somit die Zessionsmitteilungen, welche neben der Zessionsvaluta auch das der Zession zu Grunde liegende Rechtsgeschäft enthielten, als neuerliche gebührenpflichtige Beurkundungen der Gehaltszession anzusehen, denen allein schon im Hinblick auf ihre volle Beweiskraft kein ausschließlich narrativer Charakter beigemessen werden könne. Da nach dem im Gebührengesetz herrschenden Urkundenprinzip die Gebühr so oft zu entrichten sei, als rechtsbezeugende Urkunden über ein Rechtsgeschäft errichtet würden, komme auch dem Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf die schon vorher in Form von Anbot und Annahme abgeschlossenen Zessionsverträge keine Bedeutung zu. Desgleichen könne auch der Umstand, dass im vorstehend geschilderten Fall der ausgezahlte Darlehensbetrag nur S 20.000,-- betragen habe, keine andere rechtliche Beurteilung bewirken, weil für die Gebühr gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 3 GebGes ausschließlich die beurkundete Zessionsvaluta maßgebend sei. Im erwähnten Fall entspreche diese aber zweifellos dem Wert der gesamten sichergestellten Forderung (S 23.760,--).
Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, in der die beschwerdeführende Partei die Gebührenpflicht der Anzeigeschreiben bestreitet, die Höhe der Bemessungsgrundlage jedoch nicht mehr anficht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Gemäß § 33 TP. 21 GebGes sind Zessionen oder Abtretungen überhaupt von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr unterworfen, sofern über ein solches Rechtsgeschäft eine Urkunde errichtet wird (§ 15 Abs. 1 GebGes). Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebGes entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.
Die beschwerdeführende Partei vertritt die Ansicht, dass die streitgegenständlichen Schreiben keine Gebührenpflicht auslösten. Hiebei räumt sie zwar ein, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen immer wieder dargelegt habe - nicht nur rechtserzeugende, sondern auch rechtsbezeugende Urkunden einer Rechtsgebühr unterliegen. Hiemit gibt sie zu erkennen, dass sie den strittigen Verständigungsschreiben den Charakter von rechtsbezeugenden Urkunden grundsätzlich nicht abspricht. Sie führt jedoch weiter aus, dass eine Gebührenpflicht dann nicht gegeben sei, wenn neben der rechtsbezeugenden auch eine rechtserzeugende Urkunde über eben dasselbe Rechtsgeschäft verfasst worden sei und der rechtserzeugenden Urkunde Gebührenfreiheit gemäß § 15 Abs. 2 GebGes zukomme. Im vorliegenden Fall sei unbestritten, dass die Zessionen durch Korrespondenzverträge zu Stande gekommen und sohin gebührenfrei seien. Da nun aber die Zession, soll sie ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zweck erfüllen können, ein Denunziationsschreiben an den debitor cessus voraussetze, müsse sich die für den Abschluss der Zession gegebene Gebührenbefreiung auch auf das Verständigungsschreiben erstrecken, da sonst die im § 15 Abs. 2 GebGes vorgesehene Gebührenbefreiung in diesem Fall inhaltsleer erscheine.
Diesem Beschwerdevorbringen kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen immer wieder nicht nur die Gebührenpflicht von rechtsbezeugenden Urkunden bejaht, sondern auch ausgesprochen, dass eine Gebührenpflicht auf Grund der Bestimmung des § 15 Abs. 1 GebGes so oft zu bejahen ist, als über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde errichtet wird, sodass ein und dasselbe Rechtsgeschäft mehrfach der Gebühr unterliegen kann, wenn darüber im Laufe der Zeit eine rechtserzeugende und eine rechtsbezeugende Urkunde oder mehrere rechtsbezeugende Urkunden errichtet werden (vgl. das schon von der belangten Behörde in der von dieser im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Gegenschrift zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 901/54). Diese Rechtsmeinung ist nicht zuletzt aus § 25 GebGes abzuleiten. Nach dieser Gesetzesstelle unterliegt sogar von mehreren Gleichschriften derselben Urkunde jede Gleichschrift für sich selbstständig der Gebühr, sofern nicht eine der in den Abs. 2 und 3 dieser Gesetzesstelle festgelegten Bedingungen im Einzelfalle gegeben ist. An der Gebührenpflicht rechtsbezeugender Urkunden über das Rechtsgeschäft ändert auch der Umstand nichts, dass die rechtserzeugende Urkunde über das Rechtsgeschäft auf Grund des § 15 Abs. 2 GebGes gegebenenfalls nicht der Gebühr unterliegt, da zur Beurteilung der Gebührenpflicht einer Urkunde jeweils nur deren Inhalt maßgebend ist (§ 17 Abs. 1 GebGes). Die vorliegenden Verständigungsschreiben machen nun in zweifelsfreier Weise Beweise über die zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Zedenten abgeschlossenen Zessionen, es kann aus ihnen das der jeweiligen Zession zu Grunde liegende Rechtsgeschäft sowie die Zesssionsvaluta entnommen werden. Da die Schreiben unbestrittenermaßen sowohl vom Zedenten als auch von der beschwerdeführenden Partei unterfertigt wurden, ist die Gebührenpflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebGes entstanden. Hinsichtlich der Frage der Gebührenpflicht von Verständigungsschreiben an den debitor cessus sei im übrigen noch unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1184/69, verwiesen. Die belangte Behörde hat sohin das Gesetz nicht verletzt, wenn sie die Gebührenpflicht der gegenständlichen Verständigungsschreiben bejaht hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die belangte Behörde hat für den Fall ihres Obsiegens den Ersatz von Aufwendungen in Höhe von S 390,-- (für Schriftsatzaufwand S 330,-- und für Vorlageaufwand S 60,--) begehrt. Diesem Antrag war gemäß §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4, im begehrten Ausmaße zu entsprechen. Die Festsetzung der Leistungsfrist gründet sich auf § 59 Abs. 4 VwGG 1965.
Wien, am