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VwGH vom 07.02.1964, 0915/62

VwGH vom 07.02.1964, 0915/62

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des Dr. K in A gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat, vom , Zl. 4/20 BK-1959, betreffend Einkommensteuer (außerordentliche Waldnutzung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer besitzt ein Forstgut, seine Ehegattin besitzt einen land- und forstwirtschaftlichen Gutsbetrieb. Er stellte in seiner Einkommensteuererklärung für 1955 den Antrag, von den aus den beiden Gütern angefallenen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft einen Teilbetrag von S 315.413,-- als Kalamitätsnutzungen und den verbleibenden Teil von S 249.466,-- als aus wirtschaftlichen Gründen gebotene außerordentliche Waldnutzungen gemäß § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1953 (EStG) begünstigt zu versteuern. Das Finanzamt gab dem Antrag zum überwiegenden Teil statt. Hinsichtlich eines Betrages von S 100.000,--, den der Beschwerdeführer seinem Bruder als Darlehen zur Verfügung gestellt hatte, versagte es jedoch die beantragte Begünstigung. Es vertrat dazu den Standpunkt, in der Darlehenshingabe sei kein hinreichender wirtschaftlicher Grund für die Anerkennung einer außerordentlichen Waldnutzung zu erblicken. Der Beschwerdeführer berief. Er habe das Darlehen seinem Bruder gegeben, um die damals bestandene Gefahr der Stillegung einer seinem Bruder gehörenden Tuchfabrik abzuwenden. Die Fabrik habe allerdings trotz der Darlehenshingabe nicht gehalten werden können und sei dann von einem anderen Bruder in Gemeinschaft mit einem Industriellen erworben worden. Der Darlehensbetrag sei 1956 zurückgezahlt und dann im Betrieb des Beschwerdeführers verwendet worden. Es sei daraus 1956 ein Betrag von S 30.000,-- a conto des notwendigen Erwerbes eines Waldgrundstückes zum Zwecke der Arrondierung und Wegverkürzung gezahlt worden, dessen Preis S 159.000,-- betragen habe. Wenn die Hingabe des Darlehens an den in Not geratenen Bruder zur Stärkung des von diesem geführten Betriebes nicht als wirtschaftlicher Grund für die Waldnutzung angesehen werde, so müsse doch die Erwerbung des Waldgrundstückes als ein solcher gelten und sei das Darlehen als Bereitstellung des Geldes für wirtschaftliche Transaktionen anzusehen, die dann mit dem Erwerb des Waldgrundstückes 1956 tatsächlich auch erfolgten. Zu diesem Vorbringen führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung noch aus, das Waldgrundstück sei im Zentrum seines forstwirtschaftlichen Besitzes gelegen, durch den Erwerb des Grundstückes habe die Betriebsführung rationeller gestaltet werden können. Die Möglichkeit zum Ankauf des Grundstückes habe schon bei der Darlehensgewährung bestanden.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Sie legte in eingehenden Ausführungen dar, daß sie im Einklang mit der Rechtslehre und Rechtsprechung als aus wirtschaftlichen Gründen gebotene nur solche Waldnutzungen ansehe, bei denen die erzielten Gewinne zur Deckung eines dringenden Kapitalbedarfes entweder im Forstbetrieb oder doch in einem sonstigen Betrieb des Forstwirtes oder für gebotene private Aufwendungen des Forstwirtes selbst oder seiner nächsten Angehörigen verwendet werden. Der Beschwerdeführer behaupte nicht eine Rechtspflicht zur Hilfe an den Bruder, daher könne eine Überschlägerung zur Deckung einer nicht bestehenden Verpflichtung nicht wirtschaftlich geboten sein. Daß der Beschwerdeführer sich moralisch verpflichtet gefühlt habe, seinem Bruder zu helfen, sei kein Grund, die Überschlägerungen als wirtschaftlich unvermeidlich anzusehen. Ebensowenig reiche dazu der Umstand aus, daß das Darlehen zur Rettung eines dem Beschwerdeführer fremden notleidenden Betriebs gewährt worden sei. Nur in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus nur mehr die Überschlägerung als einzige Möglichkeit zur Beschaffung des nötigen Kapitales habe, sei die Besteuerung der daraus erzielten Gewinne zu einem niedrigeren als dem der Tabelle entsprechenden Satz wirtschaftlich gerechtfertigt. Das Vorbringen, schon bei Hingabe des Darlehens an den Bruder habe die Chance zum Ankauf des Waldstückes bestanden, sei unbewiesen und reiche, selbst wenn es zutreffen sollte, nicht aus, die beantragte Begünstigung zu gewähren. Dem Beschwerdeführer hätten - so führte die Behörde an Hand von Bilanzziffern aus - in den Jahren 1955 und 1956 reichlich flüssige Mittel zur Verfügung gestanden, wie der Bargeld und Einlagenstand zeige. Diese Mittel hätten trotz des bezogenen Aufwandes von S 159.000,-- ausgereicht, um notwendige Investitionen und Aufschließungen durchzuführen, sodaß eine Überschlägerung nicht erforderlich gewesen wäre. Bei dem gegebenen Sachverhalt lägen wirtschaftlich gebotene Gründe nicht vor.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft und der Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 34 Abs. 1 EStG ist auf Antrag die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte auf 10 bis 25 v.H. der außerordentlichen Einkünfte zu bemessen. Nach Abs. 3 der gleichen Gesetzesstelle sind diese Steuersätze auf Antrag auch auf Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen anzuwenden, wenn ein Bestandvergleich für das stehende Holz nicht vorgenommen wird. Als außerordentliche Waldnutzungen gelten ohne Unterschied der Betriebsarten alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielendem jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen.

