VwGH vom 02.06.1981, 81/07/0045
Beachte
Siehe:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde des HH in S, vertreten durch DDr. Hellwig Torggler, Rechtsanwalt in Wien I, Tegetthoffstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-19.415-80, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom wurde über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 31 und 137 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall 24 Stunden Arrest) verhängt, da er in seiner Eigenschaft als Lagerleiter des Tankvorratslagers der Firma X in Y, es unterlassen habe, am dieses Lager mit einer derartigen Sorgfalt zu betreiben, daß sich ein Ölunfall an diesem Tag nicht ereignen konnte. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer berufen. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurde der Berufung gemäß §§ 66 Abs. 4 AVG 1950 und 51 VStG 1950 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung dieses Rechtsmittelbescheides wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Am gegen 17.00 Uhr habe ein Flughafenarbeiter der Bundespolizeidirektion Schwechat, Wachzimmer Mannswörth, ein Ölgebrechen im Ölvorratslager der Firma X gemeldet. Beim unverzüglich durchgeführten Lokalaugenschein hätten die Beamten der Bundespolizeidirektion Schwechat festgestellt, daß von einer Zapfstelle des Vorratstankes für Dieselöl ein Ölstrahl im Ausmaß einer 3/4 Zoll-Wasserleitung ausfließe. Als nach kurzer Zeit die Freiwillige Feuerwehr Mannswörth im Vorratslager eingetroffen sei, sei es schließlich gelungen, den Schieber zu schließen. Als die Feuerwehrmänner den Vorratstank näher untersuchten, hätten sie bemerkt, daß der Hauptschieber (zweiter Sicherheitsverschluß) überhaupt nicht geschlossen gewesen sei. Nach relativ kurzer Zeit seien 1000 m2 Bodenfläche im Tanklagerareal mit Dieselöl verseucht gewesen. Öllachen im Ausmaß von 10 m2 seien im östlichen Teil des Lagers gestanden und in Richtung der Langen Heide, ein Augebiet der Stadtgemeinde Schwechat, abgeflossen. Eine Überprüfung des Finanzamtes Wien-Umgebung, Außenstelle Schwechat, am nächsten Tage habe einen Fehlbestand von 11.714 kg Dieselöl ergeben. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, daß ein Zuwiderhandeln gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959 den tatsächlichen Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetze, sei rechtlich unhaltbar, da Gewässerverunreinigungen ganz allgemein reine Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 seien, bei denen der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht erforderlich sei (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 896/64). Ebenso könne die belangte Behörde die Ansicht des Beschwerdeführers nicht teilen, daß eine strafbare Handlung erst dann gegeben sei, wenn eine Gewässerverunreinigung entstanden sei. Anlagen, wie Öllager unterlägen zweifellos der erhöhten Sorgfaltspflicht und diese sei im gegenständlichen Falle unzweifelhaft verletzt worden. Dies gehe allein aus dem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Schwechat vom hervor, wonach der Hauptschieber (zweiter Sicherheitsverschluß) nicht geschlossen gewesen sei. Wäre dieser Schieber geschlossen gewesen, so hätte die Vereisung des Auslaufventiles keinesfalls zum Auslaufen des Dieselöls führen können. Die zweifellos gegebene mangelhafte Überwachung (Kontrolle) dieses Schiebers sei eindeutig als Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflicht bei der X zu werten gewesen. Nach Wiedergabe der §§ 137 Abs. 3 WRG 1959 und 9 VStG 1950 führte die belangte Behörde weiters aus, der Einwand die Anwendung des § 137 Abs. 3 WRG 1959 setze den Betrieb einer Wasseranlage voraus, das Tanklager der X-Gesellschaft m.b.H. sei aber keine Wasseranlage, müsse zurückgewiesen werden, da Wasseranlagen nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 einen Sammelbegriff darstellten. Eine Wasseranlage müsse daher nicht unbedingt eine Wasserbenutzungsanlage sein. Es werde daher von der belangten Behörde die Auffassung vertreten, daß dem Beschwerdeführer im Sinne der obzitierten Bestimmungen mangelnde Sorgfaltspflicht vorzuwerfen sei. Er habe in der Niederschrift vom bei der Bundespolizeidirektion Schwechat zugegeben, daß ihm neben der Geschäftsgebarung hinsichtlich Ein- und Auslagerung auch die Überprüfung der diversen Einrichtungen obliege. Er bzw. der Lagerleiterstellvertreter hätten den Auftrag bekommen, die gegenständliche Anlage (Lager) täglich zu unbestimmten Zeiten zu kontrollieren (Behälterwanne, Tanks, Verschlüsse und Plombierungen). Er sei für diese Tätigkeit verantwortlich und müsse sämtliche festgestellten Mängel der Firmenleitung melden. Im vorliegenden Fall habe er aber keine Meldung erstattet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides, hilfsweise auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, nur dann gemäß den Bestimmungen der §§ 31 in Verbindung mit 137 WRG 1959 bestraft zu werden, wenn die dort normierten Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Das nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 erforderliche Tatbestandsmerkmal, daß eine verbotene Gewässerverunreinigung eingetreten sei, sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die belangte Behörde habe auch eine solche Feststellung nicht getroffen und auf Grund der Aktenlage auch nicht treffen können. Die gegenteilige Rechtsansicht der belangten Behörde widerspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Zu einer verbotenen Gewässerverunreinigung sei es im vorliegenden Fall nicht gekommen. Obwohl sich dies eindeutig aus den Verwaltungsakten ergebe, fehle im angefochtenen Bescheid die ausdrückliche Feststellung, daß eine Gewässerverunreinigung nicht eingetreten sei. Dies werde vorsichtsweise als Verfahrensmangel gerügt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlage so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben und sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 7893/A, auf dessen nähere Begründung die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hingewiesen werden, ist dargelegt worden, daß eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des § 31 Abs. 1 WRG 1959 den Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetzt. Das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 ist auf die Verhinderung von Gewässerverunreinigungen abgestellt, die keiner Bewilligung zugänglich sind. Der strafbare Tatbestand nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 besteht darin, daß die notwendigen Vorsorgen unterlassen wurden, die es verhindert hätten, daß aus der zunächst bloß möglichen eine tatsächliche Gewässerverunreinigung wurde. Demnach ist die Gewässerverunreinigung ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte. Die grundsätzlich anders geartete Rechtsansicht der belangten Behörde in diesem Punkte ist daher verfehlt. Daran vermag auch der Hinweis der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 896/64, nichts zu ändern, weil diesem Erkenntnis der § 31 WRG 1959 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 zugrunde lag.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, ohne daß es sich als erforderlich erwies, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Artikel III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.
Wien, am
Fundstelle(n):
IAAAE-30253