VwGH vom 08.10.1969, 0847/68
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Kaupp, Dr. Riedel, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde der V-Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Rosenzweig, Rechtsanwalt in Wien I, Operngasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 336/1-IIIa/Ha-1967, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Betriebsstätte Linz der Beschwerdeführerin, einer Versicherungs-AG., wurde im Sommer 1967 eine Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum vom bis - durchgeführt. Auf Grund des Ergebnisses dieser Prüfung wurde bescheidmäßig festgestellt, dass Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe in Höhe von S 20.787,-- nicht abgeführt worden seien. Nach Anrechnung verschiedener Beträge ergab sich ein Guthaben von S 1.835,--. In der dagegen eingebrachten Berufung wurde beantragt, den gutgeschriebenen Betrag um weitere S 17.506,--
zu erhöhen. Dieser Betrag setzte sich aus einer beantragten Kürzung der Nachforderung um S 3.930,-- für die Zeit von Jänner bis Mai 1965 und einem gutzuschreibenden Betrag von S 13.576,-- an nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu Unrecht eingezahlten Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe zusammen. Beide Beträge entfielen auf nach Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlte so genannte Folgeprovisionen. Die Beschwerdeführerin habe den Dienstgeberbeitrag nach Kundmachung des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 43.968- 9b/65, Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung Nr. 123, der auf die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2932/F, und vom , Zl. 1879/64, Bezug nimmt, ab Juni 1965 auch von den nach Beendigung des Dienstverhältnisses an ehemalige Angestellte des Außendienstes auf Grund von seinerzeit abgeschlossenen Versicherungsverträgen gezahlten Provisionen berechnet und abgeführt. Für die Zeit bis einschließlich Mai 1965 sei von diesen Folgeprovisionen auf Grund des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom Zl. 4609-9/57, Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung, Nr. 45, kein Dienstgeberbeitrag entrichtet worden. Die Nachforderung für die Zeit vor dem Juni 1965 verstoße daher gegen Treu und Glauben. Da das Bundesministerium für Finanzen den Erlass vom mit Erlass vom , Zl. 254.687-9b/67, Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung Nr. 148, ersatzlos aufgehoben habe, sei die Einzahlung der auf die Folgeprovisionen entfallenden Dienstgeberbeiträge zu Unrecht erfolgt.
Der Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Nachforderung für die Zeit vom Jänner bis Mai 1965 stattgegeben. Für diese Zeit sei noch der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 4609-9/57, anzuwenden gewesen. Die Beschwerdeführerin habe daher für diesen Zeitraum den Dienstgeberbeitrag zu Recht nicht entrichtet. Es würde gegen den Vertrauensgrundsatz verstoßen, der Beschwerdeführerin für diesen Zeitraum eine Nachzahlung vorzuschreiben. Eine Erstattung der in der Folgezeit entrichteten Dienstgeberbeiträge könne jedoch nicht in Betracht gezogen werden. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen den als Entgelt für aktive Dienstleistungen bezogenen Einkünften (§ 19 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953) und Ruhe- und Versorgungsgenüssen bzw. sonstigen Bezügen für frühere Dienstleistungen (§ 19 Abs. 1 Z. 2 EStG 1953). Sofern Einkünfte begrifflich zum vereinbarten Entgelt gehörten, fielen sie als Aktivbezüge unter § 19 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 ohne Rücksicht darauf, ob das Dienstverhältnis beendet sei oder nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 des Kinderbeihilfengesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 190, ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne (§ 19 Abs. 1 EStG 1953) zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gezahlt bzw. diesen gewährt worden sind. Zur Beitragsgrundlage gehören nicht die Arbeitslöhne im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 2 und 3 EStG 1953.
