VwGH vom 10.01.1958, 1429/56
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Dorazil, Dr. Schimetschek und Dr. Eichler als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des WE in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI - 580 - 1955, betreffend Haftung für Lohnsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Im Zuge einer beim Beschwerdeführer durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass an dem am aus dem Unternehmen des Beschwerdeführers ausgeschiedenen Angestellten Dr. S. im Dezember 1953 eine Umsatzprovision in der Höhe von 31.268 S ausbezahlt worden ist. Diese Provision wurde vom Beschwerdeführer dem Steuerabzug mit den festen Sätzen des § 40 des Einkommensteuergesetzes 1939 (EStG) unterworfen und eine Lohnsteuer von 11.674,73 S einbehalten. Der Prüfer erblickte in dem Bezug einen laufenden Arbeitslohn des Jahres 1953 und rechnete ihn mit je einem Neuntel dem Arbeitslohn der Monate Jänner bis September des Dr. S. zu. Er stellte der für diesen Zeitraum errechneten Lohnsteuer die tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer gegenüber und gelangte auf diesem Weg zu einer Nachforderung von 3.200,94 S, die das Finanzamt dem Beschwerdeführer zusammen mit einer außer Streit stehenden Abfuhrdifferenz vorschrieb. Der Beschwerdeführer erhob Berufung (richtig Beschwerde). Es handle sich bei den an Dr. S nach seinem Ausscheiden aus den Diensten des Beschwerdeführers bezahlten Provisionen um einen Bezug, der im Sinne des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 93.515/9- 51, (verlautbart im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung V. Jahrgang Nr. 53) mit den festen Steuersätzen des § 40 Abs. 1 EStG ohne Anwendung der "Sechstel Bestimmung" des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle zu versteuern gewesen wäre. Daraus ergebe sich eine Überzahlung an Lohnsteuer, deren Anrechnung er begehre. Im Falle einer abweislichen Erledigung seines Begehrens beantrage er, da es sich um eine Provisionsnachzahlung für 1952 handelt, eine Aufrollung der Steuerberechnung bis in das Jahr 1952. In einer Stellungnahme zu diesen Berufungsausführungen gab der Prüfer bekannt, dass er, abweichend von seinen ursprünglichen Ermittlungen, nunmehr festgestellt habe, dass die bezahlte Umsatzprovision das Jahr 1952 betreffe. Es sei daher der für das Jahr 1952 durchgeführte Jahresausgleich zu berichtigen. Daraus ergebe sich eine Lohnsteuernachforderung von 2.914,37 S. Gegen den entsprechend der Rechtsansicht des Prüfers ergangenen, dem Rechtsmittel teilweise stattgebenden Einspruchsbescheid beantragte den Beschwerdeführer die Entscheidung der Finanzlandesdirektion. Ergänzend führte er aus, Bezüge, die Tantiemencharakter haben und einmal im Jahr bezahlt werden und von der Umsatzhöhe abhängig sind, gehörten nicht zum laufenden Arbeitslohn. Die in Rede stehende Umsatzprovision sei ein Bezug, der neben den laufenden Bezügen gewährt wurde. Die belangte Behörde folgte der Meinung des Prüfers und setzte nach einer Neuberechnung des für 1952 durchgeführten Jahresausgleiches die Nachforderung auf 3.155,36 S herab, wies aber im übrigen die Beschwerde ab. Der Beschwerdeführer habe mit Wirkung vom Dr. S. für das Jahr 1952 eine Umsatzprovision von 1 % des im Jahre 1952 getätigten Umsatzes zugesagt. Diese Provision sei also ein Bestandteil des Arbeitslohnes und müsse für die Bemessung der Lohnsteuer auf dem laufenden Arbeitslohn mit dem Betrag zugerechnet werden, der sich aus den jeweiligen Umsatzsteueraufzeichnungen des Kalendermonates ergebe. Wenn auch die Provision erst nach Jahresende in einem Betrag ausbezahlt worden sei, so bilde doch der monatlich feststellbare Monatsprovisionsanspruch einen Teil des monatlich zu zahlenden Arbeitslohnes. Für beide Bezugsteile sei der Kalendermonat der Lohnzahlungszeitraum. Die nachträgliche Auszahlung eines Bezugsteiles in einem Betrag sei nur eine steuertechnische Maßnahme, um diesen Bezug als sonstigen Bezug mit den festen Sätzen des § 40 EStG besteuern zu können. Einer solchen Vereinbarung komme gemäß § 6 StAnpG keine die Steuerpflicht mindernde Wirkung zu. Die Provision sei daher richtig wie eine Nachzahlung auf den laufenden Jahreslohn des Jahres 1952 aufzuteilen gewesen.
Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer die nachträgliche Aufrollung der Bezugsverrechnung für Dr. S. für 1952 und verlangt die Besteuerung der Umsatzprovision mit den festen Sätzen des § 40 EStG. Die Provision stelle eine Belohnung für die Tätigkeit des Dr. S. im Unternehmen des Beschwerdeführers dar, deren Höhe nach dem Umsatz bemessen werde, und habe Tantiemencharakter. Solche Tantiemen entsprechend einer Jahrhunderte alten kaufmännischen Übung vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens (Umsatz oder Gewinn) abhängig zu machen, stelle keinesfalls einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts dar.
Über die Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgebenden Lohnsteuervorschriften unterscheiden bei der Besteuerung zwischen den laufenden und sonstigen Bezügen. Laufende Bezüge sind nach dem Steuertarif, sonstige Bezüge hingegen nach den festen Sätzen des § 40 EStG zu versteuern.
Wie nun der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1073/55, Slg. 1643/F ausgesprochen hat, kommt es bei der Beantwortung der Frage, ob ein Bezug als sonstiger Bezug anzusehen ist, nur darauf an, ob der Bezug von dem laufenden Arbeitslohn verschieden ist. Bei einer nach dem Jahresumsatz bemessenen Jahresprovision, die nur einmal und nur in einem Betrag, noch dazu nach Auflösung des Dienstverhältnisses bezahlt wird, fehlt es schon an den äußeren Merkmalen für einen laufenden Bezug. Eine derart beschaffene Jahresumsatzprovision ist vielmehr ihrem Wesen nach ein sonstiger Bezug. Dass es sich dabei, wie die belangte Behörde ausführt, um Arbeitslohn handelt, ist lediglich die Voraussetzung für die Erfassung des Bezuges durch die Lohnsteuer und nicht streitentscheidend. Ebensowenig vermag die Behörde mit dem Hinweis, dass es dem Arbeitnehmer möglich gewesen wäre, den auf den Kalendermonat entfallenden Teil seines Provisionsanspruches aus den jeweiligen Umstzaufzeichnungen feststellen zu können, etwas für ihren Standpunkt zu gewinnen. Das Anwachsen des Anspruches mit jedem Lieferungsgeschäft und die Möglichkeit, in jedem Zeitpunkt des Jahres und damit auch zu jedem Monatsende feststellen zu können, wie hoch sich die auf die Umsätze bereits verflossenen Zeiträume entfallende Provision beläuft, bedeutet noch nicht, dass am Wesen des Bezuges eine Änderung eingetreten und für den Bezug der Monat zum Lohnzahlungszeitraum geworden ist. Die von der Behörde ferner aufgestellte Behauptung, in der Vereinbarung, die Jahresumsatzprovision 1952 in einem Betrag auszahlen zu können, sei eine beabsichtigte Minderung der Steuerpflicht zu erblicken, geht aber schon deshalb fehl, weil am , dem unbestrittenen Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung, deren steuerliche Auswirkungen noch gar nicht verlässlich beurteilt werden konnten.
Mithin erweist sich der von der belangten Behörde vertretene Standpunkt als rechtsirrig. Der angefochtene Bescheid musste deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufgehoben werden.
Wien, am