VwGH vom 30.10.1964, 1718/63
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde des Ing. Hans K in O gegen die Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat, vom , Zl. 1/13/2-BH/63, betreffend Einkommensteuer 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erwarb mit Kaufvertrag vom eine landwirtschaftliche Liegenschaft größeren Ausmaßes, aus welcher im Laufe des Jahres 1960 einige Grundstücke durch Parzellierung ausgeschieden und mit den Kaufverträgen vom bzw. an die Eheleute Constantin und Emilie B. bzw. Dr. Hans und Edith H. veräußert wurden. Die dabei sich ergebenden Veräußerungsgewinne (deren Höhe unbestritten ist) unterwarf das Finanzamt anlässlich der Steuerveranlagung für das Jahr 1960 als Gewinne aus Spekulationsgeschäften gemäß § 23 EStG der Einkommensteuer.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er bestritt, dass es sich im vorliegenden Fall um Spekulationsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG gehandelt habe. Die betreffenden Veräußerungsverträge seien zwar noch innerhalb der zweijährigen "Spekulationsfrist" ab Erwerb der Liegenschaft geschlossen worden; man habe jedoch die Wirksamkeit dieser Verträge auf den 2. bzw. abgestellt, indem, man in die Kaufverträge folgende Klausel aufgenommen habe: "Die Rechtsgültigkeit dieses Vertrages tritt erst am 2. (3.) September 1960 ein und es tragen von diesem Tage angefangen die Käufer Gefahr und Zufall, Steuern und Abgaben, aber auch Nutzen und Vorteil."
Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers dem angefochtenen Bescheide keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung im wesentlichen damit, dass das schuldrechtliche Anschaffungsgeschäft unbestrittenermaßen mit Kaufvertrag vom erfolgt sei. Durch die vorgelegten notariellen Kaufverträge vom und sei der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäftes erwiesen, da ein Vertrag nach § 861 ABGB durch den übereinstimmenden Willen beider Vertragsteile zustandekomme. Diese für den Abschluss eines Vertrages erforderliche übereinstimmende Willenserklärung sei durch die Unterfertigung der Kaufverträge erfolgt. Damit habe sich der Beschwerdeführer verpflichtet, die in den Verträgen bezeichneten Grundstücke zu übergeben, und die Käufer hätten sich ihrerseits verpflichtet, den Kaufpreis zu entrichten. Die Bestimmung, dass die Rechtsgültigkeit des Vertrages erst am 2. bzw. eintrete und dass ab diesem Tage die Käufer Gefahr und Zufall, Steuern und Abgaben, aber auch Nutzen und Vorteil hätten, besage noch nicht, dass erst ab diesem Tag ein Kaufvertrag geschlossen worden sei, sondern könne nur dahin verstanden werden, dass die Erfüllung dieses Vertrages mit diesem Zeitpunkt eintrete. Da für die Berechnung der im § 23 Abs. 1 Z. 1 vorgesehenen Frist nur der Zeitpunkt des Entstehens der schuldrechtlichen Verpflichtung maßgebend sei, könne dem Datum 2. bzw. für die Fristberechnung keine Bedeutung zukommen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG (in der für das Jahr 1960 geltenden Fassung) sind Spekulationsgeschäfte bei Grundstücken jene Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt.
Es braucht somit dem Steuerpflichtigen im Einzelfall eine Spekulationsabsicht nicht nachgewiesen werden, da schon die bloße Tatsache, dass er Grundstücke innerhalb von zwei Jahren seit der Anschaffung weiterveräußert, die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes begründet. Dabei geht der Gesetzgeber von der allgemeinen Lebenserfahrung aus, dass jemand, der ein Grundstück bereits binnen zwei Jahren mit Gewinn weiterveräußert, offenbar von allem Anfang an den Gewinn bringenden Wiederverkauf des Grundstückes im Auge hatte. Unter diesem Aspekte kann aber unter "Veräußerung" nicht - wie der Beschwerdeführer meint - der Übergang von Gefahr und Nutzen an der verkauften Liegenschaft vom Verkäufer auf den Käufer oder gar erst die grundbücherliche Durchführung des Kaufes gemeint sein, sondern vielmehr jene Willensäußerung des Verkäufers, durch welche sich dieser unwiderruflich verpflichtet, dem Käufer das Grundstück zu übergeben und das Eigentum darum zu verschaffen (vgl. § 433 DBGB; §§ 1054/861 ABGB). Da ist aber bereits im Zeitpunkte des Abschlusses des Kaufvertrages der Fall, der mit der Einigung über Sache und Preis perfekt ist (vgl. Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil, S. 14). "Veräußerung" liegt also bereits mit der Perfektion des Kaufes vor, nicht erst mit der Erfüllung bzw. Durchführung des Kaufvertrages.
Diese Auffassung entspricht auch der einheitlichen Lehre und Praxis, in welcher nur gelegentlich Zweifel drüber bestanden, ob auch schon bei einem noch nicht rechtsverbindlichen Vertrag bereits von einer "Veräußerung" gesprochen werden könne (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1933, S. 477). Dagegen herrschte stets Einhelligkeit darüber, dass bei Vorhandensein eines bereits rechtsverbindlichen Kaufvertrages jedenfalls eine Veräußerung vorliegt (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1933, S 424; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Auflage, S. 1327; Littmann, Einkommensteuerrecht, 7. Auflage, S. 1314; Hennig, Ermittlung des Zeitraumes zwischen Anschaffung und Veräußerung, DStBl. 1942, Nr. 4, S. 70).
Da der angefochtene Bescheid gleichfalls auf dieser Rechtsansicht beruht, erweist sich die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Rechtsrüge als urberechtigt, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am