Im vorliegenden Fall vertritt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass die an ehemalige Angestellte auf Grund von während ihrer Aktivdienstzeit abgeschlossenen Versicherungsverträgen gezahlten Provisionen (Folgeprovisionen) unter die Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 zu subsumieren seien, während die Beschwerdeführerin die Folgeprovisionen als andere Bezüge und Vorteile für frühere Dienstleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 2 EStG 1953 ansieht. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Auffassung darauf, dass aus der Aufhebung des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 43.968-9b/65, ersichtlich sei, dass das Bundesministerium für Finanzen seine Meinung über die Einbeziehung der Provisionen an ehemalige Angestellte des Außendienstes in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages geändert habe. Dieser Beschwerdeeinwand geht ins Leere. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass aus einem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen für den Steuerpflichtigen weder Verpflichtungen noch vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte abgeleitet werden können. Abgesehen davon, lässt sich die Ansicht der Beschwerdeführerin aus dem aufhebenden Erlass vom , Zl. 254.687-9b/67, Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung Nr. 148, nicht ableiten, weil in diesem Erlass ausdrücklich ausgesprochen wurde, dass frühere Erlässe nicht wieder in Kraft treten sollen. Es kann daher nicht mit Recht behauptet werden, dass das Bundesministerium für Finanzen mit dem Erlass vom wieder zu seiner im Erlass vom vertretenen Rechtsauffassung zurückgekehrt sei.
Zur Frage, ob die Zahlung der Folgeprovisionen als Entgelt für Aktivdienstleistungen bezeichnet werden kann, wird in der Beschwerde vorgebracht, dass der Anspruch der ehemaligen Angestellten nicht aus dem seinerzeitigen noch während der aktiven Dienstzeit getätigten Abschluss des Versicherungsvertrages, sondern erst aus der jeweiligen Prämienleistung des Versicherungsnehmers resultiere. Der Provisionsanspruch entstehe erst in diesem Zeitpunkt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2932/F, ausgeführt hat, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen den als Entgelt für aktive Dienstleistungen bezogenen Einkünften (§ 19 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953) einerseits und Ruhe- und Versorgungsgenüssen bzw. sonstigen Bezügen für frühere Dienstleistungen (§ 19 Abs. 1 Z. 2 EStG 1953) andererseits. Sofern daher Einkünfte begrifflich zum vereinbarten Entgelt für aktive Dienstleistungen gehören, fallen sie als Aktivbezüge unter § 19 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 ohne Rücksicht darauf, ob das Dienstverhältnis beendet ist oder nicht. Die im § 19 Abs. 1 Z. 2 EStG 1953 angeführten Einkünfte stehen wohl mit einem früheren Dienstverhältnis im Zusammenhang, werden jedoch nicht für eine konkrete Aktivdienstleistung gewährt. Voraussetzung für den Anspruch auf Folgeprovision ist der Abschluss eines Versicherungsvertrages, der vom Versicherungsangestellten noch in seiner Aktivzeit getätigt wurde und somit eine Leistung der Aktivzeit darstellt. Dabei handelt es sich bei der Folgeprovision um das Entgelt für eine aktive Dienstleistung im Einzelfall und nicht - wie dies bei den Ruhe- und Versorgungsgenüssen der Fall ist - um ein Entgelt für die Gesamtheit der während eines langjährigen Zeitraumes erbrachten Dienstleistungen. Die Folgeprovision ist demnach ihrem Wesen nach nichts anderes als die Abschlussprovision, von der sie sich nur durch ihre Abhängigkeit von dem weiteren Bestand des Versicherungsvertrages und somit durch ihre Fälligkeit unterscheidet (vgl. Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 115/58, Vers.R. 1960, 118). Daran kann auch der Hinweis auf die kollektivvertraglichen Regelungen über die Folgeprovision im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses nichts ändern. Auch der Hinweis auf die Berechnung der Folgeprovision von den vereinnahmten Prämien ist nicht stichhältig. Der Anspruch auf die Provision beruht auf dem Abschluss des Versicherungsvertrages; der Zeitpunkt der Fälligkeit der Provision ist unmaßgeblich. Aus dem Umstand, dass die Auszahlung der Provision vom Prämieneingang abhängig ist, kann nicht abgeleitet werden, dass die Folgeprovision nicht das Entgelt für den Abschluss des einzelnen Versicherungsvertrages wäre. Sind aber die Folgeprovisionen Bezüge im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 EStG, dann gehören sie gemäß § 11 Abs. 1 KBG zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG 1965.
Wien, am