Im vorliegenden Fall besteht Streit darüber, ob die Waldnutzungen des Beschwerdeführer hinsichtlich eines Betrages von S 100.000,-- aus wirtschaftlichen Gründen geboten waren und daher als gemäß § 34 Abs. 3 EStG begünstigt zu versteuernde außerordentliche Waldnutzungen zu gelten haben. Mit der Frage der Auslegung des Begriffes der "aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen" Nutzung hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 447/58, Slg. Nr. 1970/F, befaßt. Er hat dort ausgesprochen, daß wirtschaftliche Gründe in der Regel dann vorliegen, wenn zur Aufrechterhaltung des Forstbetriebes Kapital notwendig ist oder wenn dem Steuerpflichtigen persönliche Lasten aufgebürdet sind und er sich mangels anderen Einkommens oder Vermögens die erforderlichen Mittel nur aus einem Überhieb (das ist aus einer Überschlägerung) verschaffen kann. Die Erzielung von außerordentlichen Einkünften aus der Überschlägerung müsse wirtschaftlich unvermeidbar sein.

Danach macht also nicht jeder privatwirtschaftliche Grund des Steuerpflichtigen eine Überschlägerung zu einer außerordentlichen Waldnutzung. Regelmäßig kommen als solche nur Gründe in Betracht, die durch die Führung des Betriebes oder durch Lasten bedingt sind, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Weiters muß die Deckung des entstandenen Kapitalbedarfes nur durch Einnahmen aus einem Überhieb möglich gewesen sein. Lediglich solcherart entstandene wirtschaftlich unvermeidbare Einkünfte aus Überschlägerungen können als steuerlich begünstigte außerordentliche Waldnutzungen angesehen werden.

Der Beschwerdeführer hat die Inanspruchnahme der Begünstigung des § 34 Abs. 3 EStG vor allem mit der Hingabe eines Darlehens an seinen Bruder im Betrage von S 100.000,-- begründet. Als Eventualbegründung hat er aber auch den 1956 erfolgten Ankauf eines Waldgrundstückes geltend gemacht, für den das rückgezahlte Darlehen verwendet worden sei. Im Zusammenhang damit will er das Darlehen lediglich als Bereitstellung des Geldes für diese spätere wirtschaftliche Transaktion gewertet wissen. Zur letzteren Begründung wird in der Beschwerde ausgeführt, es handle sich tatsächlich nicht um den Erwerb eines Grundstückes, sondern um die Ablösung eines dem Bruder des Beschwerdeführers zugestandenen Abholzungsrechtes.

Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer dazu angegeben, die Chance zum Ankauf des genannten Waldgrundstückes habe schon bei der Darlehensgewährung an den Bruder bestanden. Wenn er sich trotzdem entschlossen hat, diese dann nicht zu nutzen und den aus der Überschlägerung erlösten Betrag von S 100.000,-- für ein Darlehen an seinen Bruder zu verwenden, schließt dieser Umstand es aus, unter Berufung auf die nach der Rückzahlung des Darlehens 1956 schließlich durchgeführte Transaktion die bereits 1955 vorgenommene Überschlägerung als unvermeidbar zu erklären. Die im Zusammenhang mit der 1956 erfolgten Ablösung von Abholzungsrechten vorgebrachten Einwendungen, in denen der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, daß die Behörde sein Vorbringen zum Ankauf des Waldgrundstückes als unbewiesene Behauptung bezeichnet und die von der Behörde für das Nichtvorliegen einer aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Überschlägerung angeführten Ziffern über die Bar- und Einlagenbestände als den Tatsachen nicht entsprechend rügt, gehen daher ins Leere.

Zu der nicht als wirtschaftlicher Grund anerkannten Darlehenshingabe an den Bruder wendet die Beschwerde ein, eine persönliche Last sei, auch dann als wirtschaftlicher Grund anzuerkennen, wenn sie nicht auf einer rechtlich erzwingbaren Grundlage beruhe. Im Kommentar zum deutschen Einkommensteuergesetz von Blümich-Falk, 7. Auflage, S. 1133, seien als wirtschaftliche Gründe hohe Aufwendungen für den Unterhalt der Familienangehörigen, für die Ausstattung heiratender Töchter und Kosten der Wiederherstellung der Gesundheit genannt, also keineswegs nur "de jure Verpflichtungen". Der freien Entscheidung des Steuerpflichtigen sei ein gewisser Spielraum gelassen.

Die belangte Behörde hat sich nun zwar in ihrer Entscheidung auf die mangelnde rechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung an den Bruder bezogen, den bezüglichen Ausführungen aber auch hinzugefügt, daß die Berufung auf die moralische Beistandspflicht an der steuerlichen Beurteilung der erzielten Einkünfte nichts ändern könne. Auch in diesem Belange läßt sich der belangten Behörde nicht entgegentreten. Wie sie in der erstatteten Gegenschrift zutreffend ausführt, ist der vorliegende Sachverhalt von dem Fall der Unterhaltsleistung an einen nahen, mittellosen oder kranken Verwandten, der ansonsten der Not preisgegeben wäre, zu unterscheiden. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung betont, daß die Forderung gegen seinen Bruder nicht dubios gewesen sei und daß das Darlehen seiner Meinung nach nur als Bereitstellung des Geldes für wirtschaftliche Transaktionen zu werten sei und mit 7 v. H. verzinst wurde. Dies läßt erkennen, daß die in Rede stehenden S 100.000,-- zur Gewährung eines allenfalls unter günstigeren als den normalen Bedingungen eingeräumten Verwandtendarlehens verwendet wurden, nicht aber für Aufwendungen der in der erwähnten Kommentarstelle bezogenen Art. Es kann der Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Geldbedarf des Beschwerdeführers für ein derartiges Darlehen trotz der damit verbundenen Hilfe an den Bruder nicht als einen geeigneten wirtschaftlichen Grund ansah, um die damit begründete Überschlägerung als wirtschaftlich unvermeidbar und daher im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG steuerbegünstigt zu beurteilen. Es erübrigt sich daher schon aus diesem Grund, auf die in der Gegenschrift enthaltenen Ergänzungen zu den Entscheidungsgründen einzugehen, in denen u.a. dargetan wird, daß dem Beschwerdeführer auch noch Wertpapiere zur Verfügung standen, deren Gegenwert er 1957 zwecks Ankaufes einer Farm nach Kanada transferiert habe.

Fehlt es aber an dem Tatbestandserfordernis einer aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzung, dann bedurfte es auch keiner Feststellung darüber, daß dem Beschwerdeführer andere Möglichkeiten der Geldbeschaffung als diejenige einer Überschlägerung nicht zu Gebote standen. Die diesbezüglich erhobene Verfahrensrüge ist daher nicht berechtigt.

Die vorliegende Beschwerde läßt somit eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführes nicht erkennen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am