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VwGH vom 20.09.1983, 81/14/0181

VwGH vom 20.09.1983, 81/14/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich, über die Beschwerde der WA in G, vertreten durch DDr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, Jungferngasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat 1) vom , Zl. B 166- 2/80, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1978, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde für das Jahr 1978 erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid machte sie indes Kosten für das Studium ihres Sohnes an der Harvard-Universität (USA) von insgesamt S 78.654,-- als außergewöhnliche Belastung geltend. Die in Ablichtung angeschlossenen Überweisungsaufträge weisen als Auftraggeber den Ehegatten der Beschwerdeführerin aus.

In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes führte die Beschwerdeführerin ergänzend aus, ihr Sohn absolviere an der Harvard-Universität einen "2-Jahreskurs Business Administration". Ein gleichartiges Studium sei in Österreich nicht möglich. Die internationalen Firmen, bei denen sich ihr Sohn beworben habe, verlangten neben den Sprachkenntnissen den Harvard-Studienabschluß. Mit dem bereits erlangten österreichischen juridischen Doktorat allein sei die von ihrem Sohn angestrebte "internationale Berufslaufbahn" nicht möglich. Da zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten mit Notariatsakt Gütergemeinschaft vereinbart worden sei, könne jeder Elternteil mit Wirkung für den anderen Elternteil Unterhaltszahlungen leisten.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies damit, daß die Unterhaltspflicht der Eltern nicht so weit gehe, "das Studium ihres Sohnes über das Doktorat hinaus zu finanzieren, um ihm eine internationale Berufslaufbahn zu ermöglichen". Überdies seien die Aufwendungen vom Ehegatten der Beschwerdeführerin getragen worden.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. § 140 ABGB verpflichte die Eltern zur Deckung der Bedürfnisse ihres Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Daraus ergebe sich, daß die Eltern verpflichtet seien, einem begabten Kind "die beste Ausbildung zu ermöglichen". Der Sohn der Beschwerdeführerin habe im Jahr 1977 "auf Vorschlag seiner Grazer Universitätsprofessoren damals als einziger Österreicher über die Fulbright-Organisation die Möglichkeit bekommen, ein Jahr in USA mit freier Wahl der Universität zu studieren". Im Jahr 1978 habe sich die weitere Möglichkeit ergeben, das bereits in Graz (als zweites Studium) begonnene Studium der Betriebswirtschaft an der Business School der Harvard-Universität in vier Semestern zu beenden und gleichzeitig seine Englischkenntnisse zu verbessern. Es wäre unverantwortlich gewesen, diese einmalige Chance, "nämlich das Studium an der anerkannt besten Wirtschaftshochschule der Welt zu beenden", nicht zu nützen. Schon jetzt habe der Sohn 12 Firmenangebote, während Absolventen der Grazer Universität in vielen Fällen keinen Arbeitsplatz fänden.

In der mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Ehegatte der Beschwerdeführerin vor, die Mittel für den Lebensunterhalt der Familie seien aus dem Vermögen aufgebracht worden. Die Kosten für das Studium des Sohnes seien ebenfalls aus dem gemeinsamen Vermögen beider Ehegatten bzw. aus den Einkünften der Beschwerdeführerin getragen worden.

Die belangte Behörde wies die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, die Aufwendungen für das Studium des Sohnes der Beschwerdeführerin seien zwar "dem Grunde nach sowohl außergewöhnlich als auch zwangsläufig", der Höhe nach jedoch nicht zwangsläufig erwachsen. Die Beschwerdeführerin habe nämlich im Jahr 1978 nur über äußerst geringfügige Einkünfte verfügt, "die bestenfalls für die Bestreitung des Lebensunterhaltes und für geringfügige persönliche Bedürfnisse" ausgereicht hätten. Wenn sie trotzdem imstande gewesen sei, diese Aufwendungen zu tragen, so könne dies nur aus vorhandenem Vermögen geschehen sein.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 EStG mindern außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, auf Antrag die Einkommensteuerbemessungsgrundlage. Außergewöhnlich ist eine Belastung dann, wenn es sich dabei um größere Aufwendungen handelt als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (Abs. 2 der zitierten Bestimmung). Zwangsläufig entsteht eine Belastung dann, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3 der zitierten Bestimmung).

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, daß sie gemäß § 140 ABGB verpflichtet gewesen sei, ihrem Sohn im Hinblick auf dessen Begabung "die beste Ausbildung zu ermöglichen". Dies sei nur dadurch zu erreichen gewesen, daß ihr Sohn nach Erlangung des juridischen Doktorates das in Graz begonnene Studium der Betriebswirtschaft mit einem 4-semestrigen Studium an der Business School der Harvard-Universität fortgesetzt und schließlich (unter Anrechnung des ausländischen Studiums) als Magister der Betriebswirtschaft abgeschlossen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht nicht. Weder die gesetzliche Unterhaltspflicht gemäß § 140 ABGB noch eine sittliche Pflicht gebieten den Eltern, ihr Kind an einer ausländischen (Hoch)Schule studieren zu lassen, wenn das gewählte Studium mit wesentlich geringeren Kosten auch an einer inländischen (Hoch)Schule absolviert werden kann. Es sei dahingestellt, ob die Beschwerdeführerin überhaupt verpflichtet war, ihrem Sohn nach Abschluß des Rechtswissenschaftlichen Studiums noch das Studium der Betriebswirtschaft zu finanzieren. Jedenfalls war sie nicht verpflichtet, für Zwecke dieser weiteren Berufsausbildung die Kosten eines 4-semestrigen Studiums in den Vereinigten Staaten von Amerika auf sich zu nehmen, da das Studium der Betriebswirtschaft zweifelsfrei auch an der Universität Graz, wo es begonnen worden war, in seinem vollen Umfang möglich gewesen wäre. Damit soll nicht bestritten werden, daß ein Studienaufenthalt im Ausland für das Ausbildungsniveau und die spätere Berufslaufbahn des Ausgebildeten von Vorteil sein kann. Es läßt sich aber nicht von jedem Vorteil, den Eltern ihren Kindern angedeihen lassen, sagen, daß die Eltern mit den dadurch verursachten Kosten zwangsläufig belastet werden. Vielmehr ist es durchaus üblich, daß die Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihres Kindes neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen.

Da sohin den Aufwendungen der Beschwerdeführerin für das Auslandsstudium ihres Sohnes das Merkmal der Zwangsläufigkeit und damit eine Voraussetzung für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung im Sinne des § 34 EStG mangelt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen, ohne daß es noch erforderlich war, auf die Argumentation der belangten Behörde einzugehen, die die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin zum Gegenstand hat. Ebenso erübrigte sich eine Prüfung der Frage, inwieweit das im Jahr 1978 erzielte Einkommen der Beschwerdeführerin durch die genannten Aufwendungen belastet war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am